Sehr geehrter Herr Jung,
zu Ihrer unten stehenden Anfrage teile ich Ihnen Folgendes mit:
Die Bundesregierung hält aus Gründen des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung eine Freigabe der Verwendung von Cannabis zu Rauschzwecken für nicht vertretbar.
Zum Schutz der Gesundheit der Menschen beschränkt das Einheits-Übereinkommen der Vereinten Nationen von 1961 über Suchtstoffe die Verwendung von Suchtstoffen auf ausschließlich medizinische und wissenschaftliche Zwecke und verbietet u. a. den Anbau, den Handel, den Erwerb und den Besitz von Cannabis zu Rauschzwecken. Die Bundesrepublik Deutschland hat dieses Übereinkommen ratifiziert und ist an die darin enthaltenen völkerrechtlichen Verpflichtungen gebunden.
Schon aus diesen rechtlichen Gründen ist eine Cannabislegalisierung zu Rauschzwecken nicht möglich. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass eine Legalisierung von Cannabis zu Rauschzwecken zu einer Zunahme der Konsumentenzahlen und des medizinischen Behandlungsbedarfs führen würde. Im Falle einer staatlichen Festlegung, dass es sich um eine legale Substanz handelt, und dem damit gegebenen Signal an die Öffentlichkeit, würden gerade in einem Land mit hohem Gesundheits- und Verbraucherschutzniveau wie Deutschland, die gesundheitlichen Gefahren des Cannabiskonsums verharmlost und die öffentliche Wahrnehmung, insbesondere auch von Kindern und Jugendlichen, entsprechend beeinflusst und geprägt. Präventive Bemühungen im Suchtbereich würden damit konterkariert.
Die Gesundheitsgefahren des Cannabismissbrauchs insbesondere bei Jugendlichen und Heranwachsenden sind medizinisch erwiesen. Unter anderem bestätigte die Studie „Cannabis: Potential und Risiken. Eine wissenschaftliche Analyse (CaPRis)“ (
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https://www.bundesgesundheitsminister...>), die 2017 den Forschungsstand zum Thema Cannabis zusammenfasste, dass die Entwicklung einer Cannabisabhängigkeit keine Seltenheit ist, und dass das Risiko für psychische Störungen sich erhöht.
So zeigt die Studie ein detailreiches Bild unterschiedlich ausgeprägter Risiken für akuten und chronischen Cannabis-Konsum im Bereich der Somatik, Kognition, Abhängigkeitsentwicklung, psychischer Störungen (Angststörungen, Depressionen und Suizidalität, bipolare Störungen, Psychosen) sowie der sozialen Folgen (z. B. Bildungschancen, Fahrtüchtigkeit) auf. Besondere Risiken liegen im frühen Konsumbeginn in der Adoleszenz, in intensiven Gebrauchsmustern sowie im Co-Konsum von Tabak. Zusammenfassend belegen die evidenzbasierten Fakten ein erhöhtes Risiko für negative psychische, organische und soziale Konsequenzen im Zusammenhang mit dem Gebrauch von Cannabis zu Rauschzwecken. Eine nicht geringe Zahl von Personen sucht wegen eines problematischen Gebrauchs von Cannabis die ambulanten und stationären Einrichtungen des Suchthilfesystems in Deutschland auf.
Die bestehenden Verbotsregelungen des Betäubungsmittelrechts sind in die von der Bundesregierung verfolgte ausgewogene Drogenpolitik eingebettet, die auf Prävention, Beratung und Behandlung, Hilfen zum Ausstieg, Maßnahmen zur Schadensreduzierung sowie Bekämpfung der Drogenkriminalität basiert. Für die generalpräventive Wirkung der Strafandrohungen des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) spricht der hohe Anteil von Jugendlichen, die niemals illegale Drogen konsumieren. Auch bei der Aufnahme neuer psychoaktiver Stoffe in die Anlagen zum BtMG hat sich gezeigt, dass die Verbreitung und Verfügbarkeit der jeweiligen Stoffe in Folge der Unterstellung unter das BtMG zurückging. Alle Elemente dieses ganzheitlichen Ansatzes dienen gemeinsam dem Ziel, den Konsum illegaler Drogen auf ein möglichst niedriges Niveau zu reduzieren. Beim Erwerb oder Besitz von Cannabis zum Eigenverbrauch bestehen strafprozessuale Möglichkeiten, von der Strafverfolgung abzusehen, von denen die Staatsanwaltschaften in der Praxis Gebrauch machen.
Vor diesem Hintergrund unterstützt die Bundesregierung die Ziele und Grundsätze der internationalen Drogenpolitik, wie sie im Abschlussdokument der Sondersitzung der Generalversammlung der Vereinten Nationen zum Weltdrogenproblem von 2016 (englisch United Nations General Assembly Special Session, UNGASS 2016, vgl.
https://undocs.org/A/RES/S-30/1 und
https://www.unodc.org/postungass2016/ <
https://www.unodc.org/postungass2016/> ), in der Drogenstrategie der Europäischen Union 2013 bis 2020 (
https://www.consilium.europa.eu/de/do... <
https://www.consilium.europa.eu/de/do...> ) sowie im Drogenaktionsplan der Europäischen Union 2017 bis 2020 (
https://www.emcdda.europa.eu/drugs-li... <
https://www.emcdda.europa.eu/drugs-li...> zum Ausdruck kommen.
Zu Ihrem Anliegen möchte ich Sie ergänzend auf die Antworten der Bundesregierung auf die Kleinen Anfragen der Fraktion der FDP „Kontrollierte Abgabe von Cannabis“ und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Auswirkungen der Cannabisprohibition auf den Gesundheitsschutz“ hinweisen (Bundestagsdrucksachen 19/310 und 19/853, in der Anlage beigefügt).
Mit freundlichen Grüßen