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Aktenzeichen
13 K 1173/07
Datum
22. Mai 2008
Gericht
Verwaltungsgericht Hamburg
Gesetz
Umweltinformationsgesetz Bund (UIG)
Umweltinformationsgesetz Bund (UIG)

Urteil: Verwaltungsgericht Hamburg am 22. Mai 2008

13 K 1173/07

Namen und Betriebsbezeichnungen der Empfänger von Ausfuhrerstattungen (Agrarexportsubventionen) sowie die Angaben zum jeweiligen Erstattungsbetrag sind offenzulegen. Das Gericht stellt klar, dass das Kriterium der Unmittelbarkeit oder Mittelbarkeit des Umweltschutzes gerade keinen Eingang in die Umweltinformationsrichtlinie gefunden hat und deshalb zur Abgrenzung einer Umweltinformation von anderen Informationen untauglich ist. Die Subventionierung von Agrarexporten beeinflusst die Rahmenbedingungen landwirtschaftlicher Produktion und betrifft somit Maßnahmen mit Umweltbezug. Die Informationen fallen daher unter den gesetzlich definierten Begriff der Umweltinformation. Die Angaben stellen kein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis dar; das Geheimhaltungsinteresse überwiegt gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Bekanntgabe nicht. (Quelle: LDA Brandenburg)

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Konkurrierende Rechtsvorschriften Begriffsbestimmung

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13 K 1173/07 Verwaltungsgericht Hamburg Urteil Im Namen des Volkes In der Verwaltungsrechtssache XXX XXX XXX XXX - Kläger - An Verkündungs statt zugestellt. Prozessbevollmächtigter: XXX XXX XXX XXX gegen XXX XXX XXX XXX - Beklagter - hat das Verwaltungsgericht Hamburg, Kammer 13, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. Mai 2008 durch XXX, XXX, XXX, XXX, XXX für Recht erkannt:
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-2- Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 05.05.2006 und des Wider- spruchsbescheides vom 23.02.2007 verpflichtet, dem Kläger folgende Informationen zu erteilen: Angabe von Namen/Betriebsbezeichnungen von den noch verbliebenen 34 Emp- fängern von Ausfuhrerstattungen aus der Gruppe der 40 Empfänger, die die höchsten Erstattungen in den Haushaltsjahren 2003/2004 und 2004/2005 erhalten haben, sowie Angabe des jeweiligen Gesamtbetrages der Erstattung. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Voll- streckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Zuziehung des Bevollmächtigten im Vorverfahren war notwendig. Die Sprungrevision wird zugelassen. Rechtsmittelbelehrung: Gegen dieses Urteil kann die Sprungrevision eingelegt oder ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt werden. Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Verwaltungsgericht Hamburg, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, schriftlich einzulegen. Die Zustimmung zur Einlegung der Revision ist der Revisionsschrift beizufügen oder innerhalb der Revisionsfrist nachzureichen. Die Revisions- frist ist auch gewahrt, wenn die Revision innerhalb der Frist bei dem Bundesverwaltungsgericht eingelegt wird. Die Revision muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass das angefochtene Urteil auf der Verletzung -      von Bundesrecht oder -      einer Vorschrift des Verwaltungsverfahrensgesetzes eines Landes, die ihrem Wortlaut nach mit dem Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes übereinstimmt beruht. Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben. Die Revision kann wirksam nur durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder Rechtslehrer an einer deut- schen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt, für juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden auch durch Bedienstete mit der Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst eingelegt werden. Für den Fall, dass ein Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt wird, gilt: Der Antrag ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Hamburg, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe dazulegen, aus denen -3-
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-3- die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, -    wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, -    wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, -    wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, -    wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder -    wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Der Antrag kann wirksam nur durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt, für juristi- sche Personen des öffentlichen Rechts und Behörden auch durch Bedienstete mit der Befähigung zum Rich- teramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, für Gebietskörperschaften auch durch Beamte und Angestell- te mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spit- zenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, gestellt werden. Daneben sind in Angelegenhei- ten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit in Zusammenhang stehenden Angelegenheiten des Sozialhilferechts, in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 VwGO betreffen, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes einschließlich Prüfungsangelegenheiten stehen sowie in Personalvertretungsangelegenheiten auch die in § 67 Abs. 1 Satz 4 und 6 VwGO genannten bevoll- mächtigten Angehörigen von Interessenorganisationen und in Abgabenangelegenheiten auch bevollmächtigte Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zur Vertretung vor dem Oberverwaltungsgericht zugelassen. Tatbestand: Der Kläger begehrt die Erteilung von Auskünften über von der Beklagten gewährte Aus- fuhrerstattungen aus den Haushaltsjahren 2003/2004 und 2004/2005 und beruft sich da- bei auf Ansprüche nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG) bzw. nach dem Informati- onsfreiheitsgesetz (IFG) des Bundes. Unter dem 12.04.2006 wandte sich der Kläger an die Beklagte und begehrte – neben wei- teren, hier nicht streitgegenständlichen Informationen – die Angabe (in elektronischer Form) der Namen bzw. Betriebsbezeichnungen derjenigen 50 Antragsteller, denen im Bereich Landwirtschaft die höchsten Ausfuhrerstattungen gewährt wurden. Der Kläger begehrte dabei zu Ziffer I.1. lit. a) Auskunft über die Gesamtbeträge der gewährten Aus- fuhrerstattungen für jeden Antragsteller und zu Ziffer I.1. lit. b) für die 50 Empfänger mit den höchsten Subventionen die Namen bzw. Betriebsbezeichnungen. Daraufhin übermittelte die Beklagte zu Ziffer I.1. lit. a) einige Auskünfte, lehnte aber An- gaben von Namen bzw. Betriebsbezeichnungen wie unter Ziffer I.1. lit. b) begehrt mit Be- scheid vom 05.05.2006 ab und berief sich zur Begründung auf den Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen der betroffenen Empfänger von Ausfuhrerstattungen. Es sei -4-
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-4- möglich, aus den gezahlten Ausfuhrerstattungen Rückschlüsse auf die exportierten Men- gen zu ziehen, weil häufig an bestimmte Unternehmen nur Ausfuhrerstattungen für eine Marktorganisation gezahlt würden. Ferner verwies die Beklagte auf den unverhältnismä- ßigen Aufwand, den eine Anhörung der Empfänger nach § 8 IFG mit sich bringen würde. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger Widerspruch ein am 01.06.2006. Im Wider- spruchsverfahren beschränkte der Kläger unter dem 04.09.2006 sein Begehren dahinge- hend, dass er nur noch Angaben über die Namen/Betriebsbezeichnungen derjenigen 40 Antragsteller verlangt, denen im Bereich Landwirtschaft die höchsten Ausfuhrerstattungen gewährt wurden. Zur Begründung seines Widerspruchs führte der Kläger insbesondere aus: Es handele sich bei den begehrten Auskünften um Umweltinformationen im Sinne des UIG, da dieser Begriff weit zu verstehen sei und auch Agrarsubventionen erfasse. Infor- mationen über die finanzielle Förderung von umweltschonenden Produktionsmethoden seien nach der Rechtsprechung als Umweltinformationen im Sinne des UIG anzusehen. Gleiches ergebe sich aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes. Danach sei ein mittelbarer Umweltbezug ausreichend. Im Rahmen der Abwägung müssten die Interessen der Antragsteller hinter dem berechtigten Informationsanliegen zurücktreten. Der Aufwand für die Anhörung der betroffenen Antragsteller sei kein zulässiger Grund für die Ablehnung der Auskunftserteilung. Die Annahme eines schutzwürdigen Interesses der Antragsteller sei verfehlt. Das Merkmal der fehlenden Offenkundigkeit sei nicht gegeben, weil die wenigen Marktteilnehmer, die Agrarexporte im Bereich Zucker-, Milch- und Fleisch durchführten, über die Aktivitäten ihrer Konkurrenten informiert seien. Durch eine Zusammenfassung der Einzelbeträge könne eine Berechnung der subventionierten Ex- portmengen vermieden werden. Im Übrigen sei ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse der betreffenden Antragsteller nicht gegeben, so dass ihre Zustimmung nicht erforderlich sei. Dies ergebe sich schon daraus, dass ein Wettbewerb um Subventionen nicht beste- he, sondern die Voraussetzungen, unter denen ein Anspruch auf Ausfuhrerstattungen bestehe, gesetzlich vorgegeben seien Soweit die Antragsteller vermeiden wollten, dass Dritte Kenntnis von dem Bezug von Ausfuhrerstattungen erlangten, sei dies kein berech- tigtes wirtschaftliches Interesse und damit unerheblich. Vielmehr bestehe ein öffentliches Interesse daran, der Allgemeinheit über die Verwendung öffentlicher Gelder Informationen zugänglich zu machen. Personenbezogene Daten könnten von dem Auskunftsbegehren in Anbetracht der hohen Summen nicht betroffen sein. Nachdem im Widerspruchsverfahren sechs Empfänger von Ausfuhrerstattungen der Of- fenlegung der sie betreffenden Informationen zugestimmt hatten, übermittelte die Beklag- te dem Kläger die diese betreffenden Informationen. Mit Widerspruchsbescheid vom 23.02.2007, zugestellt am 28.02.2007, wies die Beklagte den Widerspruch wegen der weiteren 34 Subventionsempfänger, die einer Freigabe der Informationen nicht zuge- stimmt hatten, im Hinblick auf den Antrag zu Ziffer I.1. lit. b) zurück. Dazu hat die Beklagte sich auf folgende Erwägungen berufen: -5-
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-5- Ein Anspruch ergebe sich nicht aus § 3 Abs. 1 UIG, da die begehrten Informationen keine Umweltinformationen seien. Ausfuhrerstattungen würden zum Zweck der Marktsteuerung gewährt und dienten der Stabilisierung der Preise. Der Schutz der Umwelt sei nicht Ge- genstand dieser Maßnahme. Es handele sich bei den begehrten Informationen um Ge- schäfts- und Betriebsgeheimnisse, die nicht offenkundig seien und an deren Geheimhal- tung ein berechtigtes Interesse bestehe. Die Kenntnis erhaltener Ausfuhrerstattungen sei für den Wettbewerb von Bedeutung, da sich daraus Rückschlüsse ziehen ließen auf Art und Umfang der betriebenen Handelsgeschäfte und die finanzielle Situation der Unter- nehmen. Die Verweigerung der Zustimmung hindere daher die Freigabe der begehrten Informationen. Eine Interessenabwägung sei insofern nicht geboten, da § 9 UIG nicht an- wendbar sei und § 6 IFG eine solche nicht vorsehe. Mit seiner unter dem 23.06.2007 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren we- gen der weiteren 34 Subventionsempfänger, die einer Freigabe der Informationen nicht zugestimmt hatten, weiter. Dazu führt er ergänzend aus: Das Informationsbegehren betreffe Umweltinformationen. Die Vergabe von Ausfuhrerstat- tungen wirke sich erheblich auf die landwirtschaftliche Produktion im Inland, aber auch in Drittländern aus und habe damit eine hohe Bedeutung für den Umweltschutz. Die von der Beklagten angeführte Zweckbestimmung trage dem Umstand nicht Rechnung, dass be- stimmte Tätigkeiten überhaupt erst aufgrund der Gewährung der Ausfuhrerstattungen aufgenommen würden. Es sei daher jedenfalls eine Abwägung nach § 9 UIG vorzuneh- men, bei der das Interesse des Klägers überwiege. Zutreffend sei die vom VG Schleswig vertretene Ansicht, dass Auskünfte zu Agrarbeihilfen als Umweltinformationen anzusehen seien (Urteil vom 29.11.2007 – 12 A 37/06). Die entgegenstehende Entscheidung des VG Düsseldorf (Urteil vom 24.08.2007 – 26 K 668/06, juris) sei insoweit fehlerhaft. Die begehrten Informationen beträfen zudem keine Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse. Jedenfalls fehle ein berechtigtes Interesse an einer Geheimhaltung insbesondere in An- betracht der Transparenzinitiative der EU-Kommission, die das Ziel verfolge, Finanzhilfen und deren Empfänger der Öffentlichkeit bekannt zu machen, und zwar insbesondere auch im Agrarbereich. Auch sei eine Offenlegung aus Gründen der Haushaltsöffentlichkeit ge- boten. Die von der Beklagten behaupteten möglichen Rückschlüsse ließen sich tatsäch- lich aus den begehrten Daten nicht ziehen, insbesondere da eine Aufschlüsselung nach Ländern gar nicht verlangt werde. Zudem bestünden für bestimmte Waren, wie etwa Zu- cker, Unterschiede zwischen Produktvarianten, die Auswirkungen auf die Höhe der Aus- fuhrerstattung hätten. Auch dies spreche gegen die Behauptung der Beklagten, aus den begehrten Daten könnten konkrete Rückschlüsse gezogen werden. Ein gezieltes Abwer- ben von Kunden sei Wettbewerbern der Subventionsempfänger auf dieser Grundlage nicht möglich. Auch der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit habe eine Informationserteilung für geboten erachtet, soweit nicht der Schutz personenbezoge- ner Daten betroffen sei. Dies ergebe sich auch aus der neuen Verordnung (EG) Nr. 259/2008 vom 18.03.2008, die für die Zukunft die Offenlegung der streitgegenständli- chen Informationen zu den Empfängern von Agrarsubventionen vorsehe. -6-
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-6- Der Kläger beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 05.05.2006 in der Fassung des Widerspruchsbe- scheids der Oberfinanzdirektion Hamburg vom 23.02.2007, zugestellt am 28.02.2007, aufzuheben, und dem Kläger die folgenden Informationen zu erteilen: Angabe von Namen/Betriebsbezeichnungen von den noch verbliebenen 34 Emp- fängern von Ausfuhrerstattungen aus der Gruppe der 40 Empfänger, die die höchsten Erstattungen in den Haushaltsjahren 2003/2004 und 2004/2005 erhalten haben, sowie Angabe des jeweiligen Gesamtbetrages der Erstattung, und die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für erforderlich zu erklären. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung nimmt die Beklagte Bezug auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbe- scheid. Ergänzend trägt sie vor: Die Informationen seien Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, da sie Rückschlüsse auf die Kundenstruktur zuließen und insbesondere erkennbar werde, in welchem Maße die Unternehmen vom Exportgeschäft abhängig seien. Auch würden Informationen zur Fi- nanzierungsstruktur bekannt und damit zur Abhängigkeit von der Inanspruchnahme von Ausfuhrerstattungen. Zudem steige die Ausfuhrerstattung im Verhältnis zur exportierten Menge und es könnten daher Rückschlüsse auf Marktaktivitäten und -strategien sowie Marktanteile und Umsätze gezogen werden. Die Veröffentlichung könne einen Preiskampf zwischen Konkurrenten innerhalb der EU als auch auf dem Weltmarkt nach sich ziehen, der zu Lasten der kleineren Unternehmen gehen würde. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der vom Kläger vorgelegten gemeinsamen Marktorganisation für Zucker. Zudem seien die Informationen nicht offenkundig. Es handele sich nicht um einen Markt mit nur wenigen Teilnehmern. Insgesamt seien an 678 bzw. 548 Unternehmen Ausfuhrer- stattungen gewährt worden in dem fraglichen Zeitraum. Es bestehe ein großer Konkur- renzdruck. Es treffe nicht zu, dass die Unternehmen über die Tätigkeiten der anderen Marktteilnehmer weitgehend im Bilde seien. Hierfür spreche auch, dass in einer Frage- stunde des Bundestages eine Anfrage zu den 20 größten deutschen Empfängern von Agrarexportsubventionen mit der Begründung zurückgewiesen worden sei, es handele sich um Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse. Aufgrund der Europäischen Transparenzinitiative sei ein Informationsanspruch auch nicht gegeben. Ferner könne aus gemeinschaftsrechtlichen Quellen ein Informationsanspruch nicht gleichsam analog hergeleitet werden. Auch lasse sich aus der angeführten Recht- sprechung für die Auffassung des Klägers nichts herleiten, da die fraglichen Entscheidun- gen anders gelagerte Sachverhalte zum Gegenstand gehabt hätten. -7-
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-7- Wegen weiterer Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird Bezug genommen auf die beigezogenen Sachakten der Beklagten sowie auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte. Entscheidungsgründe: Die zulässige (I.) Klage ist auch begründet (II.). I. Es kann dahinstehen, ob die Klage als Verpflichtungsklage oder allgemeine Leistungs- klage anzusehen ist, da die Voraussetzungen für die Zulässigkeit in jedem Fall vorlie- gen. Gemäß § 6 Abs. 1 UIG ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Ein Widerspruchsverfah- ren gemäß § 6 Abs. 2 UIG ist durchgeführt worden. Da eine Rechtsverletzung des Klä- gers durch die Ablehnung seines Informationsbegehrens jedenfalls möglich erscheint, wären auch die Voraussetzungen der Klagebefugnis im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO gegeben (vgl. VG Saarlouis, Urteil vom 16.01.2008 – Az. 5 K 130/05, juris, m.w.N.). Die Frist des § 74 VwGO für die Erhebung der Klage wäre gleichfalls gewahrt. II. Die Klage ist begründet, da der Kläger nach § 3 Abs. 1 S. 1 UIG Anspruch hat auf Ertei- lung der begehrten Informationen zu den Empfängern, die Ausfuhrerstattungen in den Haushaltsjahren 2003/2004 und 2004/2005 erhalten haben, unter Angabe des jeweili- gen Gesamtbetrages der Erstattung. Nach § 3 Abs. 1 S. 1 UIG hat jede Person nach Maßgabe des UIG Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine informationspflichtige Stelle im Sinne des § 2 Abs. 1 verfügt, ohne ein rechtliches Interesse darlegen zu müssen. Diese Vor- aussetzungen liegen vor: Die Auskünfte zu den Empfängern von Ausfuhrerstattungen und der Höhe dieser Zahlungen in einzelnen Haushaltsjahren sind Umweltinformationen im Sinne von § 2 UIG (1.). Bei der Beklagten handelt es sich auch um eine informati- onspflichtige Stelle (2.) und der Kläger ist zur Geltendmachung des Informationsan- spruchs nach § 3 Abs. 1 S. 1 UIG berechtigt (3.). Dem Informationsanspruch steht auch nicht ein Ausschlussgrund nach § 9 UIG entgegen, da die Auskünfte sich nicht auf Ge- schäfts- und Betriebsgeheimnisse der Subventionsempfänger beziehen und deren Ge- heimhaltungsinteresse gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Bekanntgabe nicht überwiegt (4.). Der ablehnende Bescheid vom 05.05.2006 in der Fassung des Wider- spruchsbescheids vom 23.02.2007 ist daher rechtswidrig. Ob daneben zugleich ein An- spruch nach § 1 Abs. 1 IFG besteht, kann hier offen bleiben, da der Kläger bereits nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 UIG Zugang zu den gewünschten Informationen beanspruchen kann. -8-
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-8- 1. Bei den begehrten Auskünften zu den Empfängern von Ausfuhrerstattungen und der Höhe dieser Zahlungen in einzelnen Haushaltsjahren handelt es sich um Umweltin- formationen. Der Begriff der Umweltinformationen ist definiert in § 2 Abs. 3 UIG. Umweltinformatio- nen sind danach unabhängig von der Art ihrer Speicherung u. a. alle Daten betreffend Maßnahmen oder Tätigkeiten, die sich auf die Umweltbestandteile im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG oder auf Faktoren gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG auswirken oder wahr- scheinlich auswirken (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 lit. a) UIG) bzw. die den Schutz von Umweltbe- standteilen gemäß von § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG bezwecken, wobei zu den Maßnahmen auch politische Konzepte, Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Abkommen, Umwelt- vereinbarungen, Pläne und Programme gehören (§ 2 Abs. 3 Nr. 3 lit. b) UIG). Zu den Umweltbestandteilen zählen nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Feuchtgebiete, Küsten- und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich gentech- nisch veränderter Organismen, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Be- standteilen. Als umweltrelevante Faktoren werden in § 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung, Abfälle aller Art sowie Emissionen, Ableitungen und sonstige Freisetzungen von Stoffen in die Umwelt, die sich auf die Umweltbestandteile im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG auswirken oder wahrscheinlich auswirken, genannt. Hierzu hat der Europäische Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 12.06.2003 (Rs. C-316/01, Rdnr. 24, juris) schon bezogen auf die frühere Fassung der Umweltin- formationsrichtlinie 90/313/EWG vom 07.06.1990, die zwischenzeitlich durch die Richtlinie 2003/4/EG vom 28.01.2003 ersetzt worden ist, klargestellt, dass der Ge- meinschaftsgesetzgeber dem Begriff der "Informationen über die Umwelt" eine weite Bedeutung beilegen wollte und dass er es bewusst vermieden hat, dem Begriff eine Definition zu geben, die dazu führen könnte, dass irgendeine Behördentätigkeit vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen wäre (vgl. auch EuGH, Urteil vom 17.06.1998, Rs. C-321/96, Rdnr. 19 f., juris; EuGH, Urteil vom 26.06.2003, Rs. C-233/00, DVBl 2003, 1078; BVerwG, Urteil vom 21.02.2008 – Az. 4 C 13/07, ju- ris; VG Saarlouis, Urteil vom 16.01.2008 – Az. 5 K 130/05, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.06.2006 – Az.: 8 A 10267/06, juris). Gleichwohl ist nicht bezweckt, ein allgemeines und unbegrenztes Zugangsrecht zu allen bei den Behörden verfügbaren Informationen zu gewähren, die auch nur den geringsten Bezug zu den in der Umwelt- informationsrichtlinie genannten Umweltgütern aufweisen. Erforderlich ist vielmehr, dass sie tatsächlich von der Begriffsbestimmung der Richtlinie erfasst werden (EuGH, Urteil vom 12.06.2003, Rs. C-316/01, Rdnr. 25, juris). Dabei genügt indes nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts schon ein gewisser Umweltbezug der Angaben (BVerwG, Urteil vom 21.02.2008 - Az. 4 C 13/07, juris). Entscheidend ist danach, dass sich eine Maßnahme bzw. ein Vorhaben auf Umweltbestandteile oder Umweltfaktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken kann, wobei nicht unter- schieden wird zwischen unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen einer Maßnah- -9-
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-9- me. Das Kriterium der Unmittelbarkeit oder Mittelbarkeit des Umweltschutzes hat ge- rade keinen Eingang in die Umweltinformationsrichtlinie gefunden und ist daher zur Abgrenzung einer Umweltinformation von anderen, einem Antragsteller nicht zuste- henden Informationen in der Sache untauglich (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.02.2008 - Az. 4 C 13/07, juris; so auch schon BVerwG, Urteil vom 25.03.1999 – Az. 7 C 21/98, juris). a) Vorliegend beziehen die begehrten Informationen zu den Empfängern von Ausfuhrer- stattungen und der Höhe der Zahlungen sich zwar nicht auf eine Maßnahme, die im Sinne des § 2 Abs. 3 Nr. 3 lit. b) UIG den Schutz von Umweltbestandteilen gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG bezweckt. Zwar dienen verschiedene Programme aus dem Bereich der Agrarbeihilfen, insbesondere im Rahmen der im Jahr 2003 beschlossenen Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik auf europäischer Ebene inzwischen speziell der Förde- rung von Umweltschutzbelangen, wie etwa die Förderung und Unterstützung umwelt- verträglicher landwirtschaftlicher Produktionsverfahren und Systeme, die sich günstig auf die biologische Vielfalt auswirken, sowie die Förderung von Maßnahmen zum Schutz lokaler oder gefährdeter Nutztier- bzw. Pflanzenarten (vgl. auch Europäische Kommission/Generaldirektion Landwirtschaft, Fact-Sheet: "Landwirtschaft und Um- welt" 12/2003). Dies dürfte jedoch auf den hier streitgegenständlichen Teilbereich der Agrarexportsubventionen nicht zutreffen, da diese gewährt werden, um den jeweiligen Preisunterschied zwischen Welt- und europäischem Binnenmarkt auszugleichen, der dadurch entsteht, dass für zahlreiche landwirtschaftliche Erzeugnisse durch eine ge- meinsame Marktorganisation Preise festgelegt werden, die im Allgemeinen über den Weltmarktpreisen liegen. Die Zahlungen dienen primär dazu, die Ausfuhr dieser Er- zeugnisse, aber auch bestimmter industriell hergestellter Nahrungsmittel, in Drittländer zu ermöglichen, d. h. wirtschaftlich lohnend zu gestalten und im Binnenmarkt vorhan- dene Überschüsse abzusetzen, ohne dass die den Bauern garantierten Mindestpreise für ihre Produkte gefährdet werden, und zielen folglich nicht in erster Linie auf eine Regelung im Agrarbereich mit dem Zweck, einen verbesserten Schutz der Umwelt zu erreichen. b) Jedoch stellt diese Form der Subventionierung von Agrarexporten eine Maßnahme dar, die die Rahmenbedingungen landwirtschaftlicher Produktion beeinflusst, so dass die streitgegenständlichen Informationen Maßnahmen betreffen, die sich auf die Um- weltbestandteile im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG oder auf Faktoren gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 2 UIG auswirken bzw. wahrscheinlich auswirken im Sinne von § 2 Abs. 3 Nr. 3 lit. a) UIG. Dies ergibt sich schon daraus, dass diese Subventionierung die Ab- satzmöglichkeiten für landwirtschaftliche Erzeugnisse beeinflusst und damit jedenfalls mittelbar Auswirkungen auf Umweltbestandteile und -faktoren gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 und 2 UIG hat, und zwar sowohl auf nationaler Ebene als auch im Rahmen einer in- ternationalen Betrachtung. Diese Bewertung folgt daraus, dass die Erzeugung landwirtschaftlicher Produkte na- turgemäß erhebliche Auswirkungen auf Umweltbestandteile und Faktoren im Sinne - 10 -
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- 10 - des § 2 Abs. 3 Nr. 1 bzw. 2 UIG hat und zugleich der Landwirtschaft eine bedeutende Rolle zukommt bei der Verwirklichung von Umweltschutzzielen (vgl. auch VG Schles- wig, Urteil vom 29.11.2007 - Az. 12 A 37/06). Insbesondere die vorherrschende inten- sive Landwirtschaft verursacht schwerwiegende Umweltbelastungen (Kloepfer, Um- weltrecht, 3. Auflage, Abschnitt G Rdnr. 370 f.; vgl. auch Europäische Kommissi- on/Generaldirektion Landwirtschaft, Fact-Sheet: "Landwirtschaft und Umwelt" 12/2003). In dem Agrarpolitischen Bericht der Bundesregierung 2007 (nachfolgend Agrarbericht 2007) heißt es unter anderem, die Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft habe maßgeblichen Einfluss auf die Entwicklung der biologischen Vielfalt und basiere ihrerseits auf der Nutzung von Bestandteilen dieser Vielfalt und von vielfältigen Öko- systemleistungen. Die Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft trage erheblich zu den Treibhausgasemissionen in Deutschland bei und habe zudem besondere Bedeutung für den Zustand der Gewässer (z. B. für die Belastung von Gewässern durch Eutrophierung) und der Böden, da die Böden und ihre Funktionen durch den Eintrag unerwünschter Stoffe über die Atmosphäre oder im Rahmen der landbaulichen Be- wirtschaftung beeinträchtigt werden können (Agrarbericht 2007, Seite 46 ff.). Zudem ergibt sich aus dem Agrarbericht 2007, dass der Agrarexport einen Anteil von etwa 4,7 Prozent am deutschen Gesamtexportwert hat, seit Jahren beachtlich wächst und als Faktor angesehen wird, der der deutschen Agrar- und Ernährungswirtschaft gute Wachstumschancen bietet (Agrarbericht 2007, Seite 39). Da diese Wachstums- chancen im Agrarexportsektor auch mit der Gewährung der streitgegenständlichen Ausfuhrerstattungen verbunden sind, besteht – entgegen der Auffassung der Beklag- ten – unbeschadet der primär mit dieser Maßnahme beabsichtigten Sicherung stabiler Preise bzw. Einkommen im Agrarbereich eine enge Beziehung dieser Maßnahme zu Umweltbelangen gerade aufgrund der spezifischen Wechselwirkungen zwischen dem Marktgeschehen und der landwirtschaftlichen Produktion. Dies lässt den Schluss zu, dass die Perspektiven für die regionale, nationale bzw. glo- bale Vermarktung von Agrarerzeugnissen sowohl die Entscheidung beeinflussen, wel- che Art von Erzeugnis ein landwirtschaftlicher Betrieb produziert, als auch die Art und Weise, in der dies geschieht. Damit bestehen auch mittelbare Auswirkungen jedenfalls auf die in § 2 Abs. 3 Nr. 1 UIG genannten Umweltbestandteile Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft und natürliche Lebensräume und die Artenvielfalt und ih- re Bestandteile. Es kann nicht bezweifelt werden, dass die Verfügbarkeit von Ausfuhr- erstattungen für bestimmte Erzeugnisse insoweit ein nicht unwesentlicher Faktor ist, zumal Exporte sich auch in anderer Hinsicht auf Umweltbestandteile bzw. -faktoren gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 und 2 UIG auswirken. So sind insbesondere die mit den für die Ausfuhr erforderlichen Transporten verbundenen Umweltauswirkungen bedeutsam und führen zu einer zusätzlichen Umweltrelevanz dieser spezifischen Fördermaßnah- me im Agrarbereich, auch wenn die Zahlung von Ausfuhrerstattungen von ihrer primä- ren Zielrichtung her eher der Verfolgung anderer Zwecke als dem Umwelt- oder Kli- maschutz dient. - 11 -
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