Auswärtiges Amt Berlin - Bürgerservice
Sehr
Antragsteller/in
haben Sie vielen Dank für Ihre Anfrage an das Auswärtige Amt und entschuldigen
Sie bitte die verspätete Antwort.
Für die Einstufung Ägyptens als Hochinzidenzgebiet gibt es verschiedene
Faktoren, die aus der Systematik der Risikogebietseinstufungen resultieren.
Dabei wird nicht nur auf die reinen offiziellen Infektionszahlen geschaut,
sondern es gibt zusätzlich auch noch eine qualitative Bewertungsgrundlage.
In einem 1. Schritt, der sich an den gemeldeten Infektionszahlen orientiert,
werden nach gemeinsamer Analyse und Entscheidung durch das Bundesministerium für
Gesundheit, das Auswärtige Amt und das Bundesministerium des Innern, für Bau und
Heimat werden Staaten/Regionen definiert, deren Inzidenz in den letzten sieben
Tagen über 50 pro 100.000 Einwohner liegt. Bei Hochinzidenzgebieten liegt der
kumulierte Inzidenzwert in der Regel bei über 200 Neuinfektionen auf 100.000
Einwohner.
In einem 2. Schritt liefert das Auswärtige Amt auf der Grundlage der
Berichterstattung der deutschen Auslandsvertretungen sowie ggf. das
Bundesministerium für Gesundheit sowie das Bundesministerium des Innern, für Bau
und Heimat qualitative Berichte zur Lage vor Ort, die auch die jeweils
getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie beleuchten. Maßgeblich
für die Bewertung sind insbesondere:
- Infektionszahlen und Art des Ausbruchs (lokal begrenzt oder flächendeckend)
- Testkapazitäten sowie durchgeführte Tests pro Einwohner
- Zustand des Gesundheitssystems sowie insbesondere die Verfügbarkeit von
Intensivbetten
- Sterblichkeitsrate
- in den Staaten ergriffene Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens
(Hygienebestimmungen, Kontaktnachverfolgung etc.)
- Wirksamkeit der Maßnahmen und Akzeptanz in der Bevölkerung.
Ebenso wird berücksichtigt, wenn keine verlässlichen Informationen für bestimmte
Staaten vorliegen. Dies ist weiterhin für eine große Zahl von Drittstaaten der
Fall, so dass auch offensichtlich niedrigere Infektionszahlen gerade in
Anbetracht der weltweiten Entwicklung im Zweifel einen weiterhin restriktiven
Ansatz insbesondere bei Drittstaaten erfordern.
Die regelmäßigen Berichte zu der Lage vor Ort, auch durch die deutschen
Auslandsvertretungen, also dem zweitem Bewertungsschritt, kommen im Fall von
Ägypten eine besondere Bedeutung zu.
Die Maßnahmen zur Eindämmung und deren Einhaltung , sowie die Ausstattung der
Krankenhäuser (nicht zuletzt auch in Bezug auf die derzeitige Verfügbarkeit von
Intensivbetten) und die allgemeine medizinische Infrastruktur in Ägypten liegen
weit unter den durchschnittlichen Standards in Europa.
Bei positiven Testergebnissen oder dem Vorliegen von Krankheitssymptomen kann
eine zwangsweise Isolation in staatlichen Krankenhäusern angeordnet werden. Dies
betrifft auch ausländische Besucher. Es liegen zudem Hinweise auf eine
erhebliche Belastung und anteilige Überlastung der vorhandenen Strukturen im
ägyptischen Gesundheitssystems vor. In der Provinz Sohag, die sowohl in der Nähe
der Tourismusregion Hurghada, als auch in der Nähe von Luxor liegt, ist das
Gesundheitssystem bereits vor knapp 2 Wochen an der Belastungsgrenze angelangt
(
https://www.br.de/nachrichten/deutsch...
[
https://www.br.de/nachrichten/deutsch...],SVfAvWL).
Es gab landesweit nur wenige staatliche Vorgaben und kaum Kontrollen für die
Bekämpfung der COVID-19 Pandemie. Erst in der 2. Maiwoche wurden einige
schärfere Maßnahmen verabschiedet, die vor dem Hintergrund der aktuellen 3.
Welle in Ägypten aber viel zu spät ergriffen wurden. Stattdessen gab es in 4.
Quartal 2020 eine Vielzahl an Lockerungen, die sich auch damals vor dem
Hintergrund der Pandemieentwicklung als äußerst kontraproduktiv herausgestellt
haben.
Für Ägypten liegt von offizieller Seite nur eine sehr dünne, nicht vollständige
und von dritter Seite nicht zu verifizierende Datenbasis insbesondere zu
Testraten und Positivitätsanteil, sowie Sterblichkeitsraten vor. Die von
offizieller Seite gemeldete 7-Tages-Inzidenz mit Stand vom 1. Juli 2021 betrug
2,46 auf 100.000 Einwohner, während Nachbarländer wie auch das von Ihnen
angesprochene Jordanien oder selbst Israel um das 16-fache bzw. im Fall von
Israel mit einem der weltweit höchsten Impfraten um mehr als das 6-fache darüber
liegen.
Auf Grund des Pandemieverlaufs in anderen vergleichbaren Ländern und unter
Bezugnahme auf Berichte vor Ort lässt sich aber anhand der vorliegenden
Informationen eine Risikobewertung vornehmen, die nicht zuletzt auf Grund der
Intransparenz der Datenbasis restriktiv ausfällt. Während beispielsweise in
Deutschland in den vergangenen sieben Tagen durchschnittlich knapp 200.000 Tests
pro Tag durchgeführt wurden, muss auf Grund der offiziell nicht veröffentlichten
Testzahlen seitens der ägyptischen Seite davon ausgegangen werden, dass die zur
Verfügung stehenden Testkapazitäten und die durchgeführten Tests in Bezug auf
die Einwohnerzahl in Ägyptens erheblich niedriger sind. Die unzureichende
Testrate führt zudem auch zu einem hohen Anteil an unentdeckten Infektionen. Im
Fall von Ägypten muss also vor diesem Hintergrund auch von einer erheblichen
Dunkelziffer ausgegangen werden.
Aktuell waren jetzt im April 2021 mehrere COVID-19 Fällen unter internationalen
Touristen in Hurghada bekannt geworden, von denen auch deutsche Bundesbürger
betroffen waren. Dabei kam es auf deutscher Seite auch zu einem tödlichen
Krankheitsverlauf und einer medizinischen Repatriierung.
Weiterhin ist auch die derzeitige Impfquote in Ägypten von etwa 3,5 % der
Bevölkerung bei der Erst- bzw. 0,8 % bei der Zweitimpfung im internationalen
Vergleich sehr gering und liegt damit noch hinter Ländern wie Zimbabwe,
Venezuela oder Bangladesch.
Aus den genannten Gründen muss die Einstufung von Ägypten als Hochinzidenzgebiet
beibehalten werden.
Weiterhin fragten Sie nach der Einstufung von Kenia. Kenia ist aufgrund
qualitativer Bewertungskriterien weiterhin als Risikogebiet eingestuft, seit der
Umstellung der weltweiten Reise- und Sicherheitshinweise gestern ist aber die
COVID-19 bedingte Reisewarnung entfallen. Die Bundesregierung rät nun nur noch
vor Reisen in einfache Risikogebiete ab. Die Inzidenz gemäß der veröffentlichten
Zahlen in Kenia hat sich in den letzten 3 Wochen verdoppelt, was ein Anzeichen
dafür ist, dass das Infektionsgeschehen in Kenia sich ungünstig fortentwickelt.
Weiterhin ist die Impfquote auch im Vergleich zu anderen Ländern der Region mit
derzeit 2,1 % sehr unterdurchschnittlich.
Die Bundesregierung überprüft die Einstufung fortlaufend, inwieweit Gebiete
weiterhin als (Hoch-)Risikogebiete gelten. Dabei wird die aktuelle Lage vor Ort
stets auch zeitnah durch die deutschen Auslandsvertretungen evaluiert.
Mit freundlichen Grüßen