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Aktenzeichen
7 K 539/08
Datum
15. Januar 2010
Gericht
Verwaltungsgericht Hamburg
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz (Hamburg)
Informationsfreiheitsgesetz (Hamburg)

Urteil: Verwaltungsgericht Hamburg am 15. Januar 2010

7 K 539/08

Die Ausschlussklausel des Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetzes zu Informationen im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Arbeitsgruppe Scientology wird vom Verwaltungsgericht Hamburg bestätigt. Das Gericht weist die Klage gegen die auf der Grundlage des Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetzes erfolgten Verweigerung der Stadt, Informationen aus diesem Zusammenhang herauszugeben, ab. Auskunftsansprüche im Hinblick auf "eigene" personenbezogene Daten basieren auf dem spezielleren Hamburgischen Datenschutzgesetz und bleiben von den Regelungen des Informationsfreiheitsgesetzes unberührt. (Quelle: LDA Brandenburg)

Konkurrierende Rechtsvorschriften Personenbezogene Daten

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7 K 539/08

 

 

Verwaltungsgericht Hamburg
Urteil
Im Namen des Volkes

In der Verwaltungsrechtssache

XXX
- Kläger -
Prozessbevollmächtigte:
XXX
An Verkündungs
statt zugesteilt.
gegen

die Freie und Hansestadt Hamburg,

vertreten durch die Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit
und Verbraucherschutz, Amt für Zentrale Dienste,
-Rechtsabteilung-,

Hamburger Straße 47,

22083 Hamburg,

- Beklagte -

hat das Verwaltungsgericht Hamburg, Kammer 7, aufgrund der mündlichen Verhandlung
vom 15. Januar 2010 durch

den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht
den Richter am Verwaltungsgericht

die Richterin

den ehrenamtlichen Richter Herr

den ehrenamtlichen Richter Herr

für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der
festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung
Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.
1

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung schriftlich die Zulassung der Berufung
beantragt werden.

Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Hamburg, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, zu stellen. Er
muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen

die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist,
beı dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen,

- wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

- wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts,
des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts

abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird
und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch
Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor
dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an
einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt
zugelassen. Ferner sind die in $ 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)
bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ergänzend wird wegen der
weiteren Einzelheiten auf 8 67 Abs. 2 Satz 3, Abs. 4 und Abs. 5 VwGO verwiesen.

Auf die Möglichkeit der Sprungrevision nach 8 134 VwGO wird hingewiesen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt Zugang nach dem Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetz zu

amtlichen Informationen bei der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und

Verbraucherschutz der Beklagten.

Mit Schreiben vom 16.3.2007 stellte der Kläger unter Bezugnahme auf das Hamburgische
Informationsfreiheitsgesetz bei der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und
Verbraucherschutz der Beklagten einen Antrag auf Akteneinsicht in die bei der Beklagten

vorliegenden Informationen zu den vom ihm wie folgt bezeichneten Themen:
2

„1. Meine Person

2. Entzug des Sorgerechts bei Kindern von Mitgliedern der xxx Kirche
Hamburg xxx und anderer Vereine der xxx Gemeinschaft und aller damit im
Zusammenhang stehenden Rechtsfragen und Empfehlungen

3. Fragen zur Benutzung des xxx Elektrometers durch Mitglieder der xxx
Kirche Hamburg xxx und anderer Vereine der xxx Gemeinschaft im Hinblick
auf etwaige gesundheitliche Beeinträchtigungen bzw. Aspekte des
Gerätesicherheitsgesetzes

4. Allgemeine Informationen und Datensammlungen über die xxx

Gemeinschaft.“

Er begründete den Antrag damit, dass nach dem Informationsfreiheitsgesetz Aktenpläne
öffentlicher Stellen öffentlich zugänglich zu machen seien. Dies sei bisher nicht
geschehen, so dass er seine Anfrage nicht näher spezifizieren könne. Da die
Gebührenordnung des Landes Hamburg keine exakten Angaben über die zu erwartenden

Kosten für die Einsicht mache, bitte er im Voraus um Mitteilung der geforderten

Einsichtsgebühren.

Mit Schreiben vom 17.4.2007, bezeichnet als „Zwischenbescheid“, erklärte die Beklagte
gegenüber dem Kläger folgendes: Hinsichtlich des ersten Themenkomplexes gelte, dass
über seine Person in der Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und
Verbraucherschutz (BSG) keine Informationen vorhanden seien. In Bezug auf seine Frage
Nr. 2 lägen ebenfalls keine Informationen vor. Zu Nr. 3 befänden sich in der Akte 102-
40.20 mit dem Titel „xxx/ Allgemein“ Aussagen über das Elektrometer, das nach der
Medizingeräteverordnung und dem Gerätesicherheitsgesetz keine Beanstandung ergeben
habe. Der Frage Nr. 4 ließen sich 10 verschiedene Akten zurechnen. Hinsichtlich der Akte
190-12.13 (Familienpolitik/ Fragen zu xxx) und der Akte 012.70-6-1 (Freie Wohlfahrts- und
Fürsorgeverbände, berufsständische und wirtschaftliche Organisationen sowie andere
Verbände / Allgemeines und Verschiedenes / xxx-Organisation) bestehe kein Anspruch
auf Informationszugang, so dass der Antrag insoweit abgelehnt werde. Diese Akten
enthielten ausschließlich vom Informationszugang gemäß $ 1 Abs. 3 Nr. 3 HmbIFG
ausgeschlossene Informationen, die im Zusammenhang mit der Tätigkeit der
Arbeitsgruppe xxx bei der Behörde für Inneres erlangt worden seien. Die Akte zu Nr 3.

des klägerischen Antrags (xxx/ Allgemein) sowie die Akten der laufenden Nummern 3-10
3

(102-40.20- xxx/ Senatsdrucksachen/ Senatsauftrage: 102-40.20-xxx/ Bund-Länder AG/
Lebenshilfe; 102-40.20-xxx/ AGLMB und Ausschüsse; 102-40.20-xxx/ Heilpraktikergesetz;
102-40.20-xxx/ Innenministerkonferenz; 102-40.20-xxx/ Verstöße gegen Psychiatrie und
Menschenrechte; 102-40.20-xxx/ Presse, Literatur, Aufsätze: 566-02.30-Allgemeine
Informationen zu xxx) zu 4. des klägerischen Antrags wären, bevor sie ggf. zur
Einsichtnahme zur Verfügung gestellt werden könnten, detailliert auf geschützte
Informationen durchzusehen und diese zu entfernen. Dies erfordere erheblichen
personellen Aufwand, den sie vorläufig auf ca. 35,- € pro Akte einschätze. Dadurch
würden die Gebühren die Höchstgrenze von 250,- € nach Ziff. 2,1. der Anlage zur
HmbiIFGebO erreichen. Hinzu kämen noch Kosten für evtl. Kopien und Auslagen. Vor
diesem Hintergrund bitte sie den Kläger um Mitteilung, ob er seinen Antrag in vollem
Umfang aufrechterhalten oder ihn ggf. auf einige der oben aufgelisteten Akten

beschränken wolle.

$ 1 Abs. 3 Nr. 3 HmbIFG (in der Fassung des Gesetzes vom 11.4.2006, HmbGVBi. S.
167) besagte, der nach Absatz 1 der Vorschrift durch die vorgesehene entsprechende
Anwendung des Bundesinformationsfreiheitsgesetzes grundsätzlich eröffnete Anspruch
auf Informationszugang bestehe nicht für Informationen, die im Zusammenhang mit der

Aufgabenwahrnehmung der Arbeitsgruppe xxx bei der Behörde für Inneres erlangt

worden seien.

Die Arbeitsgruppe xxx (im folgenden AGS) war vom Senat der Freien und Hansestadt
Hamburg am 8.9.1992 bei der Behörde für Inneres eingerichtet worden. Vorausgegangen
war dem ein Beschluss der Bürgerschaft vom 24./25.4.1991 (vgl. dazu Bü-Drs. v.
21.3.1991, 13/7908 und v. 26.9.1995, 15/4059), mit dem der Senat ersucht wurde, keine
grundstücksbezogenen Rechtsgeschäfte u. ä. mit der xxx Organisation zu tätigen. In der
Sitzung vom 3./4.6.1992 (vgl. dazu Bü-Drs. v. 26.5.1992, 14/2024 und v. 26.9.1995,
15/4059) hatte die Bürgerschaft ein weiteres Ersuchen an den Senat gerichtet, wonach
der Senat auf der Verwaltungsebene eine Arbeitsgruppe unter Leitung einer
federführenden Behörde bilden sollte, die sich mit allen die xxx und die ihr nahestehenden

Organisationen berührenden Bereichen auseinandersetzen und der Bürgerschaft

berichten sollte.
4

Gegenwärtig beobachtet und analysiert die AGS - so ihre Darstellung in ihrem
Internetauftritt (www.hamburg.de/ag-scientology) - die Aktivitäten der xxx-Organisation.
Neben der Aufklärung der Öffentlichkeit über deren Tätigkeiten berät die AGS danach

zudem bei Problemen, die im Zusammenhang mit der Gruppierung auftreten und hilft

„aussteigewilligen" Personen.

Die xxx Organisation wurde im Jahr 1953 in den USA von xxx begründet. Zuvor (1950)
hatte er das Buch „xxx — Die moderne Wissenschaft der geistigen Gesundheit
veröffentlicht. Die erste deutsche xxx-Niederlassung wurde 1970 in München gegründet.
Die aktuelle Mitgliederzahl in Deutschland wird vom Bundesamt für Verfassungsschutz
und vom Landesamt für Verfassungsschutz Hamburg auf 5.000 bis 6.000 Mitglieder
geschätzt, von denen etwa 700 Mitglieder in Hamburg und Umgebung wohnen. Die xxx
Organisation ist nach Angaben des Landesamtes für Verfassungsschutz Hamburg eine
hierarchisch strukturierte Organisation mit einer Vielzahl von Unter- und
Nebenorganisationen. Das weltweite Management Zentrum befindet sich in Los Angeles.
Die Niederlassungen der xxx Organisation in Deutschland, die direkt der xxx Church
zuzuordnen sind, heißen „Kirchen“ und „Missionen“ und „Celebrity Centres" und haben die

Aufgabe, die xxx-Dienstleistungen an die Bevölkerung zu verkaufen und neue Mitglieder

zu gewinnen.

Mit Schreiben vom 10.5.2007 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid der
Beklagten vom 17.4.2007 ein. Soweit sich der Bescheid auf $ 1 Abs. 3 Nr. 3 HmbIFG
stütze, widerspreche er diesem. Die Norm sei nicht verfassungskonform und damit
nichtig. Sie stehe nicht im Einklang mit Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG, weil es sich um ein
Einzelfallgesetz handele. Für Art. 19 Abs. 1 GG sei allein entscheidend, ob sich eine
Gesetzesbestimmung ihrem Inhalt und ihrer Wirkung nach auf einen objektiv
bestimmbaren Personenkreis beziehe. Es komme auf die tatsächliche Wirkung an. Die
Vorschrift sei deshalb eingeführt worden, um Informationen, die ausschließlich im
Zusammenhang mit der xxx Organisation stünden und diese beträfen, vor ihr selbst und
ihren Mitgliedern geheimzunhalten. Die Ausnahmeregelungen des
Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes seien von dem Hamburger Gesetzgeber nur in
Bezug auf die xxx Organisation erweitert worden. Die in Rede stehende Vorschrift sei nur
aus dem Grunde eingeführt worden, es der xxx Organisation und ihren Mitgliedern

unmöglich zu machen, die über sie bei der AGS gespeicherten Informationen abzufragen.
5

Die Fälle, in denen Dritte ein entsprechendes Informationsgesuich einreichten, seien die
Minderheit, und die Ablehnung auch dieser Gesuche sei vom Hamburger Gesetzgeber
billigend in Kauf genommen worden. Der Inhalt dieser Norm sei ausschließlich der xxx
Organisation und ihren Mitgliedern „gewidmet‘. Diese stellten einen klar bestimmbaren
Personenkreis dar. Jedenfalls handele es sich um eine Norm, die primär zur Regelung
eines konkreten Falls ergangen und nur generell-abstrakt abgefasst sei. Der Gesetzgeber
habe ausschließlich einen bestimmten Einzelfall bzw. eine bestimmte Gruppe von Fällen
regeln wollen und die generell-abstrakte Formulierung des gesetzlichen Tatbestandes
ausschließlich zur Tarnung dieser Absicht vorgenommen, obwohl von vornherein klar sei,
dass die in Frage stehende Bestimmung nur auf die bereits bestimmte Anzahl der ins
Auge gefassten Fälle Anwendung finden könne. Denn die Regelung erfasse nur die xxx
Organisation bzw. ihre Mitglieder. Sie sollten keine Möglichkeit haben, zu erfahren, was
an — vor allem sehr persönlichen - Informationen bei der Beklagten gespeichert sei. Der
Ausschluss anderer Personen werde nur als „Kollateralschaden“ in Kauf genommen, um
den Verstoß gegen Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG nicht evident zu machen. Tatsächlich bekämen
andere Personen von der AGS bereitwillig alle Informationen, die die xxx Organisation
und ihre Angehörigen in schlechtem Licht erscheinen ließen. Da eine „Zensierung“ der
Akten bei Beachtung der Verfassungswidrigkeit der Vorschrift nicht auf & 1 Abs. 3 Nr. 3
HmbIFG gestützt werden könne, entstehe bei der Auskunftserteilung auch kein
erheblicher personeller (Mehr-) Aufwand. Die angeforderten Auskünfte seien daher

regulär zu erteilen und abzurechnen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23.1.2008 - zugegangen am 28.1.2008 - wies die
Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe keinen Anspruch auf den Zugang zu
den begehrten Informationen. Das Gesetz sei kein Einzelfallgesetz. Es sei nicht
ergangen, um der xxx Organisation und deren Mitgliedern die Möglichkeit zu nehmen,
Auskunft über die über sie bei der AGS gesammelten Informationen zu erhalten. Vielmehr
solle die Arbeitsfähigkeit der AGS aufrechterhalten werden. Die Ausnahme bestimmter
Dienststellen vom Anwendungsbereich des Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetzes
sei nicht singulär. Z.B. bestehe nach $ 1 Abs. 3 S. 2 HambIFG zu Vorgängen der
Innenrevision der Behörden ebenfalls kein Zugang. Das Hamburgische
Informationsfreiheitsgesetz diene nicht vorwiegend dem Zweck, der einzelnen natürlichen
oder juristischen Person die Auskunft darüber zu ermöglichen, was - gerade über sie

selbst — bei den verschiedenen Behörden vorhanden sei. Diese Möglichkeit sei bereits
6

bisher durch die datenschutzrechtlichen Auskunftsansprüche sowie das
verwaltungsaerichtliche Akteneinsichtsrecht für Beteiligte vorhanden. Diese Rechte
würden durch das Hamburgische Informationsfreiheitsgesetz nicht tangiert. Das

Hamburgische Informationsfreiheitsgesetz schaffe dagegen Informationsansprüche für

jedermann.

Der Kläger hat am 25.2.2008 die vorliegende Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt
er seine Ausführungen im Widerspruchsverfahren und führt ergänzend und vertiefend
aus, es sei unwahrscheinlich, dass die gesamte AGS arbeitsunfähig würde, wenn sie
einem Auskunftsersuchen nachkommen müsse. Wenn man dieser Argumentation folge,
würde man die Zielsetzung eines Informationsfreiheitsgesetzes unterlaufen. Dieses diene
der Kontrolle und Transparenz des Verwaltungshandelns. Aufgabe der AGS solle
außerdem gerade die „Information“ der Öffentlichkeit durch Aufklärung“ sein. Dazu
stünde es im Widerspruch, wenn die AGS unkontrolliert und heimlich agieren dürfte. Die
Neuregelung der Vorschrift habe keine wesentlichen Änderungen zur Folge.
Verschiedentliche Äußerungen von Abgeordneten im Gesetzgebungsverfahren belegten
den Vorwurf, dass es sich um ein Einzelfallgesetz handele. Von einem Missbrauch der
Informationsfreiheitsgesetze durch die xxx Organisation könne nicht die Rede sein. Es
habe keine „Flut von Anfragen“ gegeben. Gerade die AGS sorge dafür, dass sich
„Aussteiger” laut und öffentlichkeitswirksam äußern könnten. Dem Interesse an einem
Schutz personenbezogener Daten, die Aussteiger beträfen, werde zudem durch 8 11
HmbIFG ausreichend Rechnung getragen. Der xxx Organisation werde es durch die
Versagung des Informationszugangs unmöglich gemacht, Falschinformationen entgegen
zu treten. Die Diskriminierung liege weiter darin, dass der Informationsanspruch aller
anderen religiös-weltanschaulichen „Gruppierungen“, die, wie die xxx Organisation auch,
von ihren Kritikern unter die Sammelbegriffe „Sekten“ gefasst würden, nicht durch eine
umfassende Bereichsausnahme für alle mit der Tätigkeit der „Obersten
Landesjugendbehörde“ in Zusammenhang stehenden Informationen begrenzt würden -

dies sei aber bei der xxx Organisation der Fall.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 17.4.2007 sowie des

Widerspruchsbescheides vom 23.1.2008 zu verpflichten, den Antrag des Klägers
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vom 18.3.2007 insoweit unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des
Gerichts neu zu bescheiden, als er auf Informationen bezogen ist, die im
Zusammenhang mit der Aufgabenwahrnehmung der Arbeitsgruppe xxx bei der

Behörde für Inneres stehen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie wiederholt ihre Ausführungen aus dem Widerspruchsverfahren und trägt ergänzend
und vertiefend vor, es liege kein Einzelfallgesetz vor. Der mit dieser Vorschrift zu regelnde
Sachverhalt, nämlich die Frage des Zugangs zu den dort genannten Informationen, sei
abstrakt gekennzeichnet. Die Regelung entspreche damit den anderen
Ausnahmeregelungen in $ 1 Abs. 3 HmbIFG und 88 3 bis 6 IFG. Der Wortlaut der
Regelung richte deren Wirkung gegen jedermann und nicht etwa gegen bestimmte
Adressaten oder Adressatengruppen. Es sei nicht absehbar, auf wieviele und welche
Fälle das Gesetz Anwendung finde. Der Kreis Dritter, die Interesse an Informationen aus
dem Bereich der AGS hätten, sei als ganz erheblich einzustufen. Der Gesetzgeber habe
bei der Ausgestaltung eines Anspruchs auf Informationszugang einen weiten
Gestaltungsspielraum, weil die Gewährung von Zugang zu Verwaltungsinformationen für

jedermann nicht verfassungsrechtlich geboten sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Sachakte der

Beklagten und auf die Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
I. Die Klage ist zulässig (1.), jedoch nicht begründet (2.).

1. Der Klage fehlt insbesondere nicht das Rechtschutzbedürfnis, obwohl sie lediglich auf
Neubescheidung und nicht auf Verpflichtung der Beklagten zur Herausgabe von

Informationen gerichtet ist.
8

Ein Rechtsschutzbedürfnis wäre zu verneinen, wenn das Obsiegen dem Kläger keinen
rechtlichen Vorteil bringen würde oder es eine einfachere oder effektivere Möglichkeit des
Rechtsschutzes geben würde (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl. 2007, Vorb 8 40 Rn.
37). Das ist hier jedoch nicht der Fall. Im Vergleich zu einer Verpflichtung zur
Neubescheidung des Antrags wäre die Verpflichtung zur Herausgabe bestimmter
Informationen vorliegend keine einfachere oder effektivere Möglichkeit des
Rechtschutzes. Einer solchen Verpflichtungsklage würde der Bezugsgegenstand im
behördlichen Vorverfahren in Form einer abschließenden Verfügung der Beklagten über
den eröffneten Informationszugang fehlen. Das Gericht hatte auch nicht gleichwohl die
Beklagte dazu anzuhalten, eine entsprechende Entscheidungsreife herzustellen.
Angesichts der Gebührenpflichtigkeit der Informationszugangsprüfung der Beklagten für
den Kläger entspricht es - was im Übrigen unstreitig ist - dem allseitigen Interesse, vor
einer konkreten Festlegung der Beklagten auf einzelne Informationen zunächst die auch
aus Sicht des Klägers maßgebliche Grundsatzfrage nach der Anwendbarkeit desjenigen
Kriteriums, anhand dessen die Beklagte den von der Anfrage des Klägers erfassten

Aktenbestand in herauszugebende und nicht herauszugebende Informationen zu trennen

hätte, zu klären.
2. Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte seinen Antrag insoweit unter
Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu bescheidet, als er auf
Informationen bezogen ist, die im Zusammenhang mit der Aufgabenwahrnehmung der
AGS bei der Behörde für Inneres stehen, vgl. 8 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO. Die Versagung

des allein auf das Hamburgische Informationsfreiheitsgesetz gestützen Zugangs zu

diesen Informationen ist rechtmäßig.

Der Kläger kann zwar nach $ 4 HmbIFG ein Informationsbegehren verfolgen (a)), die von
dem Kläger begehrten Informationen sind indes gemäß 8 3 Abs. 2 Nr. 7 HmbIFG von dem

nach dem Gesetz eröffneten Informationsanspruch rechtmäßig nicht umfasst (b)).

a) Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers ist 8 4 HmbIFG. Die Beurteilung
des klägerischen Begehrens richtet sich nach dem am 28.2.2009 in Kraft getretenen

HmbIFG (aa)) und er gehört zu den nach $ 4 HmbIFG grundsätzlich Begünstigten (bb)).
9

-410-

aa) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der mündlichen
Verhandlung. Zwar handelt es sich um eine Klage auf Neubescheidung, bei der
hinsichtlich einer etwaigen Ermessensausübung der Beklagten, soweit das materielle
Recht keine Vorgaben enthält, grundsätzic auf den Zeitpunkt der
Widerspruchsentscheidung abzustellen ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 6.4.1989, BVerwGE 81,
356; Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, & 113 Rn. 112). Vorliegend geht es
demgegenüber um die Frage, ob dem Antrag im Hinblick auf ein gesetzliches
Tatbestandsmerkmal aus Rechtsgründen stattgegeben werden muss oder nicht
stattgegeben werden darf, so dass kein Anlass besteht, von der dem (ggfls.)
anspruchsbegründenden Regelwerk zu entnehmenden Wertung abzuweichen, dass auf
die gegenwärtigen (rechtlichen) Verhältnisse abzustellen ist (vgl. Art. 28 des Gesetzes
zum Neuerlass des Hamburgischen Informationsfreiheitsgesetzes vom 17. Februar 2009
(GVBl. S. 29), wonach das bisherige Hamburgische Informationsfreiheitsgesetz ohne
Übergangsregelungen aufgehoben worden ist; vgl. generell zum Zeitpunkt der mündlichen
Verhandlung bei Tatbestandsmerkmalen, BVerwG, Urt. v. 24.6.2004, BVerwGE 121,

140).

bb) Der Kläger gehört zu den nach $ 4 HmbIFG Begünstigten. Nach $ 4 HmbIFG hat jede
natürliche Person einen Anspruch auf Zugang zu den bei den in 8 3 HmbIFG
bezeichneten Stellen vorhandenen Informationen. Der Kläger - als natürliche Person —
hat danach u.a. grundsätzlich einen Anspruch auf Informationszugang bei Behörden der
Beklagten, vgl. $ 3 Abs. 1 HmbIFG. Zu den Behörden der Beklagten gehört die Behörde
für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz, vgl. $4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 des
Gesetzes über Verwaltungsbehörden v. 30.7.1952 m. spät. Änd. (BL | 2000-a) - VwBehG

b) Der geltend gemachte Anspruch des Klägers auf Zugang zu den von ihm dem Grunde
nach beschriebenen Informationen ist allerdings nach & 3 Abs. 2 Nr. 7 HmbIFG der Sache
nach von vorn herein nicht eröffnet. Nach dieser Vorschrift besteht ein Anspruch auf
Informationszugang nicht für Informationen die im Zusammenhang mit der
Aufgabenwahrnehmung der Arbeitsgruppe xxx bei der Behörde für Inneres stehen. Die
Vorschrift ist beachtlich, da an ihrer Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit keine erheblichen

Zweifel bestehen. Sie widerspricht insbesondere nicht Vorgaben des höherrangigen
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