Schwarz-grün in Hessen will schlechtestes Informationsfreiheitsgesetz Deutschlands

Nach dem Willen der schwarz-grünen Regierung in Hessen soll ein neues Datenschutz- und Informationsfreiheitsgesetz kommen. Der Entwurf hat mit Informationsfreiheit allerdings nicht viel zu tun: Er sieht vor, dass weder Gemeinden und Landkreise noch Polizei und Verfassungsschutz Auskunft geben müssen.

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Aufatmen in Baden-Württemberg: Das Bundesland wird bald nicht mehr das schlechteste Informationsfreiheitsgesetz Deutschlands haben. Neuer Anwärter auf diesen zweifelhaften Titel ist Hessen. Die dortige schwarz-grüne Regierung möchte in der kommenden Woche nach langjährigem Stillstand ein Informationsfreiheitsgesetz ins Parlament einbringen.

Bisher gehört Hessen neben Bayern, Sachsen und Niedersachsen zu den Ländern ohne Recht auf Zugang zu amtlichen Informationen. Der Gesetzentwurf, der das ändern soll (pdf), ist der Regierung allerdings grundlegend misslungen: So ist von dem Grundsatz, dass amtliche Informationen von Behörden auf Antrag veröffentlicht werden müssen, nicht viel übrig geblieben. Tatsächlich sind nach dem Entwurf nämlich nur Landesbehörden zur Auskunft verpflichtet. Für Gemeinden und Landkreise, die in anderen Flächenstaaten die meisten Informationsanträge erhalten, gilt das Gesetz nur auf freiwilliger Basis.

Polizei und Verfassungsschutz müssen keine Auskunft geben

Und selbst für Landesbehörden gibt es Ausnahmen. Nicht nur der Hessische Verfassungsschutz, dem im Skandal um den NSU die Unterstützung der Terroristen vorgeworfen wird, sondern auch die Hessische Polizei ist gänzlich von der Auskunftspflicht befreit. Polizeibehörden in anderen Ländern mit Informationsfreiheitsgesetzen sind allesamt auskunftpflichtig. Eine öffentliche Kontrolle der Institutionen soll in Hessen aber offensichtlich verhindert werden.

Obwohl die hessische Regierung nach eigenen Angaben jahrelang Erfahrungen mit anderen Informationsfreiheitsgesetzen evaluieren ließ, wirkt der Gesetzentwurf nicht schlüssig. Anders als in anderen Bundesländern ist die Auskunftspflicht der Behörden Teil des Datenschutzgesetzes, das im Mai in Kraft treten soll. Warum die Informationsfreiheit im Datenschutzgesetz verankert werden soll, ist unklar. Denn die Regierung gab bisher kaum Auskunft darüber, wie das Gesetz aussehen sollte.

Keine Transparenz im Parlament

Viele vorgesehene Regelungen muten dementsprechend undurchdacht an: Während das Gesetz einerseits das voraussetzungslose Recht auf Zugang zu Informationen garantieren soll, schließt es andererseits eine Herausgabe aus, wenn ein "rein wirtschaftliches Interesse an den Informationen" besteht. Wie Behörden allerdings das Interesse von Antragsstellern ausforschen sollen, bleibt unklar.

Außerdem sollen "Protokolle vertraulicher Beratungen" grundsätzlich nicht herausgegeben werden, wobei nicht geregelt ist, wann interne Beratungen als vertraulich gelten. Auch geheim bleiben Informationen des Landtags, die "Abgeordneten- und Fraktionsangelegenheiten" betreffen, was im weitesten Sinne auf die meisten Informationen im Landtag zutreffen dürfte.

Angriffe auf Bürgerrechte

Besonders die Grünen, die das Thema Informationsfreiheit in Hessen voranbringen wollten, tun sich mit dem Gesetzentwurf keinen Gefallen. Nach den bürgerrechtsfeindlichen Gesetzesvorlagen für den Hessentrojaner und die Extremismusklausel werden die Grünen auch für ihr Informationsfreiheitsgesetz viel Kritik einstecken müssen. Das versprochene "offenere" und "transparentere" Verwaltungshandeln dürfte sich nämlich durch den verunglückten Entwurf kaum einstellen. Stattdessen stellt der hessische Entwurf eine gefährliche Vorlage für andere Bundesländer dar, eigene Transparenzbemühungen zurückzufahren.

Dabei gibt es positive Vorbilder in anderen Bundesländern, etwa das Hamburger Transparenzgesetz oder auch ein Entwurf für mehr Transparenz in Berlin. Ist dies in Hessen nicht wirklich gewollt, sollte die Regierung darüber nachdenken, ihren Entwurf einzustampfen. Lieber kein Gesetz als ein so schlechtes Gesetz.

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