Topf SecretGastro-Lobby täuscht Öffentlichkeit und Behörden – und die Stadt Köln fällt darauf herein (Update)

FragDenStaat und foodwatch fordern, dass die Gastro-Lobby Falschaussagen zu Online-Plattform „Topf Secret“ zurücknimmt. Die DEHOGA und die Stadt Köln behaupten fälschlicherweise, Kontrollberichte dürften nicht veröffentlicht werden. Eine peinliche Einschüchterungstaktik.

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Rheinische Muscheln, Rainer Zenz, CC BY-SA 3.0

Update, 12.02.2019: Die Stadt Köln hat seinen Fehler eingestanden. Sie wird den Hinweis auf ein angebliches Verbot der Veröffentlichung nicht mehr versenden.

Gemeinsam mit foodwatch fordern wir den Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) auf, Falschaussagen über die Online-Plattform „Topf Secret“ zurückzuziehen. Der Lobbyverband hatte behauptet, die Veröffentlichung von Hygiene-Kontrollberichten auf dem Verbraucherportal sei „rechtswidrig“. foodwatch und FragDenStaat riefen angeblich zum „Rechtsbruch“ auf, denn „ausschließlich die zuständigen Behörden“ dürften über Hygienemängel informieren. Diese Auffassung wird selbst vom eigenen Dachverband, dem Spitzenverband der Lebensmittelwirtschaft (BLL) ausdrücklich „nicht geteilt“. Das zeigt ein internes Schreiben an die Mitglieder des BLL – darunter auch der DEHOGA, das wir hier veröffentlichen. Antragsstellerinnen und Antragssteller dürfen demnach sehr wohl die erlangten Infos auf „Topf Secret“ veröffentlichen.

Trotz dieser eindeutigen Klarstellung folgt die Stadt Köln der Argumentation des DEHOGA. Seit Montag dieser Woche verschickt das zuständige Kölner Verbraucherschutzamt einen Hinweis an hunderte Antragssteller, dass „die Veröffentlichung der Kontrollergebnisse über das Internet untersagt ist“. Das ist ausgemachter Unsinn und schüchtert Bürgerinnen und Bürger ein.

„Mit Falschaussagen versucht die Gastro-Lobby die Öffentlichkeit und Behörden einzuschüchtern, um eine ungeliebte Transparenzinitiative für Hygiene in Gaststätten aus dem Weg räumen“, erklärte Oliver Huizinga, Leiter Recherche und Kampagnen bei foodwatch.

Arne Semsrott, Projektleiter von FragDenStaat, sagte: „Dass die Gastro-Lobby mehr Transparenz verteufelt, war abzusehen. Dass die Stadt Köln dieser Argumentation aber blind folgt, ist mehr als peinlich! Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, die Ergebnisse der Hygiene-Kontrollen abzufragen – und sie auch zu veröffentlichen. Das haben mehrere Gerichte längst bestätigt.“

Dachverband widerspricht der DEHOGA

Bisher machen die Kontrollbehörden in Deutschland nur in Ausnahmefällen öffentlich, wie es um die Sauberkeit in Lebensmittelbetrieben bestellt ist – obwohl seit Jahren jeder vierte kontrollierte Betrieb beanstandet wird, größtenteils wegen Hygienemängeln. Die von foodwatch und FragDenStaat vor drei Wochen gestartete Online-Plattform „Topf Secret“ will nun Licht ins Dunkel bringen: Verbraucherinnen und Verbraucher können die bislang meist geheim gehaltenen Hygiene-Kontrollberichte beantragen und im Anschluss für alle anderen sichtbar machen. Der DEHOGA hält diese Veröffentlichungen jedoch für „rechtswidrig“. Nur die zuständigen Behörden hätten das Recht, solche InformationenHygienemängel transparent zu machen, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme unter Verweis auf das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB). Darin In der Stellungnahme kündigt der Verband auch an, „keine rechtlichen Möglichkeiten“ ungenutzt lassen zu wollen, „gegen die Veröffentlichungen vorzugehen“.

Der Dachverband der Lebensmittelwirtschaft (Bund für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde, BLL) hingegen widersprach dieser Auffassung am 29. Januar 2019 in einem internen Schreiben an seine Mitglieder – darunter auch der DEHOGA – deutlich.  Die Auffassung, nur die zuständige Behörde dürfe Hygienemängel veröffentlichen, wird laut dem Schreiben vom BLL ausdrücklich „nicht geteilt“. Schließlich handele es sich bei einer Veröffentlichung auf „Topf Secret“ um eine „individuell erteilte Auskunft“ nach dem Verbraucherinformationsgesetz. Dies müsse „rechtlich gesondert betrachtet“ werden von der Regelung im LFGB, auf die sich der DEHOGA bezieht. Unter Verweis auf Urteile des Verwaltungsgerichtshofs München und des Verwaltungsgerichts Regensburg schreibt der BLL zudem: „Gerade die unverfälschte Weitergabe der erlangten Informationen an Dritte ist demnach nicht rechtsmissbräuchlich“.

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