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Aktenzeichen
T-141/05
Datum
5. Juni 2008
Gericht
Gericht der Europäischen Union
Gesetz
Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 (Transparenzverordnung)
Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 (Transparenzverordnung)

Urteil: Gericht der Europäischen Union am 5. Juni 2008

T-141/05

Das Gericht setzt sich ausführlich mit der Frage auseinander, ob die Kommission eine erneute Entscheidung über ein Informationszugangsgesuch gefällt oder lediglich eine bereits erfolgte Entscheidung wiederholt hat und wie sich das Verfahren vor dem Bürgerbeauftragten darauf auswirkt. Der Umstand, dass das betreffende Organ, nachdem ihm erstmals ein Antrag unterbreitet wurde, erneut auf einen neuerlichen Antrag antwortet, stellt als solcher keine erneute Prüfung der Lage des Antragstellers dar. In einer Stellungnahme der Kommission gegenüber dem Bürgerbeauftragten nach Bestandskraft der ablehnenden Entscheidung, liegt keine erneute Prüfung der Lage des Antragstellers. Anderenfalls könnte der Antragsteller, der gegen die ablehnende Entscheidung nicht fristgerecht Nichtigkeitsklage erhoben hat, die Klagefristen umgehen, obwohl Verfahren vor dem Bürgerbeauftragten die Klagefrist nicht hemmen. Die angefochtene Entscheidung stellt sich als Erstantwort dar, die keine Rechtswirkungen erzeugt und nicht Gegenstand einer Nichtigkeitsklage sein kann, so dass die Klage als unzulässig abzuweisen ist. (Quelle: LDA Brandenburg)

Durchführung des Antragsverfahrens Begriffsbestimmung Prozessuales Ablehnungsbegründung

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WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS: Für die Angaben auf dieser Website besteht Haftungsausschluss und Urheberrechtsschutz. URTEIL DES GERICHTS (Fünfte Kammer) 5. Juni 2008(*) „Nichtigkeitsklage – Zugang zu Dokumenten – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – Teilweise Ablehnung – Nicht anfechtbare Maßnahme – Lediglich bestätigende Maßnahme – Unzulässigkeit“ In der Rechtssache T‑141/05 Internationaler Hilfsfonds e. V. mit Sitz in Rosbach (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt H. Kaltenecker, Kläger, gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch P. Costa de Oliveira, S. Fries und C. Ladenburger als Bevollmächtigte, Beklagte, wegen Nichtigerklärung der Entscheidung, die im Schreiben der Kommission vom 14. Februar 2005 enthalten sein soll, mit dem dem Kläger der Zugang zu bestimmten Dokumenten bezüglich des Vertrags LIEN 97‑2011 versagt wurde, erlässt DAS GERICHT ERSTER INSTANZ DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Fünfte Kammer) unter Mitwirkung des Präsidenten M. Vilaras sowie der Richterinnen M. E. Martins Ribeiro und K. Jürimäe, Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 1. Februar 2007 folgendes Urteil Rechtlicher Rahmen Gemeinschaftsregelung für Beschwerden beim Europäischen Bürgerbeauftragten 1     Art. 195 Abs. 1 Unterabs. 2 und 3 EG sieht vor: „Der Bürgerbeauftragte führt im Rahmen seines Auftrags von sich aus oder aufgrund von Beschwerden, die ihm unmittelbar oder über ein Mitglied des Europäischen Parlaments zugehen, Untersuchungen durch, die er für gerechtfertigt hält; dies gilt nicht, wenn die behaupteten Sachverhalte Gegenstand eines Gerichtsverfahrens sind oder waren. Hat der Bürgerbeauftragte einen Missstand festgestellt, so befasst er das betreffende Organ, das über eine Frist von drei Monaten verfügt, um ihm seine Stellungnahme zu übermitteln. Der Bürgerbeauftragte legt anschließend dem Europäischen Parlament und dem betreffenden Organ einen Bericht vor. Der
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Beschwerdeführer wird über das Ergebnis dieser Untersuchungen unterrichtet. Der Bürgerbeauftragte legt dem Europäischen Parlament jährlich einen Bericht über die Ergebnisse seiner Untersuchungen vor.“ 2  Gemäß Art. 2 Abs. 6 des Beschlusses 94/262/EGKS, EG, Euratom des Europäischen Parlaments vom 9. März 1994 über die Regelungen und allgemeinen Bedingungen für die Ausübung der Aufgaben des Bürgerbeauftragten (ABl. L 113, S. 15) in der durch den Beschluss 2002/262/EG, EGKS, Euratom des Europäischen Parlaments vom 14. März 2002 (ABl. L 92, S. 13) geänderten Fassung werden durch Beschwerden beim Europäischen Bürgerbeauftragten die Fristen für gerichtliche oder verwaltungsrechtliche Verfahren nicht unterbrochen. Nach Art. 2 Abs. 7 dieses Beschlusses sind, wenn der Bürgerbeauftragte aufgrund eines anhängigen oder abgeschlossenen Gerichtsverfahrens über die behaupteten Sachverhalte eine Beschwerde für unzulässig erklären oder ihre Prüfung beenden muss, die Ergebnisse der Untersuchungen, die er bis dahin möglicherweise durchgeführt hat, zu den Akten zu legen. 3  Art. 6 des Beschlusses des Europäischen Bürgerbeauftragten vom 8. Juli 2002 über die Annahme von Bestimmungen zur Durchführung des Beschlusses 94/262 in der am 5. April 2004 geänderten Fassung (im Folgenden: Durchführungsbestimmungen) sieht unter der Überschrift „Gütliche Regelung“ vor: „6.1. Stellt der Bürgerbeauftragte einen Missstand in der Verwaltung fest, sucht er so weit wie möglich in Zusammenarbeit mit dem betroffenen Organ nach Mitteln zur Abhilfe und zur Zufriedenstellung des Beschwerdeführers durch eine gütliche Regelung. 6.2. Ist der Bürgerbeauftragte der Ansicht, dass eine solche Zusammenarbeit erfolgreich verlaufen ist, schließt er die Beschwerdeakte mit einer mit Gründen versehenen Entscheidung. Er unterrichtet den Beschwerdeführer und das betroffene Organ über seine Entscheidung. 6.3. Ist der Bürgerbeauftragte der Auffassung, dass eine gütliche Regelung nicht möglich ist oder die Suche nach einer gütlichen Regelung sich als nicht erfolgreich erwiesen hat, schließt er entweder den Fall mit einer mit Gründen versehenen Entscheidung ab, die auch kritische Bemerkungen enthalten kann, oder erstellt einen Bericht mit Empfehlungsentwürfen.“ 4  Art. 8 der Durchführungsbestimmungen sieht unter der Überschrift „Berichte mit Entwürfen von Empfehlungen“ vor: „8.1. Der Bürgerbeauftragte verfasst einen Bericht, der Entwürfe von Empfehlungen an das betroffene Organ enthält, falls er der Auffassung ist, dass es entweder a)     dem betroffenen Organ möglich ist, den Missstand zu beseitigen, oder b)     der Missstand allgemeine Auswirkungen hat. 8.2.     Der Bürgerbeauftragte übermittelt eine Kopie seines Berichts und der Empfehlungsentwürfe an das betroffene Organ und den Beschwerdeführer. 8.3.     Das betroffene Organ übermittelt dem Bürgerbeauftragten binnen drei Monaten eine ausführliche Stellungnahme. Diese könnte darin bestehen, dass die Entscheidung des Bürgerbeauftragten akzeptiert wird und die zur Umsetzung der Empfehlungsentwürfe getroffenen Maßnahmen beschrieben werden. 8.4. Hält der Bürgerbeauftragte die ausführliche Stellungnahme für nicht zufriedenstellend, kann er einen Sonderbericht an das Europäische Parlament hinsichtlich des Missstandes ausarbeiten. Der Bericht kann Empfehlungen enthalten. Der Bürgerbeauftragte übermittelt eine Kopie des Berichts an das betroffene Organ und den Beschwerdeführer.“ Gemeinschaftsregelung für den Zugang zu Dokumenten des Parlaments, des Rates und der Kommission 5  Art. 255 EG sieht vor: „(1) Jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat hat das Recht auf Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission vorbehaltlich der Grundsätze und Bedingungen, die nach den Absätzen 2 und 3 festzulegen sind. (2)   Die   allgemeinen    Grundsätze    und   die aufgrund öffentlicher oder   privater  Interessen   geltenden
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Einschränkungen für die Ausübung dieses Rechts auf Zugang zu Dokumenten werden vom Rat binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam gemäß dem Verfahren des Artikels 251 festgelegt. (3) Jedes der vorgenannten Organe legt in seiner Geschäftsordnung Sonderbestimmungen hinsichtlich des Zugangs zu seinen Dokumenten fest.“ 6   Die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. L 145, S. 43) legt die Grundsätze, die Bedingungen und die Einschränkungen des in Art. 255 EG vorgesehenen Rechts auf Zugang zu Dokumenten dieser Organe fest. Diese Verordnung gilt seit dem 3. Dezember 2001. 7   Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 lautet: „Anträge auf Zugang zu einem Dokument sind in schriftlicher, einschließlich elektronischer, Form in einer der in Artikel 314 [EG] aufgeführten Sprachen zu stellen und müssen so präzise formuliert sein, dass das Organ das betreffende Dokument ermitteln kann. Der Antragsteller ist nicht verpflichtet, Gründe für seinen Antrag anzugeben.“ 8   Zur Bearbeitung der Erstanträge sieht Art. 7 Abs. 1 und 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 vor: „(1) Ein Antrag auf Zugang zu einem Dokument wird unverzüglich bearbeitet. Dem Antragsteller wird eine Empfangsbescheinigung zugesandt. Binnen fünfzehn Arbeitstagen nach Registrierung des Antrags gewährt das Organ entweder Zugang zu dem angeforderten Dokument und macht es innerhalb dieses Zeitraums gemäß Artikel 10 zugänglich oder informiert den Antragsteller schriftlich über die Gründe für die vollständige oder teilweise Ablehnung und über dessen Recht, gemäß Absatz 2 dieses Artikels einen Zweitantrag zu stellen. (2) Im Fall einer vollständigen oder teilweisen Ablehnung kann der Antragsteller binnen fünfzehn Arbeitstagen nach Eingang des Antwortschreibens des Organs einen Zweitantrag an das Organ richten und es um eine Überprüfung seines Standpunkts ersuchen.“ 9   Zur Bearbeitung der Zweitanträge bestimmt Art. 8 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001: „Ein Zweitantrag ist unverzüglich zu bearbeiten. Binnen fünfzehn Arbeitstagen nach Registrierung eines solchen Antrags gewährt das Organ entweder Zugang zu dem angeforderten Dokument und macht es innerhalb dieses Zeitraums gemäß Artikel 10 zugänglich oder teilt schriftlich die Gründe für die vollständige oder teilweise Ablehnung mit. Verweigert das Organ den Zugang vollständig oder teilweise, so unterrichtet es den Antragsteller über mögliche Rechtsbehelfe, d. h., Erhebung einer Klage gegen das Organ und/oder Einlegen einer Beschwerde beim Bürgerbeauftragten nach Maßgabe der Artikel 230 [EG] bzw. 195 [EG].“ 10  Mit dem Beschluss 2001/937/EG, EGKS, Euratom der Kommission vom 5. Dezember 2001 zur Änderung ihrer Geschäftsordnung (ABl. L 345, S. 94) wurde der Beschluss 94/90/EGKS, EG, Euratom der Kommission vom 8. Februar 1994 über den Zugang der Öffentlichkeit zu den der Kommission vorliegenden Dokumenten (ABl. L 46, S. 58) aufgehoben, mit dem der am 6. Dezember 1993 vom Rat und von der Kommission genehmigte Verhaltenskodex für den Zugang der Öffentlichkeit zu Rats- und Kommissionsdokumenten (ABl. 1993, L 340, S. 41) für die Kommission durchgeführt worden war. 11  Art. 2 Abs. 1 und 2 des Anhangs des Beschlusses 2001/937 lautet: „Anträge auf Zugang zu einem Dokument sind per Post, Fax oder elektronische Post an das Generalsekretariat der Kommission, die zuständige Generaldirektion oder den zuständigen Dienst zu richten. Die entsprechenden Anschriften werden in dem in Artikel 8 dieser Bestimmungen genannten Leitfaden veröffentlicht. Die Kommission beantwortet die Erst- und Zweitanträge auf Zugang zu einem Dokument innerhalb von fünfzehn Werktagen ab dem Datum der Registrierung des Antrags. Bei komplexen oder umfangreichen Anträgen kann diese Frist um fünfzehn Werktage verlängert werden. Jede Fristverlängerung muss begründet sein und dem Antragsteller vorher mitgeteilt werden.“ 12  Für die Behandlung von Erstanträgen sieht Art. 3 des Anhangs des Beschlusses 2001/937 vor: „… Der Antragsteller wird vom Generaldirektor oder dem Leiter des für den Antrag zuständigen Dienstes oder von einem zu diesem Zweck innerhalb des Generalsekretariats benannten Direktor … oder aber von dem Beamten, der zu diesem Zweck bestimmt wurde, darüber unterrichtet, wie sein Antrag beschieden wurde.
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In jedem, selbst teilweise, ablehnenden Bescheid wird der Antragsteller über sein Recht informiert, innerhalb von 15 Werktagen nach Eingang des Bescheides einen Zweitantrag beim Generalsekretariat der Kommission … zu stellen.“ 13  Für die Behandlung von Zweitanträgen bestimmt Art. 3 des Anhangs des Beschlusses 2001/937: „Gemäß Artikel 14 der Geschäftsordnung der Kommission wird die Entscheidungsbefugnis über Zweitanträge dem Generalsekretär übertragen … Die Generaldirektion oder der Dienst unterstützen das Generalsekretariat bei der Erarbeitung der Entscheidung. Die Entscheidung wird durch den Generalsekretär … nach Zustimmung des Juristischen Dienstes getroffen. Der Bescheid wird dem Antragsteller schriftlich, gegebenenfalls in elektronischer Form, übermittelt und weist ihn auf sein Recht hin, beim Gericht erster Instanz Klage zu erheben oder beim Europäischen Bürgerbeauftragten Beschwerde einzulegen.“ Vorgeschichte des Rechtsstreits 14  Der Kläger, der Internationale Hilfsfonds e. V., ist eine Nichtregierungsorganisation nach deutschem Recht und wirkt im humanitären Bereich. Insbesondere unterstützt er Flüchtlinge und Opfer von Kriegen und Katastrophen. Am 28. April 1998 schloss er mit der Kommission den Vertrag LIEN 97‑2011 über die Kofinanzierung eines von ihm in Kasachstan organisierten medizinischen Hilfsprogramms. 15  Am 1. Oktober 1999 beendete die Kommission diesen Vertrag einseitig mit der Begründung, dass der Kläger Vertragsbruch begangen habe. 16  Am 6. August 2001 unterrichtete die Kommission den Kläger von ihrer nach der Beendigung des Vertrags getroffenen Entscheidung, insgesamt 37 741,07 Euro zurückzufordern. 17  Am 7. März 2002 legte der Kläger beim Bürgerbeauftragten Beschwerde gegen die einseitige Beendigung des Vertrags LIEN 97‑2011 und die Rückforderungsentscheidung der Kommission ein. Diese Beschwerde wurde unter der Nr. 589/2002/GG registriert. 18  Am 9. März 2002 beantragte der Kläger bei der Kommission Zugang zu den Dokumenten betreffend den Vertrag LIEN 97‑2011. 19  Am 8. Juli 2002 übersandte die Kommission dem Kläger ein Verzeichnis der in vier Akten enthaltenen Dokumente (im Folgenden: Schreiben der Kommission vom 8. Juli 2002). Unter Berufung auf Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 lehnte sie den Antrag des Klägers in Bezug auf bestimmte Dokumente der ersten drei Akten und sämtliche Dokumente der vierten Akte ab. 20  Mit Schreiben vom 11. Juli 2002 beantragte der Kläger beim Präsidenten der Kommission uneingeschränkten Zugang zu den den Vertrag LIEN 97‑2011 betreffenden Dokumenten. 21  Am 26. Juli 2002 richtete die Kommission ein erstes Schreiben an den Kläger, in dem sie ihm insbesondere mitteilte, dass ihm eine Antwort auf seinen Antrag vom 11. Juli 2002 mit gesondertem Schreiben übersandt worden sei. 22  Am gleichen Tag hatte die Kommission nämlich an den Kläger ein zweites Schreiben in Beantwortung des Schreibens vom 11. Juli 2002 gerichtet (im Folgenden: zweites Schreiben der Kommission vom 26. Juli 2002). Das zweite Schreiben der Kommission vom 26. Juli 2002 nahm Bezug auf das Schreiben der Kommission vom 8. Juli 2002. 23  Am 26. August 2002 nahm der Kläger Einsicht in die ihm von der Kommission überlassenen Akten. 24  Am 21. März 2003 erließ der Bürgerbeauftragte eine Entscheidung über den Abschluss des Verfahrens über die Beschwerde Nr. 589/2002/GG des Klägers. Er befand zwar, dass die Entscheidung der Kommission, vom Kläger 37 741,07 Euro zurückzufordern, einen Missstand in der Verwaltung darstellen könne, gelangte aber zu dem Ergebnis, dass offensichtlich eine gütliche Einigung zwischen der Kommission und dem Kläger gefunden worden sei.
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25  Anfang Oktober 2003 stellten die Kommission und der Kläger jedoch fest, dass sie nicht in der Lage seien, zu einer solchen gütlichen Einigung zu gelangen. 26  Am 6. Oktober 2003 legte der Kläger beim Bürgerbeauftragten eine Beschwerde wegen der Weigerung der Kommission ein, ihm vollständigen Zugang zu den den Vertrag LIEN 97‑2011 betreffenden Dokumenten zu gewähren. Die Beschwerde wurde unter der Nr. 1874/2003/GG registriert. 27  Am 15. Juli 2004 übersandte der Bürgerbeauftragte der Kommission einen Empfehlungsentwurf, wonach diese den Antrag des Klägers auf vollständigen Zugang zu den den Vertrag LIEN 97‑2011 betreffenden Dokumenten nicht ordnungsgemäß behandelt habe, und forderte sie auf, den Antrag erneut zu prüfen. Ferner empfahl er der Kommission, Zugang zu diesen Dokumenten zu gewähren, sofern sie nicht belegen könne, dass diese unter eine der Ausnahmeregelungen der Verordnung Nr. 1049/2001 fielen. 28  Am 12. Oktober 2004 übersandte die Kommission dem Bürgerbeauftragten eine ausführliche Stellungnahme, mit der sie ihm mitteilte, dass sie seine Empfehlung akzeptiert und den Antrag des Klägers auf Zugang zu den den Vertrag LIEN 97‑2011 betreffenden Dokumenten nochmals geprüft habe. Trotz dieser erneuten Prüfung hielt sie ihre Weigerung aufrecht, dem Kläger Zugang zu den ihm schon zuvor verweigerten Dokumenten zu gewähren, mit Ausnahme von fünf von ihnen, die der Stellungnahme als Kopie beigefügt waren. 29  Am 14. Dezember 2004 erließ der Bürgerbeauftragte eine endgültige Entscheidung über die Beschwerde Nr. 1874/2003/GG. Als Schlussbewertung machte der Bürgerbeauftragte in Nr. 3.1 seiner Entscheidung eine „kritische Bemerkung“ zur Verwaltungspraxis der Kommission im vorliegenden Fall. Er stellte fest, dass der Umstand, dass die Kommission keine stichhaltigen Gründe nenne, mit denen sich ihre Weigerung rechtfertigen lasse, dem Kläger keinen Zugang zu mehreren den Vertrag LIEN 97‑2011 betreffenden Dokumenten zu gewähren, einen Missstand in der Verwaltung darstelle. Da er jedoch der Ansicht war, dass das Parlament keine Maßnahmen ergreifen könne, die geeignet seien, den Standpunkt des Klägers und den seinigen in der vorliegenden Sache zu stützen, erachtete es der Bürgerbeauftragte nicht für erforderlich, einen Sonderbericht an das Parlament zu richten; in Nr. 3.5 seiner Entscheidung beschloss er, das Beschwerdeverfahren des Klägers abzuschließen. 30  Am 22. Dezember 2004 reichte der Kläger unter Verweis auf die Schlussfolgerungen des Bürgerbeauftragten in seiner Entscheidung vom 14. Dezember 2004 bei der Kommission einen Antrag auf uneingeschränkten Zugang zu allen Dokumenten betreffend den Vertrag LIEN 97‑2011 ein. 31  Am 14. Februar 2005 sandte in Erwiderung hierauf der Direktor im Amt für Zusammenarbeit EuropeAid, Direktion Unterstützung der Maßnahmen, ein Schreiben an den Rechtsanwalt des Klägers (im Folgenden: angefochtene Maßnahme), das wie folgt lautet: „Ich bedanke mich für Ihr Schreiben vom 22. Dezember 2004, eingegangen am 13. Januar 2005, mit dem Sie gemäß der Verordnung [Nr.] 1049/2001 … Zugang zu Dokumenten beantragen. Am 21. Januar 2005 habe ich Ihnen mitgeteilt, dass die Kommission vor der Beantwortung Ihres Antrags endgültig zur Entscheidung des Bürgerbeauftragten vom 14. Dezember 2004 Stellung beziehen müsse. Nachdem die Kommission zu dieser Entscheidung Stellung dahin gehend genommen hat, dass sie nicht die Auslegung teilt, die der Bürgerbeauftragte in Bezug auf [Art. 4 Abs. 1 Buchst. b] und [Abs. 2 und 3] der oben genannten Verordnung und in Bezug auf die Verordnung [EG] [Nr.] 45/2001 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft vorgenommen hat, hat sie beschlossen, keinen Zugang zu den Dokumenten zu gewähren, die ihres Erachtens unter die in der genannten Verordnung vorgesehenen Ausnahmen fallen, auf die sich die Kommission in ihrer Mitteilung an den Bürgerbeauftragten vom 12. Oktober 2004 berufen hat. Ich bedaure daher, Ihnen mitteilen zu müssen, dass die Kommission mit Ausnahme der Dokumente, die anlässlich des Zugangs Ihres Mandanten zur Akte [LIEN] Vertrag Nr. 97‑2011 am 26. [August] 2002 zur Verfügung gestellt wurden, und der [fünf] Dokumente, die die Kommission der erwähnten Mitteilung an den Bürgerbeauftragten als Anlage beigefügt hat – und deren Inhalt Ihrem Mandanten übermittelt worden ist – nicht beabsichtigt, Ihnen weitere Dokumente zur Verfügung zu stellen. …“ Verfahren und Anträge der Parteien 32  Der Kläger hat mit Klageschrift, die am 11. April 2005 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben.
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33  Mit gesondertem Schriftsatz, der am 27. Mai 2005 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Kommission gemäß Art. 114 der Verfahrensordnung des Gerichts eine Einrede der Unzulässigkeit erhoben. 34  Am 26. Juni 2005 hat der Kläger seine Stellungnahme zu dieser Einrede der Unzulässigkeit eingereicht. 35  Der Präsident der Fünften Kammer des Gerichts hat mit Beschluss vom 20. September 2005 die Republik Finnland und das Königreich Schweden als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge des Klägers zugelassen. 36  Die Republik Finnland und das Königreich Schweden haben dem Gericht mit Schriftsätzen vom 26. Oktober bzw. 1. November 2005 gemäß Art. 99 der Verfahrensordnung des Gerichts mitgeteilt, dass sie ihren Streitbeitritt zurücknehmen. 37  Der Präsident der Fünften Kammer des Gerichts hat mit Beschluss vom 9. Dezember 2005 angeordnet, dass die Republik Finnland und das Königreich Schweden in der Rechtssache T‑141/05 als Streithelfer gestrichen werden. 38  Auf Bericht des Berichterstatters ist beschlossen worden, das mündliche Verfahren zu eröffnen und die Kommission im Rahmen der verfahrensleitenden Maßnahmen aufzufordern, bestimmte Dokumente vorzulegen. Dieser Aufforderung ist die Kommission fristgerecht nachgekommen. 39  In der Sitzung vom 1. Februar 2007 haben die Parteien mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. 40  Der Kläger beantragt, –      die von der Kommission erhobene Einrede der Unzulässigkeit zurückzuweisen, –      die angefochtene Maßnahme für nichtig zu erklären und –      der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 41  Die Kommission beantragt, –      die Klage als unzulässig abzuweisen und –      dem Kläger die Kosten aufzuerlegen. Entscheidungsgründe Vorbringen der Parteien 42  Die Kommission führt zunächst aus, wie bei weiteren Klagen, die der Kläger beim Gericht erhoben habe (vgl. Urteil des Gerichts vom 18. September 2003, Internationaler Hilfsfonds/Kommission, T‑321/01, Slg. 2003, II‑3225, Beschluss des Gerichts vom 15. Oktober 2003, Internationaler Hilfsfonds/Kommission, T‑372/02, Slg. 2003, II‑4389, im Rechtsmittelverfahren bestätigt durch Beschluss des Gerichtshofs vom 7. Dezember 2004, Internationaler Hilfsfonds/Kommission, C‑521/03 P, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, und Beschluss des Gerichts vom 11. Juli 2005, Internationaler Hilfsfonds/Kommission, T‑294/04, Slg. 2005, II‑2719), bilde ein Verfahren vor dem Bürgerbeauftragten den Ausgangspunkt der vorliegenden Klage. Der Kläger gehe offensichtlich davon aus, dass dieses Verfahren eine Vorinstanz zum streitigen Verfahren darstelle und dass die Aufgabe des Gerichts darin bestehe, die Ergebnisse eines solchen Verfahrens in vollziehbare Urteile umzuwandeln. 43  Die vorliegende Klage sei erstens unzulässig, weil die angefochtene Maßnahme kein anfechtbarer Rechtsakt im Sinne von Art. 230 EG sei. Die Kommission habe über den Antrag des Klägers auf Zugang zu den den Vertrag LIEN 97‑2011 betreffenden Dokumenten bereits mit ihrem Schreiben vom 8. Juli 2002 und ihrem zweiten Schreiben vom 26. Juli 2002 entschieden. Diese die beiden Schreiben umfassende „Entscheidung von Juli 2002“ sei vom Kläger nicht innerhalb der geltenden Frist angefochten worden. Außerdem stelle die angefochtene Maßnahme eine schriftliche Antwort auf das Schreiben des Klägers vom 22. Dezember 2004 dar und solle diesen vom Standpunkt der Kommission im Rahmen des noch laufenden Verfahrens vor dem Bürgerbeauftragten unterrichten. Der Generalsekretär der Kommission habe zum Abschlussbericht des Bürgerbeauftragten erst am 6. April 2005 Stellung genommen. Nach der Rechtsprechung habe die angefochtene Maßnahme, die während des Verfahrens vor dem Bürgerbeauftragten an den Kläger gerichtet worden sei, nur den Charakter einer
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Information darüber, dass die Kommission an ihrer „Entscheidung von Juli 2002“ festhalte; jedenfalls stelle sie eine Bestätigung dieser ursprünglichen Entscheidung dar. 44  Im Einzelnen ist die Kommission der Ansicht, dass sich sowohl aus dem Beschluss 94/262 als auch aus der Rechtsprechung ein Prinzip der Trennung der Verfahren vor dem Gerichtshof und vor dem Bürgerbeauftragten ergebe. Jedes dieser Verfahren verfolge ein eigenes Ziel. Das Verfahren vor dem Bürgerbeauftragten solle nicht den von den Gerichten garantierten Rechtsschutz gewährleisten. Art. 8 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 sehe vor, dass dann, wenn das betreffende Organ nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist antworte, was als abschlägiger Bescheid gelte, die Klage vor Gericht und die Beschwerde beim Bürgerbeauftragten für den Antragsteller zwei eigenständige, voneinander zu unterscheidende Rechtsbehelfe darstellten. Außerdem sei das betreffende Organ in dem Verfahren vor dem Bürgerbeauftragten in keiner Weise gehalten, den Schlussfolgerungen des Bürgerbeauftragten zu folgen. 45  Zudem unterlägen die von den Organen in dem Verfahren vor dem Bürgerbeauftragten eingenommenen Standpunkte nicht der gerichtlichen Überprüfung. Eine solche Überprüfung hätte verheerende Auswirkungen auf die Effizienz dieses Verfahrens, während dessen die Parteien gerade aufgrund des außergerichtlichen Charakters zu weiteren Zugeständnissen bereit seien. Nach der Rechtsprechung werde im Verfahren vor dem Bürgerbeauftragten der Beschwerdeführer über die Stellungnahmen des betroffenen Organs und die Schlussfolgerungen des Bürgerbeauftragten schlicht informiert, ohne dass Letztere ein anfechtbarer Akt im Sinne von Art. 230 Abs. 4 EG wären. Im vorliegenden Fall habe die Kommission den Kläger lediglich darauf hingewiesen, dass sie im Verfahren vor dem Bürgerbeauftragten Stellung bezogen habe, und ihm mitgeteilt, sie gedenke ihre „Entscheidung von Juli 2002“ in Bezug auf den Zugang zu den den Vertrag LIEN 97‑2011 betreffenden Dokumenten aufrechtzuerhalten. 46  Selbst wenn, zweitens, die angefochtene Maßnahme eine Entscheidung sein sollte, wäre diese unanfechtbar, da es ihr an Rechtswirkungen mangele, die geeignet wären, die Rechtsstellung des Klägers zu verändern. Denn da die angefochtene Maßnahme kein neues Regelungselement enthalte und ihr keine erneute Prüfung des Antrags des Klägers durch die Kommission vorausgegangen sei, sei sie nach der Rechtsprechung eine reine Bestätigung ihrer „Entscheidung von Juli 2002“. 47  Erstens könne die Freigabe fünf weiterer Dokumente während des Verfahrens vor dem Bürgerbeauftragten kein neues Element darstellen, da sich von Anfang an der Standpunkt der Kommission in Bezug auf die den Vertrag LIEN 97‑2011 betreffenden Dokumente, zu denen 2002 der Zugang verweigert worden sei, nicht geändert habe. Ebenso wie Schlussfolgerungen des Bürgerbeauftragten, mit denen der Standpunkt des betroffenen Organs bestätigt werde (Beschluss des Gerichtshofs vom 7. Dezember 2004, Internationaler Hilfsfonds/Kommission, oben in Randnr. 42 angeführt, Randnr. 49), seien kritische Schlussfolgerungen des Bürgerbeauftragten nicht als neues Element anzusehen. Denn solche Schlussfolgerungen verpflichteten das betroffene Organ nicht zu einer Änderung seiner Haltung und hätten keine rechtliche Bindungswirkung. 48  Zweitens sei der Begriff der erneuten Prüfung restriktiv dahin auszulegen, dass er auf eine im Rahmen eines Verfahrens vor dem Bürgerbeauftragten stattfindende nochmalige Prüfung einer Entscheidung durch das Organ keine Anwendung finde. Bei einer anderen Auslegung könnte ein Beschwerdeführer, der die vorgeschriebene Frist von zwei Monaten für eine Nichtigkeitsklage gegen eine Entscheidung versäumt habe, die Entscheidung innerhalb der in Art. 2 Abs. 4 des Beschlusses 94/262 vorgesehenen Zweijahresfrist vor dem Bürgerbeauftragten anfechten. Er würde damit über die Möglichkeit verfügen, jede Maßnahme, die das betreffende Organ später im Rahmen des auf diese Weise eingeleiteten Verfahrens vor dem Bürgerbeauftragten ergreife, als neue Entscheidung vor dem Gericht anzufechten. Dies widerspräche auch der in Art. 2 Abs. 6 des Beschlusses 94/262 aufgestellten Regel, dass die Beschwerde beim Bürgerbeauftragten die Fristen für gerichtliche Verfahren nicht unterbreche. 49  Der Kläger macht geltend, Verfahren vor dem Bürgerbeauftragten seien eine nützliche Einrichtung, die den Anliegen der Bürger der Gemeinschaft, die Beanstandungen gegen das Handeln der Gemeinschaftsinstitutionen vorbrächten, gerecht würden. Es sei bedauerlich, dass die Kommission hier wie in vielen Fällen die Empfehlungen des Bürgerbeauftragten ignoriere und die vorliegende Klage mit dem Hinweis auf zeitlich vor der angefochtenen Maßnahme liegende Schreiben zu unterlaufen suche, die sie nachträglich als Entscheidungen darstelle, die amtspflichtwidrig, arbiträr, ohne vorherige Anhörung des Klägers und ohne Belehrung über die ihm offenstehenden Rechtsbehelfe gemäß Art. 19 des Europäischen Kodex für gute Verwaltungspraxis und Art. 41 der am 7. Dezember 2000 in Nizza proklamierten Charta der Grundrechte der Union (ABl. 2000, C 364, S. 1) ergangen seien. Auch das Gericht und der Gerichtshof hätten diesem Anliegen der Bürger nicht die ihm gebührende Beachtung zukommen lassen. Es wäre folgerichtiger, wenn sich die zuständigen Institutionen der Gemeinschaft endlich entschließen würden, Verfahren vor dem Bürgerbeauftragten als die Klagefristen hemmend zu bewerten. 50  Der Kläger räumt ein, dass Verfahren vor dem Bürgerbeauftragten keine Vorinstanz zum streitigen Verfahren
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darstellten, doch dienten sie der Aufklärung von Missständen, besonders im Verwaltungsgebaren der Kommission. Die Kommission verlange im vorliegenden Fall vom Gericht, vorab über die Unzulässigkeit der Klage zu entscheiden, um zu verhindern, dass ihr vom Bürgerbeauftragten als Fehlverhalten bezeichnetes Verhalten geprüft werde. 51  Der Kläger habe, nachdem der Bürgerbeauftragte endgültig über seine Beschwerde Nr. 1874/2003/GG entschieden habe, bei der Kommission am 22. Dezember 2004 einen förmlichen Antrag auf Zugang zu sämtlichen den Vertrag LIEN 97‑2011 betreffenden Dokumenten gestellt. Die angefochtene Maßnahme sei keine reine Information oder Bestätigung, sondern stelle eine Entscheidung über die Ablehnung dieses Antrags dar. Nach ständiger Rechtsprechung handele es sich um eine Entscheidung, die lediglich eine frühere Entscheidung bestätige, wenn sie kein neues Element gegenüber der früheren Handlung enthalte und ihr keine erneute Prüfung der Lage des Adressaten dieser früheren Handlung vorausgegangen sei. 52  Im vorliegenden Fall hätten sich erstens mehrere neue Elemente zwischen der „Entscheidung von Juli 2002“ und der angefochtenen Maßnahme ergeben. Denn es sei im Oktober 2003 eine neue sachliche und rechtliche Situation eingetreten, da im Rahmen der Prüfung der Beschwerde Nr. 589/2002/GG des Klägers beim Bürgerbeauftragten in Bezug auf das Rückforderungsbegehren der Kommission über 37 741,07 Euro keine gütliche Regelung erreicht worden sei und er daher seine Beschwerde Nr. 1874/2003/GG beim Bürgerbeauftragten eingelegt habe, um vollständigen Zugang zu den den Vertrag LIEN 97‑2011 betreffenden Dokumenten zu erhalten. Ebenso habe sich bei der am 9. März 2004 vom Dienst des Bürgerbeauftragten durchgeführten Untersuchung erwiesen, dass zehn den Vertrag LIEN 97‑2011 betreffende Dokumente nicht in der von der Kommission ursprünglich vorgelegten Liste enthalten gewesen seien. Schließlich habe die Kommission neben der Reorganisation und der neuen Präsentation der in Rede stehenden Dokumente Zugang zu fünf Dokumenten gewährt, die der Kläger bis dahin nicht habe einsehen können. Dieser Umstand stelle ein neues Element im Sinne der Rechtsprechung des Gerichts dar. 53  Zweitens macht der Kläger geltend, die Kommission habe eine nochmalige Prüfung seines Antrags vorgenommen. Denn sie habe selbst in ihrer ausführlichen Stellungnahme vom 12. Oktober 2004 auf Empfehlung des Bürgerbeauftragten eine erneute Prüfung seines Antrags auf Zugang zu den den Vertrag LIEN 97‑2011 betreffenden Dokumenten zugestanden. Aus dieser Stellungnahme gehe hervor, dass die Kommission tatsächlich eine nochmalige Prüfung der Angelegenheit vorgenommen habe, da sie sich schließlich bereit gefunden habe, fünf weitere Dokumente offenzulegen. 54  Auf alle Fälle könnten das Schreiben der Kommission vom 8. Juli 2002 und das zweite Schreiben der Kommission vom 26. Juli 2002 nicht als Entscheidungen angesehen werden. Denn das Schreiben der Kommission vom 8. Juli 2002 habe der Vorbereitung der Akteneinsicht durch den Kläger mittels Übersendung eines Verzeichnisses der den Vertrag LIEN 97‑2011 betreffenden Dokumente gedient. Das zweite Schreiben der Kommission vom 26. Juli 2002 habe außer einer kurzen Bezugnahme auf das Schreiben der Kommission vom 8. Juli 2002 in keinem Zusammenhang zur fraglichen Angelegenheit selbst gestanden. Würdigung durch das Gericht 55  Eingangs ist daran zu erinnern, dass das in den Art. 6 bis 8 der Verordnung Nr. 1049/2001 sowie in den Art. 2 bis 4 des Anhangs des Beschlusses 2001/937 geregelte Verfahren für den Zugang zu Dokumenten der Kommission zweistufig abläuft. In einem ersten Schritt muss der Antragsteller an die Kommission einen Erstantrag auf Zugang zu den Dokumenten richten. Grundsätzlich hat die Kommission auf den Erstantrag binnen 15 Arbeitstagen nach Registrierung des genannten Antrags zu antworten. In einem zweiten Schritt kann der Antragsteller im Fall einer vollständigen oder teilweisen Ablehnung binnen 15 Arbeitstagen nach Eingang des ersten Antwortschreibens der Kommission einen Zweitantrag beim Generalsekretär der Kommission stellen, wobei dieser Antrag vom Generalsekretär grundsätzlich binnen 15 Arbeitstagen nach seiner Registrierung zu beantworten ist. Im Fall einer vollständigen oder teilweisen Ablehnung kann der Antragsteller nach Maßgabe der Art. 230 EG bzw. 195 EG Klage gegen das Organ erheben und/oder Beschwerde beim Bürgerbeauftragten einlegen. 56  Der Rechtsprechung zufolge geht klar aus Art. 3 und 4 des Anhangs des Beschlusses 2001/937 in Verbindung mit Art. 8 der Verordnung Nr. 1049/2001 hervor, dass die Antwort auf den Erstantrag nur eine erste Stellungnahme ist, die dem Antragsteller die Möglichkeit gibt, den Generalsekretär der Kommission um Überprüfung dieses Standpunkts zu ersuchen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 6. Juli 2006, Franchet und Byk/Kommission, T‑391/03 und T‑70/04, Slg. 2006, II‑2023, Randnr. 47; vgl. ebenso in diesem Sinne und entsprechend Urteil des Gerichts vom 16. Oktober 2003, Co‑Frutta/Kommission, T‑47/01, Slg. 2003, II‑4441, Randnr. 30). 57  Allein die Maßnahme des Generalsekretärs der Kommission, die ihrer Natur nach eine Entscheidung ist und die
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vorausgegangene Stellungnahme vollständig ersetzt, kann folglich Rechtswirkungen erzeugen, die die Interessen des Antragstellers beeinträchtigen können, und somit Gegenstand einer Nichtigkeitsklage gemäß Art. 230 EG sein (vgl. in diesem Sinne Urteile Co‑Frutta/Kommission, oben in Randnr. 56 angeführt, Randnr. 31, sowie Franchet und Byk/Kommission, oben in Randnr. 56 angeführt, Randnr. 48). 58  Die beim Bürgerbeauftragten eingelegten Beschwerden unterbrechen nach Art. 2 Abs. 6 des Beschlusses 94/262 nicht die Rechtsbehelfsfristen für gerichtliche Verfahren. Außerdem ist zu betonen, dass weder der Beschluss 94/262 noch Art. 195 EG die Organe, gegen die sich eine Beschwerde richtet, zur Überprüfung ihrer Standpunkte verpflichtet (Beschluss vom 7. Dezember 2004, Internationaler Hilfsfonds/Kommission, oben in Randnr. 42 angeführt, Randnr. 49). 59  Außerdem ergibt sich aus Art. 195 Abs. 1 EG und aus Art. 2 Abs. 6 und 7 des Beschlusses 94/262, dass der Rechtsweg zum Gemeinschaftsrichter und die außergerichtliche Anrufung des Bürgerbeauftragten im Beschwerdeweg nicht parallel verfolgt werden können. Denn durch Beschwerden beim Bürgerbeauftragten wird zwar nicht die für eine Klageerhebung beim Gemeinschaftsrichter geltende Frist unterbrochen, doch muss der Bürgerbeauftragte seine Untersuchung beenden und eine Beschwerde für unzulässig erklären, wenn der betroffene Bürger gleichzeitig beim Gemeinschaftsrichter wegen desselben Sachverhalts Klage erhoben hat. Es ist also Sache des Bürgers, abzuwägen, welcher der beiden möglichen Wege seinen Interessen am besten gerecht zu werden vermag (Urteil des Gerichts vom 10. April 2002, Lamberts/Bürgerbeauftragter, T‑209/00, Slg. 2002, II‑2203, Randnr. 66). 60  Zur Prüfung der Zulässigkeit der vorliegenden Klage ist zu beurteilen, ob die angefochtene Maßnahme, wie die Kommission vorträgt, nur der Information im Rahmen eines Verfahrens vor dem Bürgerbeauftragten dient oder sogar eine bloße Bestätigung einer früheren Entscheidung ist. 61  Erstens bestätigt die Kommission im Wesentlichen, dass sie dem Kläger die angefochtene Maßnahme im Lauf des Verfahrens vor dem Bürgerbeauftragten gesandt habe, um ihn darüber zu informieren, dass sie an ihrer „Entscheidung von Juli 2002“ in Bezug auf den Zugang zu den den Vertrag LIEN 97-2011 betreffenden Dokumente festhalten wolle. 62  Nach Art. 6.3 der Durchführungsbestimmungen kann der Bürgerbeauftragte, wenn er der Auffassung ist, dass eine gütliche Regelung nicht möglich ist oder die Suche nach einer gütlichen Regelung sich als nicht erfolgreich erwiesen hat, den Fall mit einer mit Gründen versehenen Entscheidung abschließen, die auch kritische Bemerkungen enthalten kann. 63  Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die endgültige Entscheidung des Bürgerbeauftragten auf die Beschwerde Nr. 1874/2003/GG des Klägers am 14. Dezember 2004 erging. 64  Vor Abschluss dieses Falles schloss der Bürgerbeauftragte seine endgültige Entscheidung mit einer kritischen Bemerkung zum Gebaren der Kommission im vorliegenden Fall. Folglich kann die Kommission nicht behaupten, dass das Verfahren vor dem Bürgerbeauftragten ungeachtet des Erlasses einer derartigen Entscheidung immer noch im Gang gewesen sei, und zwar bis zum Ergehen der Stellungnahme des Generalsekretärs der Kommission vom 6. April 2005. 65  Daher ist das Gericht der Ansicht, dass zum Zeitpunkt der angefochtenen Maßnahme, nämlich am 14. Februar 2005, das Verfahren vor dem Bürgerbeauftragten nicht mehr im Gang war. Die angefochtene Maßnahme kann daher nicht, wie die Kommission vorträgt, nur der Information im Rahmen eines Verfahrens vor dem Bürgerbeauftragten gedient haben. 66  Folglich ist das Vorbringen der Kommission, die angefochtene Maßnahme habe nur den Charakter einer Information gehabt, als unbegründet zurückzuweisen. 67  Zweitens trägt die Kommission vor, dass diese Maßnahme, selbst unterstellt, dass sie eine Entscheidung sei, lediglich ihre „Entscheidung von Juli 2002“ bestätige. 68  Das Gericht stellt fest, dass sich aus den Angaben in der Akte ergibt, dass das, was die Kommission als „Entscheidung von Juli 2002“ darstellt, sich auf zwei Maßnahmen bezieht, nämlich zum einen das Schreiben der Kommission vom 8. Juli 2002 an den Kläger, das der Klageschrift als Anlage beigefügt ist, und zum anderen das zweite Schreiben der Kommission vom 26. Juli 2002 an den Kläger in Beantwortung seines Schreibens vom 11. Juli 2002. Das zweite Schreiben der Kommission vom 26. Juli 2002 hat die Kommission im Rahmen der verfahrensleitenden Maßnahmen vorgelegt. 69  Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Nichtigkeitsklage gegen eine Maßnahme, mit der eine bestandskräftig
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gewordene frühere Entscheidung lediglich bestätigt wird, unzulässig. Eine Maßnahme ist dann als bloße Bestätigung einer früheren Entscheidung anzusehen, wenn sie gegenüber der früheren Entscheidung keine neuen Gesichtspunkte enthält und nicht auf einer erneuten Prüfung der Lage des Adressaten dieser Entscheidung beruht (vgl. Urteil des Gerichts vom 7. Februar 2001, Inpesca/Kommission, T‑186/98, Slg. 2001, II‑557, Randnr. 44 und die dort angeführte Rechtsprechung). 70  Bei der Untersuchung der Frage, ob die angefochtene Maßnahme die „Entscheidung von Juli 2002“ lediglich bestätigt, ist zunächst zu prüfen, ob die „Entscheidung von Juli 2002“ gegenüber dem Kläger zum Zeitpunkt der Erhebung der vorliegenden Klage bestandskräftig war. Denn der Rechtsprechung, nach der eine Entscheidung, mit der nur eine frühere Entscheidung bestätigt wird, nicht mit einer Nichtigkeitsklage anfechtbar ist, liegt der Gedanke zugrunde, dass abgelaufene Klagefristen nicht wieder in Lauf gesetzt werden dürfen. Unter diesem Blickwinkel ist eine gegen eine bestätigende Entscheidung gerichtete Klage nur dann unzulässig, wenn die bestätigte Entscheidung für den Betroffenen Bestandskraft erlangt hat, weil gegen sie nicht fristgemäß Klage erhoben worden ist (vgl. Urteil des Gerichts vom 16. September 1998, Waterleiding Maatschappij/Kommission, T‑188/95, Slg. 1998, II‑3713, Randnr. 108 und die dort angeführte Rechtsprechung). 71  Somit ist zunächst jedes der beiden Schreiben, die zusammen nach Auffassung der Kommission die „Entscheidung von Juli 2002“ bilden, zu bewerten, um sodann zu beurteilen, ob, wie die Kommission vorbringt, die angefochtene Maßnahme diese ursprüngliche Entscheidung bestätigt. 72  In Bezug auf das Schreiben der Kommission vom 8. Juli 2002 ist das Gericht der Auffassung, dass dieses Schreiben, wie im Übrigen auch der Kläger einräumt, eine erste Antwort auf den Antrag auf Zugang zu den Dokumenten im Sinne von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 darstellt und dass es dazu bestimmt war, die Einsichtnahme in die den Vertrag LIEN 97-2011 betreffenden Dokumente durch den Kläger vorzubereiten. 73  Zum einen nämlich wurde dieses Schreiben an den Kläger in Beantwortung seines Antrags vom 9. März 2002 auf uneingeschränkten Zugang zu den den Vertrag LIEN 97-2011 betreffenden Dokumenten gerichtet, und ihm war eine Liste der fraglichen Dokumente beigefügt, die in vier Gruppen eingestuft waren. 74  Zum anderen hieß es am Ende dieses Schreibens, dass mit Ausnahme der Dokumente der vierten Gruppe und bestimmter Dokumente der drei ersten Gruppen die Kommission beschlossen habe, dem Kläger Zugang zu sämtlichen übrigen Dokumenten zu geben, auf die sich der Antrag des Klägers richtete. Außerdem hatte die Liste der Dokumente, die dem genannten Schreiben beigefügt war, die Gestalt einer Tabelle, in der hinsichtlich der Dokumente, die der Kläger nicht einsehen konnte, die Vorschriften der Verordnung Nr. 1049/2001 angegeben waren, auf die sich die Kommission für die Ablehnung des Antrags stützte. 75  Schließlich geht aus der Akte hervor, dass der Kläger gemäß den Angaben dieses Schreibens und der Liste der Dokumente, die diesem Schreiben als Anlage beigefügt war, tatsächlich am 26. August 2002 Einsicht in die den Vertrag LIEN 97‑2011 betreffenden Dokumente genommen hat. 76  In Bezug auf das zweite Schreiben der Kommission vom 26. Juli 2002, das an den Kläger in Beantwortung seines Schreibens an den Präsidenten der Kommission vom 11. Juli 2002 gerichtet worden war, ist festzustellen, dass es eine Antwort auf einen Zweitantrag im Sinne von Art. 8 der Verordnung Nr. 1049/2001 darstellt, den der Kläger infolge der ersten mit dem Schreiben der Kommission vom 8. Juli 2002 gegebenen Antwort gestellt hat. 77  Zum einen hatte nämlich der Kläger nach dem Wortlaut seines Schreibens vom 11. Juli 2002 nach dem Hinweis darauf, dass die Kommission mit Schreiben vom 8. Juli 2002 seinen Antrag auf uneingeschränkten Zugang zu den fraglichen Dokumenten abgelehnt hatte, ausdrücklich beim Präsidenten der Kommission beantragt, seine Dienststellen anzuweisen, dem Kläger einen derartigen uneingeschränkten Zugang zu sämtlichen Dokumenten zu eröffnen. Überdies hat der Kläger auf eine Frage des Gerichts in der mündlichen Verhandlung selbst erklärt, sein Schreiben vom 11. Juli 2002 sei ein Zweitantrag im Sinne von Art. 8 der Verordnung Nr. 1049/2001. 78  Zum anderen geht aus dem Wortlaut des zweiten Schreibens der Kommission vom 26. Juli 2002 hervor, dass diese, indem sie ausdrücklich auf das Schreiben vom 8. Juli 2002 verwiesen hat, den Kläger klar darauf hingewiesen hat, dass sie an ihrer ursprünglichen Antwort festhalten wolle. 79  Daher ist davon auszugehen, dass das zweite Schreiben der Kommission vom 26. Juli 2002 eine Bestätigung der ursprünglichen, im Schreiben vom 8. Juli 2002 enthaltenen Antwort ist. Im Hinblick auf die oben in Randnr. 57 zitierte Rechtsprechung konnte daher allein das zweite Schreiben der Kommission vom 26. Juli 2002 Rechtswirkungen erzeugen, die die Interessen des Klägers beeinträchtigen konnten, und somit Gegenstand einer Nichtigkeitsklage gemäß Art. 230 EG sein. 80  Somit ist letztlich im Hinblick auf dieses letztgenannte Schreiben zu beurteilen, ob die angefochtene Maßnahme rein bestätigenden Charakter hat; dazu ist zuvor zu prüfen, ob die in ihm enthaltene Entscheidung
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