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Aktenzeichen
8 A 3357/08
Datum
1. März 2011
Gericht
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Gesetz
Umweltinformationsgesetz Bund (UIG)
Umweltinformationsgesetz Bund (UIG)

Urteil: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen am 1. März 2011

8 A 3357/08

Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen ändert das Urteil der Vorinstanz zur Frage der Offenlegung der Empfänger von Agrarsubventionen. Es stellt fest, dass sich Agrarsubventionen mittelbar auf die Umwelt auswirken können und als Umweltinformation zu verstehen sind. Das Umweltinformationsgesetz ist als Anspruchsgrundlage anzuwenden, allerdings ergibt sich bei Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes kein anderes Ergebnis. Während personenbezogene Daten nur unter Zustimmung der Betroffenen offengelegt werden können, handelt es sich bei der Angabe, ob eine juristische Person Subventionszahlungen erhält aber nicht um ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis. Siehe auch folgende Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen: 8 A 2861/07 und 8 A 3358/08 vom 01.03.2011. (Quelle: LDA Brandenburg)

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Drittbetroffenheit Konkurrierende Rechtsvorschriften Personenbezogene Daten Begriffsbestimmung

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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2011/8_A_3357_08urteil20110301.html Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 3357/08 Datum:                   01.03.2011 Gericht:                 Oberverwaltungsgericht NRW Spruchkörper:            8. Senat Entscheidungsart:        Urteil Aktenzeichen:            8 A 3357/08 Tenor:                   Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 23. Oktober 2008 geändert und zur Klarstellung neu gefasst: Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Ableh-nungsbescheides vom 18. April 2006 in der Ge-stalt ihres Widerspruchsbescheids vom 2. Okto-ber 2006 verpflichtet, dem Kläger Name, An-schrift und Jahressumme der jeweils 50 Empfän¬ger zu benennen, die die höchsten Agrarsubven¬tionszahlungen der Europäischen Union bzw. der Europäischen Gemeinschaften in den Haus¬haltsjahren 2002, 2003 und 2004 erhalten haben, soweit es sich bei den Empfängern um juristische Personen handelt. Hinsichtlich sonstiger Empfänger wird die Beklagte verpflichtet, über den Antrag des Klägers vom 7. Februar 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Ge¬richts neu zu ent-scheiden. Die weitergehende Berufung des Klägers und die Berufung der Beklagten werden zurückgewiesen. Die Kosten des Verfahrens beider Instanzen tra-gen der Kläger zu ¼ und die Beklagte zu ¾. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig voll-streckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Voll¬streckungsgläubiger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatb estan d :                                                                                   1 Der Rechtsstreit betrifft den Zugang zu Informationen über Zahlungen aus dem EU-Agrarhaushalt.                 2 Die Beklagte ist als Marktordnungsstelle im Sinne des § 3 des Gesetzes zur Durchführung der                    3 gemeinsamen Marktorganisationen und der Direktzahlungen (neugefasst durch Bek. vom 24. Juni 2005, BGBl. I 1847) - MOG - sowie als Interventionsstelle nach § 7 Abs. 1 Satz 1 MOG für die Zahlung bestimmter Vergünstigungen i.S.d. § 6 MOG und für die Durchführung sogenannter Interventionsmaßnahmen zuständig. Sie hält die in diesem Zusammenhang anfallenden Daten - in elektronischer Form gespeichert - vor. Der Kläger ist Journalist und befasst sich seit Jahren mit dem europäischen Agrarhaushalt. Er bat die          4 Beklagte, gestützt auf das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG), unter dem 7. Februar 2006 um "Informationen über sämtliche Empfänger von Agrarsubventionen der Europäischen Union bzw. Europäischen Gemeinschaften in den Jahren 2002, 2003 und 2004, seien es Interventionszahlungen, Exportsubventionen, Direktzahlungen oder andere Zuweisungen ..."; hilfsweise bat er um entsprechende Informationen zunächst in Bezug auf juristische Personen. Für jeden Empfänger sollten Name, Adresse und Jahressumme für das jeweilige Jahr angegeben werden. Mit Bescheid vom 18. April 2006 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, die gewünschten          5 1 von 19
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2011/8_A_3357_08urteil20110301.html Informationen könnten Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse im Sinne des § 6 IFG darstellen. Zugang zu solchen Geheimnissen dürfe nur gewährt werden, soweit der Betroffene einwillige. Da es um ca. 2.000 Zahlungsempfänger gehe, sei der Verwaltungsaufwand (Anschreiben der Betroffenen, Auswertung der Stellungnahmen und anschließende schriftliche Bescheidung des Klägers) mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verbunden. Es sei damit zu rechnen, dass eine erhebliche Anzahl von Zahlungsempfängern die Zustimmung verweigern werde. Deshalb komme voraussichtlich nur ein teilweiser Informationszugang in Betracht; hierzu stünde der Verwaltungsaufwand gem. § 7 Abs. 2 IFG außer Verhältnis. Der Kläger legte mit Anwaltsschreiben vom 17. Mai 2006 Widerspruch ein, den er wie folgt begründete:     6 Der unverhältnismäßige Aufwand könne nicht als Ablehnungsgrund angeführt werden; denn § 7 Abs. 2 IFG meine den Aufwand, der entstehe, nachdem ermittelt worden sei, welche Informationen freigegeben werden könnten und welche nicht. Der Verwaltungsaufwand könne im Übrigen dadurch reduziert werden, dass er seinen Auskunftsanspruch auf diejenigen 50 Empfänger von Agrarsubventionen beschränke, die die höchsten Subventionen erhalten hätten. Bei den erbetenen Informationen handele es sich im Übrigen nicht um Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse. Die Informationen seien nicht geheim. Die Subventionszahlungen seien in den beteiligten Kreisen bekannt, weil man die Verhältnisse in den Großbetrieben der Agrarwirtschaft kenne. Jedenfalls hätten die Subventionsempfänger kein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung, da bei einer Weitergabe keine Schädigung des Unternehmens in wettbewerblicher Hinsicht zu befürchten sei. Um Subventionen könne es keinen Wettbewerb geben, da deren Vergabe nach festen Regeln erfolge. Bei den erbetenen Informationen handele es sich jedenfalls in erheblichem Umfang um Umweltinformationen mit der Folge, dass es nicht auf die Zustimmung der Betroffenen ankomme, sondern auf eine Abwägung zwischen dem persönlichen Interesse des Subventionsempfängers mit dem öffentlichen Interesse. Es gehe um Umweltinformationen, da der Agrarsektor betroffen sei und alle die Landwirtschaft betreffenden Maßnahmen die Umwelt berührten. Der dabei jeweils gegebene mittelbare Umweltbezug reiche insoweit aus. Im Laufe des Widerspruchsverfahrens nahm der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die               7 Informationsfreiheit am 12. August 2006 wie folgt Stellung: Ein wirtschaftliches Geheimhaltungsinteresse der Subventionsempfänger vermöge er nicht zu erkennen. Es sei nicht ersichtlich, dass die Preisgabe der Information, dass ein Betrieb eine Subvention erhalten habe, zu einem wirtschaftlichen Nachteil führen könne. Ein wettbewerblicher Nachteil sei schon deshalb nicht möglich, weil um Subventionen kein Wettbewerb geführt werde. Auch drohe den Subventionsempfängern kein Imageverlust; denn dass ein Betrieb rechtmäßigerweise eine Subvention erhalten habe, vermöge den Ruf des Betriebes nicht zu beeinträchtigen. Eine Beteiligung der Subventionsempfänger nach § 8 Abs. 1 i.V.m. § 6 Satz 2 IFG sei daher nicht erforderlich. Soweit allerdings Ein-Mann-Betriebe betroffen seien, enthielten die begehrten Informationen personenbezogene Daten. Solchen Betroffenen sei daher zunächst Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Das Informationsfreiheitsgesetz enthalte keine Regelung, nach der ein hoher Verwaltungsaufwand, der durch die erforderliche Beteiligung Dritter entstehe, zu einer Ablehnung des Informationszugangsantrags führen könne. Die Regelung des § 7 Abs. 2 IFG betreffe eine andere Fallgestaltung. Zu erwägen wäre allenfalls, ob ein unverhältnismäßiger Beteiligungsaufwand in extremen Ausnahmefällen als ungeschriebener Ablehnungsgrund anerkannt werden könne. Jedenfalls dem auf juristische Personen beschränkten Hilfsantrag des Klägers stehe kein Ablehnungsgrund entgegen. Mit Widerspruchsbescheid vom 2. Oktober 2006 wies die Beklagte den Widerspruch hinsichtlich des          8 Haupt- und Hilfsantrags mit folgender Begründung zurück: Das Umweltinformationsgesetz sei nicht anwendbar, weil die von ihr ausschließlich geleisteten Interventions- und Beihilfezahlungen nicht dem Schutz der Umwelt dienten, auch nicht mittelbar. Die Zahlungen stellten Instrumente der Marktsteuerung dar und bezweckten allein Marktstabilisation und Wettbewerbsfähigkeit. Auf das Informationsfreiheitsgesetz könne der Anspruch nicht gestützt werden, da der Ablehnungsgrund des § 7 Abs. 2 IFG (unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand) entgegenstehe. Sie müsse bei den Empfängern nachfragen und anschließend die widersprechenden Zahlungsempfänger herausfiltern. Deren Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse seien betroffen, da es sich durchaus um wettbewerbsrelevante Informationen handele, die für die Preisgestaltung von Bedeutung seien. Zudem erlaube die Kenntnis der Zahlungen Rückschlüsse auf die zu Grunde liegenden Mengen. Hinsichtlich des Hilfsantrages komme als Ausschlussgrund hinzu, dass die damit erbetenen Informationen bei ihr nicht vorhanden seien, da sie nicht über eine Liste mit den Empfängern der höchsten Subventionen verfüge. Am 2. November 2006 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung er unter Wiederholung und          9 Vertiefung seines Vorbringens im Wesentlichen ergänzend geltend gemacht hat, dass die Informationen auch dann bei der Beklagten vorhanden seien, wenn sie erst in einer Liste zusammen gestellt werden müssten. Der Schutz personenbezogener Daten könne ihm nicht als Ablehnungsgrund entgegengehalten werden, da es sich bei den Empfängern, jedenfalls bei Beschränkung auf die 50 höchstsubventionierten Betriebe, um Großbetriebe handele, die regelmäßig nicht von Einzelpersonen, sondern von juristischen 2 von 19
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2011/8_A_3357_08urteil20110301.html Personen geführt würden. Der Kläger hat beantragt,                                                                                  10 die Beklagte unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 18. April 2006 in der Gestalt    11 ihres Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 2006 zu verpflichten, ihm gemäß seinem Antrag vom 7. Februar 2006 Auskunft über diejenigen 50 Empfänger, die die höchsten Agrarsubventionszahlunge der Europäischen Union bzw. der Europäischen Gemeinschaften in den Jahren 2002, 2003 und 2004 erhalten haben, seien es Interventionszahlungen, Direktzahlungen oder andere Zuweisungen, soweit diese bei der Beklagten vorliegen, zu erteilen. Die Beklagte hat beantragt,                                                                                12 die Klage abzuweisen.                                                                        13 Sie hat an ihrer Auffassung festgehalten, für die Anwendung des Umweltinformationsgesetzes genügten        14 allenfalls zufällige umweltrelevante Wirkungen nicht. Auch sei die Informationserteilung mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verbunden. Das Verwaltungsgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Es hat die Beklagte verpflichtet,       15 über das Informationsbegehren des Klägers neu zu entscheiden. Der geltend gemachte Anspruch auf Auskunft ergebe sich aus § 3 UIG. Bei den nachgefragten Angaben          16 handele es sich um Umweltinformationen. Die Beklagte nehme als Marktordnungsbehörde vielfältige Zahlungen an im weiteren Sinne landwirtschaftliche Betriebe und Händler landwirtschaftlicher Produkte vor, die sich zusammenfassend als Interventionszahlungen und Beihilfezahlungen bezeichnen ließen. Die Auskunft über diese Zahlungen betreffe Umweltinformationen. Die Beklagte verfüge auch über diese Informationen; denn die Feststellung der 50 Empfänger der höchsten Agrarsubventionszahlungen sei ohne einen unzumutbaren Arbeitsaufwand möglich. Die Sache sei aber nicht spruchreif i. S. d. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO, weil gegenwärtig nicht festgestellt werden könne, ob dem Informationsanspruch Ablehnungsgründe nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG und/oder nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG entgegenstünden. Bei den natürlichen Personen einschließlich der Ein-Mann-GmbHs handele es sich um die Offenbarung personenbezogener Daten. Die mangelnde Spruchreife ergebe sich daraus, dass die Beklagte zunächst die Frage der Zustimmung der betroffenen Landwirte ermitteln müsse. Erst wenn feststehe, dass diese ihre Zustimmung verweigerten, komme es weiter darauf an, ob das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiege. Ähnliches gelte für das etwaige Vorliegen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 UIG. Bei der Höhe der einem Betrieb gewährten Agrarsubventionen handele es sich um ein Geschäftsgeheimnis. Denn derartige Zahlungen machten insbesondere bei den 50 höchstsubventionierten Betrieben einen erheblichen Teil der den Betrieben zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel aus, der Einfluss auf die Kostenseite habe. Gegen das Urteil haben der Kläger und die Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung         17 eingelegt. Der Kläger hält an seiner Auffassung fest, die begehrten Informationen seien keine Betriebs- oder          18 Geschäftsgeheimnisse. Es gehe nicht um Wettbewerb, sondern um die staatliche Steuerung eines bestimmten Wirtschaftssektors. Auch mittelbare Auswirkungen auf den Wettbewerb lägen nicht vor. Mögliche Rückschlüsse auf differenzierte betriebliche Informationen seien ausgeschlossen, da der Kläger lediglich aggregierte Daten verlange. Im Übrigen sei auf die neuesten Entwicklungen in der Europäischen Transparenzinitiative hinzuweisen. Gemäß Art. 44a der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 des Rates vom 21. Juni 2005 über die Finanzierung der gemeinsamen Agrarpolitik seien Informationen über die Empfänger von Agrarsubventionen wie die hier begehrten - insbesondere die Namen/Firmenbezeichnungen sowie die Höhe der in einem Haushaltsjahr empfangenen Beträge - ab bestimmten Zeitpunkten (1. Januar 2007 oder später) zu veröffentlichen. Die genannten Vorschriften seien mit dem Agrar- und Fischereifonds-Informationen-Gesetz (AFIG) in nationales Recht umgesetzt worden. Zwar seien die genannten Regelungen wegen des zurückliegenden Zeitraums auf die hier streitigen Informationen nicht anwendbar; ihnen könne aber die gesetzgeberische Wertung entnommen werden, dass das berechtigte Interesse an der Geheimhaltung nicht (mehr) bejaht werden könne. Hilfsweise falle jedenfalls die Abwägung im Rahmen des § 9 Abs. 1 Satz 1 UIG zu Gunsten des Klägers        19 aus. Auf der Seite des öffentlichen Interesses im Sinne dieser Vorschrift seien das Transparenzgebot, der freie Meinungsaustausch und schließlich der Grundsatz der Haushaltsöffentlichkeit zu berücksichtigen. Diese Interessen überwögen ein etwaiges, hilfsweise unterstelltes Geheimhaltungsinteresse der Betroffenen. 20 3 von 19
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2011/8_A_3357_08urteil20110301.html Der Kläger beantragt, die Beklagte unter teilweiser Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Köln vom         21 23. Oktober 2008 sowie unter Aufhebung ihres Ablehnungsbescheides vom 18. April 2006 in der Gest ihres Widerspruchsbescheides vom 2. Oktober 2006 zu verpflichten, ihm Name, Anschrift und Jahressumme der jeweils 50 Empfänger zu benennen, die die höchsten Agrarsubventionszahlungen der Europäischen Union bzw. der Europäischen Gemeinschaften in den Haushaltsjahren 2002, 2003 2004 erhalten haben, soweit diese bei der Beklagten vorliegen. Die Beklagte beantragt,                                                                                   22 unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Köln vom 23. Oktober 2008 die Klage     23 insgesamt abzuweisen. Sie hält an ihrer Auffassung fest, bei den begehrten Informationen handele es sich nicht um               24 Umweltinformationen. Interventions- und Beihilfemaßnahmen stellten Instrumente der Marktsteuerung dar. Ihr Zweck sei die Marktstabilisation und die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit der hergestellten Erzeugnisse auf dem Agrarmarkt und nicht der Schutz von Umweltbestandteilen. Aus der Höhe der einzelnen Zahlungen könnten keine Rückschlüsse auf die bewirtschafteten Flächen die wenn überhaupt allein einen umweltbezogenen Informationscharakter aufweisen könnten, gezogen werden. Der Anspruch sei auch nicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz begründet. Die begehrten                 25 Informationen seien bei ihr schon nicht vorhanden. Eine Liste mit den 50 Empfängern der höchsten Agrarsubventionen liege bei ihr nicht vor, sondern müsse erst erstellt werden. Der Informationsanspruch begründe aber keine Informationsbeschaffungspflicht der Behörde gegenüber dem Antragsteller. Im Übrigen greife der Ablehnungsgrund des § 7 Abs. 2 IFG ein. Durch das Informationsbegehren des          26 Klägers könne das Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnis der Betroffenen tangiert sein mit der Folge, dass die Betroffenen anzuhören seien. Wenn ein Informationszugang aber nur zum Teil bestehe, sei dem Antrag gemäß § 7 Abs. 2 IFG nur in dem Umfang stattzugeben, in dem der Informationszugang ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich sei. Der Aufwand sei bei der Anzahl der anzuhörenden Betroffenen unverhältnismäßig hoch. Es könne insbesondere nicht automatisch davon ausgegangen werden, dass die 50 Subventionsempfänger mit den jeweils höchsten Zahlungen in den drei Haushaltsjahren identisch seien. Auch sei nicht davon auszugehen, dass sich die Auswertung der Rückläufe auf eine einfache Ja/Nein-Auswertung beschränke. Der Vertreter der Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass sich technische             27 Schwierigkeiten bei der Zusammenstellung der vom Kläger gewünschten Informationen daraus ergäben, dass die Datensätze keine Differenzierung zwischen natürlichen und juristischen Personen enthielten. Auch aus den Namen der Empfänger sei grundsätzlich nicht erkennbar, ob es sich um eine juristische oder eine natürliche Person handele. Dies hänge damit zusammen, dass in den vom Klageantrag erfassten Haushaltsjahren die Empfänger nicht immer hinreichend vollständige Angaben gemacht hätten, zum Teil seien auch die Listen nicht immer genau geführt worden. Damals sei die Unterscheidung auch nicht notwendig gewesen. Erst im Hinblick auf die spätere Veröffentlichungspflicht und das EuGH-Urteil vom 9. November 2010 (C-92/09 und C 93/09) werde es jetzt erforderlich, genau zu differenzieren. Deshalb müssten die Daten von Hand überprüft werden, um dem Begehren des Klägers zu entsprechen. Der Senat hatte im Hinblick auf die beim Europäischen Gerichtshof anhängigen Verfahren C-92/09 und        28 C-93/09 das Ruhen des Verfahrens angeordnet und das Verfahren nach Ergehen des Urteils vom 9. November 2010 wieder aufgenommen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der        29 Gerichtsakte, des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten sowie des Sitzungsprotokolls der mündlichen Verhandlung. Entscheidungsgründe:                                                                                      30 A. Die zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers hat nur zum Teil Erfolg. Soweit     31 sein Antrag Informationen über Agrarsubventionen betrifft, die an natürliche Personen gezahlt wurden, bleibt es bei dem Bescheidungsurteil des Verwaltungsgerichts, da die Sache nicht im Sinne des § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO spruchreif ist. Soweit es sich bei den Zahlungsempfängern um juristische Personen handelt, hat das Verwaltungsgericht den Verpflichtungsantrag des Klägers zu Unrecht abgelehnt. Dabei geht der Senat mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass sich der Informationsanspruch des Klägers aus § 3 Abs. 1 Satz 1 des Umweltinformationsgesetzes (UIG) vom 22. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3704) ergibt, da es sich bei den fraglichen Informationen um Umweltinformationen handelt (I.). Kein anderes 4 von 19
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2011/8_A_3357_08urteil20110301.html Ergebnis ergibt sich bei Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes (II.). I. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zugang zu den gewünschten Informationen              32 über Zahlungen an diejenigen 50 Empfänger, die in den Jahren 2002, 2003 und 2004 die jeweils höchsten Agrarsubventionszahlungen der Europäischen Union bzw. der Europäischen Gemeinschaften erhalten haben. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 3 Abs. 1 Satz 1 UIG. Nach dieser Vorschrift hat jede Person nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle verfügt. Bei den begehrten Informationen handelt es sich um Umweltinformationen (1). Die Beklagte ist eine informationspflichtige Stelle, die über die fraglichen Informationen verfügt (2). Die Beklagte kann dem Anspruch keinen unzumutbar hohen Verwaltungsaufwand entgegen halten (3). Soweit es sich bei den Zahlungsempfängern um natürliche Personen handelt, kommt allerdings der Ablehnungsgrund des § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG in Betracht (Schutz personenbezogener Daten); insoweit ist die Sache nicht spruchreif im Sinne des § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO (4). Soweit es sich bei den Zahlungsempfängern um juristische Personen handelt, liegen keine Ablehnungsgründe vor, so dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger die Namen, Anschriften und die Jahressumme für diejenigen 50 Subventionsempfänger zu benennen, die jeweils die höchsten Zahlungen erhalten haben (5). 1. Bei den vom Kläger gewünschten Angaben über Zahlungen aus dem EU-Agrarhaushalt handelt es                 33 sich um Umweltinformationen i.S.d. § 2 Abs. 3 Nr. 3 a UIG. Der Begriff der Umweltinformationen ist - insbesondere nach der Neufassung des Umweltinformationsgesetzes des Bundes - weit auszulegen (a). Hiervon ausgehend sind Informationen über Zahlungen aus dem EU-Agrarhaushalt regelmäßig Umweltinformationen im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 3a UIG (b). a) § 2 Abs. 3 UIG in der aktuellen Fassung lautet:                                                           34 "Umweltinformationen sind unabhängig von der Art ihrer Speicherung alle Daten über                     35 1. den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft und          36 natürliche Lebensräume einschließlich Feuchtgebiete, Küsten- und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich gentechnisch veränderter Organismen, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen; 2. Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung, Abfälle aller Art sowie Emissionen, Ableitungen   37 und sonstige Freisetzungen von Stoffen in die Umwelt, die sich auf die Umweltbestandteile im Sinne der Nummer 1 auswirken oder wahrscheinlich auswirken; 3. Maßnahmen oder Tätigkeiten, die                                                                     38 a) sich auf die Umweltbestandteile im Sinne der Nummer 1 oder auf Faktoren im Sinne der Nummer 2       39 auswirken oder wahrscheinlich auswirken oder b) den Schutz von Umweltbestandteilen im Sinne der Nummer 1 bezwecken; zu den Maßnahmen                40 gehören auch politische Konzepte, Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Abkommen, Umweltvereinbarungen, Pläne und Programme;..." Demgegenüber hatte § 3 Abs. 2 UIG a.F. (Umweltinformationsgesetz vom 8. Juli 1994, BGBl. I, 1490; i.d.F.     41 der Bekanntmachung vom 23. August 2001, BGBl. I, 2218) folgenden Wortlaut: "Informationen über die Umwelt sind alle in Schrift, Bild oder auf sonstigen Informationsträgern       42 vorliegenden Daten über 1. den Zustand der Gewässer, der Luft, des Bodens, der Tier- und Pflanzenwelt und der natürlichen      43 Lebensräume, 2. Tätigkeiten, einschließlich solcher, von denen Belästigungen wie beispielsweise Lärm ausgehen,      44 oder Maßnahmen, die diesen Zustand beeinträchtigen oder beeinträchtigen können, und 3. Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz dieser Umweltbereiche einschließlich                          45 verwaltungstechnischer Maßnahmen und Programme zum Umweltschutz." Die Neufassung erfolgte durch das Gesetz zur Neugestaltung des Umweltinformationsgesetzes und zur            46 Änderung der Rechtsgrundlagen zum Emissionshandel vom 22. Dezember 2004 (BGBl. I, 3704). Der Gesetzgeber wollte sich bei dem Wortlaut des § 2 Abs. 3 UIG (Begriff der Umweltinformationen) ausdrücklich eng an die Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5 von 19
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2011/8_A_3357_08urteil20110301.html 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates (ABl. L 41, 26) anlehnen, deren Begriffsbestimmung gegenüber der ursprünglichen Fassung in der Richtlinie 90/313/EWG vom 7. Juni 1990 (ABl. L 158, 56) "umfassender definiert" sei. BT-Drucks. 15/3406, S. 11 und 14 f.                                                                 47 Die EU-Kommission hatte dies mit den Versuchen der Mitgliedstaaten begründet, den Begriff einengend               48 auszulegen: Zwar habe bereits die Richtlinie 90/313/EWG eine weit gefasste Definition des Begriffs "Informationen über die Umwelt" enthalten, doch scheine aufgrund der gewonnenen Erfahrungen eine umfassendere und ausdrücklichere Begriffsbestimmung zweckmäßig, um bestimmte Kategorien umweltbezogener Informationen zu erfassen, die infolge einer engen Auslegung vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen wurden. KOM (2000) 402 endgültig, S. 10.                                                                    49 Dass die Richtlinie 2003/4/EG von einem weiteren Begriffsverständnis ausgeht, zeigt sich auch an deren            50 Erwägungsgrund Nr. 1, wonach der erweiterte Zugang der Öffentlichkeit zu umweltbezogenen Informationen und die Verbreitung dieser Informationen dazu beitragen, das Umweltbewusstsein zu schärfen und so letztlich den Umweltschutz zu verbessern, sowie insbesondere an Erwägungsgrund Nr. 10, wonach die Bestimmung des Begriffs "Umweltinformationen" dahingehend präzisiert werden sollte, "dass Informationen jeder Form (...) erfasst werden...". In Übereinstimmung mit diesem weiten Begriffsverständnis ist auch der Begriff der Umweltinformationen             51 i.S.d. § 2 Abs. 3 UIG weit auszulegen. BVerwG, Urteil vom 21. Februar 2008 - 4 C 13.07 -, BVerwGE 130, 223; OVG Berlin-Bbg., Urteil 52 vom 17. Dezember 2008 - 12 B 23.07 -, juris Rn. 44; Reidt/Schiller, in: Landmann/ Rohmer, Umweltrec Teil II Nr. 3, Stand: März 2010, § 2 UIG Rn. 31; vgl. auch bereits zu § 3 Abs. 2 UIG a.F.: BVerwG, Urtei vom 25. März 1999 7 C 21.98 -, BVerwGE 108, 369 = juris Rn. 27. Schon in Bezug auf § 3 Abs. 2 Nr. 3 UIG a.F. (Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz dieser                        53 Umweltbereiche) hatte das Bundesverwaltungsgericht klargestellt, dass nicht unterschieden wird zwischen unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen. Diese Auffassung hat es für § 2 Abs. 3 Nr. 3a UIG n.F. wiederholt. Das Kriterium hat keinen Eingang in die Umweltinformationsrichtlinie(n) gefunden und ist deshalb zur Abgrenzung einer Umweltinformation von anderen, einem Antragsteller nicht zustehenden Informationen in der Sache untauglich. BVerwG, Urteil vom 21. Februar 2008 - 4 C 13.07 -, BVerwGE 130, 223 = juris Rn. 13 (zu § 2          54 Abs. 3 Nr. 3a UIG n.F.); BVerwG, Urteil vom 25. März 1999 - 7 C 21.98 -, BVerwGE 108, 369 = juris Rn (zu § 3 Abs. 2 UIG a.F.). Auch das in § 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG enthaltene Begriffspaar "Maßnahmen oder Tätigkeiten" wird weit                   55 verstanden; es soll alle menschlichen Tätigkeiten erfassen. Für § 2 Abs. 3 Nr. 3a UIG (Auswirkungen auf Umweltbestandteile oder Faktoren) ist ein potentieller Wirkungszusammenhang ausreichend; er muss allerdings hinreichend wahrscheinlich sein. Reidt/Schiller, a. a. O., § 2 UIG Rn. 44; Fluck/ Theuer, Informationsfreiheitsrecht,                56 Loseblattkommentar, Stand: Mai 2010, Teil A III, § 2 UIG Rn. 311 f. Hinsichtlich § 2 Abs. 3 Nr. 3b UIG (Schutz von Umweltbestandteilen) muss der Schutz der Umweltmedien              57 der Zweck - wenn auch nicht der Hauptzweck - der Maßnahme sein. Erfasst werden unmittelbar wie mittelbar den Umweltschutz fördernde Aktivitäten. Erforderlich ist auch hier lediglich eine hinreichend enge Beziehung zwischen der jeweiligen Tätigkeit oder Maßnahme und dem angestrebten Erfolg für die Umwelt. Reidt/Schiller, a. a. O., § 2 UIG Rn. 45; Fluck/ Theuer, a. a. O., § 2 UIG Rn. 335; Schomerus/      58 Schrader/Wagner, UIG, Handkommentar, 2. Aufl. 2002, § 3 UIG a.F. Rn. 136. Auf der anderen Seite besteht allerdings Einigkeit darüber, dass weder die alte noch die neue                     59 Umweltinformationsrichtlinie - und damit auch § 2 Abs. 3 UIG bezwecken, ein allgemeines und unbegrenztes Zugangsrecht zu allen bei den Behörden verfügbaren Informationen zu gewähren, die auch nur den geringsten Bezug zu einem Umweltgut aufweisen. Vielmehr fallen Informationen nur dann unter das Zugangsrecht, wenn sie zu einer oder mehreren der in der Richtlinie angegebenen Kategorien gehören. 6 von 19
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2011/8_A_3357_08urteil20110301.html Vgl. nur EuGH, Urteil vom 12. Juni 2003 C316/01 (Glawischnig) -, juris Rn. 25 (zur Richtlinie        60 90/313/EWG); Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 14. Oktober 2010 im Verfahren C-524/ (Ville de Lyon), juris Rn. 29, und im Verfahren C-266/09 (Stichting Natuur en Milieu), juris Rn. 44. Liegt eine Maßnahme oder Tätigkeit im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG vor, stellen alle damit im                    61 Zusammenhang stehenden Daten Umweltinformationen dar; dies ist nicht gesondert für jede einzelne Angabe festzustellen. BVerwG, Urteil vom 24. September 2009 - 7 C 2.09 -, NVwZ 2010, 189 = juris Rn. 32.                   62 Umweltinformationen können auch in der Vergangenheit liegende Sachverhalte betreffen.                              63 OVG Rh. -Pf., Urteil vom 2. Juni 2006 - 8 A 10267/06 -, NVwZ 2007, 351 = juris Rn. 34 ff.;           64 Reidt/Schiller, a. a. O., § 2 UIG Rn. 43. b) Hiervon ausgehend handelt es sich bei den vom Kläger erbetenen Informationen über Zahlungen aus                 65 dem EU-Agrarhaushalt um Umweltinformationen im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 3a UIG. So auch die ganz überwiegende Auffassung in Rspr. und Literatur (teilweise ohne nähere               66 Differenzierung bzgl. § 2 Abs. 3 Nr. 3a und 3b UIG), vgl. nur OVG NRW, Beschluss vom 27. April 2009 16 B 539/09 -, juris Rn. 61; VG Schl.-H., Urteil vom 29. November 2007 12 A 37/06 -, juris Rn. 29; VG Hamburg, Urteil vom 22. Mai 2008 - 13 K 1173/07 -, ZUR 2008, 600 = juris Rn. 28; Reidt/Schiller, a. a. § 2 UIG Rn. 44 und 45; Schomerus/ Schrader/ Wagner, a. a. O., § 3 UIG a.F. Rn. 136; Schmidt/Würn, NuR 2008, 770 (771). Maßnahmen im Sinne der Vorschrift sind die Zahlungen der Beklagten, die diese in den vom Klageantrag               67 erfassten Haushaltsjahren als sogenannte Zahlstelle im Rahmen der europäischen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) geleistet hat (aa). Ausgehend von den Wirkungen und dem Zweck derartiger Zahlungen besteht jedenfalls ein hinreichend wahrscheinlicher potentieller Wirkungszusammenhang im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 3a UIG. Die Zahlungen wirken sich wahrscheinlich auf die in § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG genannten Umweltbestandteile aus (bb). aa) Im vorliegenden Verfahren geht es um Zahlungen, die die Beklagte als                                           68 Marktordnungsstelle im Sinne des § 3 des Gesetzes zur Durchführung der gemeinsamen                                 69 Marktorganisationen und der Direktzahlungen (neugefasst durch Bek. vom 24. Juni 2005, BGBl. I 1847) - MOG - sowie als Interventionsstelle nach § 7 Abs. 1 Satz 1 MOG im Rahmen der GAP aus dem EU-Agrarhaushalt geleistet hat. Die Beklagte ist u.a. für die Zahlung bestimmter Vergünstigungen i.S.d. § 6 MOG und für die Durchführung sogenannter Interventionsmaßnahmen (staatlicher Ankauf von landwirtschaftlichen Produkten, Lager- und Verarbeitungsbeihilfen, Nahrungsmittelhilfen, Beihilfen für Schulmilch, Schulobst und Beihilfen für Stärkehersteller) zuständig. Bei der Intervention im engeren Sinne werden die Produkte vom Landwirt zu einem bestimmten Preis (Interventionspreis) angekauft, gelagert und später - im Binnenland oder in Drittländern - wieder abgesetzt. In der Vergangenheit bestanden Interventionssysteme vor allem für Getreide, Milch- und Milchprodukte sowie bestimmte Fleischsorten. Kopp, in: Streinz, EUV/EGV, Kommentar, 2003, Art. 34 EGV Rn. 18 ff., Rn. 80; Hakenberg,              70 Europarecht, 5. Auflage 2010, S. 151. Die GAP ist die einzige ausschließlich auf Unionsebene geführte Politik; sie macht knapp die Hälfte des            71 gesamten EU-Haushalts aus. Der nachfolgende Überblick über die Entwicklung der GAP zeigt, dass sie von Anfang an maßgeblich die Produktionsbedingungen in der Landwirtschaft mitbestimmt und sich dadurch - mittelbar - auf die Umweltbestandteile i.S.d. § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG ausgewirkt hat. U.a. wegen dieser Umweltauswirkungen kam es ab 2005 zu einer grundlegenden Reform der GAP; spätestens seitdem verfolgt die GAP mit den sog. cross-compliance-Regelungen auch gezielt Umweltschutzzwecke. Die mit der Reform der GAP ab 2005 verfolgten Umweltziele belegen, dass die Agrarsubventionen sich bereits zuvor - zum Teil negativ - auf die Umwelt ausgewirkt haben, auch wenn überwiegend der Einfluss auf die Umwelt noch nicht bewusst berücksichtigt wurde. Die bereits im EWG-Vertrag von 1957 vor dem Hintergrund der damaligen Versorgungslage formulierten                 72 Ziele der GAP sind auch durch den Lissabon-Vertrag unverändert geblieben und beanspruchen weiterhin Gültigkeit. Die GAP soll die Produktivität der Landwirtschaft steigern, auf diese Weise der landwirtschaftlichen Bevölkerung eine angemessene Lebenshaltung gewährleisten, die Märkte stabilisieren, die Versorgung sicherstellen und für angemessene Verbraucherpreise sorgen (vgl. Art. 33 EGV, entspricht jetzt Art. 39 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEU-Vertrag). 7 von 19
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2011/8_A_3357_08urteil20110301.html Die Gemeinschaftsorgane verfolgen bei der Gestaltung der GAP aber über die vorgenannten Ziele hinaus regelmäßig weitere Ziele der Gemeinschaft, etwa den Verbraucherschutz, die Gesundheit sowie den Umweltschutz; gerade zur Umweltschutzpolitik der EU weist die GAP besonders enge Bezüge auf. Bittner, in: Schwarze (Hrsg.), EU-Kommentar, 2. Aufl. 2009, Art. 33 EGV Rn. 2, 3; Art. 37 EGV    73 Rn. 17 mit zahlreichen Beispielen; vgl. auch EuGH, Urteil vom 19. September 2002 C336/00 -, juris Leitsatz 1 (zur Förderung umweltfreundlicherer Produktionsformen). Während in den 1950er Jahren wegen der damaligen Ernährungssituation die Versorgungssicherheit im              74 Vordergrund stand, verlagerte sich das Schwergewicht ab 2000 auf die Entwicklung des ländlichen Raums unter Einbeziehung umwelt-, regional- und sozialpolitischer Gesichtspunkte. Kopp, in a. a. O., Art. 33 EGV Rn. 9; Bittner, a. a. O., Art. 33 EGV Rn. 6. Hakenberg, a. a. O., 75 S. 147 ff. Bereits durch die Agrarreform von 1992 erfolgte ein grundlegender Systemwechsel in der GAP. Der                76 Agrarrat beschloss, für die wichtigsten Erzeugnisse die bisherige Preisstützung durch staatliche Ankaufsgarantien, Prämien oder Erzeugerbeihilfen schrittweise zu reduzieren und durch an die Produktion gekoppelte direkte Einkommensbeihilfen (Hektarbeihilfen, Tierprämien) zu ersetzen. Mit den Luxemburger Agrarratsbeschlüssen vom Juni 2003 erfolgte nochmals eine umfassende Neuausrichtung. Kernelemente dieser ab 2005 umgesetzten Reform waren: 77 Produktionsunabhängige einzelbetriebliche Zahlungen (sogen. Entkopplung; Einführung der Betriebsprämie) mit der Folge, dass die Landwirte in ihrer Entscheidung, was sie produzieren wollten, freier wurden (keine Förderungsbeschränkung mehr auf bestimmte Produkte wie etwa Winterweizen oder Raps); Verknüpfung der Zahlungen mit der Einhaltung bestimmter Umwelt-, Tierschutz- und Lebensmittelsicherheitsstandards; insbesondere Pflicht zur Erhaltung der bewirtschafteten Flächen in einem guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand ("cross compliance"); keine Abhängigkeit der Höhe der Direktzahlungen von der aktuellen Produktionsstruktur, vielmehr Orientierung an den in der Vergangenheit während einer Referenzperiode empfangenen Zahlungen; Kürzung der Direktzahlungen an landwirtschaftliche Betriebe um bis zu 5 % und Umschichtung der daraus gewonnenen Mittel zur Finanzierung einer verstärkten Förderung des ländlichen Raums ("Modulation"). Vgl. VO (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. September 2003 mit gemeinsamen Regeln für           78 Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik und mit bestimmten Stützungsregelunge Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe und zur Änderung - näher bezeichneter - Verordnungen, ABl. L 2 1; ausführlich zu der Reform, die in Deutschland durch das Gesetz zur Umsetzung der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik vom 21. Juli 2004 (BGBl I, 1763) umgesetzt worden ist: Busse, in: Schulze/Zuleeg/ Kadelbach (Hrsg.), Europarecht, 2. Aufl. 2010, § 25 (Agrarrecht) Rn. 104 ff. Der enge Bezug zur europäischen Umweltpolitik wird im Kommissionsvorschlag für die neue Verordnung             79 deutlich, in dem es ausdrücklich heißt: "Die Kommission wird überprüfen, wieweit die ländliche Entwicklungspolitik einen Beitrag zu den Zielen der nachhaltigen Entwicklung, insbesondere in Bezug auf die Biodiversität und die Umsetzung der Richtlinie 92/43/EC (i.e. die Habitat-Richtlinie) leistet." KOM(2003) 23 endg., S. 14.                                                                       80 Dementsprechend hebt die Kommission in ihrer Presseerklärung vom 22. Januar 2003 hervor, dass die              81 "umweltschädlichen Anreize" der früheren Agrarpolitik im Rahmen der Reform beseitigt werden sollen und nachhaltigere landwirtschaftliche Produktionsweisen noch stärker gefördert werden sollen. http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction (IP/03/99).                                           82 Gegenwärtig ist eine intensive Diskussion über die zukünftige Ausgestaltung der GAP im Gange. Die              83 Kommission hat in ihrer Mitteilung "Die GAP bis 2010: Nahrungsmittel, natürliche Ressourcen und ländliche Gebiete - die zukünftigen Herausforderungen" hierzu dargelegt, dass die GAP künftig (noch) stärker Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen einbeziehen will (ökologische Zielsetzung). Wörtlich heißt es: "Eine Einstellung der öffentlichen Förderung würde zu einer stärkeren Konzentration der                  84 landwirtschaftlichen Erzeugung in einigen Gebieten mit besonders günstigen Bedingungen und intensiveren landwirtschaftlicheren Praktiken führen, während die weniger wettbewerbsfähigen Gebiete 8 von 19
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2011/8_A_3357_08urteil20110301.html von Marginalisierung und Landaufgabe bedroht wären. Solche Entwicklungen hätten zunehmende Umweltbelastungen und die Verschlechterung von wertvollen Lebensräumen zur Folge mit gravierenden wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen einschließlich einer irreversiblen Beeinträchtigung des landwirtschaftlichen Produktionspotentials in Europa." KOM(2010) 672 endg., S. 4 f.                                                                   85 Unterschieden wird zwischen marktbezogenen Ausgaben und Direktzahlungen (sog. 1. Säule der GAP)              86 und Mitteln für die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes (sog. 2. Säule der EU-Agrarpolitik). Die Ausgaben der beiden Säulen werden aus zwei Fonds finanziert, für die mit der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 des Rates vom 21. Juni 2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik (ABl. L 209,1) ein einheitlicher Rechtsrahmen geschaffen wurde und die Teil des Gesamthaushaltsplans der EU sind: Der Europäische Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) finanziert die Direktzahlungen an die Landwirte, Ausfuhrerstattungen und Interventionen zur Regulierung der Agrarmärkte, Informations- und Absatzförderungsmaßnahmen für landwirtschaftliche Erzeugnisse, veterinär- und phytosanitäre Maßnahmen sowie Ausgaben für die Fischereimärkte. Der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) unterstützt im Wege der Kofinanzierung die Förderprogramme der Mitgliedstaaten, die dazu eigene Finanzmittel einsetzen müssen. Die Zuweisung und Verausgabung der Finanzmittel für die GAP erfolgen in einer sog. geteilten                 87 Mittelverwaltung. Für die Durchführung der GAP und damit auch für die an die Begünstigten zu leistenden Zahlungen sind die Mitgliedstaaten zuständig. Die von den Zahlstellen getätigten Ausgaben erstattet die Kommission den Mitgliedstaaten im Nachhinein. Vgl. Bittner, a. a. O., Art. 34 EGV Rn. 79 ff.; Busse, a. a. O., § 25 (Agrarrecht) Rn. 49 ff.  88 bb) Aus dem vorstehenden Überblick über Entwicklung, Mittel und Ziele der EU-Agrarpolitik folgt, dass        89 Informationen über die aus dem EU-Agrarhaushalt durch die Zahlstellen der Mitgliedstaaten gewährten Agrarsubventionen Umweltinformationen i.S.d. § 2 Abs. 3 UIG sind. Jedenfalls seit Inkrafttreten der Agrarreformen des Jahres 2005 ergibt sich dies ohne weiteres aus § 2 Abs. 3 Nr. 3b UIG, weil sämtliche derartigen Zahlungen zumindest auch den Schutz von Umweltbestandteilen bezwecken. Ob und hinsichtlich welcher Fördermaßnahmen eine derartige Zwecksetzung auch schon für davor liegende Zeiträume - auf die sich das hier streitbefangene Auskunftsbegehren bezieht - existierte, bedarf hier keiner Klärung. Insoweit sind jedenfalls die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 Nr. 3a UIG erfüllt. Informationen über Agrarsubventionen sind Umweltinformationen, weil ein hinreichend wahrscheinlicher potentieller Wirkungszusammenhang zwischen gewährten Agrarsubventionen und dem Zustand von Umweltbestandteilen objektiv auch dann besteht, wenn die Umweltauswirkungen subjektiv nicht bezweckt oder - bei negativen Auswirkungen - nicht oder nicht so bedacht worden sind. Zahlungen aus dem EU-Agrarhaushalt haben deshalb Auswirkungen auf die Umwelt, weil letztlich                 90 sämtliche Zahlungen an bestimmte landwirtschaftliche Aktivitäten anknüpfen. Gerade Landwirte, die mit den Fördermaßnahmen unterstützt werden sollen, übernehmen als hauptsächliche Landnutzer eine besondere Verantwortung für den Erhalt von Natur und Umwelt, denn sie bewirtschaften und pflegen einen Großteil der Landesfläche. Vgl. näher unter www.agrarfischereizahlungen.de.                                               91 Die Agrarwirtschaft nimmt regelmäßig Einfluss auf die natürlichen Ressourcen der Umwelt. Die                 92 Umweltbestandteile, insbesondere der Boden und das Wasser, sind das "Grundkapital" der Berufsausübung. Die Gewinnung materieller Güter erfolgt unmittelbar aus der Natur ("Urproduktion"). Darüber hinaus können die Zahlungen - je nach Art der Subvention - verschiedene weitere mittelbare Auswirkungen auf die Umwelt und ihre Bestandteile haben; so haben gerade die Interventionszahlungen in der Vergangenheit zu den - nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch - "berüchtigten Bergen" geführt, um deren Vermeidung man sich inzwischen systematisch bemüht. Vgl. nur Hakenberg, a. a .O., S. 151.                                                          93 Diese Einschätzung wird durch die bereits oben erwähnte Presseerklärung der Kommission vom                   94 22. Januar 2003 bestätigt, dass gerade die "umweltschädlichen Anreize" der früheren Agrarpolitik Anlass für Reformbestrebungen waren. Der Einwand der Beklagten, dass der Einordnung von Informationen über Agrarsubventionen als                  95 Umweltinformationen i.S.d. § 2 Abs. 3 Nr. 3a UIG ein zu weites, geradezu uferloses Verständnis der wahrscheinlichen Wirkungszusammenhänge zugrunde liege, ist unbegründet. Wegen des besonderen Bezugs zu den natürlichen Lebensgrundlagen, der landwirtschaftlichen Tätigkeiten eigen ist und diesen 9 von 19
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http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2011/8_A_3357_08urteil20110301.html Wirtschaftsbereich maßgeblich von anderen unterscheidet, stellen sowohl positive als auch negative Auswirkungen von Fördermaßnahmen - gleich welcher Art und Zielsetzung - auf Umweltbestandteile keine lediglich entfernte Möglichkeit dar, sondern liegen regelmäßig nahe. 2. Die Beklagte ist als bundesunmittelbare rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts eine                  96 informationspflichtige Stelle im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 UIG, die über die fraglichen Informationen verfügt. a) Nach § 2 Abs. 4 UIG verfügt eine informationspflichtige Stelle über Umweltinformationen, wenn diese        97 bei ihr vorhanden sind oder an anderer Stelle für sie bereitgehalten werden. Die Behörde ist grundsätzlich weder zur anderweitigen Beschaffung von Informationen noch zur Rekonstruktion von bestimmten Dokumenten verpflichtet; dies entspricht Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2003/4/EG, die den Informationszugang ebenfalls auf vorhandene oder bereitgehaltene Informationen beschränkt. Reidt/Schiller, a. a. O., § 2 UIG Rn. 56; Fluck/Theuer, a. a. O., § 2 UIG Rn. 399, § 3 UIG Rn.  98 51, jew. m.w.N. aa) Für das Vorhandensein genügt die tatsächliche räumliche Verfügungsbefugnis. Auch insoweit kann            99 auf die Begriffsbestimmung in Art. 2 Nr. 3 der Richtlinie 2003/4/EG zurückgegriffen werden. Danach sind "bei einer Behörde vorhandene Informationen" Umweltinformationen, die sich in ihrem Besitz befinden und die von dieser Behörde erstellt worden oder bei ihr eingegangen sind. Es kommt nicht auf die rechtliche Verfügungsbefugnis der Behörde in dem Sinne an, dass sie "aktenführende Stelle" sein muss. Auch Umweltinformationen, die sich nur zu vorübergehenden Zwecken - etwa aufgrund eines Widerspruchs- oder Ermittlungsverfahren - bei der Stelle befinden, werden demnach erfasst. Reidt/Schiller, a. a. O., § 2 UIG Rn. 53 ; Fluck/Theuer, a. a. O., § 2 UIG Rn. 402 und § 3 Rn. 100 50, jew. m.w.N. Soweit der vormals mit Streitigkeiten nach den Informationsfreiheitsgesetzen befasste 21. Senat des OVG      101 NRW insoweit eine andere Auffassung vertreten und nur die jeweils aktenführende Behörde, d.h. diejenige Behörde, die die rechtliche Verfügungsbefugnis über die ihr im Rahmen ihrer behördlichen Tätigkeit zugegangenen Informationen hat, als anspruchsverpflichtet angesehen hat, OVG NRW, Beschluss vom 15. August 2003 - 21 B 375/03 -, NVwZ-RR 2004, 169,                     102 beruhte dies auf der alten, hier nicht anwendbaren Rechtslage.                                               103 Die Auslegung durch den 21. Senat knüpfte an den Wortlaut der dem Umweltinformationsgesetz in der            104 damaligen Fassung zugrunde liegenden Richtlinie 90/313/EWG vom 7. Juni 1990 über den freien Zugang zu Informationen über die Umwelt an. Nach deren Art. 1 regelt die Richtlinie den freien Zugang zu den bei den Behörden "vorhandenen Informationen" über die Umwelt; Behörden im Sinne der Richtlinie sind nach deren Art. 2 Buchst. b) die Stellen der öffentlichen Verwaltung, die Aufgaben im Bereich der Umweltpflege wahrnehmen und über diesbezügliche Informationen "verfügen". Diese - seinerzeit durchaus einschränkend zu verstehende - Definition hat die nunmehr maßgebliche und bei der Auslegung des Umweltinformationsgesetzes zu berücksichtigende Richtlinie 2003/4/EG nicht übernommen. Wie bereits ausgeführt beruhte die gemeinschaftsrechtliche Neuregelung der Umweltinformationsansprüche gerade auf der Erwägung, dass im Interesse eines erweiterten Informationszugangs die Voraussetzungen des Anspruchs weit und die Ablehnungsgründe eng auszulegen seien. bb) Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 UIG kann der Antragsteller eine bestimmte Art des Informationszugangs             105 beantragen, der nur aus gewichtigen Gründen - etwa wegen eines deutlich höheren Verwaltungsaufwandes (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 2 UIG) - auf andere Art eröffnet werden kann. Allerdings besteht der Anspruch auf Übermittlung der Informationen grundsätzlich nur in der bei der Behörde vorhandenen Form. So hat ein Antragsteller etwa nur einen Anspruch auf Übermittlung von Daten in analoger, nicht aber auch in digitaler Form, wenn diese bei der Behörde ausschließlich in analoger Form vorliegen. VG Saarland, Beschluss vom 3. November 2008 - 5 L 874/08 -, juris Rn. 18 ff.; a.A.             106 Reidt/Schiller, a. a. O., § 2 UIG Rn. 53. Generell besteht der Zugangsanspruch nur im Rahmen der im Zeitpunkt der Bescheidung vorhandenen              107 technischen Möglichkeiten. Kann die Behörde aus technischen Gründen die konkrete Zugangsart nicht erfüllen - etwa weil bei ihr kein Emailverkehr möglich ist -, ist dies ein Ablehnungsgrund. Reidt/Schiller, a. a. O., § 3 UIG Rn. 18.                                                      108 10 von 19
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