Befähigung zum Richteramt – Volljuristen beim Jobcenter Märkischer Kreis
Am 30.04.2014 stellte der Absender eine IFG-Anfrage an die Geschäftsführung des Jobcenter Märkischer Kreis hinsichtlich der rechtlichen Qualifikationen der Führungspersonen anhand des Organigramms. Die Fragestellung war bewusst einfach gehalten und bereits mit „ja“ oder „nein“ und einer einzigen Zahl abschließend zu beantworten gewesen. Dabei ist weder die Geschäftsführung noch die Datenschutzbeauftragte - selbst Teil des Organigramms und/oder der Widerspruchstelle - anscheinend nicht in der Lage eine Aussage über die eigene Qualifizierung zu treffen.
https://fragdenstaat.de/anfrage/befahigung-zum-richteramt-volljuristen-beim-jobcenter-markischer-kreis/
Entsprechend der gesetzlichen Vorgaben des IFG ist eine Bearbeitungsfrist von 1 Monat vorgesehen.
Nach 15maliger Erinnerung durch den Fragesteller und 3maliger Intervention durch die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit kam nach beinahe einem Jahr
die ablehnende Auskunft der Geschäftsführung.
Dem Jobcenter Märkischer Kreis liegen nach eigener Angabe angeblich keine Informationen über die berufliche Qualifikation der eigenen Führungs-Mitarbeiter vor.
Als Begründung trägt die Geschäftsführung vor, nicht Dienstherr der Mitarbeiter des Jobcenter Märkischer Kreis zu sein:
Träger der Aufgaben nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sind gemäß § 6 SGB II die Bundesagentur für Arbeit und die Kreise und kreisfreien Städte. Das Jobcenter Märkischer Kreis ist gemäß § 44b SGB II eine gemeinsame Einrichtung der Träger nach § 6 SGB II.
Aus diesem Grund bitte ich Sie um die Beantwortung der einfachen Anfrage, die ich hier gern noch einmal im Volltext wiederhole:
„Als Volljuristen gelten Personen, die ihr Studium der Rechtswissenschaften mit einem ersten Staatsexamen beendet und ein anschließendes Referendariat mit einem zweiten Staatsexamen abgeschlossen haben. Damit besitzen Juristen in der Bundesrepublik Deutschland auch die Befähigung zum Richteramt.“
Seit Kurzem weist das Jobcenter Märkischer Kreis ohne Einzelfallprüfung Vertrauenspersonen von Leistungsberechtigten (Beistände) zurück, mit der lapidaren Unterstellung dass alle Rechtsdienstleistungen erbringen wollten. Von solchen Gesprächsbegleitern fordert die Geschäftsführung nun den Nachweis der „Befähigung zum Richteramt.“ Da muss die Frage erlaubt sein, die Qualifikation der verantwortlichen Behördenmitarbeiter zu hinterfragen.
Das aktuelle Organigramm des Jobcenters MK benennt mehrere „Sachgebietsleiter/in Leistungsrecht“, eine „Bereichsleiterin Recht“, „Sachgebietsleiter Arbeitsvermittlung/Leistungsrecht“, eine „Sachgebietsleiterin Widerspruchs-, Klage- und Ordnungswidrigkeitenverfahren / Ermittlungsdienst“ . Außerdem stehen dieser Behörde zwei Geschäftsführer vor. Auch von einem Aufsichtführenden Geschäftsführer darf die Befähigung zum Richteramt vorausgesetzt werden. http://www.beispielklagen.de/IFG076/2014_03_Organigramm_Jobcenter_MK.pdf
1. Bitte bestätigen Sie mir – ohne Namensnennung - ob ausnahmslos alle der Vorgenannten über eine solche Befähigung zum Richteramt verfügen oder nicht.
(„ja, alle“ oder „nein, nicht alle“)
2. Bitte bestätigen Sie mir – ohne Namensnennung - ob ausnahmslos alle Mitarbeiter der Widerspruchs- und Klagestelle über eine solche Befähigung zum Richteramt verfügen oder nicht.
(„ja, alle“ oder „nein, nicht alle“)
3. Wie viele Volljuristen – einschließlich der, im Organigramm genannten – sind in den
sämtlichen Filialen des Jobcenters Märkischer Kreis z.Zt. tätig?
(Anzahl der Volljuristen)
Die Anfrage ist mit „ja“ oder „nein“ und der Benennung einer Zahl beantwortet. Dabei setzte ich voraus, dass beim Jobcenter die Qualifikation der Mitarbeiter hinreichend profiled ist.“
Ergebnis der Anfrage
Nachdem die Geschäftsführung des Jobcenter Märkischer Kreis unter Verweis auf die Bundesagentur für Arbeit und den Landrat des Märkischen Kreises eingeräumt hat, keine Kenntnis von der Qualifikation Ihrer eigenen Mitarbeiter zu haben, ging auch die Anfrage an die BA in der Sache fehl.
Aufschlussreich waren hingegen einige Randbemerkungen zum Sinn des
Rechtsdienstleistungsgesetzes und zur Haftungsfrage bei Falschberatung:
„Sinn der Regelungen im RDG ist der Schutz von Rechtssuchenden vor Falschberatung. Hierbei ist zu beachten, dass auch derjenige, der unentgeltlich Rechtsdienstleistungen erbringt, für eine eventuelle Falschauskunft haftet und ggf. zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet sein kann, wenn durch seine Falschberatung Schäden entstehen.
Im Unterschied dazu werden Beschäftigte, denen Tätigkeiten in der gemeinsamen Einrichtung (Jobcenter) zugewiesen sind, in Erfüllung dieser Aufgaben hoheitlich tätig. Bei fehlerhafter Rechtsanwendung besteht ggf. ein Anspruch auf Amtshaftung nach § 39 BGB bzw. Artikel 34 GG.“
Beistände nach § 13 SGB X erbringen grundsätzlich keine Rechtsdienstleistung. Aber sie werden regelmäßig Zeugen von Falschberatungen durch Jobcentermitarbeiter. Durch das auf einander abgestimmte Zusammenwirken von Leistungsberechtigten, Beiständen und fachkompetenten Rechtsanwälten erfolgt ein effizienter Schutz der Betroffenen vor Vermögensschädigung.
Der Aspekt der eingeforderten Amtshaftung ist dabei noch ein viel zu wenig entwickelter Aspekt wirksamer Abwehr von Behördenwillkür. § 39 BGB bzw. Artikel 34 GG
Anfrage teilweise erfolgreich
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Datum30. März 2015
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1. Mai 2015
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