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Aktenzeichen
2 L 873/98
Datum
16. November 1998
Gericht
Verwaltungsgericht Potsdam
Gesetz
Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz Brandenburg (AIG)
Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz Brandenburg (AIG)

Beschluss: Verwaltungsgericht Potsdam am 16. November 1998

2 L 873/98

Die Frage, ob die Klägerin - eine Gemeinde - nach dem Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz überhaupt antragsberechtigt ist, wird vom Gericht nicht entschieden, da der begehrten Einsichtnahme in die Akten eines kommunalaufsichtlichen Genehmigungsverfahrens der Ausnahmetatbestand des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes zum Schutz von Akten, die der Aufsicht über eine andere Stelle dienen, entgegensteht. Der Antragstellerin steht vor dem Hintergrund der Geltendmachung von Schadensersatzforderungen aber ein Einsichtsanspruch aus allgemeinen rechtsstaatlichen Gründen zu. Der Landkreis wird im Wege einer Eilanordnung zur Offenlegung der Akten verpflichtet. (Quelle: LDA Brandenburg)

Konkurrierende Rechtsvorschriften Antragsberechtigung Aufsichtsaufgaben

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Y 21.873/98.

 

VERWALTUNGSGERICHT POTSDAM

BESCHLUSS

In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren

(der Gemeinde G
vertreten durch das Amt R
dieses vertreten durch den Amtsdirektor,

- Antragstellerin -
Prozeßbevollmächtigte:
Rechtsanwälte S-
gegen
den Landrat des Landkreises T. -
- Antragsgegner -

wegen Akteneinsicht .
hier! Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes

hat die 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Potsdam

am 16. November 1998
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durch

den Präsidenten des Verwaltungsgerichts Ladner,
die Richterin am: Verwaltungsgericht Schott und.
den Richter am Verwaltungsgericht Hahn

beschlossen:

1. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung ver-
pflichtet, der Antragstellerin Einsicht in die Verwaltungsvorgänge zu
den kommunalaufsichtlichen Genehmigungen der Kredite des Zweck-
verbandes "Ki rt 1" ab dem Wirtschafts-
jahr 1992 zu gewähren.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 8.000 DM festgesetzt.

 

Die Antragstellerin ist Mitelied des Zweckverbandes "X

.". Der Zweckverband erwirtschaftete Fehlbeträge und erhob daraufhin von

Seinen Mitgliedern Umlagen zur deren Abdeckung. So setzte der Zweckverband mit

Bescheid vom 30. Januar 1997 für das Wirtschaftsjahr 1996 gegenüber der Antrag-
stellerin eine Umlage in Höhe von 238.132,29 DM fest. Auf deren Widerspruch vom
11. Febmar 1997 wurde dieser Bescheid mit Bescheid vom 16. Mai 1997 aufge-

hoben.

Infolge der Umlagenerhebung macht die Antragstellerin gegenüber dem Antrags-
gebner Schadensersatzforderungen mit der Begründung seltend, die Notwendigkeit
vorn Umlagen beruhe darauf, daß der Antragsgegner rechtswidrig komununalaufsicht-
liche Genehmigungen erteilt habe. Mit Schreiben vom 18. Juli 1997 forderte die
Antragstellerin den Autragsgegner zudem auf, hinsichtlich der Geltendmachung dieser

Schadensersatzansprüche auf die Verjährungseinrede zu verzichten. Der Anfrags-

gegner lehnte dies mit Schreiben vom 15. August 1997 ab.

Ei
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Mit Bescheid vom 22. Dezember 1997 setzte der Zweckverband für das Wirtschafts-
jahr 1997 für die Antragstellerin eine Umlage in Höhe von 381.552 DM fest.

Mit Schreiben vom 23. Julı 1998 beantragte die Antrags tellerin bei dem Antrags-
gegner die Gewährung von Akteneinsicht, um ım einzelnen prüfen zu können, ob
und inwieweit sie einen Anspruch auf Schadensersatz wegen rechtswidrig erteilter
Genehmigung von Krediten durch den Zweckverband habe. Mit Bescheid vom 30.
. Juli 1998 lehnte der Antragsgegner es ab, der Antragstellerin Akteneinsicht zu
gewähren. Gegen diesen Bescheid legte die Antragstellerin mit Schreiben vom 18.
August 1998 Widerspruch ein, über den - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden

ist.

Am 13. August 1998 hat die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Potsdam um
einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht Sie trägt vor, sie habe zum einen aus dem |
Brandenburgischen Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz und zum anderen
aus dem Rechtsstaatsprinzip bzw. dem. Grundsatz von Treu und Glauben einen
Anspruch auf Akteneinsicht, da sie zur wirksamen Rechtsverfolgung auf die Akten-
einsicht angewiesen sei. Sie habe hinreichenden Anlaß zu der Annahme, daß die
_ kommunalaufsichtlichen Genehmigungen der Kreditaufnahme durch den Zweck-
verband rechtswidrig seien, weil eine Kreditaufnahme genehmigt worden sei, die
weder im Verhaltnis zur Eigenkapitalausstattung noch zu den erwirtschafteten E Ein-
nahmen des Zweckverbandes gestanden habe. Als Folge sei bei ihr ein Schaden
entstanden, da sie als Mitglied des Zweckverbandes nun die Folgebelastungen der
Kreditaufnahrnen mit zu tragen habe. Die Akteneinsicht sei notwendig, um die -
kommunalaufsichtlichen Genehmigungsvorgänge im einzelnen nachvollziehen zu
können. Insbesondere seien Kenntnisse über den Prütunssumfang der Kreditgenehmi-
gung und dıe Beweggründe für die Entscheidung des Landrates, die Kreditsenehmi-
gung zu erteilen, ausschlaggebend. Diese Kenntuisse könne sie bei Einsicht allein in
die Unterlagen des Zweckverbandes nicht erlangen.

Die Sache sei auch eilbedürftig, da demnächst die Verjährung diohe_ Der Antrags-

SEgneT sei trotz mehufacher Aufforderung nicht bereit, auf die Erhebung der Verjäh-
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rungseinrede zu verzichten bzw. sich außergerichtlich zu einigen. Ohne eine ent-

sprechende Eilentscheidung drohe ein endgültiger Rechtsverhust.

Die Antragstellerin beantragt,
den Anträgsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr
Einsicht in die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners zu den kommunäl-
aufsichtlichen Genehmigungen der Kredite des Zweckverbandes "R
ab dem Wirtschaftsjahr 1992 zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.

Er trägt vor, die Antragstellerin habe weder einen Anordnungsanspruch noch einen
Anordnungsgrund. Als Öffentlich rechtliche Körperschaft habe sie keinen Anspruch
nach dem Brandenburgischen Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz, da
dieses Gesetz nur auf die Akteneinsicht zur politischen Mitgestaltung anwendbar sei,
im übrigen äber.auch Ausschlußgründe vorlägen. Auch sonst habe sie keinen An-
spruch auf Akteneinsicht, da sie als Mitglied des Zweckverbandes in die die Geneh-
migungen betreffenden Unterlagen im Zweckverband Einsicht nehmen könne. Weiter
. weise er in’ diesem Zusammenhang daräuf hin, daß ein Zweckverband auch bei
Genehmigung einer Kreäitaufnahme nicht gezwungen sei, einen Kredit aufzunehmen:
Durch die Akteneinsichtsgewährung auch an Nichtbeteiligte werde der im Ver-
waltungsprozeß geltende Amtsermittlungsgrundsatz auf Amtshaftungsprozesse der
ordentlichen Gerichtsbarkeit ausgeweitet. Wenn dies gewollt gewesen wäre, hätte der
Gesetzgeber diese Prozesse giöich dem Verwaltungsrecht zugeordnet. \
Zudem liege die von der Antragstellerin geltend gemachte Eilbedürftigkeit nicht vor,
da sie keinen Schadensersätzanspruch glaubhaft gemacht habe. Dieser scheitere schon
daran, daß sie ein Mitverschulden .treffe. Sie hätte als Verbandsmitglied Rechtsmittel
gegen die erteilten Genehmigungen einlegen müssen: Außerdem seien die Genehmi-

gungen auch nicht. kausal für den Schaden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Be-
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teiligten wird auf den Inhalt der Verfahrensakte und der Verwaltungsvorgänge,

soweit sie von dem Antragsgegner überreicht worden sind, Bezug genommen.

I.

Der nach $ 123 Abs. I Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - statthafte
Antrag hat auch in der Sache Erfolg.

Nach der hier allein in Betracht kommenden Vorschrift des $.123 Abs. I Satz 2
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGo - kann das Gericht eine einstweilige Anord-
nung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in bezug auf ein streitiges Rechts-
verhältnis treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtverhältnissen,
um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gefahr zu verhindern oder aus
- anderen Gründen notwendig erscheint, wobei Anordnungsgrund und Anordaungs-
anspruch hinreichend glaubhaft zu thachen sind, $ 123 Abs. 3 VwGO i.Vm. $ 920
Abs. 2 Zivilprozeßorduung. .

Die Antragstellerin hat sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anord-

wungssrund. hinreichend glaubhaft gemacht.

Die Gewähmng der begehrten I Leistung im Wege der einst silgen Anordnung führt
hier zwar zur Vorwegnahme der Hauptsache, da das Klageziel der Akteneinsicht
bereits mit der begehrten Eilentscheidung im vollen Umfang erreicht wird. Dem
grundsätzlichen Verbot der Vorwegnahrme der Hauptsache wird aber dadurch Rech-
zung getragen, daß eine einstweilige Anordnung in dieser Konstellation nur dann
ergehen ‚darf, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtschutzes schlechterdings
notwendig ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg m der

Hauptsache spricht.

‚Nach ..der in diesem Verfahren. nur möglichen Sümmarischen Prüfung liegen diese

Voraussetzungen hier vor.
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Die begehrte Eilentscheidung ist zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes schlechter-
dings notwendig. Wie unten noch im einzelnen ausgeführt wird, benötigt die Antrag-
stellerin die im vorliegenden Verfahren erstrebte Akteneinsicht zur ‚Vorbereitung
einer Schadensersatzklage. Bei Eintritt der Verjährung zum Jahresende wäre eine
erfolgreiche Geltendmachung des Schadensersatzanspruches ausgeschlossen und das
Interesse der Antragstellerin an Akteneinsicht würde entfallen. Eine Eutscheidung i im
Hauptsacheverfahren, mit der der Antragsgegmer zur Gewährung von Akteneinsicht

verpflichtet würde, käme somit zu spät.

Auch ein hoher Grad an } Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der “ Hauptsache kann
hinreichend sicher bejaht werden.

Die Antragstellerin hat bei der in diesem Verfahren nur möglichen summarischen
Prüfung zwar weder aus $ 1 des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes -
AIG - (dazu unter a) noch aus $ 29 Abs. 1 Satz 1 VwVfGBbg (dazu unter b) einen
Anspruch. auf Akteneinsicht gegenüber dem Antragsgegner, jedoch folgt dieser aus

dem Rechtsstaatsprinzip bzw: dem Grundsatz von Treu und Glauben (dazu unter c).
a) Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Akteneinsicht gemäß SI AIG.

Nach dieser Vorschrift hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes das Recht auf Ein-
sicht in. Akten, soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen nach 88
4 und 5 entgegenstehen oder andere Rechtsvorschriften bereichsspezifische Rege-

iungen für einen unbeschr änkten P ersonenkreis enthalten.

Es ist fraglich, ob die Antragstellerin- als öffentliche Körperschaft überhaupt unter
den Anwendungsbereich des AIG falt. Dagegen spricht, daß Art. 21 Abs.:4 der
Landesverfassung, zu dessen Ausgestaltung das AIG erlassen wurde, auf die Gewähr-
leistung der Möglichkeit der politischen Mitgestaltung abzielt. Andererseits hat der
Landtag auf die im Regierungsentwurf (Landtags-Drucksache 2/441 7) enthaltene

Voraussetzung der Geltendmachung eines berechtigten Interesses als Anspruchsvor-
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' ausselzung verzichtet. Die gesetzliche Regelung stellt damit nıcht mehr allein auf den
Zweck der politischen Mitgestaltung ab, sondern gewährt den Anspruch auf Akten-

einsicht auch unabhängig von dem damit verfolgten Ziel.

Diese Frage braucht jedoch nicht entschieden werden, weil jedenfalls ein zwingender.
Ausschlußgrund des Gesetzes der Gewährung der Akteneinsicht entgegensteht.
Nach $ 4 Abs. 1 Nr. 5 AIG ist ein Antrag auf Akteneinsicht nämlich abzulehnen,
wenn durch die Gewährung. von Akteneinsicht Inhalte von Akten offenbart würden,
die eine Behörde zur Durchführung eines Gerichtsverfahrens, eines strafrechtlichen
oder diszipfinarrechtlichen Ermittiungsverfahrens oder eines Bußgeldverfahrens
erstellt hat oder die ihr aufgrund des Verfahrens zugehen oder die der Aufsicht über
eine andere Stelle dienen.

Die letzte Alternative ist hier einschlägig. Gemäß 8.85 Abs. 2 Satz I i derG Gemeinde-
- ordnung - GO - i.V.m. $ 18 Abs. 1 des Gesetzes über kommunale Gemeinschafts-
arbeit - GKG - bedarf der Gesamtbetrag der im Vermögenshaushalt vorgesehenen
Kreditaufnahmen im Rahmen der Häushaltssatzung der Genehmigung der Kommunal-
anfsichtsbehörde. Die Unterlagen, in die die Antragstellerin. hier Einsicht nehmen
möchte, wurden vom Antragsgegner demnach im Rahmen der. Kommünalaufsicht
gefertigt. Es handelt sich damit um Akten, die der Aufsicht über eine andere Stelle
‘ dienen, weshalb insoweit der Ausschlußgrund des $ 4 Abs. I Nr. 5 AIG greift.

Soweit die Antragstellerin die Vorschrift des 8 4 Abs. I Nr. 5 AIG enger auslegt, ist
dem nicht zu folgen. Im Gesetzentwurf der Landesregierung heißt es zu der ent-
sprechenden Regelung: "Diese Regelung ist auch erforderlich, um die in Nummer 1
bis 5 laufenden Regelungen nicht leerlaufen zu lassen, daß über die Einsicht in die
zur Aufsicht angelegten und geführten Akten genau diejenigen Informationen zueäng-
lich werden, die nach Nummern 1 bis > oder nach bundesrechtlichen Regelungen

‚bereits ausgeschlossen wären."

LT-Drucksache 2/4417, Begründung des Seseizentwurfs der Landesregierung,
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Aus dieser Begründung wird deutlich, daß der Ausschluß der Akteneinsicht in
‚Aufsichtsunterlagen nicht nur, sondem auch der Sicherung der Vorschriften des 8 4
Abs. I Nr. 1 bis 5 AIG dient: Im übrigen gibt der eindeutige Wortlaut keine An-

haltspunkte für die von der Antragstellerin vorgenommene Differenzierung.

b) Ein Anspruch der Antragstellerin auf Einsichtnahme in die Akten des Genehmi-
gungsverfahrens ergibt sich auch nicht aus $ 29 Abs. 1 Satz 1 VwVvfGBbg. Diese
Vorschrift betrifft nach ıhrem ausdrücklichen Wortlaut nur die Akteneinsicht durch
"Beteiligte" ım Sinne des & 13 VwV fGBbg. Die Antragstellerin war hier bei der
Erteilung der Genehmigung über die Kreditaufnahme durch den Zweckverband nicht
beteiligt. Eine rechtliche Betroffenheit reicht nicht für eine Beteiligung. Vielmehr ist
die formale Stellung ausschlaggebend.

Zudern ist die Einsichtnahme nach 8 29 Abs. 1 Satz I VwVfGBbg nur in laufenden

Verfahren möglich, und hier ist das Genehmigungsverfahren bereits abgeschlossen.

c) Die Antragstellerin hat hier jedoch einen Anspruch auf Akteneinsicht aus all-
gemeinen rechtsstaatlichen Gründen bzw. aus dem Grundsatz von Ireu und Glauben

hinreichend glaubhaft gemacht.

Nach ständiger Rechtsprechung wird aus allgemeinen rechtsstaatlichen Gründen ein
Recht auf Akteneinsicht jedenfalls dann anerkannt, wena dem Nachsuchenden eia
berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme zur Seite steht, welches insbesondere
darin liegen kann, daß der Akteneinsicht Begehrende Sekundäransprüche geltend
machen will, und die Kenntnis des Akteninhalts Voraussetzuug für die wirksame

Rechtsverfolgung ist.

 

Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 1968 - IV C 235.65 -, BVerwGB 30.
154, 160; VGH Mannheim, Urteil vom 31. Oktober 1995 - 9 $ 1518/94 -,
. NIW 1996, 613. | .

Entgegen der Auffassung des Antragsgegmers sind diese Grundsätze bei Vorliegen eines
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berechtigten Interesses auch bei der Geltendmachung von Ansprüchen durch Dritte, die nicht

Beteiligte des Verwaltungsverfahrens waren, anwendbar.

Vgi. OVG Schleswig, Urteil vom 13. Dezember 1994-4 K 1/94 -, NVwZ
1996, 408, 409.

Voraussetzung ist Jedoch, daß die beabsichtigte Rechtsverfolgung nicht von vornherein

aussichtslos ist.

Die Antragstellerin hat bei der in diesem Verfahren nur möglichen summarischen Prüfung

ein berechtigtes Interesse glaubhaft gemacht.

Eine Klage auf Schadensersatz scheint auch zulässig und nicht offensichtlich unbegründet.
Nach dem bisherigen Vortrag und den vorgelegten Unterlagen kann jedenfalls nicht ausge-
schlossen werden, daß die Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner einen Schadens-

ersafzanspruch aus $ 839 Abs. 1 BGB i.V.ım. Art 34 GG hat.

Insoweit erscheint es insbesondere nicht ausgeschlossen, daß nach Auffassung des dann

zuständigen Gerichts die Antragstellerin in den Schutzbereich der mutmaßlich verletzten

Amtspflicht einbezogen ist. Die Kommunalaufsicht begründet gegenüber von Gemeinden
Antspflichten zur sachgemäßen Behandlung, denn durch die Kommunalaufsicht sollen.

gerade anch die Belange der Gemeinde geschützt und diese vor Schaden bewahrt werden.

Vgl. Palandt, BGB, 57. Auflage, Rdnr. 108 zu $ 839, Müchner Kommentar,
BGB, Band 5, 3. Auflage, Rdur. 254 zu $ 839.

Da Zweifel bestehen, ob die Antragstellerin die Rreditgenehmigung in einem verwaltungs-
gerichtlichen Verfahren überhaupt hätte angreifen können, ist es nach Auffassung der
Kammer zudem nicht offensichtlich, daß die Antragstellerin es vorsätzlich oder fahrlässig

unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmitteis abzuwenden.

Dem berechtigten Interesse der Antragstellerin auf Akteneinsicht aus allgemeinen rechts-
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staatlichen Gründen steht auch kein überwiegendes Interesse des Antragsgegners entgegen.
Art. 21 Abs. 4 der Tandesverfassung kommt hier - wie oben dargestellt - zwar nicht un-
mittelbar zur Anwendung. Jedoch kann dieser Regelung zunächst der Grundsatz entnommen
werden, daß Akten offengelegt werden sollen, soweit nicht überwiegende öffentliche oder
private Interessen entgegenstehen. Entgegenstehende private Interessen hat der Antragsgesner
nicht geltend gemacht. Sein Interesse, ein evtl. Fehlverhalten seiner Bediensteten zu Ver-
bergen, ist.nicht schützenswert. Zudem ist es gerade Sinn und Zweck der Kommunalauf-

sicht, die Gemeinden vor Schaden zu bewahren.

Die Antragstellerin hat auch glaubhaft gemacht, daß die Kenntnis des Akteninhalts Voraus-
setzung für die wirksame Rechtsverfolgung ist. Sie hat überzeugend dargelegt, daß zur
Klageerhebung und zur Unterbrechung der Verjährungsfrist die im ‚hier anhängig en Eil- .
-, verfahren begehrte Gewährung von Akteneinsicht erforderlich ist. Zwar kann die Antragstel-
tweise in einen Großteil der Unterlagen. „ insbesondere i in die erteilten Gench-.
migungen und die Antragsunterlagen, u Mitglied des Zweckverbandes auch bei diesem
einsehen. Diese Akteneinsicht reicht aber eventuell für die Überprüfung der Erfolgsaus-
sichten der Schadensersatzklage sowie für einen schlüssigen Klagevortrag nicht aus. Es
erscheint nachvollziehbar, daß es zur konkreten Benennung weiterer Informationen bedarf,
etwa welche Beweggründe des Antragsgegners für die Erteilung einer Genehmigung bei der
vorliegenden Sachlage ausschlaggebend waren und in welchem Umfang er den Antrag
geprüft hat.

Diese Kenntnisse sind nur durch Akteneinsicht bei dem Antragsgegner zu gewinnen. Zwar
kann. die Antragstellerin im Rahmen der gerichtlichen Durchsetzung des Schadensersatz-
anspruches auch nach $ 421 ZPO beantragen, den Antragsgegner zur Vorlage der Urkunden
zu verpflichten. Voraussetzung dafür ist aber erst einmal eine schlüssige Klageerhebung.

Insoweit ist es der Antragstellerin nicht zuzumuten, die Klage allein auf bloße Vermutungen

. zu stützen.

Die Kostenentscheidung folgt aus $ 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung: beruht auf
$ 13 Abs. 1 Satz 2, $ 20 Abs. 3 Gerichtskostengesetz. | In Anbetracht der Vorwegnahme der
Hauptsache wurde der Betrag nicht halbiert.
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