Information

Aktenzeichen
C-28/08 P
ECLI
ECLI:EU:C:2010:378
Datum
29. Juni 2010
Gericht
Gerichtshof der Europäischen Union
Gesetz
Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 (Transparenzverordnung)
Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 (Transparenzverordnung)

Urteil: Gerichtshof der Europäischen Union am 29. Juni 2010

C-28/08 P

Unter gänzlicher Aufhebung des Urteils des Europäischen Gerichts (T-194/04) entschied der EuGH, dass auch bei Anträgen nach der Verordnung 1049/2001, die auf den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten gerichtet sind, die datenschutzrechtlichen Bestimmungen der Verordnung 45/2001 zu beachten sind, sofern die in Rede stehenden Dokumente personenbezogene Daten enthalten. Die Verordnung 45/2001 stellt zwingendes Recht dar, das trotz des Ziels der Verordnung 1049/2001, eine größtmögliche Transparenz zu gewährleisten, einzuhalten ist. Demnach handelte die Kommission rechtmäßig, als sie nach Konsultation der einzelnen Teilnehmer einer Sitzung, die Namen derjenigen Teilnehmer nicht preisgab, die sich gegen eine eine Übermittlung ausgesprochen hatten. (Quelle: LDA Brandenburg)

Aussonderungen Konkurrierende Rechtsvorschriften Personenbezogene Daten

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http://curia.europa.eu/juris/document/document_print.jsf?doclang=DE&text=&pageIndex=0&part=1&mode=lst&docid=84752&occ=first&dir=&c... URTEIL DES GERICHTSHOFS (Große Kammer) 29. Juni 2010(*) „Rechtsmittel – Zugang zu Dokumenten der Gemeinschaftsorgane – Dokument über ein im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens stattgefundenes Treffen – Schutz personenbezogener Daten – Verordnung (EG) Nr. 45/2001 – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001“ In der Rechtssache C‑28/08 P betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 23. Januar 2008, Europäische Kommission, vertreten durch C. Docksey und P. Aalto als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg, Klägerin, unterstützt durch Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland, vertreten durch E. Jenkinson und V. Jackson als Bevollmächtigte im Beistand von J. Coppel, Barrister, Rat der Europäischen Union, vertreten durch B. Driessen und C. Fekete als Bevollmächtigte, Streithelfer im Rechtsmittelverfahren, andere Verfahrensbeteiligte: The Bavarian Lager Co. Ltd mit Sitz in Clitheroe                                (Vereinigtes   Königreich), Prozessbevollmächtigte: J. Webber und M. Readings, Solicitors, Klägerin im ersten Rechtszug, unterstützt durch Königreich Dänemark, vertreten durch B. Weis Fogh als Bevollmächtigte, Republik Finnland, vertreten durch J. Heliskoski als Bevollmächtigten, Königreich Schweden, vertreten durch K. Petkovska als Bevollmächtigte, Streithelfer im Rechtsmittelverfahren, Europäischer Datenschutzbeauftragter, vertreten durch H. Hijmans, A. Scirocco und H. Kranenborg als Bevollmächtigte, Streithelfer im ersten Rechtszug, erlässt DER GERICHTSHOF (Große Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, der Kammerpräsidenten A. Tizzano, J. N. Cunha Rodrigues und K. Lenaerts, der Kammerpräsidentinnen R. Silva de Lapuerta und C. Toader sowie 1 von 18
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http://curia.europa.eu/juris/document/document_print.jsf?doclang=DE&text=&pageIndex=0&part=1&mode=lst&docid=84752&occ=first&dir=&c... der Richter A. Rosas, K. Schiemann, E. Juhász (Berichterstatter), G. Arestis und T. von Danwitz, Generalanwältin: E. Sharpston, Kanzler: H. von Holstein, Hilfskanzler, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 16. Juni 2009, nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 15. Oktober 2009 folgendes Urteil 1      Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 8. November 2007, Bavarian Lager/Kommission (T‑194/04, Slg. 2007, II‑4523, im Folgenden: angefochtenes Urteil), aufzuheben, soweit mit diesem die Entscheidung der Kommission vom 18. März 2004 (im Folgenden: streitige Entscheidung) über die Ablehnung des Antrags von The Bavarian Lager Co. Ltd (im Folgenden: Bavarian Lager) auf Gewährung des Zugangs zum vollständigen Protokoll des im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens abgehaltenen Treffens vom 11. Oktober 1996 (im Folgenden: Treffen vom 11. Oktober 1996) für nichtig erklärt worden ist. Rechtlicher Rahmen 2        Die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281, S. 31) verpflichtet die Mitgliedstaaten, bei der Sicherstellung des freien Verkehrs personenbezogener Daten in der Europäischen Gemeinschaft den Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten und insbesondere den Schutz der Privatsphäre natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zu gewährleisten. 3       Die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. 2001, L 8, S. 1) wurde auf der Grundlage des Art. 286 EG erlassen. 4      In den Erwägungsgründen 1, 2, 5, 7, 8, 12, 14 und 15 der Verordnung Nr. 45/2001 heißt es: „(1)       Nach Artikel 286 [EG] finden die Rechtsakte der Gemeinschaft über den Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und den freien Verkehr solcher Daten auf die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft Anwendung. (2)         Ein umfassendes Datenschutzsystem erfordert nicht nur eine Bestimmung der Rechte der betroffenen Personen und der Pflichten der Personen, die personenbezogene Daten verarbeiten, sondern auch geeignete Sanktionen für Rechtsverletzer und eine Überwachung durch eine unabhängige Kontrollbehörde. … (5)           Eine Verordnung ist erforderlich, um den natürlichen Personen auf dem Rechtsweg durchsetzbare Rechte zu geben … … 2 von 18
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http://curia.europa.eu/juris/document/document_print.jsf?doclang=DE&text=&pageIndex=0&part=1&mode=lst&docid=84752&occ=first&dir=&c... (7)       Unter den Schutz fallen können Personen, deren personenbezogene Daten von den Organen oder Einrichtungen der Gemeinschaft in irgendeinem Kontext verarbeitet werden … (8)        Die Grundsätze des Datenschutzes sollten für alle Informationen über eine bestimmte oder bestimmbare Person gelten. … … (12)        Die kohärente, homogene Anwendung der Bestimmungen für den Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten von Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten sollte in der gesamten Gemeinschaft gewährleistet sein. … (14)         Zu diesem Zweck sollten zwingende Vorschriften für die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft erlassen werden. Diese Vorschriften sollten auf alle Verarbeitungen personenbezogener Daten durch alle Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft Anwendung finden, soweit die Verarbeitung im Rahmen von Tätigkeiten erfolgt, die ganz oder teilweise den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts betreffen. (15)       Wird diese Verarbeitung von den Organen und Einrichtungen der Gemeinschaft in Ausübung von Tätigkeiten außerhalb des Anwendungsbereichs der vorliegenden Verordnung, insbesondere für die Tätigkeiten gemäß den Titeln V und VI des [EU-Vertrags in der Fassung vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon], durchgeführt, so wird der Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten der Personen unter Beachtung des Artikels 6 des [EU-Vertrags in der genannten Fassung] gewährleistet. Der Zugang zu den Dokumenten, einschließlich der Bedingungen für den Zugang zu Dokumenten, die personenbezogene Daten enthalten, unterliegt den Bestimmungen, die auf der Grundlage von Artikel 255 [EG] erlassen wurden, dessen Anwendungsbereich sich auf die Titel V und VI des [EU-Vertrags in der genannten Fassung] erstreckt.“ 5      Art. 1 der Verordnung Nr. 45/2001 bestimmt: „(1)         Die durch die Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften oder aufgrund dieser Verträge geschaffenen Organe und Einrichtungen, nachstehend ‚Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft‘ genannt, gewährleisten nach den Bestimmungen dieser Verordnung den Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten und insbesondere den Schutz der Privatsphäre natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten; sie dürfen den freien Verkehr personenbezogener Daten untereinander oder mit Empfängern, die dem in Anwendung der Richtlinie 95/46 … erlassenen einzelstaatlichen Recht der Mitgliedstaaten unterliegen, weder beschränken noch untersagen. (2)           Die durch diese Verordnung eingerichtete unabhängige Kontrollbehörde, nachstehend ‚Europäischer Datenschutzbeauftragter‘ genannt, überwacht die Anwendung der Bestimmungen dieser Verordnung auf alle Verarbeitungen durch Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft.“ 6      Art. 2 der Verordnung Nr. 45/2001 sieht vor: „Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck a)           ‚personenbezogene Daten‘ alle Informationen über eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person (nachstehend ‚betroffene Person‘ genannt); als bestimmbar wird eine Person angesehen, die direkt oder indirekt identifiziert werden kann, insbesondere durch Zuordnung zu einer Kennnummer oder zu einem oder mehreren spezifischen Elementen, die Ausdruck ihrer physischen, physiologischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität sind; 3 von 18
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http://curia.europa.eu/juris/document/document_print.jsf?doclang=DE&text=&pageIndex=0&part=1&mode=lst&docid=84752&occ=first&dir=&c... b)          ‚Verarbeitung personenbezogener Daten‘ … jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Speichern, die Organisation, die Aufbewahrung, die Anpassung oder Veränderung, das Wiederauffinden, das Abfragen, die Nutzung, die Weitergabe durch Übermittlung, Verbreitung oder jede andere Form der Bereitstellung, die Kombination oder die Verknüpfung sowie das Sperren, Löschen oder Vernichten; …“ 7      Art. 3 der Verordnung Nr. 45/2001 lautet: „(1)        Diese Verordnung findet auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch alle Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft Anwendung, soweit die Verarbeitung im Rahmen von Tätigkeiten erfolgt, die ganz oder teilweise in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts fallen. (2)             Diese Verordnung gilt für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einer Datei gespeichert sind oder gespeichert werden sollen.“ 8      Art. 4 der Verordnung Nr. 45/2001 sieht vor: „(1)       Personenbezogene Daten dürfen nur a)      nach Treu und Glauben und auf rechtmäßige Weise verarbeitet werden; b)        für festgelegte, eindeutige und rechtmäßige Zwecke erhoben und nicht in einer mit diesen Zwecken nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet werden. … …“ 9      Art. 5 dieser Verordnung bestimmt: „Personenbezogene Daten dürfen nur verarbeitet werden, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist: a)         Die Verarbeitung ist für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich, die aufgrund der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften oder anderer aufgrund dieser Verträge erlassener Rechtsakte im öffentlichen Interesse oder in legitimer Ausübung öffentlicher Gewalt ausgeführt wird, die dem Organ oder der Einrichtung der Gemeinschaft oder einem Dritten, dem die Daten übermittelt werden, übertragen wurde; oder b)       die Verarbeitung ist für die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich, der der für die Verarbeitung Verantwortliche unterliegt; oder … d)      die betroffene Person hat ohne jeden Zweifel ihre Einwilligung gegeben … …“ 10            Art. 8 („Übermittlung personenbezogener Daten an Empfänger, die nicht Organe oder Einrichtungen der Gemeinschaft sind und die der Richtlinie 95/46 … unterworfen sind“) der Verordnung Nr. 45/2001 bestimmt: „Unbeschadet der Artikel 4, 5, 6 und 10 werden personenbezogene Daten an Empfänger, die den 4 von 18
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http://curia.europa.eu/juris/document/document_print.jsf?doclang=DE&text=&pageIndex=0&part=1&mode=lst&docid=84752&occ=first&dir=&c... aufgrund der Richtlinie 95/46 … erlassenen nationalen Rechtsvorschriften unterliegen, nur übermittelt, a)       wenn der Empfänger nachweist, dass die Daten für die Wahrnehmung einer Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liegt oder zur Ausübung der öffentlichen Gewalt gehört, erforderlich sind oder b)       wenn der Empfänger die Notwendigkeit der Datenübermittlung nachweist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass die berechtigten Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden könnten.“ 11     Art. 18 („Widerspruchsrecht der betroffenen Person“) dieser Verordnung lautet: „Die betroffene Person hat das Recht, a)         jederzeit aus zwingenden, schutzwürdigen, sich aus ihrer besonderen Situation ergebenden Gründen gegen die Verarbeitung von sie betreffenden Daten Widerspruch einzulegen, außer in den unter Artikel 5 Buchstaben b), c) und d) fallenden Fällen. Bei berechtigtem Widerspruch darf sich die betreffende Verarbeitung nicht mehr auf diese Daten beziehen; b)         vor der ersten Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte oder vor deren erstmaliger Nutzung im Auftrag Dritter zu Zwecken der Direktwerbung informiert zu werden und ausdrücklich auf das Recht hingewiesen zu werden, kostenfrei gegen eine solche Weitergabe oder Nutzung Widerspruch einlegen zu können.“ 12       Die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. L 145, S. 43) legt die Grundsätze, die Voraussetzungen und die Grenzen des in Art. 255 EG vorgesehenen Rechts auf Zugang zu den Dokumenten dieser Organe fest. Sie gilt seit dem 3. Dezember 2001. 13     Der erste Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1049/2001 lautet: „In Artikel 1 Absatz 2 des [EU-Vertrags in der Fassung vor Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon], wonach der Vertrag eine neue Stufe bei der Verwirklichung einer immer engeren Union der Völker Europas darstellt, in der die Entscheidungen möglichst offen und möglichst bürgernah getroffen werden, ist das Prinzip der Transparenz verankert.“ 14     Der zweite Erwägungsgrund dieser Verordnung lautet: „Transparenz ermöglicht eine bessere Beteiligung der Bürger am Entscheidungsprozess und gewährleistet eine größere Legitimität, Effizienz und Verantwortung der Verwaltung gegenüber dem Bürger in einem demokratischen System. Transparenz trägt zur Stärkung der Grundsätze der Demokratie und der Achtung der Grundrechte bei, die in Artikel 6 des EU-Vertrags [in der Fassung vor dem Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon] und in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union [im Folgenden: Grundrechtecharta] verankert sind.“ 15     Im vierten und im elften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1049/2001 heißt es: „(4)            Diese Verordnung soll dem Recht auf Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten größtmögliche Wirksamkeit verschaffen und gemäß Artikel 255 Absatz 2 [EG] die allgemeinen Grundsätze und Einschränkungen dafür festlegen. … (11)        Grundsätzlich sollten alle Dokumente der Organe für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Der Schutz bestimmter öffentlicher und privater Interessen sollte jedoch durch Ausnahmen 5 von 18
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http://curia.europa.eu/juris/document/document_print.jsf?doclang=DE&text=&pageIndex=0&part=1&mode=lst&docid=84752&occ=first&dir=&c... gewährleistet werden. Es sollte den Organen gestattet werden, ihre internen Konsultationen und Beratungen zu schützen, wo dies zur Wahrung ihrer Fähigkeit, ihre Aufgaben zu erfüllen, erforderlich ist. Bei der Beurteilung der Ausnahmen sollten die Organe in allen Tätigkeitsbereichen der Union die in den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft verankerten Grundsätze über den Schutz personenbezogener Daten berücksichtigen.“ 16     Art. 2 („Zugangsberechtigte und Anwendungsbereich“) der Verordnung Nr. 1049/2001 bestimmt: „(1)        Jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat hat vorbehaltlich der in dieser Verordnung festgelegten Grundsätze, Bedingungen und Einschränkungen ein Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe. (2)              Die Organe können vorbehaltlich der gleichen Grundsätze, Bedingungen und Einschränkungen allen natürlichen oder juristischen Personen, die keinen Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat haben, Zugang zu Dokumenten gewähren. (3)         Diese Verordnung gilt für alle Dokumente eines Organs, das heißt Dokumente aus allen Tätigkeitsbereichen der Union, die von dem Organ erstellt wurden oder bei ihm eingegangen sind und sich in seinem Besitz befinden. (4)          Unbeschadet der Artikel 4 und 9 werden Dokumente der Öffentlichkeit entweder auf schriftlichen Antrag oder direkt in elektronischer Form oder über ein Register zugänglich gemacht. Insbesondere werden Dokumente, die im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens erstellt wurden oder eingegangen sind, gemäß Artikel 12 direkt zugänglich gemacht. (5)      Sensible Dokumente im Sinne von Artikel 9 Absatz 1 unterliegen der besonderen Behandlung gemäß jenem Artikel. …“ 17     Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 über die Ausnahmeregelung für das Zugangsrecht bestimmt: „(1)           Die Organe verweigern den Zugang zu einem Dokument, durch dessen Verbreitung Folgendes beeinträchtigt würde: … b)          der Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen, insbesondere gemäß den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft über den Schutz personenbezogener Daten. (2)      Die Organe verweigern den Zugang zu einem Dokument, durch dessen Verbreitung Folgendes beeinträchtigt würde: … –        der Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten, es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung. …“ 18       Nach Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 „[ist] der Antragsteller … nicht verpflichtet, Gründe für seinen Antrag anzugeben“. Sachverhalt 6 von 18
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http://curia.europa.eu/juris/document/document_print.jsf?doclang=DE&text=&pageIndex=0&part=1&mode=lst&docid=84752&occ=first&dir=&c... 19       Der Sachverhalt des vorliegenden Rechtsstreits wird in den Randnrn. 15 bis 28 und 34 bis 37 des angefochtenen Urteils wie folgt wiedergegeben: „15           [Bavarian Lager] wurde am 28. Mai 1992 zum Zweck der Einfuhr deutschen Biers gegründet, das für den Ausschank in Gaststätten im Vereinigten Königreich, hauptsächlich in Nordengland, wie bestimmt war. 16          [Bavarian Lager] war jedoch am Absatz ihres Erzeugnisses dadurch gehindert, dass im Vereinigten Königreich viele Gastwirte durch Alleinbezugsvereinbarungen gebunden waren, die sie zum ausschließlichen Bierbezug von einer bestimmten Brauerei verpflichteten. 17              Nach der Supply of Beer (Tied Estate) Order 1989 SI 1989/2390 (britische Bierlieferungsverordnung) müssen britische Brauereien mit Lieferungsrechten für mehr als 2 000 Gaststätten es deren Betreibern gestatten, auch von einer anderen Brauerei Bier zu beziehen, allerdings – gemäß Art. 7 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung – nur Fassbier mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Vol.‑%. Diese Bestimmung wird allgemein als ‚Guest Beer Provision‘ (im Folgenden: GBP) bezeichnet. 18        Die meisten außerhalb des Vereinigten Königreichs erzeugten Biere können jedoch nicht als ‚Fassbier‘ im Sinne der GBP angesehen werden und fallen somit nicht unter diese Bestimmung. 19        Da [Bavarian Lager] die GBP als eine mit Art. 30 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Art. 28 EG) unvereinbare Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung ansah, reichte sie mit Schreiben vom 3. April 1993 eine Beschwerde bei der Kommission ein, die unter dem Aktenzeichen P/93/4490/UK in das Register eingetragen wurde. 20       Nach Untersuchung des Sachverhalts beschloss die Kommission am 12. April 1995, gegen das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland ein Verfahren gemäß Art. 169 EG-Vertrag (jetzt Art. 226 EG) einzuleiten. Sie teilte [Bavarian Lager] am 28. September 1995 mit, dass sie den Fall untersucht und dem Vereinigten Königreich am 15. September 1995 ein Mahnschreiben übermittelt habe. Am 26. Juni 1996 beschloss die Kommission, an das Vereinigte Königreich eine mit Gründen versehene Stellungnahme zu richten; diesen Beschluss gab sie am 5. August 1996 in einer Pressemitteilung bekannt. 21        Am 11. Oktober 1996 fand [das Treffen vom 11. Oktober 1996] statt, an dem Vertreter der Generaldirektion (GD) ‚Binnenmarkt und Finanzdienstleistungen‘ der Kommission, des Ministeriums für Handel und Industrie des Vereinigten Königreichs und der Confédération des brasseurs du marché commun (Verband der Bierbrauer des Gemeinsamen Marktes, im Folgenden: CBMC) teilnahmen. [Bavarian Lager] hatte mit Schreiben vom 27. August 1996 um Teilnahme am Treffen ersucht, ihrem Ersuchen gab die Kommission jedoch nicht statt. 22          Am 15. März 1997 kündigte das Ministerium für Handel und Industrie des Vereinigten Königreichs ein Vorhaben zur Änderung der GBP an, wonach neben Fassbier künftig auch Flaschenbier einer anderen Brauerei verkauft werden könne. Die Kommission setzte ihre Entscheidung, eine mit Gründen versehene Stellungnahme an das Vereinigte Königreich zu richten, zweimal, am 19. März und am 26. Juni 1997, aus, worauf der Leiter des Referats 2 ‚Anwendung der Artikel 30 bis 36 EG-Vertrag (Notifizierung, Beschwerden, Verstöße usw.) und Beseitigung der Handelshemmnisse‘ der Direktion B ‚Freier Warenverkehr und öffentliches Auftragswesen‘ der GD ‚Binnenmarkt und Finanzdienstleistungen‘ [Bavarian Lager] mit Schreiben vom 21. April 1997 mitteilte, dass das Verfahren des Art. 169 [EG] wegen der geplanten Änderung der GBP ausgesetzt und die mit Gründen versehene Stellungnahme der Regierung des Vereinigten Königreichs nicht übermittelt worden sei. Sie wies darauf hin, dass das Verfahren eingestellt werde, sobald die Änderung der GBP in Kraft 7 von 18
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http://curia.europa.eu/juris/document/document_print.jsf?doclang=DE&text=&pageIndex=0&part=1&mode=lst&docid=84752&occ=first&dir=&c... trete. Die neue Fassung der GBP wurde am 22. August 1997 zu geltendem Recht. Infolgedessen wurde die mit Gründen versehene Stellungnahme dem Vereinigten Königreich nie übersandt und das Vertragsverletzungsverfahren mit Beschluss der Kommission vom 10. Dezember 1997 endgültig eingestellt. 23          Mit Telefax vom 21. März 1997 ersuchte [Bavarian Lager] den Generaldirektor der GD ‚Binnenmarkt und Finanzdienstleistungen‘, ihr gemäß dem Verhaltenskodex [über den Zugang der Öffentlichkeit zu Kommissions- und Ratsdokumenten (ABl. 1993, L 340, S. 41)] die mit Gründen versehene Stellungnahme in Kopie zu übermitteln. Dieser Antrag wurde ebenso abgelehnt wie ein erneut gestellter Antrag. 24            Mit [Entscheidung] vom 18. September 1997 … bestätigte der Generalsekretär der Kommission die Ablehnung des beim Generaldirektor der GD ‚Binnenmarkt und Finanzdienstleistungen‘ gestellten Antrags. 25        Gegen die Entscheidung vom 18. September 1997 erhob [Bavarian Lager] beim Gericht eine Klage, die unter dem Aktenzeichen T‑309/97 in das Register der Kanzlei eingetragen wurde. Mit Urteil vom 14. Oktober 1999, Bavarian Lager/Kommission (T‑309/97, Slg. 1999, II‑3217), wies das Gericht diese Klage mit der Begründung ab, die Sicherung des Zwecks, es dem Mitgliedstaat zu ermöglichen, seine Vertragspflichten freiwillig zu erfüllen oder gegebenenfalls seine Position zu rechtfertigen, rechtfertige es, zum Schutz des öffentlichen Interesses den Zugang zu einem Entwurf zu verweigern, der sich auf die Untersuchungsphase eines Verfahrens nach Art. 169 [EG] beziehe. 26        Am 4. Mai 1998 stellte [Bavarian Lager] bei der Kommission gemäß dem Verhaltenskodex [über den Zugang der Öffentlichkeit zu Kommissions- und Ratsdokumenten] einen Antrag auf Zugang zu allen Schriftstücken, die von elf namentlich genannten Unternehmen und Organisationen sowie drei bezeichneten Gruppen von Personen oder Unternehmen zum Verfahren P/93/4490/UK eingereicht worden seien. Die Kommission lehnte den ursprünglichen Antrag mit der Begründung ab, [dieser] Verhaltenskodex finde nur auf Dokumente Anwendung, deren Verfasser die Kommission sei. Ein Zweitantrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass die Kommission nicht Verfasser der fraglichen Schriftstücke sei und dass Anträge an den Verfasser zu richten seien. 27            Am 8. Juli 1998 legte [Bavarian Lager] beim Europäischen Bürgerbeauftragten (im Folgenden: Bürgerbeauftragter) eine Beschwerde ein, die unter dem Aktenzeichen 713/98/IJH in das Register eingetragen wurde und zu der sie mit Schreiben vom 2. Februar 1999 darauf hinwies, dass ihr daran gelegen sei, die Namen der Vertreter der CBMC, die am Treffen vom 11. Oktober 1996 teilgenommen hätten, sowie die Namen der Unternehmen und Personen zu erfahren, die zu den 14 Gruppen gehörten, die sie in ihrem ursprünglichen Antrag auf Zugang zu denjenigen Dokumenten bezeichnet habe, die der Kommission im Verfahren P/93/4490/UK übermittelte Stellungnahmen enthielten. 28       Im Anschluss an einen Schriftwechsel zwischen dem Bürgerbeauftragten und der Kommission teilte diese dem Bürgerbeauftragten im Oktober und November 1999 mit, dass sie auf die 45 Schreiben, die sie an die betroffenen Personen gerichtet habe, um sie um Genehmigung der Offenlegung ihrer Identität gegenüber [Bavarian Lager] zu ersuchen, 20 Antworten erhalten habe, davon 14 zustimmende und 6 abschlägige. Die Kommission leitete die Namen und Anschriften der Personen, die mit der Nennung ihres Namens einverstanden waren, weiter. [Bavarian Lager] wies den Bürgerbeauftragten darauf hin, dass die von der Kommission erteilten Auskünfte immer noch unvollständig seien. … 34         Mit E-Mail vom 5. Dezember 2003 ersuchte [Bavarian Lager] die Kommission gemäß der 8 von 18
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http://curia.europa.eu/juris/document/document_print.jsf?doclang=DE&text=&pageIndex=0&part=1&mode=lst&docid=84752&occ=first&dir=&c... Verordnung Nr. 1049/2001 um Zugang zu den in Randnr. 27 dieses Urteils genannten Schriftstücken. 35        Die Kommission antwortete hierauf mit Schreiben vom 27. Januar 2004, in dem sie darauf hinwies, dass zwar einige sich auf das Treffen vom 11. Oktober 1996 beziehende Dokumente offengelegt werden könnten, dass jedoch fünf Namen im Protokoll dieses Treffens geschwärzt worden seien, weil sich zwei Personen ausdrücklich der Preisgabe ihrer Identität widersetzt hätten und die Kommission mit den drei übrigen Personen nicht in Kontakt habe treten können. 36         Mit E-Mail vom 9. Februar 2004 stellte [Bavarian Lager] einen Zweitantrag im Sinne von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 auf Zurverfügungstellung des vollständigen Protokolls des Treffens vom 11. Oktober 1996 mit den Namen aller Teilnehmer. 37          Mit [der streitigen Entscheidung] lehnte die Kommission den Zweitantrag von [Bavarian Lager] ab. Sie bestätigte, dass auf den Antrag auf Offenlegung der Namen der übrigen Teilnehmer die Verordnung Nr. 45/2001 anwendbar sei. Da [Bavarian Lager] weder einen konkreten schutzwürdigen Zweck noch die Notwendigkeit einer solchen Offenlegung dargetan habe, seien die Voraussetzungen des Art. 8 dieser Verordnung nicht erfüllt und sei die Ausnahmeregelung des Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 anwendbar. Selbst wenn aber die Vorschriften über den Schutz personenbezogener Daten nicht anwendbar wären, könnte sie die Offenlegung der übrigen Namen doch nach Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 ablehnen, um nicht ihre Fähigkeit zur Durchführung von Untersuchungen zu gefährden.“ Verfahren vor dem Gericht und angefochtenes Urteil 20     Das Gericht hat die streitige Entscheidung mit dem angefochtenen Urteil für nichtig erklärt. 21     Zum Zugang zum vollständigen Protokoll des Treffens vom 11. Oktober 1996 hat das Gericht in den Randnrn. 90 bis 95 des angefochtenen Urteils ausgeführt, der Antrag von Bavarian Lager sei auf die Verordnung Nr. 1049/2001 gestützt. Es hat darauf hingewiesen, dass nach Art. 6 Abs. 1 dieser Verordnung derjenige, der den Zugang zu einem Dokument beantrage, nicht zur Angabe von Gründen für seinen Antrag verpflichtet sei und daher kein wie auch immer geartetes Interesse nachzuweisen brauche, um Zugang zu den angeforderten Dokumenten zu erhalten, und sodann die Ausnahmeregelung des Art. 4 Abs. 1 Buchst. b dieser Regelung geprüft, wonach eine Bekanntgabe nicht erfolgen darf, wenn durch die Verbreitung des betreffenden Dokuments der Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen beeinträchtigt würde. 22      In den Randnrn. 96 bis 119 des angefochtenen Urteils hat das Gericht das Verhältnis zwischen den Verordnungen Nrn. 45/2001 und 1049/2001 geprüft. Es hat hervorgehoben, dass dem fünfzehnten Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 45/2001 zufolge der Zugang zu den Dokumenten einschließlich derjenigen, die personenbezogene Daten enthielten, Art. 255 EG unterliege und dass dem elften Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1049/2001 zufolge die Organe bei der Beurteilung der Anwendbarkeit einer Ausnahme in allen Tätigkeitsbereichen der Union die in den Rechtsvorschriften der Union, also auch in der Verordnung Nr. 45/2001, verankerten Grundsätze über den Schutz personenbezogener Daten berücksichtigen sollten. 23                Aus den Definitionen der Begriffe „personenbezogene Daten“ und „Verarbeitung personenbezogener Daten“ in Art. 2 Buchst. a und b der Verordnung Nr. 45/2001 hat das Gericht in Randnr. 105 des angefochtenen Urteils geschlossen, dass die Weitergabe von Daten durch Übermittlung, Verbreitung oder jede andere Form der Bereitstellung unter die Definition von „Verarbeitung“ falle, so dass die Verordnung Nr. 45/2001 unabhängig von der Verordnung Nr. 1049/2001 selbst die Möglichkeit einer Veröffentlichung personenbezogener Daten vorsehe. 9 von 18
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http://curia.europa.eu/juris/document/document_print.jsf?doclang=DE&text=&pageIndex=0&part=1&mode=lst&docid=84752&occ=first&dir=&c... 24      In Randnr. 106 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ausgeführt, nach Art. 5 Buchst. a oder b der Verordnung Nr. 45/2001 müsse die Verarbeitung rechtmäßig und für die Wahrnehmung einer Aufgabe, die im öffentlichen Interesse ausgeführt werde, oder für die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung, der der für die Verarbeitung Verantwortliche unterliege, erforderlich sein. Das Recht auf Zugang zu Dokumenten der Organe, das Art. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 den Unionsbürgern sowie jeder natürlichen oder juristischen Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat zuerkenne, entspreche einer rechtlichen Verpflichtung im Sinne von Art. 5 Buchst. b der Verordnung Nr. 45/2001. Wenn also die Verordnung Nr. 1049/2001 die Weitergabe von Daten vorschreibe, die eine „Verarbeitung“ im Sinne von Art. 2 Buchst. b der Verordnung Nr. 45/2001 darstelle, sei die Weitergabe nach Art. 5 dieser Verordnung insoweit rechtmäßig. 25      Zum Nachweis der Notwendigkeit einer Datenübermittlung nach Art. 8 Buchst. b der Verordnung Nr. 45/2001 und zum Widerspruchsrecht des Betroffenen nach Art. 18 dieser Verordnung hat das Gericht insbesondere in den Randnrn. 107 bis 109 des angefochtenen Urteils festgestellt: „107        In Bezug auf die Verpflichtung zum Nachweis der Notwendigkeit einer Datenübermittlung in Art. 8 Buchst. b der Verordnung Nr. 45/2001 ist daran zu erinnern, dass für den Zugang zu Dokumenten, die personenbezogene Daten enthalten, die Verordnung Nr. 1049/2001 maßgeblich ist und dass nach Art. 6 Abs. 1 dieser Verordnung derjenige, der den Zugang begehrt, nicht verpflichtet ist, Gründe für seinen Antrag anzugeben, und daher kein wie auch immer geartetes Interesse nachzuweisen braucht, um den Zugang zu den angeforderten Dokumenten zu erhalten … In den Fällen, in denen im Rahmen der Anwendung des Art. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001, der das Recht aller Unionsbürger auf Zugang zu Dokumenten vorsieht, personenbezogene Daten übermittelt werden, fällt also der betreffende Sachverhalt unter diese Verordnung, so dass der Antragsteller nicht die Notwendigkeit der Verbreitung im Sinne von Art. 8 Buchst. b der Verordnung Nr. 45/2001 nachweisen muss. Wenn nämlich als eine durch die Verordnung Nr. 45/2001 vorgeschriebene zusätzliche Voraussetzung verlangt würde, dass der Antragsteller die Notwendigkeit der Übermittlung nachweist, würde diese Voraussetzung dem Zweck der Verordnung Nr. 1049/2001 zuwiderlaufen, der Öffentlichkeit den größtmöglichen Zugang zu den Dokumenten der Organe zu verschaffen. 108        Da zudem nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 der Zugang zu einem Dokument in den Fällen verweigert wird, in denen durch dessen Verbreitung der Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen beeinträchtigt würde, kann eine Übermittlung, die nicht unter diese Ausnahme fällt, grundsätzlich nicht die berechtigten Interessen des Betroffenen gemäß Art. 8 Buchst. b der Verordnung Nr. 45/2001 beeinträchtigen. 109          Hinsichtlich des Widerspruchsrechts des Betroffenen sieht Art. 18 der Verordnung Nr. 45/2001 vor, dass dieser das Recht hat, jederzeit aus zwingenden, schutzwürdigen, sich aus seiner besonderen Situation ergebenden Gründen gegen die Verarbeitung von ihn betreffenden Daten Widerspruch einzulegen, außer in den u. a. unter Art. 5 Buchst. b dieser Verordnung fallenden Fällen. Da die in der Verordnung Nr. 1049/2001 genannte Verarbeitung eine gesetzliche Verpflichtung im Sinne des Art. 5 Buchst. b der Verordnung Nr. 45/2001 darstellt, steht dem Betroffenen daher grundsätzlich kein Widerspruchsrecht zu. Angesichts des Umstands jedoch, dass Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 eine Ausnahme von dieser gesetzlichen Verpflichtung vorsieht, sind auf dieser Grundlage die Auswirkungen einer Verbreitung von Daten über die betreffende Person zu berücksichtigen.“ 26         Schließlich hat das Gericht die Auffassung vertreten, dass die Ausnahme des Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 eng auszulegen sei und nur personenbezogene Daten betreffe, die geeignet seien, konkret und tatsächlich die Achtung der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen zu beeinträchtigen. Die Prüfung dieser Beeinträchtigungen sei im Licht des Art. 8 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (im Folgenden: EMRK) und der hierzu ergangenen Rechtsprechung vorzunehmen. 10 von 18
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