Interner Polizeibericht zeigt fehlende Opferbetreuung
Im Oktober 2019, am jüdischen Feiertag Jom Kippur, versucht ein bewaffneter Rechtsextremer in eine Synagoge in Halle einzudringen. Die Opfer des Angriffs kritisieren das Verhalten der Polizei nach der Tat. Der interne Bericht der Landespolizei, den wir veröffentlichen, zeigt, dass die Behörde nur teilweise einsichtig ist.
„Sie sahen uns nicht als die Opfer, die wir waren“, sagt ein Rabbi beim Gerichtsverfahren um den rechtsextremen Anschlag in Halle am 09. Oktober 2019. Er war einer der 52 Menschen, die über die Überwachungskameras beobachteten mussten, wie der Täter versuchte, mit Hilfe von Sprengsätzen und einer Schusswaffe die Tür zur Synagoge aufzubrechen. Der Rechtsextreme schaffte es nicht, in die Synagoge einzubrechen, ermordete zwei Menschen auf seiner Flucht und wurde anschließend festgenommen. Das Oberlandesgericht Naumburg verurteilte ihn mittlerweile zu lebenslanger Haft.
Mit „Sie“ meint der Rabbi jedoch nicht den Täter, sondern jemand anderen: die polizeilichen Einsatzkräfte, die an diesem Tag vor Ort waren waren. Nach dem Anschlag wurden die Stimmen der Betroffenen lauter, dass die Polizei sich ihnen gegenüber unsensibel und unpassend verhalten hätte. Auch der Untersuchungsausschuss im Landtag Sachsen Anhalt kommt in seinem Bericht zu diesem Ergebnis.
FragDenStaat hat mithilfe des Informationsfreiheitsgesetzes beim Ministerium für Inneres und Sport von Sachsen Anhalt den Schlussbericht der Landespolizei anlässlich des terroristischen Anschlags in Halle (Saale) angefragt. Bisher war dieser nur vom Untersuchungsausschuss einsehbar. Aus dem Dokument, das wir veröffentlichen, geht hervor, dass die Landespolizei den bisher stark kritisierten Einsatz als „erfolgreich bewältigt“ verbucht. Vor allem in Bezug auf das Verhalten gegenüber der Opfer scheint es nur wenig Einsicht zu geben. So seien Maßnahmen, die von den Opfern kritisiert wurden, „aus polizeilicher Sicht erforderlich und taktisch zweckmäßig gewesen“.
Dokumentation nicht vorhanden
Der Bericht beginnt mit der Feststellung, dass eine Rekonstruktion des polizeilichen Einsatzes herausfordernd gewesen sei, denn es habe an der eigentlich verpflichtenden Dokumentation gefehlt. Funksprüche, Telefonate, GPS-Koordinaten der Einsatzfahrzeuge sowie Entscheidungen der Einsatzleiter:innen seien nur unzureichend aufgezeichnet worden. Ebenso hätte es Probleme bei der Kommunikation via Funk gegeben. Teilweise erfolgten Gespräche über weitere Verläufe des Einsatzes sowie die Weitergabe von relevanten Informationen über die privaten Mobiltelefone der Polizist:innen.
In Bezug auf die Opfer spiegelt sich die Uneinsicht vor allem in der Wortwahl. So wird von „beklagen“ gesprochen, weil Überlebende nachdem sie Stunden lang in der Synagoge ausharren mussten, danach fragten, wann sie den mit den Bussen vollständig evakuiert werden würden. Die Sache mit den Bussen stand zuvor schon in der Kritik. So seien diese nicht ausreichend von Medienvertreter:innen und Schaulustigen abgegrenzt worden. Auch der Bericht bestätigt, dass auf einen „Sichtschutz“ verzichtet wurde. Ein Grund wird nicht genannt.
Keine Betreuung der Opfer und Angehörigen
Ebenso sagten die Überlebenden, dass auf ihre Bedürfnisse nicht eingegangen wurde. Sie sahen sich eher in einer Täter- statt in einer Opferrolle wieder. Unter anderem auch deshalb, weil an ihnen Leibesvisitationen durchgeführt wurden, bevor sie die Synagoge verließen, um in den Bus zu steigen. Im polizeilichen Bericht wird zwar auf die Kritikpunkte eingegangen, jedoch wird der Schluss gezogen, dass nicht die Vorgehensweise, sondern die Kommunikation der Polizei darüber das Problem gewesen sei.
Ein Absatz zeigt, dass die mangelnde Sensibilität, die vorgeworfen wird, auch nicht verwunderlich ist: „Qualifizierte personelle Ressourcen zur Betreuung der Opfer, Zeug*innen, Angehörigen oder sonstigen betroffenen Personen standen in den ersten Stunden des Einsatzes nicht ausreichend zur Verfügung“.
Gegenüber der taz, die den Bericht vorab einsehen konnten, erklärte das Innenministerium von Sachsen-Anhalt, es erarbeite derzeit ein Konzept für Fortbildungen, um Polizist:innen in der Opferberatung zu „sensibilisieren“.
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3.45 ‚Meldeverpflichtungen .::..::::::64:s524:sa:s0s23s2@ 00000 Hasas nis snnannensn en nana nenn rer 41 35. "Dokumentallen.z.u..smrenirasserre engen rere Ener hreeh es paparrahs rec hfe rs 42 3.6 Allgemeine Aufbauorganisation.................unssserenesnnnnnnnnennnennnnnnnnnannunnnsnennnnnnannnnnnen 44 5.2 CROHBIAUNG. ars ame RETTET ..46 EBEN \ 7161516721 4:) 1187 4 (© PROBIERE RRARRERPERFRIER NAD RABERHERGRBFR ACER BER EHE RSUNFRPERRREERPERFFPERURTTRPFFRRPFPRERARRFARE 47 u NE esse sehe 49
Abkürzungsverzeichnis AAO BAB BAO BKA BOS BRA EA EF ELDIS EPSweb GSG 9 IMSI LBP lebEL LEinsD LEvD LFZ LKA LKW LRED LRKD LZKD PDV/DV PKW PRev TBZ TE TKÜ USBV VS ZED ZVAD Allgemeine Aufbauorganisation Bundesautobahn Besondere Aufbauorganisation Bundeskriminalamt Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben Abteilung für Brand-, Katastrophenschutz und Rettungsdienst der Stadt Halle (Saale) Einsatzabschnitt Einsatzführer*in Elektronisches Leitstellendispositions- und Informationssystem webbasiertes Einsatzprotokollsystem Grenzschutzgruppe 9 der Bundespolizei International Mobile Subscriber Identity Landesbereitschaftspolizei Sachsen-Anhalt lebensbedrohliche Einsatzlage Leiter*in Einsatzdienst Leitende*r Einsatzbeamt*in vom Dienst Lage- und Führungszentrum Landeskriminalamt Sachsen-Anhalt Lastkraftwagen Leiter*in Reviereinsatzdienst Leiter*in Revierkriminaldienst Leiter*in Zentraler Kriminaldienst Polizeidienstvorschrift/Dienstvorschrift Personenkraftwagen Polizeirevier taktisch-betriebliche Zusammenarbeit terroristische Einsatzlagen Telekommunikationsüberwachung Unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung Verschlusssache Zentraler Einsatzdienst Zentraler Verkehrs- und Autobahndienst
1 Vorbemerkungen 1.1 Auftrag Bereits während des Einsatzgeschehens am 9. und 10. Oktober 2019 begann die Aufbereitung des polizeilichen Handels durch die einsatzführende Behörde, die Polizeiinspektion Halle (Saale). Am 16. Oktober 2019 richtete der Landespolizeidirektor im Referat 23 des Ministeriums für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt eine Stabsstelle zur Aufarbeitung des Einsatzgeschehens vom 9. Oktober 2019 in Halle (Saale) und der bisherigen Schutzmaßnahmen jüdischer Einrichtungen im Land Sachsen-Anhalt ein". Ziel war die Untersuchung der Einsatzbewältigung durch die Landespolizei Sachsen-Anhalt?. Insbesondere sollten die Umsetzbarkeit bestehender Einsatzkonzeptionen beleuchtet sowie Gründe für die von den Konzeptionen abweichenden Entscheidungen benannt werden. Die Leiterin der Abteilung Öffentliche Sicherheit und Ordnung im Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt führte in einer Sitzung des Ausschusses für Inneres und Sport des Landtages von Sachsen-Anhalt am 14. Oktober 2019 zum Einsatzgeschehen aus. Sie betonte dabei, dass die Ergebnisse der Aufarbeitung des Einsatzgeschehens die Landespolizei hinsichtlich der fachlichen Bewertung, der Schlussfolgerungen für die Aus- und Fortbildung sowie der Konsequenzen für die zukünftige Ausrichtung prägen wird. Schwerpunkt der Auswertung und Nachbereitung des polizeilichen Einsatzes vom 9. Oktober 2019 bildete die taktische Einsatzbewältigung. Die Arbeit innerhalb der BAO wurde hinsichtlich erfolgskritischer Faktoren untersucht und dabei einer Schwachstellenanalyse unterzogen. Inhalte des Strafverfahrens und Hintergründe die Person des Täters betreffend, fanden keinen Einfluss in die Einsatzauswertung und Nachbereitung. Der auszuwertende bzw. nachzubereitende Zeitraum des Einsatzes beginnt mit Eingang der Erstinformation am 9. Oktober 2019 in der Polizeiinspektion Halle (Saale) und endet am 10. Oktober 2019 mit. Beendigung der BAO. Der Schlussberichte vom 23. Februar 2021 (VS-Nur für den Dienstgebrauch), vorliegend in der offenen Managementfassung, dient insbesondere der Sicherung von Einsatzerfahrungen. Zugleich wird die Tragfähigkeit und Zweckmäßigkeit bestehender Konzeptionen hinsichtlich der Praxistauglichkeit überprüft. Handlungsempfehlungen werden benannt, ohne den Anspruch zu erheben, vollständige Lösungsansätze zu präsentieren. Die gewonnenen Erkenntnisse und die erarbeiteten Lösungsansätze sollen Einfluss in die Erstellung von Konzeptionen, die inhaltliche Ausgestaltung der Aus- und Fortbildung und die infrastrukturelle Weiterentwicklung der Landespolizei finden. ' Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt, Errichtung einer Stabsstelle zur Aufarbeitung des Einsatzgeschehens vom 09.10.2019 in Halle (Saale) und der bisherigen Schutzmaßnahmen jüdischer Einrichtungen im Land Sachsen-Anhalt.18.10.2019. 2 Vermerk des Ministeriums für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt, Auswertung der polizeilichen Einsatzmaßnahmen anlässlich der lebensbedrohlichen Einsatzlage in Halle (Saale) vom 9. Oktober 2019. 07.11.2019. 4
1.2 Methodik Eine erste Grundlage für die Nachbereitung bildete die Auswertung der Einsatzdokumentationen des Führungsstabes des Polizeiführers und der Einsatzabschnitte im webbasiertem Einsatzprotokollsystem EPSweb. Dieses dient der Dokumentation von Einsätzen, der Verteilung von Meldungen, Anforderungen und Arbeitsaufträgen innerhalb eines Führungsorgans sowie der Informationssteuerung. Im EPSweb erfolgten während der Dauer der BAO durch den Führungsstab 543 Lageeinträge. Insbesondere während der Anfangsphase wurden Lücken und Unvollständigkeiten in der Einsatzdokumentation festgestellt. Aufgrund des extrem hohen Informationsaufkommens konnte die Dokumentation in der Anfangsphase nicht vollumfänglich erfolgen. Um den Ablauf der Einsatzlage abbilden zu können, wurde der gesamte Funkverkehr der Polizeiinspektion Halle (Saale) sowie die im Einsatz genutzten Funkrufgruppen aller Inspektionsbereiche für den Einsatztag im Zeitraum von 12:00 Uhr bis 19:00 Uhr detektiert. Hierdurch konnten sämtliche genutzten Funkrufgruppen bekannt gemacht und anschließend qualifiziert gesichert und zur Verfügung gestellt werden. Mit dem Übergang in die Phase 2 der BAO erfolgte ausschließlich die Sicherung des Führungskanals bis zum 10. Oktober 2019, 21:00 Uhr. Insgesamt wurden 2.123 Funksprüche, 645 Festnetztelefonate im LFZ sowie 472 Notrufe gesichert. Hinzu kamen 27 Notrufe, welche in der Leitstelle des BRA der Stadt Halle (Saale) eingingen und nach eigener Vorauswahl durch das BRA der Polizeiinspektion Halle (Saale) übergeben wurden. Diese Daten wurden transkribiert und anschließend nach Relevanz selektiert. Somit sind Funksprüche, Notrufe und Festnetztelefonate, welche nicht im Zusammenhang mit dem Einsatzgeschehen um die Lage stehen, aus dem Einsatzverlauf exkludiert. In der Folge wurden die Funksprüche einer Klassifizierung nach Tatorten, Kräften, polizeilichem Planungs- und Entscheidungsprozess, Parallellagen, Anfragen und Berichtspflichten sowie Hinweisen unterzogen. Dem dokumentierten Einsatzverlauf liegen Tabellen mit insgesamt 3.804 Datensätzen zugrunde. Der Einsatzverlauf wurde durch Berichte und Dokumentationen von Einsatzbeamt*’innen sowie der Organisationseinheiten vervollständigt. Auf dieser Grundlage konnte die Chronologie des Einsatzes minutiös dargestellt werden. Anschließend erfolgte eine detaillierte Analyse der BAO. Am Einsatztag war die ab dem 1. März 2017 in der Landespolizei Sachsen-Anhalt implementierte Landeskonzeption für lebensbedrohliche Einsatzlagen Handlungs- und Entscheidungsgrundlage aller eingesetzten Polizeibeamt*innen. Diese Landeskonzeption umfasst die Bestandteile
» Erstinterventionskonzept (Stand: 21. Februar 2017) und e Führungs- und Einsatzkonzeption - terroristische Einsatzlagen — (Stand: 21. Februar 2017). Zum 27. März 2018 wurde diese Konzeption ergänzt um das e Aus- und Fortbildungskonzept (Stand: 15. März 2018) und « Das Konzept für die Einsatzbegleitende Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (Stand: 15. März 2018)). Das Erstinterventionskonzept thematisiert den Zeitraum vom Bekanntwerden einer lebensbedrohlichen Einsatzlage bis zum Übergang in die Phase 2 der BAO. Mit dem Übergang in die Phase 2 der BAO kommt die Führungs- und Einsatzkonzeption - terroristische Einsatzlagen — mit Stand vom 21. Februar 2017 zur Anwendung. Im Rahmen der Analyse der BAO konnten Abweichungen gegenüber den Vorgaben der Landeskonzeption für lebensbedrohliche Einsatzlagen sowie Lücken in der Nachvollziehbarkeit von Einsatzmaßnahmen und Aufträgen identifiziert werden. Um diese Aspekte zu beleuchten, wurden 18 Einsatzbeteilige um die Erstellung von Erfahrungsberichten gebeten und mit weiteren 18 Kolleg*innen strukturierte Interviews durchgeführt. Mit den Kolleg*innen, die im Rahmen der Erstintervention an den Tatörtlichkeiten eingesetzt waren, wurden Gruppeninterviews in Form von offenen Gesprächsrunden durchgeführt. Die Erfahrungsberichte und Interviews bestanden aus einem allgemeinen Fragentel und einem funktionsspezifischen Leitfaden. Dabei sollten Hintergründe für das Abweichen von der Landeskonzeption für lebensbedrohliche Einsatzlagen erkannt sowie Gründe für Führungsentscheidungen beleuchtet werden. Auf Grundlage der erstellten Einsatzchronologie, der Analyse der BAO sowie der Erfahrungsberichte und Interviews wurden in Form einer qualitativen Inhaltsanalyse die erfolgskritischen Faktoren definiert und beschrieben. Dabei werden die Inhalte der Landeskonzeption für lebensbedrohliche Einsatzlagen sowie weiterer Vorschriften der konkreten Einsatzbewältigung gegenübergestellt. Gründe für abweichende Entscheidungen und Handlungen werden beschrieben. In Teilen wurden bereits Handlungsempfehlungen entwickelt und benannt. Die nachstehenden Themenfelder stehen in Abhängigkeit zueinander. Daher ist eine isolierte Betrachtung nicht möglich, Überschneidungen bzw. Dopplungen von Inhalten sind mithin unvermeidbar.
2 Lage 2.1 Allgemeine Lage 2.1.1 Tatörtlichkeiten Die Stadt Halle (Saale) ist mit 135,03 km*® die flächenmäßig kleinste der drei kreisfreien Städte im Land Sachsen-Anhalt, jedoch mit 238.762 Einwohnern‘ zugleich diebevölkerungsreichste. Eines der attraktivsten Wohnviertel in der Stadt Halle (Saale) ist das Paulusviertel im Stadtbezirk Nord. Gekennzeichnet ist das Gründerzeitviertel durch die überwiegende Wohnbebauung in Form von Villen und Bürgerhäusern sowie eine netzförmige Straßenführung, für die eine sehr geringe Straßenbreite charakteristisch ist. Die Synagoge der Jüdischen Gemeinde zu Halle (Saale) hat ihren Sitz in der Humboldtstraße im südöstlichen Teil des Paulusviertels, unweit der nördlichen Innenstadt, Das ursprünglich als Trauerhalle des ehemaligen Jüdischen Friedhofs genutzte Gebäude im maurischen Stil wird seit Ende des Zweiten Weltkrieges als Synagoge genutzt. Die Synagoge und der angrenzende weitläufige Bereich des ehemaligen Jüdischen Friedhofs sind von Außenmauer sowie angrenzenden Gebäuden umschlossen. Die Ludwig-Wucherer-Straße, in der sich der Kiez Döner befindet, stellt die südliche Begrenzung des Paulusviertels dar. Die Stadt Queis mit dem Ortsteil Wiedersdorf gehört zu der Gemeinde Landsberg im Saale- kreis und hat 1.413 Einwohner?. Die Entfernung von Wiedersdorf nach Halle (Saale) beträgt ca. 14 km Fahrweg. 2.1.2 Zuständigkeiten und Strukturdaten Die Polizeiinspektion Halle (Saale) ist eine von vier Flächeninspektionen des Landes Sachsen- Anhalt. Ihre Zuständigkeit umfasst die Landkreise Burgenlandkreis, Mansfeld-Südharz, Saalekreis sowie die kreisfreie Stadt Halle (Saale). Somit gewährleistet die Polizeiinspektion Halle (Saale) die Sicherheit von insgesamt 736.365 Bürger*innen®. Am 1. Oktober 2019 verfügte die Polizeiinspektion Halle (Saale) über einen Gesamtpersonalbestand von 1.452 Polizeivollzugsbeamt*innen. Die nachgeordneten Organisationeinheiten der Polizeiinspektion Halle (Saale) sind die Polizeireviere Halle (Saale), Saalekreis, Burgenlandkreis und Mansfeld- Südharz sowie der ZVAD, der ZKD und der ZED. Gemäß Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt sind die Streifenbereiche der Polizeiinspektion grundsätzlich 24/7 zu besetzen. Die durchschnittliche Reaktionszeit soll nach Bekanntwerden ‚eines Ereignisses bis zum Eintreffen der ersten polizeilichen Einsatzkräfte für fremdveranlasste, priorisierte Einsätze im Mittel unter 20 Minuten betragen. ° Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt, Statistischer Bericht. Gebiet nach Art der tatsächlichen Nutzung. 2018, S. 11. * Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt, Statistischer Bericht. Bevölkerungsstand, Natürliche Bevölkerungsbewegung, Wanderungen. Bevölkerung der Gemeinden. 2019, S. 7 5 Kurzinfo Queis (Stand: 10/2012). https://www.stadt-landsberg.de/snippets/ortschaften/ortschaft-queis/.[06.11.2020] ® Statistisches Landesamt Sachsen-Anhalt, Statistischer Bericht. Bevölkerungsstand, Natürliche Bevölkerungsbewegung, Wan- derungen. Bevölkerung der Gemeinden. 2020, S. 7, 7
Auf dieser Vorgabe basiert die Verfügung der Polizeiinspektion Halle (Saale) zur Gewährleistung der Pflichtdienststärken in den Streifenbereichen. Gemäß dieser Verfügung müssen der Polizeiinspektion Halle. (Saale) zur Erfüllung des Pflichtdienstes in einer Frühschicht am Mittwoch mindestens 30 Funkstreifenwagen zur Verfügung stehen. Für das Polizeirevier Halle (Saale) sind 10 Funkstreifenwagen als Mindeststärke vorgesehen. Im Jahr 2019 betrug die Häufigkeitszahl der Gesamtstraftaten für die Stadt Halle (Saale) laut Polizeilicher Kriminalstatistik 11.455. Verglichen mit den Häufigkeitszahlen der Landkreise und kreisfreien Städte der Bundesrepublik Deutschland weist die Stadt Halle (Saale) den siebt- höchsten Stand auf”. 2.2 Besondere Lage Jom Kippur ist der wichtigste Festtag des jüdischen Jahres und wird auch als Versöhnungstag bezeichnet. Der Versöhnungstag ist ein Tag der Reue, der Buße und der Umkehr und soll dazu dienen, den Menschen zu entsühnen sowie die göttliche Verzeihung für seine Missetaten erlangen zu lassen. Jom Kippur ist ein strenger Fasttag. Das Fest beginnt am Abend und dauert bis zum Abend des nächsten Tages an. Während der Zeit des Fastens finden Gottesdienste und Gebete statt. Am Ende des Fastens wird die Mahlzeit, geprägt von einem festlichen Charakter, eingenommen und man wünscht sich gegenseitig ein gutes Jahr und gute Besinnung?. Im Jahr 2019 wurde dieser Festtag vom Vorabend bis zum Sonnenuntergang am 9. Oktober 2019 begangen. Zum Zeitpunkt des Anschlages befanden sich 52 Personen in der Synagoge, die zum Teil auch bundesweit und aus dem Ausland angereist waren. Am 9. Oktober 2019, ab 12:01 Uhr, versuchte der 27-jährige Stephan B. in die Synagoge der Jüdischen Gemeinde zu Halle (Saale) in der Humboldtstraße zu gelangen. Er zündete mehrere Sprengsätze und beschoss die Eingangstür. Insgesamt agierte Stephan B. an der Synagoge über einen Zeitraum von sechs Minuten und erschoss um 12:03 Uhr eine Passantin. Er fand keinen Zugang zum Gebäude und fuhr mit dem Mietfahrzeug um 12:07 Uhr in die nahegelegene Ludwig-Wucherer-Straße zum dort befindlichen Kiez Döner. In diesem Imbiss tötete Stephan B. um 12:10 Uhr einen weiteren Passanten mit einer Schusswaffe. Bei einem Schusswechsel mit eintreffenden Polizeibeamten wurde er von einem Projektil am Hals getroffen und verletzt. Dennoch flüchtete er mit dem Mietfahrzeug weiter in die Ortslage Landsberg, Ortsteil Wiedersdorf. ’BKA, Redaktion Internet, (Stand:02.04.2019) https://www.bka.de/DE/Aktuelleinformationen/StatistikenLagebilder/Polizeiliche Kriminalstatistik/P’KS2018/pks2018 _node.htmi, [06.11.2020] ® Zentralrat der Juden, Jüdischer Kalender — Jüdisches Jahr. https://www.zentralratderjuden.de/judentumi/feiertage/ . [06.11.2020]
Dort stellte er gegen 13:00 Uhr das Mietfahrzeug in einem privaten Hof ab und schoss auf zwei weitere Personen. Diese trugen schwere Verletzungen davon. Kurz darauf raubte Stephan B. ein Taxi und fuhr damit auf die BAB 9 in Fahrtrichtung München. Er verließ die BAB 9 an der Anschlussstelle Weißenfels. Im Bereich der Kreuzung B 91/Abzweig Werschen kollidierte er um 13:35 Uhr in einer dort befindlichen Baustelle mit einem LKW. Nach dem Versuch fuRläufig zu flüchten, wurde Stephan B. um 13:36 Uhr festgenommen. Die ersten 35 Minuten seiner Handlungen filmte Stephan B. und streamte live auf das Streaming- Videoportal „Twitch.tv". In der Zeit von 12:55 Uhr bis in die Nacht zum 10. Oktober 2019 gingen insgesamt 25 Informationen zu 23 mutmaßlichen Parallellagen über den Notruf der Polizei ein. Diese Informationen reichten von der akustischen Wahrnehmung von Schüssen, über bewaffnete Personen bis hin zu einer gemeldeten Geisellage. Die Örtlichkeiten befanden sich sowohl im Stadtgebiet Halle (Saale) als auch in den angrenzenden Landkreisen Burgenlandkreis, Mansfeld-Südharz und Saalekreis. Aufgrund dieser Meldungen wurden umfangreiche polizeiliche Maßnahmen eingeleitet. Die Sachverhalte bestätigten sich letztlich nicht. 2.3 Einsatzverlauf 2.3.1 Phase 1 Nachdem ab 12:05 Uhr die ersten Notrufe eingingen, wurden Funkstreifenwagen über Funk vom LFZ angesprochen und zum Einsatzort entsandt. Diese befanden sich in einer Entfernung von ca. 3km zum Tatort, Umgehend wurde die Verfügbarkeit weiterer Einsatzkräfte im Bereich Halle (Saale) durch das LFZ über Funk erfragt. Ein Disponent setzte den Führungsbeamten vom Dienst über den Inhalt der Notrufe in Kenntnis. Während weitere Funkstreifenwagen zum Einsatzort disponiert wurden, ging um 12:09 Uhr der Notruf eines Mitglieds der Jüdischen Gemeinde im BRA ein. Der Anrufer, der sich in der Synagoge befand, teilte mit, dass in der Synagoge niemand verletzt sei. Der entgegennehmende Disponent gab WVerhaltenshinweise. Er empfahl alle Türen zu verschließen und die Synagoge nicht zu verlassen. Um 12:10 Uhr wurde der Leiter Stabsbereich LFZ vom Führungsbeamten vom Dienst über die Ausgangslage informiert. Der Leiter Stabsbereich LFZ löste die BAO „lebensbedrohliche Einsatzlage Phase 1" aus und erklärte die Führungsübernahme. Er legte die zu bildenden Einsatzabschnitte fest und traf Festlegungen zu den unverzüglich vorzunehmenden Einsatzmaßnahmen. Diese festgelegten Maßnahmen wurden durch das LFZ bzw. in der Folge durch den sich bildenden Führungsstab des Polizeiführers zeitnah umgesetzt,