Sehr geehrter Herr Hanneforth,
Ihre an uns gerichteten Fragen beantworten wir nun wie folgt:
1. Wie definiert das Ministerium ein extremes Wetterereignis?
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) ist für diese Frage nicht zuständig.
Vielmehr ist der Deutsche Wetterdienst (DWD) als Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) nach dem Gesetz der nationale meteorologische Dienst der Bundesrepublik Deutschland und repräsentiert für die Bundesregierung die Referenz für Fragen der Meteorologie und Klimatologie.
Die folgenden Definitionen von Wetterextremen (s.a. beide Anlagen) sind dabei in Übereinstimmung mit international abgestimmten Standards formuliert.
Gemeinsam mit dem DWD definiert das BMVI ein extremes Wettereignis (extreme Unwetterereignisse), wenn verbreitet schwere Schäden in der Natur und an der Infrastruktur inkl. der Unpassierbarkeit von Straßen und Schienenwegen in unserem Land zu erwarten sind.
Extreme Unwetterereignisse sind beim Deutschen Wetterdienst (DWD) über die entsprechenden Kriterien (Schwellenwertüberschreitungen) für Wetterwarnungen definiert. Demnach werden Warnungen vor extremem Unwetter für folgende Situationen herausgegeben:
1) extreme Orkanböen (>= 140 km/h, Windstärke 12 nach Beaufort Skala (Bft), 76 kn, 39 m/s), als reine Böenwarnung bei Orkanwetterlagen oder eingebettet in Schwergewitterwarnungen
2) extrem heftiger Starkregen (> 40 mm in 1 h, > 60 mm in 6 h), meist eingebettet in Schwergewitterwarnungen
3) extrem ergiebiger Dauerregen (> 70 mm in 12 h, > 80 mm in 24 h, > 90 mm in 48 h)
4) extrem starker Schneefall (verbreitet > 25 cm in 12 h, > 50 cm in 12 h oberhalb 800 m)
5) extrem starke Schneeverwehungen (Neuschnee oder lockere Schneedecke > 25 cm kombiniert mit Böen ab 8 Bft)
Erfasst/gemessen werden extreme Unwetterereignisse durch das Messnetz sowie durch den Radarverbund des DWD. Für Wetter- und Unwetter-Warnungen gilt dabei in Deutschland (DEU) das sogenannte Single-Voice-Prinzip, wonach alle Anbieter von Wetterdienstleistungen ihre Warninhalte untereinander abstimmen müssen. An Wetter-/Unwetterwarnungen sind in DEU keine weiteren Behörden neben dem DWD beteiligt. Für Hochwasserwarnungen sind jedoch zuständig: die Bundesanstalt für Gewässerkunde, die Hochwasservorhersagezentralen der Länder sowie das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie für die Küste.
2. Werden extreme Wetterereignisse in Deutschland erfasst? Welche Behörden sind daran beteiligt?
Gemäß §4 des Gesetzes über den Deutschen Wetterdienst gehört die Überwachung der Atmosphäre und damit die Erfassung (und auch Vorhersage) zu den Kernaufgaben des DWD. Damit werden auch (Un)Wetterereignisse systematisch überwacht und dokumentiert.
Die Güte der ausgegebenen Warnungen vor Unwetter/extremem Unwetter wird durch Computer gestützte kontinuierliche Verifikationsrechnungen geprüft. Dies geschieht aktuell vor allem für Starkregenereignisse und Böen.
3. Liegen dem Ministerium Daten über die materiellen bzw. volkswirtschaftlichen Schäden durch die erfassten extremen Wetterereignisse vor? Wenn ja, bitte senden Sie mir die aktuellsten Ermittlungen zu.
Dem Bundesumweltministerium liegen keine eigenen Zahlen über die materiellen bzw. volkswirtschaftlichen Schäden durch die vom DWD erfassten extremen Wetterereignisse vor. Eine solche Erfassung liegt nicht im Zuständigkeitsbereich des Bundesumweltministeriums. Möglicherweise liegen entsprechende Daten bei den zuständigen Länderbehörden vor. Innerhalb der Bundesregierung ist das BMUB nur für den Bereich der "Hochwasservorsorge" zuständig, wobei in Deutschland die Hochwasservorsorge in die Planungs-, Vollzugs- und Finanzierungskompetenz der Länder fällt. Das Bundesumweltministerium hat Kenntnis von der „Study on Economic and Social Benefits of Environmental Protection and Ressource Efficiency Related to the European Semester“, die die Europäischen Kommission im Zuge des Europäischen Semesters in Auftrag gegeben und im Februar 2014 veröffentlicht hat. Diese Studie befasst sich auch mit Fragen der sozialen und monetären Auswirkungen von Hochwasserereignissen in der EU seit 2002. Darin schätzt die Europäische Kommission die Kosten für Hochwasserschäden innerhalb der Europäischen Union in den Jahren 2002-2013 auf 72 Mrd. Euro, wovon 19 Mrd. Euro auf Deutschland entfallen. Die Studie steht unter
http://ec.europa.eu/environment/integra… zum Download zur Verfügung.
Eine weitere Quelle für Schäden, die durch Extremwetterereignisse hervorgerufen wurden, kann die Berichterstattung zum Solidaritätsfonds der Europäischen Union (EUSF) sein. Der Solidaritätsfonds der Europäischen Union wurde geschaffen, um im Falle von großen Naturkatastrophen solidarische Hilfe leisten zu können. Aus dem EU-Solidaritätsfonds können die betroffenen Mitgliedstaaten Hilfen beantragen, wenn ihre Schäden den Schwellenwert zur Mobilisierung von 0,6% des jeweiligen nationalen Bruttonationalein-kommens bzw. von 3 Mrd. Euro in Preisen von 2002 überschreiten, oder bei geringeren Schäden unter die Voraussetzungen des Kriteriums „außergewöhnliche regionale Katastrophe“ bzw. das „Nachbarschaftskriterium“ fallen. Informationen hierzu können unter
http://ec.europa.eu/regional_policy/the… abgerufen werden.
4. Falls dem Ministerium keine Erhebungen über die Schäden durch extreme Wetterereignisse vorliegen, senden Sie mir bitte alle Akten, die die Planung einer solchen Erfassung betreffen.
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit plant keine Erfassung der Schäden durch extreme Wetterereignisse einzuführen und verfügt dementsprechend auch nicht über entsprechende Akten.
Mit freundlichen Grüßen