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Aktenzeichen
8 A 2701/08
Datum
18. Mai 2009
Gericht
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG)

Beschluss: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen am 18. Mai 2009

8 A 2701/08

Das Oberverwaltungsgericht lehnt einen Antrag auf Zulassung der Berufung ab. Die begehrten Unterlagen - ein Qualitätssicherungsbericht sowie das Qualitätshandbuch einer Kassenärztlichen Vereinigung - enthalten keine Informationen zum Prozess der Willensbildung innerhalb von und zwischen öffentlichen Stellen. Informationen sind im dienstlichen Zusammenhang erlangt, wenn sie der öffentlichen Stelle im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung zugegangen sind. Dies betrifft auch Prüfberichte externer Stellen zu Organisationsuntersuchungen. (Quelle: LDA Brandenburg)

Begriffsbestimmung Beratungsgeheimnis (behördlicher Entscheidungsprozess) Veröffentlichung von Informationen

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Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 2701/08                                           Seite 1 von 3 Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 2701/08 Datum:                   18.05.2009 Gericht:                 Oberverwaltungsgericht NRW Spruchkörper:            8. Senat Entscheidungsart:        Beschluss Aktenzeichen:            8 A 2701/08 Vorinstanz:              Verwaltungsgericht Düsseldorf, 26 K 4812/07 Tenor:                   Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 12. September 2008 wird abgelehnt. Die Beklagte trägt die Kosten des Antragsverfahrens. Der Streitwert wird auch für das zweitinstanzliche Verfahren auf 5.000,- EUR festgesetzt. Gründe:                                                                                      1 Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.                       2 Die Berufung ist gemäß § 124 a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO nur                      3 zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 VwGO innerhalb der Begründungsfrist dargelegt ist und vorliegt. Diesen Anforderungen genügt das Vorbringen der Beklagten, auf dessen Prüfung der Senat im Zulassungsverfahren beschränkt ist, nicht. 1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des 4 angefochtenen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Das Verwaltungsgericht hat einen Anspruch des Klägers aus § 4 Abs. 1 IFG NRW                 5 auf die von ihm begehrte Einsichtnahme in den Bericht der E. GmbH mit dem Titel "Qualitätssicherung und Sicherstellung" und in das vollständige Qualitätshandbuch der Beklagten (einschließlich Fußnoten und Anlagen) angenommen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen angeführt, der Tatbestand des § 4 Abs. 1 IFG NRW sei erfüllt, die Voraussetzungen des Ausschlussgrundes aus § 8 IFG NRW (Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen) seien nicht gegeben, es sei unerheblich, dass die Beklagte und die E. GmbH die ungenehmigte Herausgabe des Untersuchungsberichts an andere Stellen ausgeschlossen hätten, und die Beklagte stünde nicht im Wettbewerb mit Wirtschaftsunternehmen. Die Richtigkeit dieser Feststellungen des Verwaltungsgerichts hat die Beklagte mit ihrem Zulassungsvorbringen nicht in Frage gestellt. Diese Umstände sind damit einer Überprüfung im Zulassungsverfahren nicht zugänglich. Zur Begründung des von ihr angenommenen Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO hat die Beklagte sich vielmehr auf andere Umstände berufen. Diese 6 Umstände begründen aber keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. a) Entgegen der Auffassung der Beklagten sind die Unterlagen, zu denen der                   7 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2009/8_A_2701_08beschluss20090518... 08.06.2009
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Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 2701/08                                          Seite 2 von 3 Kläger Zugang begehrt, nicht durch § 7 Abs. 2 Buchst. a IFG NRW besonders geschützt. Nach § 7 Abs. 2 Buchst. a IFG NRW soll ein Antrag auf Informationszugang abgelehnt werden, wenn sich der Inhalt der Information auf den Prozess der Willensbildung innerhalb von und zwischen öffentlichen Stellen bezieht. Diese               8 Voraussetzung liegt für die Unterlagen, zu denen der Kläger Zugang begehrt, nicht vor. Zweck des § 7 Abs. 2 Buchst. a IFG NRW ist es, die nach außen tretende                      9 Entscheidung einer öffentlichen Stelle nicht dadurch angreifbar zu machen, dass interne Meinungsverschiedenheiten oder unterschiedliche Auffassungen zwischen mehreren beteiligten Stellen veröffentlicht werden. Deshalb unterfallen diesem Ausschlussgrund nur solche Äußerungen und Stellungnahmen, die die Willensbildung steuern sollen. Der Inhalt selbst wird hingegen nicht gesperrt. Vgl. Franßen/Seidel, Das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen, 2007, § 10 7 Rn. 834. Ausgehend davon kann weder für den Bericht der E. GmbH noch für das                        11 Qualitätshandbuch der Beklagten angenommen werden, dass es sich um Unterlagen handelt, die sich auf den Prozess der Willensbildung innerhalb der Beklagten beziehen. Der Bericht der E. GmbH bildet die Grundlage für das der Beklagten erteilte Prüfsiegel. Nach Angaben der Beklagten handelt es sich bei dem Bericht um eine Systembegutachtung im Hause der Beklagten und eine aufgrund einer Nachbegutachtung empfohlene bestimmte Zertifizierung; es werden darin die Strukturen und Inhalte des Managementsystems der Beklagten bewertet. Angesichts dessen stellt der Bericht keinen Teil eines innerhalb der Beklagten 12 abgelaufenen Willensbildungsprozesses dar. Insbesondere werden durch die Gewährung eines Informationszugangs zu diesem Bericht keine internen Meinungsverschiedenheiten oder unterschiedlichen Auffassungen innerhalb der Beklagten veröffentlicht. Der Bericht hat vielmehr allenfalls zur Folge, dass andere und damit neue Willensbildungsprozesse etwa über vorzunehmende organisatorische Veränderungen erst angestoßen werden. Nichts anderes gilt für das Qualitätshandbuch der Beklagten. Mit dessen Vorlage            13 ist der Willensbildungsprozess zu dessen Erstellung abgeschlossen. Auf das Qualitätshandbuch zurückgehende Planungen zu Veränderungen innerhalb der Organisation der Beklagten stellen demgegenüber neue Willensbildungsprozesse dar, die aber von der Gewährung eines Informationszugangs zu dem Qualitätshandbuch nicht betroffen sind. b) Das Verwaltungsgericht hat auch nicht den Regelungsinhalt des § 12 Satz 1 IFG 14 NRW verkannt. Gemäß § 12 Satz 1 IFG NRW sind Geschäftsverteilungspläne, Organigramme und                 15 Aktenpläne nach Maßgabe des IFG NRW allgemein zugänglich zu machen. Mit dieser Vorschrift wird eine Veröffentlichungspflicht für öffentlichen Stellen begründet. Diese Veröffentlichungspflicht beschränkt sich aber auf die in der Vorschrift genannten Unterlagen. Insoweit geht die Beklagte zutreffend davon aus, dass andere Unterlagen wie insbesondere diejenigen, zu denen der Kläger Zugang begehrt, nicht der Veröffentlichungspflicht unterliegen und deshalb nicht allgemein zugänglich zu machen sind. Diese Feststellung ist aber für das Begehren des Klägers unerheblich. Der Umstand, dass Unterlagen nicht allgemein zugänglich zu machen sind, bedeutet nicht, dass zu diesen Unterlagen auf einen entsprechenden individuellen Antrag hin kein Zugang zu gewähren ist. 2. Die Berufung ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 16 VwGO zuzulassen. http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2009/8_A_2701_08beschluss20090518... 08.06.2009
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Oberverwaltungsgericht NRW, 8 A 2701/08                                           Seite 3 von 3 Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache, wenn sie eine für die                        17 Entscheidung des Streitfalls im Rechtsmittelverfahren erhebliche klärungsbedürftige Rechts- oder Tatsachenfrage von allgemeiner Bedeutung aufwirft. Die Darlegung dieses Zulassungsgrundes setzt die Formulierung einer bestimmten, noch nicht geklärten und für die Rechtsmittelentscheidung erheblichen Frage und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll. Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 -, NJW 1997, 3328 (zu 18 § 132 VwGO). Die Beklagte hält die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig,                            19 ob Prüfberichte externer Stellen unter den Begriff "im dienstlichen Zusammenhang 20 erlangt" zu fassen sind. Für die Klärung dieser Frage, die nur dann den erforderlichen Bezug zum                     21 zugrunde liegenden Verfahren aufweist, wenn man sie auf Prüfberichte externer Stellen zu Organisationsuntersuchungen beschränkt, bedarf es aber nicht der Durchführung eines Berufungsverfahrens. Die Frage ist ohne Weiteres allein auf der Grundlage des Wortlaut des Gesetzes und der allgemein üblichen Auslegungsmethoden zu bejahen. Der Begriff "im dienstlichen Zusammenhang erlangt" ist Teil der in § 3 Satz 1 IFG NRW enthaltenen gesetzlichen Definition des Begriffs "Informationen". Danach sind Informationen im Sinne des IFG NRW alle in Schrift-, Bild-, Ton- und Datenverarbeitungsform oder auf sonstigen Informationsträgern vorhandenen Informationen, die im dienstlichen Zusammenhang erlangt wurden. Die Wendung                 22 "dienstlicher Zusammenhang" stellt dabei auf die Aufgabenwahrnehmung der öffentlichen Stelle ab, bei der die Informationen vorhanden sind. Aufgrund dessen sind Informationen im dienstlichen Zusammenhang erlangt, wenn sie der öffentlichen Stelle im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung zugegangen sind. Ausgehend von diesen Erwägungen sind Prüfberichte externer Stellen zu                       23 Organisationsuntersuchungen - wie insbesondere auch der vorliegend in Rede stehende Bericht der E. GmbH - unter den Begriff "im dienstlichen Zusammenhang erlangt" zu fassen. Die öffentlichen Stellen im Sinne von § 2 Abs. 1 IFG NRW - und damit auch die Beklagte, die als Kassenärztliche Vereinigung als Körperschaft des öffentlichen Rechts organisiert ist - sind verpflichtet, ihre interne Aufbau- und Ablauforganisation zu optimieren, um eine möglichst kostensparende Aufgabenerfüllung sicherzustellen. Wenn sie, um dieser Verpflichtung gerecht zu werden, eine externe Stelle mit der Durchführung einer Organisationsuntersuchung beauftragen, nehmen sie damit gerade diese Aufgabe wahr. Der nach Abschluss der Untersuchungen durch die externe Stelle vorgelegte Prüfbericht geht der öffentlichen Stelle deshalb im Rahmen ihrer Aufgabenwahrnehmung zu und ist aufgrund dessen als "im dienstlichen Zusammenhang erlangt" anzusehen. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.                                         24 Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3 sowie 52 Abs. 2 GKG.            25 Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO sowie §§ 66 Abs. 3 Satz 3 26 und 68 Abs. 1 Satz 5 GKG). 27 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2009/8_A_2701_08beschluss20090518... 08.06.2009
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