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Aktenzeichen
5 BV 14.2683
Datum
22. Oktober 2015
Gericht
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz (Bund)
Informationsfreiheitsgesetz (Bund)

Urteil: Bayerischer Verwaltungsgerichtshof am 22. Oktober 2015

5 BV 14.2683

Das Verfahren unter dem Aktenzeichen 5 BV 14.2683 stellt die Fortführung des aufgeteilten Verfahrens 5 BV 10.1344 bezüglich der herkunftsländerübergreifenden Ausführungen aus den Herkunftsländer-Leitsätzen des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge dar. Der Verwaltungsgerichtshof weist die Berufung zurück; es entscheidet auf der Grundlage der zuletzt vom Bundesministerium des Innern vorgelegten Sperrerklärung ohne Durchführung eines in-camera-Verfahrens. Dem Zugangsanspruch steht der Ausschlussgrund des Informationsfreiheitsgesetzes entgegen, der eine Offenlegung ausschließt, wenn die Information einer speziell geregelten Geheimhaltungspflicht - hier handelt es sich um eine Verschlusssache mit dem Schutzgrad VS-NfD - unterliegt. Diese Einstufung ist materiell nicht zu beanstanden. (Quelle: LDA Brandenburg)

(Gesetzliche) Geheimhaltungspflichten Prozessuales

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