Privatisierung der SicherheitPotsdam hält Auftrag an Security geheim

Die Stadt Potsdam ließ die Einhaltung der Corona-Maßnahmen von einer privaten Sicherheitsfirma kontrollieren. Wen sie mit den hoheitlichen Aufgaben betraut hat, will sie aber nicht verraten – angeblich, weil das Unternehmen das nicht will. Wir verklagen die Stadt.

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Keine öffentlichen Veranstaltungen, Kontaktverbote, gesperrte Spielplätze: Im Frühjahr führten die Bundesländer zur Eindämmung der Corona-Pandemie umfassende Maßnahmen durch. Während die meisten Menschen sich an die Vorgaben hielten, gab es immer wieder Berichte über Verstöße gegen die behördlichen Vorgaben.

Aber auch mancher Hoheitsträger hat womöglich gegen geltendes Recht verstoßen. So ließ unter anderem die Stadtverwaltung Potsdam eine Security-Firma in der Stadt Streife fahren, um die Einhaltung der Corona-Maßnahmen kontrollieren zu lassen. Damit übertrug die Stadt womöglich hoheitliche Aufgaben an ein privates Unternehmen – ohne zuvor eine gesetzliche Grundlage dafür geschaffen zu haben.

Auskunft spätestens vor Gericht

Die Stadt Potsdam könnte auf diese Weise verfassungsrechtliche Regelungen missachtet haben – insbesondere, wenn die Firma Platzverweise durchführen sollte. Gerichte haben, etwa im Zusammenhang mit Parkkontrollen, wiederholt geurteilt, dass sich Behörden zur Aufgabenerfüllung im Bereich der „öffentlichen Sicherheit“ nicht ohne weiteres privater Dienstleister bedienen können. Grund dafür ist das sogenannte staatliche Gewaltmonopol. Es besagt unter anderem, dass Maßnahmen, welche persönliche Freiheiten beschränken, in der Regel nur vom Hoheitsträger selbst vorgenommen werden dürfen.

Aufklären können wir die genauen Umstände der Beauftragung der Security-Firma derzeit allerdings nicht, denn die Stadt hält Details dazu geheim. Mit Verweis auf angebliche Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Firma sowie Urheberrechte will Potsdam den Vertrag zu den Corona-Maßnahmen unter Verschluss halten. Noch nicht einmal den Namen der Sicherheitsfirma will die Stadt herausgeben. Der vorgeschobene Grund dafür: Datenschutz.

Deswegen haben wir die Stadt Potsdam verklagt. Jetzt muss das Verwaltungsgericht die Stadt zu Transparenz zwingen – und bei entsprechenden Klagen dann womöglich feststellen, dass ein solcher Ausverkauf der Grundrechte rechtswidrig ist.

UPDATE: November 2021. Das Gericht hat uns Recht gegeben und die Stadt Potsdam stellte uns den angefragten Vertrag mit einer privaten Sicherheitsfirma zu den Corona-Kontrollen jetzt zur Verfügung. Alle Infos im aktuellen Blog. 

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RA Dr. Phillip Hofmann, Verwaltungsgericht Potsdam Friedrich-Ebert-Straße 32 14669 Potsdam 23.6.2020 Per beA Mein Zeichen: PHO AS 4/20 Klage des Herrn Arne Semsrott, c/o Open Knowledge Foundation e.V., Singerstr. 109, 10179 Berlin - Kläger - Verfahrensbevollmächtigter: Rechtsanwalt Dr. Phillip Hofmann, gegen Kommunaler Immobilienservice (KIS) Eigenbetrieb der Landeshauptstadt Potsdam, vertreten durch die Werkleitung - Beklagter - wegen: Zugang zu Informationen nach § 1 BbgAIG Gegenstandswert (vorläufig): 5.000,- EUR Namens und in Vollmacht des Klägers erhebe ich Klage und werde in der anzuberaumenden mündli- chen Verhandlung beantragen, 1. den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 30.4.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.5.2020 zu verpflichten, dem Kläger durch Zurverfügungstellung von Lichtkopien bzw. Ausdrucken Einsicht in das Vertragswerk, mit dem der Beklagte eine private Sicherheitsfirma mit der Überprüfung der durch die sog. SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung verfügten Kontakt- und Ansammlungsverbote auf kommunalen Sportplät- zen und -anlagen beauftragt hat, zu verschaffen; 2. dem Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Eine Prozessvollmacht wird als Anlage K1 zu den Akten gegeben. 1
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RA Dr. Phillip Hofmann, Begründung Der Kläger begehrt von dem Beklagten Einsicht in Akten auf Basis des Akteneinsichts- und Informati- onszugangsgesetzes des Landes Brandenburg (BbgAIG), welche der Beklagte unter Berufung auf den Schutz überwiegender privater Interessen zurückweist. I. Sachverhalt Der Kläger ist freier Journalist und setzt sich durch seine Tätigkeit in verschiedenen Nichtregierungsor- ganisationen und seine publizistische Tätigkeit für den freien Zugang zu Wissen und Transparenz in der öffentlichen Verwaltung im Sinne öffentlicher Partizipation und Kontroller demokratischer Entschei- dungsprozesse und des zivilgesellschaftlichen Engagements ein. Als Projektleiter der von der Open Knowledge Foundation Deutschland e.V. betriebenen Transparenz-Plattform FragDenStaat.de macht er sich um die Anwendung der Informationsfreiheits- und Transparenzgesetze auf Bund- und Länder- ebene verdient. Der Beklagte ist ein Eigenbetrieb der Landeshauptstadt Potsdam und betreut auf der Basis der Eigen- betriebssatzung den städtischen Immobilienbestand. Der Beklagte bietet hierbei umfassende Leistun- gen auf den Gebieten Bauen, Sanieren, Bauunterhaltung, Gebäude- und Dienstleistungsmanagement, Grundstücksmanagement und Grundstücksverwaltung an und erfüllt alle damit verbundenen Aufga- ben. In diesem Zusammenhang verwaltet er auch diverse Sportanlagen und Sportplätze der Landes- hauptstadt Potsdam. Um die in der sog. SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung geregelten Ansammlungs- und Kontaktver- bote zu kontrollieren, beauftragt der Beklagte eine private Sicherheitsfirma, die mit Fahrzeugen die Bestreifung der kommunalen Sportplätze und Sportanlagen vornimmt. (Vgl. Bericht „Verstärkte Corona-Kontrollen in Potsdam : Stadt beauftragt private Sicher- heitsfirma“ von Henri Kramer, Stand: 10.4.2020 16:44 Uhr, https://m.pnn.de/pots- dam/verstaerkte-corona-kontrollen-in-potsdam-stadt-beauftragt-private-sicherheits- firma/25733286.html?utm_referrer=https%3A%2F%2Fm.tagesspiegel.de%2Fber- lin%2F4446-coronavirus-infizierte-bestaetigt-zahl-der-covid-19-toten-in-berlin-in-einer- woche-mehr-als-verdoppelt%2F25655678.html ) Am 14.4.2020 beantragte der Kläger über die Plattform FragDenStaat.de gegenüber der von dem Be- klagten eingerichteten Beschwerdestelle Corona den Zugang zu folgenden Informationen (Anlage K2): - Den Namen der privaten Sicherheitsfirma, die im Auftrag der Stadt Corona-Kontrollen durchführt - Sämtliche Handlungsanweisungen, Leitlinien etc., die den Einsatz regeln - Den Vertrag der Stadt mit der Sicherheitsfirma Am 29.4.2020 antwortete der Beklagte dem Kläger, dass eine Zusendung des Vertrages mit der Sicher- heitsfirma aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich sei (Anlage K3). Handlungsanweisungen, Leitlinien, etc. neben dem Vertrag existierten nicht. Der Auftragnehmer sei wegen der Weitergabe der Daten angefragt worden und habe von seinem Verweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Mit Schreiben vom selben Tag forderte der Kläger den Beklagten auf, personenbezogene Daten im Vertrag zu schwärzen und ihm diesen im Übrigen zugänglich zu machen (Anlage K4). Mit Schreiben vom 30.4.2020 teilte der Beklagte mit, dass der Vertrag auch in geschwärzter Form nicht zur Verfügung gestellt werden könne, da personenbezogene Daten offenbart würden und der Schutz 2
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RA Dr. Phillip Hofmann, des geistigen Eigentums, insbesondere Urheberrecht, sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse dem Zugang entgegenstünden (Anlage K5). Hiergegen legte der Kläger am 2.5.2020 Widerspruch ein und begründete diesen damit, dass ein pau- schaler Hinweis auf das angebliche Vorliegen von personenbezogenen Daten, entgegenstehende Ur- heberrechte sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse vermeintlichen Ausschlusstatbeständen nach BbgAIG bzw. Umweltinformationsgesetz (UIG) nicht den gesetzlichen Anforderungen genüge (Anlage K6). Selbst wenn schutzwürdige Belange einem Informationszugang entgegenstehen sollten, müsse der übrige Teil der Akte zugänglich gemacht werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.5.2020, bekanntgegeben am 23.5.2020 per Postzustellungsur- kunde, wies der Beklagte den Widerspruch zurück (Anlage K7). Einem Anspruch auf Akteneinsicht stünden schutzwürdige Belange der §§ 4, 5 BbgAIG entgegen. Eine Trennung in schutzwürdige und nicht schutzwürdige Belange entsprechend § 6 Abs. 2 BbgAIG sei nicht möglich, da die Bestimmungen in Verträgen ein komplexes und nicht aufspaltbares Gefüge darstellten. Letztlich fehle es an der Zu- stimmung zur Akteneinsicht durch den Vertragspartner des Beklagten. Der Vertrag sei nur den Ver- tragsparteien bekannt und er solle nach dem Willen des Vertragspartners geheim gehalten werden. Mit Schreiben vom 29.4.2020 hatte der Kläger die Landesbeauftragte für Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht („Landesbeauftragte“) um Vermittlung ersucht (Anlage K8). Diese hatte am 8.5.2020 mitgeteilt, dass sie den Beklagten auf einige informationsrechtliche Gesichtspunkte der An- gelegenheit aufmerksam gemacht sowie um eine Stellungnahme gebeten habe (Anlage K9). Mit Schreiben vom 3.6.2020 teilte die Landesbeauftragte dem Kläger mit, dass der Beklagte die Landesbe- auftragte am 16.5.2020 über den Widerspruchsbescheid in Kenntnis gesetzt habe, dass sie die darin enthaltene Ablehnungsbegründung für unzureichend halte und dass sie dem Beklagten mit Schreiben vom selbigen Tag erneut einige informationszugangsrechtliche Hinweise übermittelt habe (vgl. Anlage K10). Die vollständige Korrespondenz zwischen den Beteiligten ist unter https://fragdenstaat.de/an- frage/beauftragung-private-sicherheitsfirma-corona-kontrollen/ abrufbar. II. Rechtliche Erwägungen 1. Zulässigkeit Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist der Beklagte als Organisationseinheit der Landeshauptstadt Potsdam prozessfüh- rungsbefugt gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 2 VwGO iVm § 8 Abs. 1, 2 BbgVwGG. Der Beklagte handelt in orga- nisatorischer und wirtschaftlicher Selbstständigkeit insbesondere durch das Organ der Werkleitung nach außen eigenständig und nimmt dabei Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahr. Dies zeigt sich im konkreten Fall schon darin, dass er eine private Sicherheitsfirma mit der Wahrnehmung ordnungs- amtlicher Aufgaben auf bestimmten kommunalen Liegenschaften beauftragt hat. Wie sich aus dem Schriftverkehr mit dem Kläger ergibt, unterzeichnet er im Namen des Kommunaler Immobilienservice (KIS) Eigenbetrieb der Landeshauptstadt Potsdam ohne Angabe eines Vertretungsverhältnisses. Inwie- weit sich der Beklagte bei der Beauftragung einer privaten Sicherheitsfirma zwecks Wahrnehmung ordnungsamtlicher Befugnisse im Rahmen seines Satzungszwecks nach § 2 der Betriebssatzung für den Eigenbetrieb „Kommunaler Immobilien Service“ der Landeshauptstadt Potsdam in der Fassung vom 5.1.2006 bewegt, kann insoweit dahinstehen (vgl. https://kis-potsdam.de/img/satzung_kis.pdf). 2. Begründetheit Die Klage ist auch begründet. 3
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RA Dr. Phillip Hofmann, Die Weigerung des Beklagten, dem Kläger Akteneinsicht in den betreffenden Vertrag zu ermöglichen, ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat einen Anspruch auf Einsicht in den betreffenden Vertrag gemäß § 1 BbgAIG. a. Bei dem Beklagten handelt es sich als kommunales Unternehmen in Form eines Eigenbetriebs der Lan- deshauptstadt Potsdam unzweifelhaft um eine auskunftsverpflichtete Stelle gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BbGAIG. b. Bei dem streitgegenständlichen Vertragswerk handelt es sich auch um schriftliche Unterlagen, die aus- schließlich amtlichen Zwecken dienen, mithin um Akten im Sinne des § 3 Satz 1 BbgAIG. So lagert der Beklagte mittels des betreffenden Vertrags die kommunale Aufgabe, die Einhaltung der im Rahmen der sog. Coronakrise mittels der sog. SARS-CoV-2-Eindämmungsverordnung geregelten Kontakt- und Ansammlungsverbote auf kommunalen Sportplätzen und Sportanlagen zu überprüfen, ganz oder teil- weise an den Vertragspartner aus. c. Ausschlussgründe sind nicht ersichtlich. Insbesondere kann sich der Beklagte zur Verweigerung des Akteneinsichtsantrags nicht auf § 5 BbgAIG („Schutz überwiegender privater Interessen“) berufen. Die pauschale Geltendmachung der betreffenden Ausschlusstatbestände vermag nicht zu überzeugen. (1) Keine unzulässige Offenbarung personenbezogener Daten (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BbgAIG) Durch die Verschaffung von Akteneinsicht in das betreffende Vertragswerk kommt es zu keiner unzu- lässigen Offenbarung personenbezogener Daten iSd § 5 Abs. 1 Nr. 1 BbgAIG. Der Beklagte hat im Rahmen des Verwaltungsverfahrens schon nicht vorgetragen, inwiefern das streit- gegenständliche Vertragswerk personenbezogene Daten enthielte. Der Kläger hat seinerseits jedoch bereits bei Antragstellung mitgeteilt, dass personenbezogene Daten geschwärzt werden können (vgl. Anlage K1 und K4). Sollten personenbezogene Daten enthalten sein, greift mangels Zustimmung des Vertragspartners des Beklagten in die Offenbarung § 6 Abs. 2 S. 1 AIG. Hiernach ist dem Antragsteller der übrige Teil der Akte zugänglich zu machen, soweit der Schutz der personenbezogenen Daten durch Aussonderung von Aktenteilen oder Einzeldaten gewährleistet werden kann. Soweit der Beklagte im Verwaltungsverfahren vorgetragen hat, dass eine entsprechende Verfügbar- machung ohne personenbezogene Daten nicht möglich sei, da die Bestimmungen in Verträgen ein komplexes und nicht aufspaltbares Gefüge darstellten, ist dies nicht überzeugend. Es ist auch nicht ersichtlich, dass dies jemals so in Rechtsstreitigkeiten um die Zugänglichmachung von Dokumenten mit personenbezogenen Daten, insbesondere Verträgen, vertreten worden wäre. Regelmäßig sind perso- nenbezogene Daten in Verträgen bei der Benennung der Vertragsparteien – jedoch nur, sofern es sich bei diesen um natürliche Personen handelt oder die Benennung der juristischen Person Rückschlüsse auf dahinterstehende natürliche Personen zulässt (Paal/Pauly/Ernst, 2. Aufl. 2018, DS-GVO Art. 4 Rn. 4-7) – und in der Unterschriftenzeile enthalten; gegebenenfalls enthalten Verträge auch personenbe- zogene Zuständigkeitsregeln und Ansprechpersonen. Jedenfalls kommen personenbezogene Daten in Verträgen gemäß der klassischen Struktur von Verträgen gut abgrenz- und ohne weiteres in gut zu schwärzender Weise vor. Wie der Verfasser aus eigener Erfahrung weiß, ist es bspw. bei sog. „Due Diligence“-Prüfungen im Rahmen von Unternehmenstransaktionen die Regel, dass personenbezogene Daten in Verträgen (insbesondere Arbeits-, Dienst-, Werkverträge), welche maßgeblicher Teil einer je- den „Due Diligence“ sind, vor Übersendung an einen potenziellen Erwerber geschwärzt werden. 4
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RA Dr. Phillip Hofmann, (2) Kein entgegenstehender Schutz geistigen Eigentums (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 BbgAIG) Der Beklagte hat jenseits ihres pauschalen Verweises nicht begründet, inwieweit der Schutz geistigen Eigentums, insbesondere von Urheberrechten (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 NbgAIG), dem Antrag auf Akteneinsicht entgegenstehen könnte. Es ist auch nicht zu erwarten, dass das besagte Vertragswerk eine persönliche geistige Schöpfung in Form eines Schriftwerks gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG darstellen würde. Es ist ständige Rechtsprechung, dass selbst für zweckmäßige, präzise, zutreffende und durchaus gelun- gene Formulierung eines Vertragswerks, die an typisch juristische Vertragsformulierungen angelehnt ist, kein urheberrechtlicher Schutz in Betracht kommt (vgl. nur Urteil des Oberlandesgerichts Branden- burg vom 16. März 2010 – 6 U 50/09, ZUM-RD 2010, 596; LG Stuttgart ZUM-RD 2008, 501, 502; Dreier/Schulze/Schulze, 6. Aufl. 2018, UrhG § 2 Rn. 96.). Gerade in Bezug auf amtliche Informationen wird hierbei betont, dass das Urheberrecht nicht die Sachinformation, die in einem Schriftstück oder sonstigen Werk enthalten ist, sondern nur eine besondere Ausdrucksform oder anspruchsvolle Glie- derung des Stoffes schützen solle (vgl. BeckOK InfoMedienR/Guckelberger, 28. Ed. 1.2.2020, IFG § 6 Rn. 5 m.w.N.). In der vorliegenden Konstellation, in der sich der Beklagte indes auf alle möglichen Aus- schlussgründe pauschal beruft, drängt sich gerade der Eindruck auf, dass es ihm nicht auf den Schutz der urheberechtlichen Leistungen, sondern um die Zweckentfremdung des Urheberrechts für Mittel der Geheimhaltung geht. Schließlich dürften etwaige Urheberrechte aber ohnehin bei dem Beklagten liegen. Denn üblicher- weise würde ein solcher Vertrag durch den Beklagten wohl auf Basis seines eigenen Vertragsmusters und nicht dem des Dienstleisters geschlossen werden. Auf eigene Urheberrechte kann er sich jedoch als Ausschlussgrund selbstredend nicht berufen. (3) Keine Zugänglichmachung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 BbgAIG) Der Beklagte hat nicht begründet, inwieweit der streitgegenständliche Vertrag Betriebs- oder Ge- schäftsgeheimnisse enthielte, die durch die Akteneinsicht zugänglich gemacht würden (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 BbgAIG). Hier wäre es an dem Beklagten, selbstständig die sie als informationspflichtige Stelle tref- fende Darlegungslast mit Blick auf die definitorischen Anforderungen an Betriebs- oder Geschäftsge- heimnisse zu erfüllen (vgl. für die ständige Rspr. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 27. 8. 2015 – 12 B 35/14). Auf Basis ihres Vortrags aus dem Verwaltungsverfahren ist für das Vorliegen von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen nichts ersichtlich. Ihr Vorbringen, der Vertrag sei nur den Vertragsparteien be- kannt und er solle nach dem Willen des Vertragspartners geheim gehalten werden, erfüllt nicht an- satzweise die Anforderungen an die Prüfung und Darlegung des Vorliegens eines Betriebs- oder Ge- schäftsgeheimnisses. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. nur BVerfG, Be- schluss vom 14. 3. 2006 - 1 BvR 2087/03 u.a., BVerfG NVwZ 2006, 1041 (1042) und des Bundesverwal- tungsgerichts (vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 25.7.2013 – 7 B 45/12 Rn. 10) sind Betriebs- und Ge- schäftsgeheimnisse alle auf ein Unternehmen bezogene Tatsachen, Umstände und Vorgänge, „die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nicht- verbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat“ (Hervorh. d. Verfasser). Laut Gesetzes- begründung für das BbgAIG (vgl. https://www.lda.brandenburg.de/media_fast/4055/GE_Landesregie- rung_Drs_5_6428.pdf) ist der Begriff des Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses auf dieser Basis wie folgt zu verstehen: „Danach setzt ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis neben dem Mangel an Offenkundig- keit der zu Grunde liegenden Informationen ein berechtigtes Interesse des Unternehmens an deren Nichtverbreitung voraus. Ein solches Interesse besteht, wenn die Offenlegung der Informationen geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unterneh- mens nachteilig zu beeinflussen“ 5
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RA Dr. Phillip Hofmann, (Landtag Brandenburg, Drs. 5/6428, S. 10) Ein objektiv berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung bestimmter Informationen ist anzunehmen, wenn durch ihr Bekanntwerden der Wettbewerb eines Konkurrenten gefördert oder die Stellung des eigenen Betriebs im Wettbewerb nachteilig beeinflusst werden kann und dadurch dem Geheimnisträ- ger objektiv spürbare wettbewerbsrelevante Nachteile entstehen können (vgl. für die st. Rspr. BVerwG, Urt. v. 27.11.2014 – 7 C 12/13, BVerwGE 150, 383 (391)) bzw. ihm ein wirtschaftlicher Scha- den zugefügt werden kann (vgl. nur OVG Berlin-Brandenburg Urt. v. 10.7.2015 – 12 B 3/13, BeckRS 2015, 52485). Für das BbgAIG hat der Gesetzgeber hierzu ausgeführt: „Bei Verträgen zwischen öffentlichen Stellen und Privaten ist im Hinblick auf z.B. die Of- fenlegung von Entgelt- oder Haftungsregelungen eher nicht von einem berechtigten wirt- schaftlichen Geheimhaltungsinteresse auszugehen, da nach Vertragsschluss in der Regel kein Wettbewerbsnachteil gegenüber mit bietenden Konkurrenten mehr zu befürchten sein dürfte.“ (Landtag Brandenburg, Drs. 5/6428, S. 10) Hiernach ist nicht davon auszugehen, dass in dem streitgegenständlichen Vertrag Betriebs- und Ge- schäftsgeheimnisse enthalten sind, die dem Antrag auf Akteneinsicht entgegenstünden. d. Die Klage ist damit begründet RA Dr. Phillip Hofmann Hamburg, den 23.06.2020 *** 6
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