Geheim, weil der Kronprinz es so will
Seit 2009 sind immer wieder deutsche Bundespolizisten in Saudi-Arabien im Einsatz, um den dortigen Grenzschutz zu „modernisieren“. Die Details des bilateralen Abkommens bleiben aber geheim – auf Wunsch des saudi-arabischen Regimes.
Das Königreich Saudi-Arabien ist nicht als Verfechter von Menschenrechten und Demokratie bekannt. Frauenrechtler:innen und LGBTQI+ werden inhaftiert, politische Dissident:innen gefoltert und hingerichtet. Oder, wie es das Auswärtige Amt formuliert: „Menschenrechte gelten nur unter Vorbehalt ihrer Vereinbarkeit mit der Scharia.“
Das hält deutsche Behörden jedoch nicht davon ab, mit dem Land zu kooperieren. Seit 2009 sind Beamte der Bundespolizei in Saudi-Arabien im Einsatz und bilden örtliche Grenzbeamte aus. Nachdem im Oktober 2018 der Journalist Jamal Khashoggi mutmaßlich im Auftrag des saudi-arabischen Kronprinzen Mohammed bin Salman ermordet worden war, wurde das bilaterale Projekt für ein Jahr unterbrochen, aber im Januar 2020 wieder aufgenommen.
Informationen zu der deutsch-saudischen Vereinbarung sind kaum zu finden. Das Projekt diene der „Modernisierung des saudischen Grenzschutzes“ und liege „im außenpolitischen Interesse Deutschlands“ ist alles, was man von offizieller Seite erfährt. Auch die Gewerkschaft der Polizei forderte mehr Transparenz über den Einsatz ihrer Kollegen.
Saudi-Arabien besteht auf Vertraulichkeit
Auch unsere Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) bringt keine weiteren Informationen. Die Bundespolizei lehnt die Anfrage ab, da „das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen haben kann“ und das „diplomatische Vertrauensverhältnis“ gefährdet sei.
Das ist nach dem IFG ein zulässiger Ausschlussgrund. Problematisch ist die Erläuterung der Bundespolizei: Saudi-Arabien habe „immer auf Vertraulichkeit der Abstimmungen“ bestanden, daher könne man die Informationen nicht weitergeben. Das bedeutet: Eine Diktatur diktiert, wie transparent der deutsche Staat ist.
Deutsche Grenzen werden auch am Roten Meer verteidigt
Saudi-Arabien hat eine 9000 Kilometer lange Grenze, unter anderem zum Jemen und zum Irak. Damit von dort keine Geflüchteten oder Islamisten über Saudi-Arabien nach Europa reisen können, unterstützen deutsche Behörden das Königreich in seinem Grenzschutz, offenbar ohne den Bundestag dabei einzubeziehen.
2009 bekam der Rüstungskonzern Airbus Group (damals EADS) den milliardenschweren Auftrag, den das deutsche Innenministerium mit der Regierung in Riad ausgehandelt hatte. Teil des Abkommens waren Ausbilder der deutschen Bundespolizei. Airbus Group hatte Ende letzten Jahres darauf gedrungen, das Programm wieder aufzunehmen – obwohl Waffenexporte nach Saudi-Arabien nach wie vor verboten sind.
Schwerpunkte der Trainings für die saudi-arabischen Beamt:innen seien „Bekämpfung der Urkundenkriminalität, grenzpolizeiliche Analyse und Auswertung, maritime Grenzüberwachung, [und] Öffentlichkeitsarbeit nach Innen“, aber auch auf die Sicherheit für neue Bahnlinien und die Vermittlung „rechtsstaalicher Grundsätze“ soll das Programm ausgeweitet werden. Transparenz gehört offenbar weder in der saudi-arabischen Diktatur noch in der Bundesrepublik Deutschland zu diesen Grundsätzen.
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Bundespolizeipräsidium 1 POSTANSCHRIFTBundespolizeipräsidium Heinrich-Mann-Allee 103,14473Potsdam POSTANSCHRIFT Heinrich-Mann-Allee 103 Herrn 14473Potsdam Arne Semsrott c/o Open Knowledge Foundation Deutschland e.V. TEL +49 331 ████████ Singerstraße 109 FAX +49 331 ████████ 10179 Berlin BEARBEITET ███▏ ███ ███ E-MAIL bpolp.referat. 71@polizei.bund.de INTERN ET www.bundespolizei.de DATUM Potsdam, 19. Oktober 2020 AZ 71-10 00 11 - 0003 - Band 20-45 BETREFF Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) HIER Informationen zu Auslandseinsätzen der Bundespolizei BEzuG Ihre E-Mail vom 12. August 2020 über die Plattform Frag-den-Staat ANLAGE - Sehr geehrter Herr Semsrott, mit E-Mail vom 12. August 2020 baten Sie um Zusendung von folgenden Informationen: - das Abkommen der Bundesrepublik mit Saudi-Arabien, das dem Einsatz der Bundespolizei zum "Bilateralen Projekt Saudi-Arabien" zugrunde liegt (vgl. https://www.bundespolizei.de/Web/DE/03Unsere-Aufgaben/041nternationale- Aufgaben/saudi-arabien. html?nn=64 75536) - die Einsatzdaten (Beginn des Einsatzes sowie Dauer) der beiden Kontroll- und Streifenboo- te der Bundespolizei im Seegebiet der Insel Samos in der Woche vom 28. Februar bis 6. März 2020 - die Arbeitsmaterialien des "Expertentreffens Menschenhandel" vom 11. Dezember 2019 - 13. Dezember 2019, an dem Bundespolizisten teilgenommen haben (05.01-687 23). Zu Ihrer Anfrage kann ich Ihnen folgendes mitteilen: § 1 Absatz 1 IFG gewährt jedermann nach Maßgabe des Gesetzes einen Zugang zu amtli- chen Informationen. Gleichwohl verpflichtet das IFG nicht zur Erstellung dieser Informatio- nen. Ein Anspruch auf Informationszugang besteht nicht, wenn die Ausschlussgründe der §§ 3 ff. IFG greifen. BANKVERBINDUNG Bundeskasse Deutsche - Dienstort Bundesbank BICMARKDEF1200 Kiel Filiale Hamburg IBANDE18 200000000020001066 ZUSTELL- UNDLIEFERANSCHRIFT VERKEHRSANBINDUNG Heinrich-Mann-Allee Haus44 Straßenbahn 103,14473 Kunersdorfer 91,92, 93,96, 99 Linien Potsdam Straße ,,.. • Zetti"katse1t2014 iMJdttbP.n.tfuodfamillP. WeitereInformationen zur Verarbeitung Ihrer DatenfindenSie unter v.ww.bundespolize1.de in der Rubrik Datenschutz/Datenverarbeitung.
4m. Abkommen der Bundesrepublik mit Saudi-Arabien, das dem Einsatz der Bundes- polizei zum "Bilateralen Projekt Saudi-Arabien" zugrunde liegt (vgl https:/www. bundespolizei. de/Web/DE/ O3Unsere-A ufgaben/04Internationale- Aufgaben/saudi-arabien.htmI?nn=647553 | 6) ihr Antrag auf Herausgabe von Unterlagen üb er das Abkommen der Bundesrepublik mit Saudi-Arabien, das dem Einsatz der Bundespoli zei zum "Bilateralen Projekt Saudi-Arabien" zugrunde liegt, wird gem. $ 3 Nr.1 lit. a IFG ab gelehnt. Rechtsgrundlage der Durchführung der Trainings- und Beratungsmaßnahmen der Bundes- polizei ist die zwischen dem Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) und dem Innenministerium des Königreichs Saudi-Arabien gesc hlossene Vereinbarung über die Unterstützung bei der Entwicklung und Ausbildung des Grenzsch utzes des Königreichs Sau- di-Arabien. Diese Vereinbarung ist zugleich der Projektauftrag. Ziel dieser Vereinbarung sind die Aufnahme von Kooperationsaktivitäten zur Entwicklung des Grenzschutzes im Königreich Saudi-Arabien und die Eröffnung neuer Möglichkeiten zur För- derung der Zusammenarbeit bei Ausbildung und Beratung in anderen Sicherheitsbereichen. Zur Umsetzung der Bestimmungen dieser Vereinbarung hat das BMI ein ständiges Büro mit Sitz in Riad errichtet. Der Herausgabe der entsprechenden Unterlagen steht der Ausschlussgrund des $ 3 Nr. 1 Buchst. a IFG entgegen. Nach dieser Norm besteht ein Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf die internatio- nalen Beziehungen haben kann. Der Ausschlussgrund schützt die auswärtigen Belange der Bundesrepublik Deutschland und das diplomatische Vertrauensverhältnis zu ausländischen Staaten. Die saudi-arabische Seite hat immer auf Vertraulichkeit der Abstimmungen zur Vereinbarung bestanden. Die Vertragsparteien haben sich verpflichtet, die "... ausgetauschten Informatio- “rien zu schützen und sie nicht ohne schriftliches Einverständnis der anderen Vertragspartei an Dritte weiterzugeben". 2. Die Einsatzdaten (Beginn des Einsatzes sowie Dauer) der beiden Kontroll- und Strei- fenboote der Bundespolizei im Seegebiet der Insel Samos in der Woche vom 28. Februar bis 6. März 2020 Ihr Antrag auf Herausgabe der Einsatzdaten (Beginn des Einsatzes sowie Dauer) der beiden Kontroll- und Streifenboote der Bundespolizei im Seegebiet der Insel Samos in der Woche vom 28. Februar bis 6. März 20202 wird gemäß 8 3 Nr. 4 IFG abgelehnt. Ziel der Operationen Poseidon der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache (Frontex) ist die Unterstützung der griechischen Behörden bei der Eindämmung der illegalen Migration im östlichen Mittelmeer. Wesentlich sollen hierbei die dort agierenden Schleuser- 555
sE1TE3VON3 netzwerke bekämpft werden. Die Herausgabe der Einsatzdaten ließe Rückschlüsse auf die Einsatzintervalle und Einsatzze iträume der dort agierenden Kräft e zu und würde die Erre i- chung der Einsatzziele gefährden . Gemäß § 3 Nr . 4 IFG besteht der Anspruch auf Informati- onszugang nicht , wenn die Information einer durch Rechtsvorschrift oder durch die Allgemei - ne Verhaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssa - chen geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht unt erl iegt. Dieser Ausnahme - tatbestand liegt in Bezug auf den von Ihnen zur Einsicht begehrten Einsatzdaten vor, da die - se aufgrund geheimhaltungsbedürftiger Tatsachen und Erkenntnisse im Sinne des Sicher- heitsüberprüfungsgesetzes (SÜG) in Verbindung mit der Verschlu sssachenanweisung (VSA) als Verschlusssache eingestuft sind . Die Daten dürfen damit nur Personen zugänglich ge- macht werden , die aufgrund ihrer Dienstpflichten von dieser Ke nntnis haben müssen . Die Einstufung als Verschlusssache wurde aus Anlass Ihres Antrage s nochmals überprüft und wird im Ergebnis unverändert aufrechterhalten ." 3. Oie Arbeitsmaterialien des "Expertentreffens Menschenhandel" vom 11 . Dezember 2019- 13. Dezember 2019 , an dem Bundespolizisten teilg enommen haben (05.01- 687 23) Wie aus der Bundesdrucksache 19/19467 (Polize i und Zolleinsätz e im Ausland (Stand : vier- tes Quartal 2019) ) erkennbar ist, handelte es si ch bei dem 11 Expertentreffen Menschenhan- del " im Dezember 2019 um eine Maßnahme des Bundeskriminal amtes . Der Bundespolize i liegen diesbezüglich keine Unterlagen vor . Mithin kann Ihrem Antr ag auf Informationszugang nicht stattgegeben werden . Diese Auskunft ergeht kostenfrei. Mit freundlichen Grüßen Im Auftrag ███