Betreff Ihre Anfrage an die Poststelle des Bundesumweltministeriums nach dem Umweltinformationsgesetz
Az. G II 2 41012/1
Sehr geehrteAntragsteller/in
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 29. Juli 2019, in der Sie um Informationen nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG) darüber baten, was das Bundesumweltministerium (BMU) gegen die sogenannte geplante Obsoleszenz von Druckerherstellern unternimmt.
Ihre E-Mail beantworte ich Ihnen sehr gerne. Der Zugang zu Umweltinformationen ist Grundlage für eine wirksame Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern in Umweltangelegenheiten und damit ein wichtiges Instrument für den Schutz von Natur und Umwelt.
Auf Ihren Antrag hin mache ich Ihnen gemäß § 4 UIG die gewünschte Information durch die folgende schriftliche Auskunft zugänglich:
Der Konsum von Produkten beeinflusst in erheblichem Maße den Zustand unserer Umwelt. Die Nutzungsdauer von Elektro- und Elektronikgeräten, aber auch von anderen Produkten ist in der Tendenz abnehmend. Das BMU verfolgt verschiedene Ansätze, um die Lebensdauer von Produkten zu verlängern:
1. Im Rahmen einer Studie im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA)<https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/378/publikationen/texte_11_2016_einfluss_der_nutzungsdauer_von_produkten_obsoleszenz.pdf> wurde überprüft, warum Produkte nicht ihre optimale Lebens- und Nutzungsdauer erreichen. Dabei wurde zunächst festgestellt, dass es verschiedene Gründe für eine Obsoleszenz geben kann und diese nicht pauschal auf einen vorsätzlichen Einbau eines Defektes durch den Hersteller zurückzuführen ist:
a) Defekte aufgrund mangelnder Leistungsfähigkeit von Materialien oder Komponenten (werkstoffliche Obsoleszenz),
b) mangelnde Interoperabilität von Software und Hardware (funktionale Obsoleszenz),
c) der Wunsch nach einem neuen Gerät, obwohl das alte noch funktioniert (psychologische Obsoleszenz) und
d) Unterlassen einer Reparatur aus Kostengründen, wenn der Abstand der Reparaturkosten zu den Kosten für Neuprodukte zu gering ist (ökonomische Obsoleszenz).
Lesen Sie hierzu auch das Positionspapier des UBA<https://www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/1410/publikationen/2017_11_17_uba_position_obsoleszenz_dt_bf.pdf> aus dem Jahr 2017.
Das UBA lässt aktuell in einem 2. Teil der Studie Maßnahmen gegen Obsoleszenz entwickeln (Umweltforschungsplan-Projekt FKZ 3716373111 „Weiterentwicklung von Strategien gegen Obsoleszenz einschließlich rechtlicher Instrumente“). Das BMU erwartet von den Forschungsnehmern Öko-Institut e.V. und Zentrum für Verbraucherforschung und nachhaltigen Konsum der Hochschule Pforzheim/vunk den Abschlussbericht Ende 2019. Dieser wird dann auch veröffentlicht. Das BMU wird die vorgeschlagenen Maßnahmen auf ihre Umsetzbarkeit hin überprüfen.
2. Das BMU setzen sich darüber hinaus auf europäischer Ebene dafür ein, dass Rahmenbedingungen geschaffen werden, welche die Lebensdauer von Produkten verlängern. In den letzten Monaten wurden wichtige Weichen gestellt:
· Unter der sogenannten EU-Ökodesign-Richtlinie<https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=CELEX%3A32009L0125> werden Anforderungen an energieverbrauchsrelevante Produkte gestellt, um diese Produkte energie- und ressourceneffizienter zu gestalten. Bei einigen Produktgruppen wie z.B. Waschmaschinen, Kühlschränken, Geschirrspülern oder Beleuchtung konnten wir durchsetze, dass diese zukünftig auch mit herkömmlichen Werkzeugen auseinanderbaubar sein müssen, damit sie nicht nur von professionellen Reparaturbetrieben oder den Herstellern repariert werden können, sondern auch Verbrauchern wie Ihnen. Außerdem müssen bestimmte Ersatzteile vorgehalten werden und darüber informiert werden, wie repariert werden kann. Auch dürfen Software-Updates nicht dazu führen, dass die Produkte nicht mehr genutzt werden können. Wir werden uns auch für Anforderungen an die Ressourceneffizienz bei anderen Produktgruppen stark machen. Für die Produktgruppe Drucker gilt eine sogenannte Selbstverpflichtung<http://www.eurovaprint.eu/fileadmin/eurovaprint_files/pdfs/VA_version_5.2_April.pdf> der Hersteller. Diese wird zurzeit erneuert und soll aus Sicht des BMU ambitionierter werden, um Vorfälle, wie Sie ihn schildern, auszuschließen. Das BMU setzt sich im Rahmen der Verhandlungen um die Selbstverpflichtung daher für ambitionierte Standards ein. Sollten die Hersteller sich zu einer ambitionierten Selbstverpflichtung nicht entschließen können, wird sich das BMU dafür einsetzen, dass für die Drucker eine eigene Durchführungsmaßnahme erlassen wird. Die Ökodesign-Richtlinie ist aus Sicht des BMU das wirksamste Instrument, um eine sogenannte geplante Obsoleszenz bei Druckern auszuschließen.
· In der EU-Warenkaufs-Richtlinie<https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX:32019L0771> wurde kürzlich geregelt, dass die Verkäufer im Falle eines Mangels an der Kaufsache zukünftig für ein Jahr lang beweisen müssen, dass der Mangel nicht schon von Anfang an vorlag, sondern erst beim Käufer entstanden ist (Beweislastumkehr). Bislang galt dafür eine Frist von einem halben Jahr. Dies ist eine Erleichterung für die Verbraucherinnen und Verbraucher, die damit einfacher Ihre Gewährleistungsrechte wie Reparatur, Rücktritt vom Vertrag oder Neulieferung durchsetzen können. Gleichzeitig ist dies ein Zeichen für die Händler, langlebigere Produkte anzubieten, die nicht so schnell ausfallen und zurückgegeben werden müssen. Die Richtlinie erlaubt es auch, dass die Mitgliedstaaten die Mindestdauer der Gewährleistungsfrist von 2 Jahren in ihrer nationalen Gesetzgebung überschreiten können. Die EU-Warenkaufs-Richtlinie muss bis zum Juli 2021 in deutsches Recht umgesetzt werden. Das zuständige Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz arbeitet bereits an einem Entwurf für das Umsetzungsgesetz.
Die Einführung einer ähnlichen Regelung in Deutschland, wie sie im Französischen Energiewendegesetz zur Strafbarkeit der geplante Obsoleszenz vorgesehen ist, lehnt das BMU zum jetzigen Zeitpunkt ab. Aus Sicht des BMU ist der im deutschen Strafgesetzbuch geregelte Betrugstatbestand ausreichend, um einen solchen Fall auch heute schon strafrechtlich zu verfolgen. Darüber hinaus haben die Erfahrungen in Frankreich bislang noch keinen hinreichenden Aufschluss darüber gegeben, ob eine zusätzliche Regelung erforderlich ist. Seit Inkrafttreten der strafrechtlichen Regelungen kam es in Frankreich zu zwei Strafanzeigen, die zur Prüfung angenommen wurden und zu denen aktuell Ermittlungen laufen, darunter auch gegen einen Druckerhersteller. Nach unserer Kenntnis sind die Einschätzungen zum Ausgang der beiden Verfahren und der Effektivität der strafrechtlichen Regelungen im Allgemeinen eher verhalten. Die größte Hürde wird womöglich die Nachweiserbringung sein, denn dem Angeklagten muss konkret nachgewiesen werden, dass er vorsätzlich die Lebensdauer seines Produkts verkürzt hat mit dem Ziel, die Ersatz- bzw. Austauschraten desselbigen zu erhöhen. Die Straftat erfordert demnach sowohl den Nachweis der vorsätzlichen Handlung als auch den des Motivs, durch diese Handlung die Ersatzraten zu erhöhen.
Ich bitte Sie um Mitteilung, falls Sie der Auffassung sind, dass Ihrem Antrag hiermit nicht entsprochen worden ist. Sollten Sie weitere Auskünfte zum Verfahren und zu sonstigen Fragen benötigen, stehe ich gerne zur Verfügung. Die Auskunftserteilung erfolgt gebührenfrei.
Mit freundlichen Grüßen