Immissionsschutz auf der Brücke über die A65 bei Insheim #4
Fragen an das Referat 62
Die Zeitung DIE RHEINPFALZ berichtete in ihrer Ausgabe vom 15.10.20 über die technischen Probleme von Pkw und Pedelecs auf der Brücke über die Autobahn A65 bei Insheim.
Dort führt die L543 von Insheim nach Herxheim über die A65, Anschlusstelle 18.
Siehe auch:
https://www.google.de/maps/@49.157741,8.1534566,16.5z
Im Artikel wird beschrieben, dass immer wieder Pkw und Pedelec auf der Brücke aufgrund Elektronik-Problemen liegen bleiben.
Siehe:
https://www.rheinpfalz.de/lokal/landau_artikel,-technisches-mysterium-auf-der-insheimer-br%C3%BCcke-_arid,5122104.html
Die Bundesnetzagentur hatte 2018 nach einer Störungsmeldung des ADAC die Brücke untersucht.
Dabei wurde ein starkes magnetisches Gleichfeld mit einer Flussdichte von ca. 2.5 mT gemessen.
Auszüge aus dem Messbericht sind verfügbar unter:
https://fragdenstaat.de/a/204235
Anmerkung 1:
In der 26. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (26. BImSchV) sind Grenzwerte zum Schutz der Bevölkerung vor gesundheitlichen Gefahren durch elektrische und magnetische Felder von Gleichstrom- und Niederfrequenzanlagen festgelegt.
Der Grenzwert für statische magnetische Felder beträgt dort 0,5 mT (500 µT).
In der Fußnote heißt es dazu: "Die Begrenzung ist so gewählt, dass Störbeeinflussungen von implantierten Körperhilfen wie zum Beispiel Herzschrittmachern durch statische Magnetfelder vermieden werden."
Siehe dazu:
https://www.bfs.de/DE/themen/emf/nff/schutz/grenzwerte/grenzwerte.html
Allerdings gelten diese Grenzwerte aus der 26. BImSchV nur für "Funkanlagen".
Wäre die Brücke eine Funkanlage, so wäre der Grenzwert um ein Vielfaches überschritten.
Die Brücke ist nun aber eine Brücke und keine ortsfeste Funkanlage im Sinne der 26. BImSchV.
Daher liegt formal keine Grenzwert-Überschreitung vor.
Anmerkung 2:
Die Bundesrat Drucksache 469/16 vom 18.08.16 "Verordnung zur Umsetzung der Richtlinie 2013/35/EU und zur Änderung von Arbeitsschutzverordnungen"
siehe
https://dipbt.bundestag.de/dip21/brd/2016/0469-16.pdf
definiert in Tabelle A2.10 "Auslöseschwellen der magnetischen Flussdichte B bei statischen Magnetfeldern für die Beeinflussung von implantierten aktiven oder am Körper getragenen medizinischen Geräten, z. B. Herzschrittmacher"
eine untere Auslöseschwelle von 0,5 mT und eine obere Auslöseschwelle von 1,0 mT.
Bei Überschreitung der oberen Auslöseschwelle an einer Arbeitsstätte gilt dann:
Maßnahmen §6(3):
• „Der Arbeitgeber hat (...) Arbeitsbereiche mit Gefährdungen für besonders schutzbedürftige Beschäftigte nach Satz 2 zu kennzeichnen. (...)“
Auslöseschwellen für aktive Implantate §9, Tabelle A2.10:
• „Bei Überschreitung der oberen Auslöseschwelle (...) hat der Arbeitgeber weitere Maßnahmen (...) zu ergreifen, um Gefährdungen der Beschäftigten mit implantierten aktiven oder am Körper getragenen medizinischen Geräten zu beseitigen oder zu minimieren.“
Besonders schutzbedürftige Beschäftigte sind insbesondere Beschäftigte
- mit aktiven medizinischen Implantaten, insbesondere Herzschrittmachern,
- mit passiven medizinischen Implantaten,
- mit medizinischen Geräten, die am Körper getragen werden, insbesondere Insulinpumpen,
- mit sonstigen durch elektromagnetische Felder beeinflussbaren Fremdkörpern im Körper oder
- mit eingeschränkter Thermoregulation
Wäre die Brücke also eine Arbeitsstätte im Sinne der Richtlinie 2013/35/EU, so würde das Magnetfeld die obere Auslöseschwelle überschreiten.
So wären dann für Beschäftigte mit aktiven Implantaten z.B. erforderlich
- Warnzeichen "Magnetisches Feld"
- Verbotszeichen "Herzschrittmacher"
- weitere Maßnahmen zur Zutrittskontrolle
Fazit:
An der Brücke bei Insheim liegt nachweislich ein starkes magnetisches Gleichfeld vor.
Die magnetische Flussdichte übersteigt den Grenzwert der 26. BImSchV um ein Vielfaches.
Die magnetische Flussdichte übersteigt die in Bundesrat Drucksache 469/16 definierte obere Auslöseschwelle.
Daraus kann gefolgert werden, dass hier eine konkrete Gefährdung für Träger aktiver Körperhilfen (z.B. Herzschrittmacher) vorliegt.
Bei einem gleich starken Magnetfeld einer "Funkanlage" oder an einer "Arbeitsstätte" wären konkrete Maßnahmen zum Schutz von Trägern aktiver Körperhilfen zwingend erforderlich.
Da die Brücke weder eine "Funkanlage" noch eine "Arbeitsstätte" ist, liegt formal keine Grenzwertverletzung vor.
Somit sind - rechtlich gesehen - keine Schutz-Maßnahmen erforderlich, obwohl physikalisch (durch das Magnetfeld) eine konkrete Gefährdung vorliegt.
Meine Fragen:
1) Sind bei diesem unter "Fazit" dargestellten Widerspruch dennoch Maßnahmen zum Schutz von Trägern aktiver Körperhilfen geboten ?
2) Wer könnte solche Maßnahmen anordnen ?
Wäre das Ihr Haus oder eine andere Behörde (z.B. die SGD Süd oder die Kreisverwaltung Südliche Weinstraße) ?
3) Sind Ihnen vergleichbare Fälle mit einem solchen Widerspruch bekannt (auf Landes- oder Bundesebene) ?
Vielen Dank.
Anfrage erfolgreich
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Datum11. Dezember 2020
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16. Januar 2021
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