Sehr geehrter Herr Semsrott,
auf Ihren u.a. auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) gestützten Antrag vom 23.08.2023 auf Übersendung von Raumbedarfsplänen für den Bau eines Behördenzentrums am Flughafen BER ergeht folgender Bescheid:
1. Ihrem Antrag wird stattgegeben, soweit bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben bezüglich des im Bereich des neuen Hauptstadtflughafens Berlin Brandenburg geplanten Behördenzentrums ein Raumbedarfsplan des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Anlage zu diesem Bescheid) vorhanden ist.
2. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Begründung:
1. Sachverhalt
Am 23.08.2022 haben Sie bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BlmA) über das Informationsfreiheitsportal „
fragdenstaat.de“ einen Antrag auf Informationszugang gestellt. Sie
begehren die Übersendung von „Raumbedarfspläne/[n] für den Bau eines Behördenzentrums am Flughafen BER zur Bearbei-
tung der Ein- und Ausreise von ausländischen Personen, unter anderem, aber nicht beschränkt auf die: Gebäudekomplexe Funktionsgebäude, Gewahrsamsgebäude, Transitgebäude und Rückführungsgebäude seit Januar 2022.
Ihren Antrag auf Informationszugang stützen Sie auf „§ 1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (IFG) sowie § 3 Umweltinformationsgesetz (UIG), so-weit Umweltinformationen im Sinne des § 2 Abs. 3 UIG betroffen sind, sowie §1 des Gesetzes zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Verbraucherinformation (VIG), soweit Informa-
tionen im Sinne des §1 Abs. 1 VIG betroffen sind".
Sie bitten „um eine Antwort per E-Mail gemäß §1 Abs. 2 IFG“.
In inhaltlicher Sicht betrifft Ihr Antrag ein Behördenzentrum, das im Bereich des neuen Hauptstadtflughafens Berlin Brandenburg durch das Land Brandenburg errichtet werden soll. Das Behördenzentrum ist von dem Land Brandenburg und der Bundesrepublik Deutschland „als integrierter Behördenstandort zur Bearbeitung asyl- und aufenthaltsrechtlicher Sachverhalte“ geplant. Bauherr ist das Land Brandenburg. In dem Behördenzentrum sollten ursprünglich neben Behörden des Landes Brandenburg Stellen der Bundespolizei und des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) untergebracht werden. Das hierfür zuständige Bundesministerium des Inneren (BMI) hat die BImA ursprünglich beauftragt, in dem geplanten Behördenzentrum für die Nutzung durch Bundespolizei und BAmF Flächen anzumieten. Zwischenzeitlich ist bundesseitig nur noch geplant, in dem Behördenzentrum eine Stelle des BAMF unterzubringen. Der von der Bundespolizei ursprünglich für das Behördenzentrum geplante Raumbedarf soll dagegen an einem anderen Ort realisiert werden.
ll. Entscheidungsgründe
1. Anwendbares Gesetz (nachfolgend a)) sowie Form der der Verschaffung des Informationszugangs und der Bescheidung Ihres IFG-Antrages (nachfolgend b))
a) Bei den Sie interessierenden Informationen handelt es sich weder um Umweltinformationen im Sinne des UlG noch um Verbraucherinformationen, die unter das von Ihnen be-
nannte VIG fallen. Einschlägiges Gesetz für die Prüfung und Bescheidung ist vorliegend das (allgemeinere) IFG.
b) In Ihrem IFG-Antrag bitten Sie „um eine Antwort per E-Mail gemäß §1 Abs. 2 IFG“.
Soweit Sie hiermit lediglich zum Ausdruck bringen
möchten, dass Ihnen die begehrten Raumbedarfspläne in
digitaler Form, als Anlage einer E-Mail, zur Verfügung gestellt
werden sollen, wird der Unterzeichner Ihnen den diesem Bescheid der Einfachheit halber in Papierform beigefügten Raumbedarfsplan des BAmF gerne nochmals als paf.-Datei an die von Ihnen benannte Adresse des Portals „
fragdenstaat.de“ oder an eine von Ihnen bislang noch nicht benannte private E-Mail-Adresse senden, sofern Sie dies wünschen.
Vorsorglich weise ich zur Form der Bescheidung Ihres IFG-Antrages noch auf Folgendes hin:
Eine rechtsbehelfsfähige Bescheidung Ihres teilweise abzulehnenden IFG-Antrags setzt voraus, dass für den Fall einer möglichen Einlegung eines Widerspruchs der Lauf der Rechtsbehelfsfrist aus Sicht der bearbeitenden Behörde eindeutig bestimmbar ist.
Im hier vorliegenden Falle einer Antragstellung über die Plattform ‚
fragdenstaat.de“ reicht für die wirksame Bekanntgabe einer ablehnenden Entscheidung nicht die Übermittlung des Be-
scheides an die von der Plattform für den Antragsteller generierte E-Mail-Adresse. Hiermit kann seitens der informationspflichtigen Stelle nicht in rechtmäßiger Weise der Bekanntgabepflicht nach §41 Abs. 1 Satz 1 VwVfG entsprochen werden; der IFG-Bescheid kann in solchen Fällen „nicht als derart in den Machtbereich des Empfängers gelangt angesehen werden, dass unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme zu rechnen‘ ist wie bei einer förmlichen Bekanntgabe. Der Zugang des IFG-Bescheides bei dem Antragsteller erfolgt erst, wenn der Adressat infolge einer Benachrichtigung durch die Plattform „
fragdenstaat.de“ die E-Mail tatsächlich auf der Plattform abruft. (Verwaltungsgericht Köln, Urteil vom 18.03.2021 - 13 K1189/20, vgl. insbes. juris-Rdnr. 36 ff.; Urteil vom 18.03.2021 - 13 K 1190/20, vgl. insbes. juris-Rdnr. 36 ff.).
Auch im vorliegenden Fall erfolgt daher die erforderliche Bekanntgabe der teilweise ablehnenden Entscheidung über Ihren über die Plattform „
fragdenstaat.de“ gestellten IFG-Antrag per
Postzustellungsurkunde, damit der Lauf der für die Einlegung eines möglichen Widerspruchs geltenden Monatsfrist rechtssicher nachgewiesen werden kann.
2. Gründe für die teilweise Stattgabe (nachfolgend a)) und teilweise Ablehnung (nachfol-gend b)) Ihres Antrags auf Informationszugang
Der BImA liegen für das geplante Behördenzentrum jeweils ein Raumbedarfsplan der Bundespolizei und des BAMF vor.
Im Rahmen der Bescheidung Ihres IFG-Antrags war von der BImA zu prüfen, inwieweit einer Offenlegung der von Ihnen begehrten Informationen Ausschlussgründe nach § 3 IFG entge-
genstehen. §3 IFG enthält zahlreiche Ausnahmetatbestände, die den Schutz öffentlicher Interessen gewährleisten sollen und insoweit den Informationszugang ausschließen.
a) Gegen eine Herausgabe des aktuellen Raumbedarfsplans des BAMF bestehen auch aus Sicherheitsgründen keine durchgreifenden Einwände. Eine Kopie des Raumbedarfsplans (Anlage zu diesem Bescheid) kann daher an Sie herausgegeben werden.
b) Für den vorliegenden Raumbedarfsplan der Bundespolizei ist hingegen der Informationszugang nach §3 Nr. 1 Buchst. c) IFG ausgeschlossen und daher abzulehnen. Nach dem Ausschlusstatbestand des §3 Nr. 1 Buchst. c) IFG besteht ein Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf Belange der inneren oder äußeren Sicherheit haben kann.
Der Begriff der äußeren Sicherheit meint den Schutz vor Angriffen durch fremde Staaten; der Begriff der inneren Sicherheit umfasst auch den Schutz vor Aktionen Privater (vgl. Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 10.02.2011, 2 K 23.10, juris-Rdnr. 27). Der Ausschlusstatbestand schützt im hier vorliegenden nichtmilitärischen Bereich die Funktionsfähigkeit des Staa-
tes und seiner Einrichtungen (Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.03.2012 - OVG 12 B 27.11, juris-Rdnr. 34; Schoch, IFG, 2. Aufl., §3 Rdnr. 57).
Zu den „Einrichtungen“ im Sinne von §3 Nr. 1 Buchst. c) IFG zählen u.a. auch Dienststellen der Bundespolizei mit den dazugehörigen Räumlichkeiten. Im Rahmen der bei der Anwendung des Ausschlussgrundes des §3 Nr. 1 Buchst. c) IFG von
der BImA als (nach dem IFG grundsätzlich) informationspflichtiger Stelle zu treffenden Prognoseentscheidung ist nicht nur die Verwendungsabsicht der antragstellenden Person hinsicht-
lich der begehrten Informationen zu berücksichtigen. Vielmehr sind die möglichen Auswirkungen einer Freigabe der begehrten Informationen umfassend in Betracht zu ziehen: Maßgeblich für einen Informationsausschluss nach §3 Nr. 1 Buchst. c) IFG ist, dass das Bekanntwerden der Informationen objektiv, also auch in der Hand anderer Personen als Ihnen als antragstel-
lender Person, zu einer Beeinträchtigung des Schutzgutes der inneren oder äußeren Sicherheit führen kann (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 29.10.2009 - 7 C 22.08, juris-
Rdnr. 24). Der Ausschlusstatbestand greift bereits ein, wenn für den Fall einer Offenlegung der begehrten Informationen eine abstrakte Gefahrenlage plausibel dargelegt werden kann,
wohingegen eher fernliegende Befürchtungen für einen Informationsausschluss ausscheiden (vgl. Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 10.02.2011 -2 K 23.10, juris-Rdnr. 29).
Die dargestellten Voraussetzungen des Ausschlusstatbestandes §3 Nr. 1 Buchst. c) IFG liegen bezüglich des Raumbedarfsplans der Bundespolizei insgesamt vor:
Der mit dem Raumbedarfsplan beschriebene Raumbedarf der Bundespolizei wird zwar nicht mehr, wie ursprünglich geplant, in dem Behördenzentrum selbst realisiert..Die bestehenden
Raumbedarfsplanungen gelten aber im Wesentlichen auch für die nunmehr an einem anderen Ort zu realisierende Unterbringung der Bundespolizei; an der zugrundeliegenden Aufgaben-
stellung der Bundespolizei hat sich ebenso wenig geändert wie an dem angemeldeten Raumbedarf der Bundespolizei.
Aus dem Raumbedarfsplan ergeben sich im Einzelnen die konkreten Raumanforderungen und raumbezogenen Sicherheitsanforderungen der Bundespolizei in der für die Aufgabenerledigung neu bereitzustellenden Dienststelle.
Im Falle des Bekanntwerdens der Informationen ließen sich konkrete Rückschlüsse auf die Gesamtheit der künftig von der Bundespolizei genutzten Gebäude, Bereiche und Infrastrukturen und damit letztlich auch auf sicherheitsrelevante Prozesse, Strukturen und Formen der Arbeit der Bundespolizei ziehen. Hierdurch könnte die durch §3 Nr. 1 Buchst. c) IFG geschützte funktionsgerechte Aufgabenerledigung der Bundespolizei negativ beeinflusst werden. Derartige Informationen werden auch von der Bundespolizei und dem für die Bundespolizei zuständigen Bundesressort BMI aus Sicherheitsgründen nicht gegenüber Außenstehenden offengelegt. Diese Informationen können daher aus Sicherheitsgründen nicht zur Einsicht freigegeben werden.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Widerspruch bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, Sitz: Bonn, erhoben werden. Abschließender Hinweis: Ein rechtsbehelfsfähiger Kostenbescheid wird noch gesondert erlassen werden.