Information

Aktenzeichen
T-194/04
Datum
8. November 2007
Gericht
Gericht der Europäischen Union
Gesetz
Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 (Transparenzverordnung)
Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 (Transparenzverordnung)

Urteil: Gericht der Europäischen Union am 8. November 2007

T-194/04

Beantragt die Öffentlichkeit den Zugang zu Dokumenten, für die personenbezogene Daten übermittelt werden müssen, so richtet sich die rechtliche Würdigung nach der Transparenzverordnung mit der Folge, dass die Notwendigkeit der Verarbeitung im Sinne der Verordnung Nr. 45/2001 entfällt.Grundsätzlich steht dem von der Übermittlung der personenbezogenen Daten Betroffenen ebenso wenig ein Widerrufsrecht nach der Verordnung Nr. 45/2001 zu. Allerdings sind deren Bestimmungen im Lichte der Grundrechte zu betrachten. Bei einer Teilnahme im Rahmen der beruflichen Tätigkeit als Vertreter einer Vereinigung stellt die Offenlegung des Namens keinen Eingriff in die Privatsphäre der betroffenen natürlichen Person dar. Die Ausnahmevorschrift zum Schutz von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten soll nicht die Untersuchungstätigkeiten an sich, sondern deren Zweck schützen. Ist das Verfahren bereits eingestellt, kann ein Zweck nicht mehr vereitelt werden, so dass die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift nicht erfüllt sein können. (Quelle: LDA Brandenburg)

(Gesetzliche) Geheimhaltungspflichten Aussonderungen Konkurrierende Rechtsvorschriften Personenbezogene Daten

/ 21
PDF herunterladen
http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/gettext.pl?where=&lang=de&num... WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS: Für die Angaben auf dieser Website besteht Haftungsausschluss und Urheberrechtsschutz. URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer) 8. November 2007(*) „Zugang zu Dokumenten – Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 – Dokumente betreffend ein Vertragsverletzungsverfahren – Entscheidung, den Zugang zu verweigern – Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten – Verordnung (EG) Nr. 45/2001 – Begriff ‚Privatsphäre‘“ In der Rechtssache T‑194/04 The Bavarian Lager Co. Ltd mit Sitz in Clitheroe (Vereinigtes Königreich), Prozessbevollmächtigte: zunächst J. Pearson und C. Bright, sodann J. Webber und M. Readings, Solicitors, Klägerin, unterstützt durch Europäischer Datenschutzbeauftragter (EDSB), vertreten durch H. Hijmans als Bevollmächtigten, Streithelfer, gegen Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch C. Docksey und P. Aalto als Bevollmächtigte, Beklagte, wegen Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 18. März 2004, mit dem sie einen Antrag der Klägerin auf Gewährung des vollständigen Zugangs zum Protokoll eines Treffens, das im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens stattgefunden hatte, abgelehnt hat, und Feststellung, dass die Kommission das gegen die Regierung des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland nach Art. 169 EG-Vertrag (jetzt Art. 226 EG) eingeleitete Verfahren zu Unrecht beendet hat, erlässt DAS GERICHT ERSTER INSTANZDER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Dritte Kammer) unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Jaeger, der Richterin V. Tiili und des Richters O. Czúcz, Kanzler: C. Kristensen, Verwaltungsrätin, aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. September 2006 folgendes Urteil Rechtlicher Rahmen 1     Art. 6 EU bestimmt: „(1) Die Union beruht auf den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit; diese Grundsätze sind allen Mitgliedstaaten gemeinsam. (2)      Die Union achtet die Grundrechte, wie sie in der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten gewährleistet sind und wie sie sich aus den gemeinsamen Verfassungsüberlieferungen der Mitgliedstaaten als allgemeine Grundsätze 1 von 21                                                                                                                    03.01.2011 08:46
1

http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/gettext.pl?where=&lang=de&num... des Gemeinschaftsrechts ergeben. …“ 2  Art. 255 EG bestimmt: „(1)     Jeder Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder Sitz in einem Mitgliedstaat hat das Recht auf Zugang zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission vorbehaltlich der Grundsätze und Bedingungen, die nach den Absätzen 2 und 3 festzulegen sind. (2)       Die allgemeinen Grundsätze und die aufgrund öffentlicher oder privater Interessen geltenden Einschränkungen für die Ausübung dieses Rechts auf Zugang zu Dokumenten werden vom Rat binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam gemäß dem Verfahren des Artikels 251 [EG] festgelegt. …“ 3  Die Verordnung (EG) Nr. 1049/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2001 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission (ABl. L 145, S. 43) legt die Grundsätze, die Voraussetzungen und die Grenzen des in Art. 255 EG vorgesehenen Rechts auf Zugang zu den Dokumenten dieser Organe fest. Sie gilt seit dem 3. Dezember 2001. 4  Durch den Beschluss 2001/937/EG, EGKS, Euratom der Kommission vom 5. Dezember 2001 zur Änderung ihrer Geschäftsordnung (ABl. L 345, S. 94) wurde der Beschluss 94/90/EGKS, EG, Euratom der Kommission vom 8. Februar 1994 über den Zugang der Öffentlichkeit zu den der Kommission vorliegenden Dokumenten (ABl. L 46, S. 58) aufgehoben, mit dem die Anwendung des Verhaltenskodex über den Zugang der Öffentlichkeit zu Kommissions- und Ratsdokumenten (ABl. 1993, L 340, S. 41, im Folgenden: Verhaltenskodex) in Bezug auf die Kommission sichergestellt worden war. 5  In den Erwägungsgründen 4 und 11 der Verordnung Nr. 1049/2001 heißt es: „(4)     Diese Verordnung soll dem Recht auf Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten größtmögliche Wirksamkeit verschaffen und gemäß Artikel 255 Absatz 2 [EG] die allgemeinen Grundsätze und Einschränkungen dafür festlegen. … (11)     Grundsätzlich sollten alle Dokumente der Organe für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Der Schutz bestimmter öffentlicher und privater Interessen sollte jedoch durch Ausnahmen gewährleistet werden. Es sollte den Organen gestattet werden, ihre internen Konsultationen und Beratungen zu schützen, wo dies zur Wahrung ihrer Fähigkeit, ihre Aufgaben zu erfüllen, erforderlich ist. Bei der Beurteilung der Ausnahmen sollten die Organe in allen Tätigkeitsbereichen der Union die in den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft verankerten Grundsätze über den Schutz personenbezogener Daten berücksichtigen.“ 6  Art. 4 der Verordnung Nr. 1049/2001 über die Ausnahmeregelung für das Zugangsrecht bestimmt: „(1) Die Organe verweigern den Zugang zu einem Dokument, durch dessen Verbreitung Folgendes beeinträchtigt würde: … b)       der Schutz der Privatsphäre und der Integrität des Einzelnen, insbesondere gemäß den Rechtsvorschriften der Gemeinschaft über den Schutz personenbezogener Daten. (2)      Die Organe verweigern den Zugang zu einem Dokument, durch dessen Verbreitung Folgendes beeinträchtigt würde: … –      der Schutz des Zwecks von Inspektions-, Untersuchungs- und Audittätigkeiten, es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung. (3)      Der Zugang zu einem Dokument, das von einem Organ für den internen Gebrauch erstellt wurde oder bei ihm eingegangen ist und das sich auf eine Angelegenheit bezieht, in der das Organ noch keinen Beschluss gefasst hat, wird verweigert, wenn eine Verbreitung des Dokuments den Entscheidungsprozess des Organs ernstlich beeinträchtigen würde, es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse 2 von 21                                                                                                                03.01.2011 08:46
2

http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/gettext.pl?where=&lang=de&num... an der Verbreitung. Der Zugang zu einem Dokument mit Stellungnahmen zum internen Gebrauch im Rahmen von Beratungen und Vorgesprächen innerhalb des betreffenden Organs wird auch dann, wenn der Beschluss gefasst worden ist, verweigert, wenn die Verbreitung des Dokuments den Entscheidungsprozess des Organs ernstlich beeinträchtigen würde, es sei denn, es besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Verbreitung. … (6)     Wenn nur Teile des angeforderten Dokuments einer der Ausnahmen unterliegen, werden die übrigen Teile des Dokuments freigegeben. …“ 7   Nach Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1049/2001 „[ist] der Antragsteller … nicht verpflichtet, Gründe für seinen Antrag anzugeben“. 8   Die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281, S. 31) verpflichtet die Mitgliedstaaten, bei der Sicherstellung des freien Verkehrs personenbezogener Daten in der Gemeinschaft den Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten und insbesondere den Schutz der Privatsphäre natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zu gewährleisten. 9   Nach Art. 286 EG finden die Rechtsakte der Gemeinschaft über den Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und dem freien Verkehr solcher Daten auf Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft Anwendung. 10  Die Verordnung (EG) Nr. 45/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2000 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft und zum freien Datenverkehr (ABl. 2001, L 8, S. 1) wurde auf der Grundlage des Art. 286 EG erlassen. 11  Im 15. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 45/2001 heißt es: „Der Zugang zu den Dokumenten, einschließlich der Bedingungen für den Zugang zu Dokumenten, die personenbezogene Daten enthalten, unterliegt den Bestimmungen, die auf der Grundlage von Artikel 255 [EG] erlassen wurden, dessen Anwendungsbereich sich auf die Titel V und VI des Vertrags über die Europäische Union erstreckt.“ 12  Die Verordnung Nr. 45/2001 bestimmt: „Artikel 1 Gegenstand der Verordnung (1)      Die durch die Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften oder aufgrund dieser Verträge geschaffenen Organe und Einrichtungen, nachstehend ‚Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft‘ genannt, gewährleisten nach den Bestimmungen dieser Verordnung den Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten und insbesondere den Schutz der Privatsphäre natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten; sie dürfen den freien Verkehr personenbezogener Daten untereinander oder mit Empfängern, die dem in Anwendung der Richtlinie 95/46/EG erlassenen einzelstaatlichen Recht der Mitgliedstaaten unterliegen, weder beschränken noch untersagen. (2)      Die durch diese Verordnung eingerichtete unabhängige Kontrollbehörde, nachstehend ‚Europäischer Datenschutzbeauftragter‘ genannt, überwacht die Anwendung der Bestimmungen dieser Verordnung auf alle Verarbeitungen durch Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft. Artikel 2 Begriffsbestimmungen Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck a)      ‚personenbezogene Daten‘ alle Informationen über eine bestimmte oder bestimmbare natürliche Person …; als bestimmbar wird eine Person angesehen, die direkt oder indirekt identifiziert werden kann, insbesondere durch Zuordnung zu einer Kennnummer oder zu einem oder mehreren spezifischen Elementen, die Ausdruck ihrer physischen, physiologischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität sind; 3 von 21                                                                                                                     03.01.2011 08:46
3

http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/gettext.pl?where=&lang=de&num... b)     ‚Verarbeitung personenbezogener Daten‘ … jeden mit oder ohne Hilfe automatisierter Verfahren ausgeführten Vorgang oder jede Vorgangsreihe im Zusammenhang mit personenbezogenen Daten wie das Erheben, das Speichern, die Organisation, die Aufbewahrung, die Anpassung oder Veränderung, das Wiederauffinden, das Abfragen, die Nutzung, die Weitergabe durch Übermittlung, Verbreitung oder jede andere Form der Bereitstellung, die Kombination oder die Verknüpfung sowie das Sperren, Löschen oder Vernichten; c)      ‚Datei mit personenbezogenen Daten‘ … jede strukturierte Sammlung personenbezogener Daten, die nach bestimmten Kriterien zugänglich sind, unabhängig davon, ob diese Sammlung zentral, dezentral oder nach funktionalen oder geografischen Gesichtspunkten aufgeteilt geführt wird; … Artikel 3 Anwendungsbereich (1)       Diese Verordnung findet auf die Verarbeitung personenbezogener Daten durch alle Organe und Einrichtungen der Gemeinschaft Anwendung, soweit die Verarbeitung im Rahmen von Tätigkeiten erfolgt, die ganz oder teilweise in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts fallen. (2)       Diese Verordnung gilt für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einer Datei gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. … Artikel 4 Qualität der Daten (1)      Personenbezogene Daten dürfen nur a)      nach Treu und Glauben und auf rechtmäßige Weise verarbeitet werden; b)      für festgelegte, eindeutige und rechtmäßige Zwecke erhoben und nicht in einer mit diesen Zwecken nicht zu vereinbarenden Weise weiterverarbeitet werden. … … Artikel 5 Rechtmäßigkeit der Verarbeitung Personenbezogene Daten dürfen nur verarbeitet werden, wenn eine der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist: a)      Die Verarbeitung ist für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich, die aufgrund der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften oder anderer aufgrund dieser Verträge erlassener Rechtsakte im öffentlichen Interesse oder in legitimer Ausübung öffentlicher Gewalt ausgeführt wird, die dem Organ oder der Einrichtung der Gemeinschaft oder einem Dritten, dem die Daten übermittelt werden, übertragen wurde; oder b)       die Verarbeitung ist für die Erfüllung einer rechtlichen Verpflichtung erforderlich, der der für die Verarbeitung Verantwortliche unterliegt; oder … d)      die betroffene Person hat ohne jeden Zweifel ihre Einwilligung gegeben … … Artikel 8 Übermittlung personenbezogener Daten an Empfänger, die nicht                   Organe     oder    Einrichtungen der Gemeinschaft sind und die der Richtlinie 95/46/EG unterworfen sind 4 von 21                                                                                                               03.01.2011 08:46
4

http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/gettext.pl?where=&lang=de&num... Unbeschadet der Artikel 4, 5, 6 und 10 werden personenbezogene Daten an Empfänger, die den aufgrund der Richtlinie 95/46/EG erlassenen nationalen Rechtsvorschriften unterliegen, nur übermittelt, a)       wenn der Empfänger nachweist, dass die Daten für die Wahrnehmung einer Aufgabe, die im öffentlichen Interesse liegt oder zur Ausübung der öffentlichen Gewalt gehört, erforderlich sind oder b)      wenn der Empfänger die Notwendigkeit der Datenübermittlung nachweist und kein Grund zu der Annahme besteht, dass die berechtigten Interessen der betroffenen Person beeinträchtigt werden könnten. … Artikel 18 Widerspruchsrecht der betroffenen Person Die betroffene Person hat das Recht, a)      jederzeit aus zwingenden, schutzwürdigen, sich aus ihrer besonderen Situation ergebenden Gründen gegen die Verarbeitung von sie betreffenden Daten Widerspruch einzulegen, außer in den unter Artikel 5 Buchstaben b), c) und d) fallenden Fällen. Bei berechtigtem Widerspruch darf sich die betreffende Verarbeitung nicht mehr auf diese Daten beziehen; …“ 13  Art. 8 der am 4. November 1950 in Rom unterzeichneten Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) bestimmt: „(1)     Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz. (2)     Eine Behörde darf in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.“ 14  Die am 7. Dezember 2000 in Nizza proklamierte Charta der Grundrechte der Europäischen Union (ABl. C 364, S. 1, im Folgenden: Grundrechtecharta) sieht vor: „Artikel 7 Achtung des Privat- und Familienlebens Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung sowie ihrer Kommunikation. Artikel 8 Schutz personenbezogener Daten (1)      Jede Person hat das Recht auf Schutz der sie betreffenden personenbezogenen Daten. (2)      Diese Daten dürfen nur nach Treu und Glauben für festgelegte Zwecke und mit Einwilligung der betroffenen Person oder auf einer sonstigen gesetzlich geregelten legitimen Grundlage verarbeitet werden. Jede Person hat das Recht, Auskunft über die sie betreffenden erhobenen Daten zu erhalten und die Berichtigung der Daten zu erwirken. (3)      Die Einhaltung dieser Vorschriften wird von einer unabhängigen Stelle überwacht. … Artikel 42 Recht auf Zugang zu Dokumenten Die Unionsbürgerinnen und Unionsbürger sowie jede natürliche oder juristische Person mit Wohnsitz oder satzungsmäßigem Sitz in einem Mitgliedstaat haben das Recht auf Zugang zu den Dokumenten des 5 von 21                                                                                                                    03.01.2011 08:46
5

http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/gettext.pl?where=&lang=de&num... Europäischen Parlaments, des Rates und der Kommission. …“ Vorgeschichte des Rechtsstreits 15  Die Klägerin wurde am 28. Mai 1992 zum Zweck der Einfuhr deutschen Biers gegründet, das für den Ausschank in Gaststätten im Vereinigten Königreich, hauptsächlich in Nordengland, bestimmt war. 16  Die Klägerin war jedoch am Absatz ihres Erzeugnisses dadurch gehindert, dass im Vereinigten Königreich viele Gastwirte durch Alleinbezugsvereinbarungen gebunden waren, die sie zum ausschließlichen Bierbezug von einer bestimmten Brauerei verpflichteten. 17  Nach der Supply of Beer (Tied Estate) Order 1989 SI 1989/2390 (britische Bierlieferungsverordnung) müssen britische Brauereien mit Lieferungsrechten für mehr als 2 000 Gaststätten es deren Betreibern gestatten, auch von einer anderen Brauerei Bier zu beziehen, allerdings – gemäß Art. 7 Abs. 2 Buchst. a der Verordnung – nur Fassbier mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Vol.-%. Diese Bestimmung wird allgemein als „Guest Beer Provision“ (im Folgenden: GBP) bezeichnet. 18  Die meisten außerhalb des Vereinigten Königreichs erzeugten Biere können jedoch nicht als „Fassbier“ im Sinne der GBP angesehen werden und fallen somit nicht unter diese Bestimmung. 19  Da die Klägerin die GBP als eine mit Art. 30 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Art. 28 EG) unvereinbare Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhrbeschränkung ansah, reichte sie mit Schreiben vom 3. April 1993 eine Beschwerde bei der Kommission ein, die unter dem Aktenzeichen P/93/4490/UK in das Register eingetragen wurde. 20  Nach Untersuchung des Sachverhalts beschloss die Kommission am 12. April 1995, gegen das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland ein Verfahren gemäß Art. 169 EG-Vertrag (jetzt Art. 226 EG) einzuleiten. Sie teilte der Klägerin am 28. September 1995 mit, dass sie den Fall untersucht und dem Vereinigten Königreich am 15. September 1995 ein Mahnschreiben übermittelt habe. Am 26. Juni 1996 beschloss die Kommission, an das Vereinigte Königreich eine mit Gründen versehene Stellungnahme zu richten; diesen Beschluss gab sie am 5. August 1996 in einer Pressemitteilung bekannt. 21  Am 11. Oktober 1996 fand ein Treffen statt (im Folgenden: Treffen vom 11. Oktober 1996 oder Treffen), an dem Vertreter der Generaldirektion (GD) „Binnenmarkt und Finanzdienstleistungen“ der Kommission, des Ministeriums für Handel und Industrie des Vereinigten Königreichs und der Confédération des brasseurs du marché commun (Verband der Bierbrauer des Gemeinsamen Marktes, im Folgenden: CBMC) teilnahmen. Die Klägerin hatte mit Schreiben vom 27. August 1996 um Teilnahme am Treffen ersucht, ihrem Ersuchen gab die Kommission jedoch nicht statt. 22  Am 15. März 1997 kündigte das Ministerium für Handel und Industrie des Vereinigten Königreichs ein Vorhaben zur Änderung der GBP an, wonach neben Fassbier künftig auch Flaschenbier einer anderen Brauerei verkauft werden könne. Die Kommission setzte ihre Entscheidung, eine mit Gründen versehene Stellungnahme an das Vereinigte Königreich zu richten, zweimal, am 19. März und am 26. Juni 1997, aus, worauf der Leiter des Referats 2 „Anwendung der Artikel 30 bis 36 EG-Vertrag (Notifizierung, Beschwerden, Verstöße usw.) und Beseitigung der Handelshemmnisse“ der Direktion B „Freier Warenverkehr und öffentliches Auftragswesen“ der GD „Binnenmarkt und Finanzdienstleistungen“ der Klägerin mit Schreiben vom 21. April 1997 mitteilte, dass das Verfahren des Art. 169 EG-Vertrag wegen der geplanten Änderung der GBP ausgesetzt und die mit Gründen versehene Stellungnahme der Regierung des Vereinigten Königreichs nicht übermittelt worden sei. Sie wies darauf hin, dass das Verfahren eingestellt werde, sobald die Änderung der GBP in Kraft trete. Die neue Fassung der GBP wurde am 22. August 1997 zu geltendem Recht. Infolgedessen wurde die mit Gründen versehene Stellungnahme dem Vereinigten Königreich nie übersandt und das Vertragsverletzungsverfahren mit Beschluss der Kommission vom 10. Dezember 1997 endgültig eingestellt. 23  Mit Telefax vom 21. März 1997 ersuchte die Klägerin den Generaldirektor der GD „Binnenmarkt und Finanzdienstleistungen“, ihr gemäß dem Verhaltenskodex die mit Gründen versehene Stellungnahme in Kopie zu übermitteln. Dieser Antrag wurde ebenso abgelehnt wie ein erneut gestellter Antrag. 24  Mit Schreiben vom 18. September 1997 (im Folgenden: Entscheidung vom 18. September 1997) bestätigte der Generalsekretär der Kommission die Ablehnung des beim Generaldirektor der GD „Binnenmarkt und Finanzdienstleistungen“ gestellten Antrags. 25  Gegen die Entscheidung vom 18. September 1997 erhob die Klägerin beim Gericht eine Klage, die unter dem Aktenzeichen T‑309/97 in das Register der Kanzlei eingetragen wurde. Mit Urteil vom 14. Oktober 1999, Bavarian Lager/Kommission (T‑309/97, Slg. 1999, II‑3217), wies das Gericht diese Klage mit der 6 von 21                                                                                                                 03.01.2011 08:46
6

http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/gettext.pl?where=&lang=de&num... Begründung ab, die Sicherung des Zwecks, es dem Mitgliedstaat zu ermöglichen, seine Vertragspflichten freiwillig zu erfüllen oder gegebenenfalls seine Position zu rechtfertigen, rechtfertige es, zum Schutz des öffentlichen Interesses den Zugang zu einem Entwurf zu verweigern, der sich auf die Untersuchungsphase eines Verfahrens nach Art. 169 EG-Vertrag beziehe. 26  Am 4. Mai 1998 stellte die Klägerin bei der Kommission gemäß dem Verhaltenskodex einen Antrag auf Zugang zu allen Schriftstücken, die von elf namentlich genannten Unternehmen und Organisationen sowie drei bezeichneten Gruppen von Personen oder Unternehmen zum Verfahren P/93/4490/UK eingereicht worden seien. Die Kommission lehnte den ursprünglichen Antrag mit der Begründung ab, der Verhaltenskodex finde nur auf Dokumente Anwendung, deren Verfasser die Kommission sei. Ein Zweitantrag wurde mit der Begründung abgelehnt, dass die Kommission nicht Verfasser der fraglichen Schriftstücke sei und dass Anträge an den Verfasser zu richten seien. 27  Am 8. Juli 1998 legte die Klägerin beim Europäischen Bürgerbeauftragten (im Folgenden: Bürgerbeauftragter) eine Beschwerde ein, die unter dem Aktenzeichen 713/98/IJH in das Register eingetragen wurde und zu der sie mit Schreiben vom 2. Februar 1999 darauf hinwies, dass ihr daran gelegen sei, die Namen der Vertreter der CBMC, die am Treffen vom 11. Oktober 1996 teilgenommen hätten, sowie die Namen der Unternehmen und Personen zu erfahren, die zu den 14 Gruppen gehörten, die sie in ihrem ursprünglichen Antrag auf Zugang zu denjenigen Dokumenten bezeichnet habe, die der Kommission im Verfahren P/93/4490/UK übermittelte Stellungnahmen enthielten. 28  Im Anschluss an einen Schriftwechsel zwischen dem Bürgerbeauftragten und der Kommission teilte diese dem Bürgerbeauftragten im Oktober und November 1999 mit, dass sie auf die 45 Schreiben, die sie an die betroffenen Personen gerichtet habe, um sie um Genehmigung der Offenlegung ihrer Identität gegenüber der Klägerin zu ersuchen, 20 Antworten erhalten habe, davon 14 zustimmende und 6 abschlägige. Die Kommission leitete die Namen und Anschriften der Personen, die mit der Nennung ihres Namens einverstanden waren, weiter. Die Klägerin wies den Bürgerbeauftragten darauf hin, dass die von der Kommission erteilten Auskünfte immer noch unvollständig seien. 29  In seinem im Beschwerdeverfahren 713/98/IJH an die Kommission gerichteten Empfehlungsentwurf vom 17. Mai 2000 schlug der Bürgerbeauftragte der Kommission vor, der Klägerin die Namen der Vertreter der CBMC mitzuteilen, die am Treffen vom 11. Oktober 1996 teilgenommen hätten, sowie die Namen der Unternehmen und Personen, die zu den 14 Gruppen gehörten, die sie in ihrem ursprünglichen Antrag auf Zugang zu denjenigen Dokumenten bezeichnet habe, die der Kommission im Verfahren P/93/4490/UK übermittelte Stellungnahmen enthielten. 30  In ihrer am 3. Juli 2000 an den Bürgerbeauftragten gerichteten mit Gründen versehenen Stellungnahme erhielt die Kommission ihre Auffassung aufrecht, dass es weiterhin eines Einverständnisses der Betroffenen bedürfe, dass sie jedoch die Namen derjenigen Personen mitteilen könne, die auf ihr Genehmigungsersuchen nicht geantwortet hätten, da das Interesse sowie die Grundrechte und Grundfreiheiten der Betroffenen dann keinen Vorrang hätten, wenn diese nicht antworteten. Die Kommission nannte daher die Namen weiterer 25 Personen. 31  Am 23. November 2000 überreichte der Bürgerbeauftragte dem Parlament seinen Sonderbericht, der sich dem an die Kommission im Beschwerdeverfahren 713/98/IJH gerichteten Empfehlungsentwurf anschloss (im Folgenden: Sonderbericht) und in dem er zu dem Ergebnis gelangte, dass es kein Grundrecht gebe, das der Offenlegung von einer Verwaltungsbehörde vertraulich mitgeteilten Informationen entgegenstehe, und dass die Richtlinie 95/46 nicht verlange, dass die Kommission die Namen von Personen geheim halte, die ihr Stellungnahmen oder Informationen im Zusammenhang mit der Ausübung ihrer eigenen Tätigkeit unterbreiteten. 32  In einem Schreiben vom 30. September 2002 an den Präsidenten der Kommission, Herrn Prodi, gab der Bürgerbeauftragte zu bedenken: „Der Bürgerbeauftragte ist besorgt, dass die Datenschutzbestimmungen in der Weise falsch verstanden werden könnten, als ob sie das Bestehen eines allgemeinen Rechts auf anonyme Beteiligung an öffentlichen Aktivitäten begründeten. Diese Fehlinterpretation könnte den Grundsatz der Transparenz und des Rechts der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten sowohl auf der Ebene der Union als auch auf derjenigen der Mitgliedstaaten untergraben, wo Transparenz und öffentlicher Zugang in den nationalen Verfassungen oder Gesetzen verankert sind.“ 33  Der Pressemitteilung Nr. 23/2001 des Bürgerbeauftragten vom 12. Dezember 2001 ist zu entnehmen, dass das Parlament eine Entschließung zu seinem Sonderbericht annahm, in der es die Kommission aufgefordert habe, die von der Klägerin angeforderten Informationen zu erteilen. 34  Mit E-Mail vom 5. Dezember 2003 ersuchte die Klägerin die Kommission gemäß der Verordnung Nr. 1049/2001 um Zugang zu den in Randnr. 27 dieses Urteils genannten Schriftstücken. 7 von 21                                                                                                                 03.01.2011 08:46
7

http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/gettext.pl?where=&lang=de&num... 35 Die Kommission antwortete hierauf mit Schreiben vom 27. Januar 2004, in dem sie darauf hinwies, dass zwar einige sich auf das Treffen vom 11. Oktober 1996 beziehende Dokumente offengelegt werden könnten, dass jedoch fünf Namen im Protokoll dieses Treffens geschwärzt worden seien, weil sich zwei Personen ausdrücklich der Preisgabe ihrer Identität widersetzt hätten und die Kommission mit den drei übrigen Personen nicht in Kontakt habe treten können. 36 Mit E-Mail vom 9. Februar 2004 stellte die Klägerin einen Zweitantrag im Sinne von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1049/2001 auf Zurverfügungstellung des vollständigen Protokolls des Treffens vom 11. Oktober 1996 mit den Namen aller Teilnehmer. 37 Mit Schreiben vom 18. März 2004 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) lehnte die Kommission den Zweitantrag der Klägerin ab. Sie bestätigte, dass auf den Antrag auf Offenlegung der Namen der übrigen Teilnehmer die Verordnung Nr. 45/2001 anwendbar sei. Da die Klägerin weder einen konkreten schutzwürdigen Zweck noch die Notwendigkeit einer solchen Offenlegung dargetan habe, seien die Voraussetzungen des Art. 8 dieser Verordnung nicht erfüllt und sei die Ausnahmeregelung des Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 anwendbar. Selbst wenn aber die Vorschriften über den Schutz personenbezogener Daten nicht anwendbar wären, könnte sie die Offenlegung der übrigen Namen doch nach Art. 4 Abs. 2 dritter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 1049/2001 ablehnen, um nicht ihre Fähigkeit zur Durchführung von Untersuchungen zu gefährden. Verfahren und Anträge der Parteien 38 Mit Klageschrift, die am 27. Mai 2004 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben. 39 Mit Beschluss vom 6. Dezember 2004 hat der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts die Republik Finnland als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Klägerin zugelassen. Nachdem die Republik Finnland ihren Streithilfeantrag zurückgenommen hat, hat der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts mit Beschluss vom 27. April 2005 diesen Streitbeitritt im Register gestrichen. 40 Mit am 28. Februar 2006 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenem Schriftsatz hat der Europäische Datenschutzbeauftragte (EDSB; im Folgenden: Datenschutzbeauftragter) beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Klägerin zugelassen zu werden. Der Präsident der Dritten Kammer hat diese Streithilfe mit Beschluss vom 6. Juni 2006 zugelassen. 41 Die Klägerin und die Kommission sind im Rahmen prozessleitender Maßnahmen zur Vorlage bestimmter Schriftstücke aufgefordert worden. Sie sind den Aufforderungen fristgemäß nachgekommen. 42 Mit Beschluss vom 16. Mai 2006 hat das Gericht gemäß Art. 65 Buchst. b, Art. 66 § 1 und Art. 67 § 3 Abs. 3 seiner Verfahrensordnung der Kommission aufgegeben, das vollständige Protokoll des Treffens vom 11. Oktober 1996 mit den Namen aller Teilnehmer vorzulegen, dabei jedoch darauf hingewiesen, dass dieses Schriftstück der Klägerin im vorliegenden Verfahren nicht übermittelt werde. Die Kommission hat dieser Aufforderung entsprochen. 43 Die Parteien haben in der Sitzung vom 13. September 2006 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts beantwortet. 44 Die Klägerin beantragt, –      festzustellen, dass die Akzeptierung der von der Regierung des Vereinigten Königreichs vorgenommenen Änderung der GBP durch die Kommission gegen Art. 30 EG-Vertrag (jetzt Art. 28 EG) verstößt; –      festzustellen, dass die Kommission diese Änderung nicht hätte akzeptieren dürfen und deshalb gegen Art. 30 EG-Vertrag verstoßen hat; –      die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären; –      anzuordnen, dass die Kommission eine vollständige Liste der Personen, die am Treffen teilgenommen haben, mitzuteilen hat; –      der Kommission die Kosten aufzuerlegen. 45 In der mündlichen Verhandlung hat der Datenschutzbeauftragte zur Unterstützung des Antrags der Klägerin auf Dokumentenzugang beantragt, die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären. 46 Die Kommission beantragt, 8 von 21                                                                                                                   03.01.2011 08:46
8

http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/gettext.pl?where=&lang=de&num... –      die Anträge bezüglich des Vertragsverletzungsverfahrens als unzulässig zurückzuweisen; –      den Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung zurückzuweisen; –      den Antrag, der Kommission aufzugeben, die Namen der übrigen Teilnehmer des Treffens offenzulegen, als unzulässig zurückzuweisen; –      der Klägerin die Kosten aufzuerlegen. Zur Zulässigkeit des Antrags, anzuordnen, dass die Kommission die Namen aller Teilnehmer des Treffens mitzuteilen hat 47  Nach ständiger      Rechtsprechung ist das Gericht im               Rahmen der           von ihm        ausgeübten Rechtmäßigkeitskontrolle nicht befugt, den Organen Weisungen zu erteilen oder sich an ihre Stelle zu setzen. Diese Beschränkung der Rechtmäßigkeitskontrolle gilt für alle Arten von Rechtsstreitigkeiten, für deren Entscheidung das Gericht zuständig ist, einschließlich solcher über den Zugang zu Dokumenten (Urteil des Gerichts vom 12. Juli 2001, Mattila/Rat und Kommission, T‑204/99, Slg. 2001, II‑2265, Randnr. 26, bestätigt durch Urteil des Gerichtshofs vom 22. Januar 2004, Mattila/Rat und Kommission, C‑353/01 P, Slg. 2004, I‑1073, Randnr. 15). 48  Der Antrag der Klägerin, anzuordnen, dass die Kommission ihr die Namen aller Teilnehmer des Treffens vom 11. Oktober 1996 mitzuteilen hat, ist daher unzulässig. Zur rechtswidrigen Einstellung des Vertragsverletzungsverfahrens nach Art. 169 EG-Vertrag Vorbringen der Parteien 49  Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe es unter Verstoß gegen Art. 30 EG-Vertrag, hilfsweise gegen Art. 6 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Art. 12 EG), akzeptiert, ein Vertragsverletzungsverfahren einzustellen, von dem das Treffen vom 11. Oktober 1996 ein maßgeblicher Teil gewesen sei. 50  Angesichts der fehlenden Bereitschaft der Kommission, eine Teilnahme der Klägerin am Treffen zuzulassen, sowie des Umstands, dass sie das Vertragsverletzungsverfahren fälschlicherweise eingestellt habe, der fortdauernden Diskriminierung von Bieren aus anderen Mitgliedstaaten als dem Vereinigten Königreich durch die geänderte GBP und des äußersten Widerwillens der Kommission, die Namen der Teilnehmer des Treffens offenzulegen, sei dieses Treffen nämlich von der Regierung des Vereinigten Königreichs und den großen Bier erzeugenden Unternehmen des Vereinigten Königreichs dazu benutzt worden, die Kommission zu überreden, eine Gesetzesänderung zu akzeptieren, die dazu gedient habe, Bierimporteure wie die Klägerin daran zu hindern, ihre Erzeugnisse auf einem erheblichen Teil des britischen Marktes abzusetzen. Aufgrund dieser Absprache, die auf eine rechtswidrige Einstellung des Vertragsverletzungsverfahrens gerichtet gewesen sei, seien der Klägerin ein Geschäft entgangen und damit beträchtliche finanzielle Verluste entstanden. Daher liege ein Verstoß gegen Art. 30 EG-Vertrag vor. 51  Die geänderte GBP verstoße außerdem gegen Art. 6 EG-Vertrag, da sie gegenüber Bieren, die in anderen Mitgliedstaaten als dem Vereinigten Königreich erzeugt würden, eine Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit bewirke. 52  Die Kommission vertritt im Wesentlichen die Auffassung, die Anträge der Klägerin auf Feststellung, dass die Akzeptierung der von der Regierung des Vereinigten Königreichs vorgenommenen Änderung der GBP durch die Kommission gegen Art. 30 EG-Vertrag verstoße, dass die Kommission diese Änderung nicht hätte akzeptieren dürfen und dass sie damit gegen Art. 30 EG-Vertrag verstoßen habe, seien offensichtlich unzulässig. Würdigung durch das Gericht 53  Die Klägerin beantragt, festzustellen, dass die Akzeptierung der von der Regierung des Vereinigten Königreichs vorgenommenen Änderung der GBP durch die Kommission gegen die Art. 30 und 6 EG-Vertrag verstößt. Dieser Antrag ist so zu verstehen, dass die Klägerin in Wirklichkeit geltend macht, die Kommission habe das Verfahren über ihre Beschwerde, mit der sie gemeinschaftsrechtswidrige Maßnahmen des Vereinigten Königreichs beanstandet habe, zu Unrecht eingestellt. 54  Hierzu ist daran zu erinnern, dass eine Klage, mit der ein Einzelner die Nichtigerklärung der Weigerung der Kommission beantragt, gegen einen Mitgliedstaat ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, unzulässig ist (Beschluss des Gerichtshofs vom 12. Juni 1992, Asia Motor France/Kommission, C‑29/92, Slg. 1992, I‑3935, Randnr. 21; Beschlüsse des Gerichts vom 15. März 2004, Institouto N. Avgerinopoulou 9 von 21                                                                                                                 03.01.2011 08:46
9

http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/gettext.pl?where=&lang=de&num... u. a./Kommission, T‑139/02, Slg. 2004, II‑875, Randnr. 76, und vom 19. September 2005, Aseprofar und Edifa/Kommission, T‑247/04, Slg. 2005, II‑3449, Randnr. 40). 55  Aus Art. 169 EG-Vertrag folgt nämlich, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, sondern insoweit über ein Ermessen verfügt, das ein Recht Einzelner, von ihr eine Stellungnahme in einem bestimmten Sinne zu verlangen und gegen ihre Weigerung, tätig zu werden, eine Nichtigkeitsklage zu erheben, ausschließt (Beschlüsse des Gerichts vom 16. Februar 1998, Smanor u. a./Kommission, T‑182/97, Slg. 1998, II‑271, Randnr. 27, und Institouto N. Avgerinopoulou u. a./Kommission, Randnr. 77). 56  Im vorliegenden Fall ist daher der Antrag der Klägerin unzulässig, die Weigerung der Kommission für nichtig zu erklären, gegen das Vereinigte Königreich deshalb ein Vertragsverletzungsverfahren einzuleiten, weil die geänderte GBP gegen die Art. 6 und 30 EG-Vertrag verstoße. Unter diesen Umständen kann nicht gerügt werden, dass die Kommission mit der Einstellung des fraglichen Verfahrens selbst gegen diese Artikel verstoßen habe. 57  Selbst wenn die Klägerin mit ihrem Antrag nicht die Nichtigerklärung dieser Weigerung, sondern diejenige der Entscheidung vom 10. Dezember 1997 über die Einstellung des Verfahrens über ihre Beschwerde begehren sollte, wäre jedenfalls darauf hinzuweisen, dass eine Entscheidung der Kommission über die Einstellung eines Verfahrens, das auf eine Beschwerde, durch die sie von einem Verhalten eines Staats unterrichtet wurde, das zur Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens führen kann, hin eingeleitet wurde, keine bindende Kraft hat und daher nicht angefochten werden kann (Beschluss Aseprofar und Edifa/Kommission, Randnr. 48). Außerdem wäre der Antrag angesichts des Zeitpunkts des Erlasses dieser Entscheidung offensichtlich verspätet. 58  Die Rügen der Klägerin bezüglich der Einstellung des Verfahrens über ihre Beschwerde sind somit unzulässig. 59  Was im Übrigen die Rüge der Klägerin angeht, durch die rechtswidrige Einstellung des Vertragsverletzungsverfahrens seien ihr ein Geschäft entgangen und beträchtliche finanzielle Verluste entstanden, so genügt die Feststellung, dass die Klägerin im Rahmen ihrer Klage keinen Schadensersatzantrag gestellt hat. Über diesen Punkt ist daher nicht zu entscheiden. Zum Zugang zu den Dokumenten Vorbringen der Parteien 60  Die Klägerin macht geltend, nach den Schlussfolgerungen des Sonderberichts des Bürgerbeauftragten sei die Ausnahme nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 1049/2001 auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da die Richtlinie 95/46 die Kommission nicht verpflichte, die Namen der Personen, die ihr Stellungnahmen oder Informationen übermittelten, geheim zu halten. Sie beruft sich insoweit auf das in Randnr. 32 des vorliegenden Urteils angeführte Schreiben des Bürgerbeauftragten vom 30. September 2002 an den Präsidenten der Kommission, in dem er der Kommission vorwerfe, die Richtlinie 95/46 falsch anzuwenden. 61  Auch Art. 4 Abs. 3 der Verordnung Nr. 1049/2001 sei unanwendbar. Angesichts des Umstands, dass das Treffen im Jahr 1996 stattgefunden habe, könne der Entscheidungsprozess der Kommission, wenn überhaupt, allenfalls minimal beeinträchtigt werden, da zwischen dem Treffen und der Klageerhebung sieben Jahre lägen. Selbst wenn diese Bestimmung aber anwendbar sei, könne sich die Kommission doch nicht auf sie berufen, um ihre Weigerung der Erteilung der gewünschten Auskünfte zu begründen, da ein überwiegendes öffentliches Interesse an dieser Offenlegung bestehe. Der Bürgerbeauftragte und das Parlament hätten nämlich in der vorliegenden Rechtssache ein Interesse daran gehabt, zu erfahren, was es damit auf sich habe, dass einflussreiche Dritte der Kommission ihre Standpunkte unter großer Geheimhaltung hätten mitteilen können, was gegen den Grundsatz der Transparenz verstoße. 62  In ihrer Erwiderung macht die Klägerin geltend, dass in der Klagebeantwortung eine neue Tatsache vorgetragen werde, nämlich diejenige, dass die Personen, deren Namen sie angefordert habe, Vertreter der CBMC gewesen seien, die nach den Anweisungen der von ihnen vertretenen Einrichtung gehandelt hätten. Da die Kommission preisgegeben habe, dass diese Personen Vertreter der CBMC gewesen seien, sei diese Information nunmehr öffentlich, und der Ruf der Kommission, Vertraulichkeit zu wahren, würde durch eine Weitergabe der Namen dieser Personen nicht weiter beschädigt. 63  Wirtschaftsverbände wie die CBMC verträten gewöhnlich alle oder die meisten Wirtschaftsteilnehmer eines bestimmten Marktes und neigten daher dazu, Stellungnahmen für einen gesamten Industriezweig abzugeben. Der Ruf der Kommission könne nur dann beschädigt werden, wenn sich herausstellen sollte, dass die Vertreter der CBMC auf dem Treffen vom 11. Oktober 1996 eine bestimmte Gruppe von Bierbrauern vertreten hätten, um sich dafür einzusetzen, dass der Markt für in den Gaststätten des Vereinigten 10 von 21                                                                                                                03.01.2011 08:46
10

Zur nächsten Seite