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Aktenzeichen
3 K 2/03
Datum
10. Februar 2004
Gericht
Verwaltungsgericht Düsseldorf
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG)

Urteil: Verwaltungsgericht Düsseldorf am 10. Februar 2004

3 K 2/03

Der Geschäftsführer eines Mitglieds der Industrie- und Handelskammer hat auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes einen individuellen Anspruch auf Einsicht in die Unterlagen der Wahl zur Vollversammlung der Kammer. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Konkurrierende Rechtsvorschriften Begriffsbestimmung Antragsberechtigung

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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 3 K 2/03                                http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_duesseldorf/j2004/3_K_2_03urte... Verwaltungsgericht Düsseldorf, 3 K 2/03 Datum:                     10.02.2004 Gericht:                   Verwaltungsgericht Düsseldorf Spruchkörper:              3. Kammer Entscheidungsart:          Urteil Aktenzeichen:              3 K 2/03 Tenor:                     Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger entsprechend seinem Antrag vom 16.07.2002 Einsicht in die Wahlunterlagen der Wahl zur IHK-Vollversammlung 2001 zu gewähren. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet. Der Kläger ist Geschäftsführer eines Mitglieds der Beklagten. Er wurde bei der Wahl zur                                 1 IHK-Vollversammlung im Jahre 2001 als ordentliches Mitglied in die Vollversammlung gewählt. Die Vollversammlung hat mit Beschluss vom 09.12.2003 in Umsetzung des Urteils des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein- Westfalen vom 12.03.2002 - 8 A 2398/02 - diese Wahl für ungültig erklärt. Mit Schreiben vom 16.07.2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten einen Informationszugang zu                        2 den Unterlagen zur Wahl der IHK-Vollversammlung im Jahre 2001. Der Zugang solle zu den Unterlagen ermöglicht werden, aus denen die Kriterien für die Einteilung der Wahlgruppen, die Anzahl der Wahlberechtigten pro Wahlgruppe, die Anzahl der abgegebenen Stimmen und die Auszählungsergebnisse der Stimmzettel hervorgingen. Zur Begründung seines Anspruches berief sich der Kläger auf das Gesetz über die Freiheit des Zugangs zu Informationen für das Land Nordrhein-Westfalen (IFG NRW) vom 27.11.2001 - GV. NRW. S. 806 ff. -. Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 05.08.2002 mit, dass sie es aus                                        3 verfahrensökonomischen Gründen als sinnvoll erachte, vor einer Entscheidung den Ausgang eines Parallelverfahrens abzuwarten, bei dem u.a. zu klären sei, ob das angeführte Informationsfreiheitsgesetz eine Grundlage für die vom Kläger beantragte Einsichtnahme darstelle. Der Kläger erklärte sich mit Schreiben vom 12.08.2002 mit dieser Verfahrensweise nicht einverstanden. Am 02.01.2003 hat der Kläger die vorliegende Klage erhoben, mit der er sein Begehren                                    4 weiterverfolgt. 1 von 3                                                                                                                      17.03.2011 08:09
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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 3 K 2/03                             http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_duesseldorf/j2004/3_K_2_03urte... Er beantragt,                                                                                                        5 die Beklagten zu verurteilen, ihm entsprechend seinem Antrag vom 16.07.2002 Einsicht in die                          6 Wahlunterlagen der Wahl zur IHK-Vollversammlung 2001 zu gewähren. Die Beklagte beantragt,                                                                                              7 die Klage abzuweisen.                                                                                                8 Sie hält die Klage für unzulässig, da sie aus einem ausreichenden sachlichen Grund noch nicht über                   9 den Antrag des Klägers entschieden habe. Im Übrigen habe der Kläger als Geschäftsführer der Klägerin im Verfahren 3 K 335/02 vor dem erkennenden Gericht die in Rede stehenden Unterlagen bereits erhalten. Entscheidungsgründe:                                                                                                10 Die als Verpflichtungsklage gemäß § 42 VwGO statthafte Klage ist zulässig.                                          11 Dem Kläger fehlt entgegen der Einschätzung der Beklagten insbesondere nicht das allgemeine                          12 Rechtsschutzbedürfnis oder die Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO. Dieser hat die in Rede stehenden Unterlagen bisher tatsächlich nicht eingesehen. Dass diese Unterlagen sich auf eine Wahl beziehen, die durch das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen für ungültig erklärt wurde, lässt sein Interesse ebenfalls nicht entfallen. Insoweit ist für das Gericht nachvollziehbar, dass der Kläger die in Rede stehenden Unterlagen gerade auch benötigt, um bei den neu angesetzten Wahlen zur Vollversammlung nachprüfen zu können, ob sich Fehler aus der von seiner Gesellschaft erfolgreich angefochtenen Wahl wiederholen. Die Klage ist weiterhin gemäß § 75 VwGO abweichend von § 68 VwGO ohne Durchführung eines                            13 Vorverfahrens und ohne Ablehnungsbescheid zulässig, da die Beklagte über den Antrag des Klägers ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat. Insbesondere war das vom Beklagten angeführte Parallelverfahren vor der erkennenden Kammer - 3 K 4502/02 - bereits vor Klageerhebung erstinstanzlich entschieden und hat sich inzwischen erledigt. Die Klage ist auch begründet.                                                                                       14 Der Kläger hat Anspruch auf Einsicht in die Wahlunterlagen der Wahl zur Vollversammlungswahl                        15 2001. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 4 Abs. 1 IFG NRW. Danach hat jede natürliche Person nach Maßgabe des Gesetzes gegenüber den in § 2 genannten Stellen Anspruch auf Zugang zu den bei der Stelle vorhandenen amtlichen Informationen. Die Beklagte gehört zu den in § 2 genannten Stellen. Denn sie ist eine der Aufsicht des Landes unterstehende juristische Person des öffentlichen Rechts. Der Anwendbarkeit des § 2 IFG NRW steht nicht entgegen, dass die Errichtung der Industrie- und                      16 Handelskammern sowie ihre Aufgaben bundesrechtlich geregelt sind. Führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, so regeln sie gemäß Art. 84 Abs. 1 GG die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren, soweit nicht Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates etwas anderes bestimmen. Der Begriff des Verwaltungsverfahrens im Sinne des Art. 84 Abs. 1 GG beschränkt sich nicht auf Verwaltungsverfahren im Sinne des § 9 der Verwaltungsverfahrensgesetze des Bundes und der Länder, also die nach außen wirkende Tätigkeit der Behörden, die auf die Prüfungen der Voraussetzung, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsaktes oder auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet ist. Vielmehr umfasst der Begriff des Verwaltungsverfahrens im Sinne des Art. 84 Abs. 1 GG sämtliche das „Wie" des Verwaltungshandelns betreffenden Regelungen, insbesondere Regelungen über 2 von 3                                                                                                                   17.03.2011 08:09
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Verwaltungsgericht Düsseldorf, 3 K 2/03                            http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/vg_duesseldorf/j2004/3_K_2_03urte... Offenbarungs- und Verwertungverbote (vgl. BVerfGE 55, 319 ff.). Soweit das Bundesgesetz bestimmte Regelungsbereiche der Satzungsautonomie der Kammern überträgt, kann darin zwar auch die Ermächtigung gesehen werden, entsprechende verfahrensrechtliche Regelungen zu erlassen. Indessen wird durch diese Delegation die Landesgesetzgebung im verfahrensrechtlichen Bereich nicht von vornherein vollständig verdrängt. Ebenso Urteile der Kammer vom 27.08.2002 - 3 K 3073/02 - und 19.11.2002 - 3 K 4502/02 -.                           17 § 14 Abs. 2 der Wahlordnung der Beklagten stellt ferner keine abweichende Regelung im Sinne des                    18 § 4 Abs. 2 IFG NRW dar. Nach § 14 Abs. 2 stellt der Wahlausschuss das Wahlergebnis unverzüglich nach Abschluss der Wahl fest, fertigt über den Wahlablauf eine Niederschrift an und gibt die gewählten Bewerber bekannt. Hieraus ergibt sich zwar, dass die Beklagte im Hinblick auf das Wahlergebnis lediglich verpflichtet ist, die gewählten Bewerber allgemein bekannt zu machen. Diese beschränkte Bekanntmachungsverpflichtung steht einem weiter gehenden individuellen Anspruch nach § 4 Abs. 1 IFG NRW jedoch nicht entgegen. Ebenso Urteil der Kammer vom 19.11.2002 - 3 K 4502/02 -.                                                           19 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen                              20 Vollstreckbarkeit auf §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Gründe für eine Zulassung der Berufung nach §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 VwGO liegen                       21 nicht vor. 22 3 von 3                                                                                                                  17.03.2011 08:09
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