Marco Buschmann will offiziellen Mailverkehr geheim halten
Um Einblicke in das offizielle Minister-Postfach zu verhindern, behauptet das Bundesjustizministerium, die Nachrichten des Behördenchefs seien keine amtlichen Informationen. Wir klagen dagegen.

Was liegt Marco Buschmann in seiner Arbeit besonders am Herzen? Auf welche Vorgänge in seinem Haus nimmt der Justizminister persönlich Einfluss? Und wie kommentiert er intern die Kritik an der Arbeit des Ministeriums? Aufschluss darüber würde das Mail-Postfach des Ministers geben. Doch diese Informationen sollen geheim bleiben, fordert das Bundesjustizministerium (BMJ) – und zieht dafür eine fragwürdige Argumentation heran: Die Mails von Buschmann seien unter anderem „aufgrund ihrer geringfügigen inhaltlichen Relevanz” keine amtlichen Informationen. Wir haben dagegen Klage eingereicht.
Die Spuren des Ministers
Im analogen Zeitalter ließ sich leicht nachvollziehen, wie und an welchen Stellen Minister*innen in ihren Behörden persönlich Einfluss auf Entscheidungen hatten. Ihre Spuren ließen sich in den Akten der Ministerien leicht an der Schriftfarbe erkennen. Noch heute bestimmt die Gemeinsame Geschäftsordnung der Bundesministerien, dass Bundesminister*innen für Vermerke in papiergebundenen Vorgängen der Grünstift vorbehalten ist.
Durch die Digitalisierung hat sich die Arbeit in den Ministerien verändert. Trotz schleppender Digitalisierung in vielen Teilen der öffentlichen Verwaltung hat sich zumindest die E-Mail dort bereits durchgesetzt. Doch wem und worüber der Bundesjustizminister Mails schreibt, soll im Dunkeln bleiben. Einen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) auf Zugang zu den Mails und Textnachrichten des Ministers aus einer Arbeitswoche im Januar 2023 lehnte die Behörde ab.
Ablehnung mit fragwürdiger Argumentation
In seinem Ablehnungsbescheid beruft sich das Ministerium auf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2021. Damals entschied das Leipziger Gericht nach unserer Klage, dass die Twitter-Direktnachrichten des offiziellen Accounts des Bundesinnenministeriums (BMI) keine amtlichen Informationen im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes darstellen sollen. Laut Gericht gebe es zwei Wege, durch die eine Information bei einer Behörde eine „amtliche Information“ werde. Entweder, indem sie objektiv so relevant sei, dass sie zur Akte genommen werden müsse, sofern eine Papierakte geführt wird. Oder, indem die Behörde subjektiv den Willen habe, die Information für ihre Arbeit zu speichern. Für die Twitter-Direktnachrichten des Innenministeriums sei das nicht der Fall gewesen. Das Gericht unterstellte, dass die Nachrichten keine relevanten Informationen enthielten und dass das BMI sie auch gar nicht speichern wolle. Die Nachrichten seien nur deshalb bei Twitter gespeichert, weil der Betreiber den Nutzer*innen keine andere Wahl ließe.
Diese Entscheidung hat das Potential, von Behörden dazu genutzt zu werden, das Recht auf Zugang der Öffentlichkeit zu digitalen Informationen gefährlich einzuschränken. Mit der Weigerung des Bundesjustizministeriums ist nun eingetreten, was seitdem zu befürchten war: Die Behörden versuchen auszuloten, wie weit sie das IFG zurückdrängen können, wenn es um elektronisch gespeicherte Daten geht.
Dabei ist die Argumentation des Justizministeriums auch dann kaum haltbar, wenn man die Maßstäbe anlegt, die das Bundesverwaltungsgericht bezüglich der Twitter-Nachrichten gesetzt hat. Die E-Mails des Ministers befinden sich auf einem Server des Bundes, der genau dafür gedacht ist, die E-Mails des Ministers zu speichern. Einen subjektiven Willen zur Speicherung muss das Ministerium demnach also haben. Zudem ist es wenig plausibel zu behaupten, sämtliche E-Mails, die ein Bundesminister empfängt oder versendet, seien so irrelevant, dass sie nicht veraktet werden müssten. Zumindest ein Teil des Postfachs müsste daher auch bei objektiver Betrachtung aus amtlichen Informationen bestehen.
Eine Gefahr für die Informationsfreiheit
Es scheint, als wolle das BMJ unbedingt verhindern, dass die Öffentlichkeit erfährt, wie genau Marco Buschmann arbeitet und wer mit ihm in Kontakt tritt. Würde sich die Rechtsauffassung des Ministeriums durchsetzen, wäre es mit fortschreitender Digitalisierung nahezu unmöglich, Informationen über Vorgänge der Bundesregierung zu erlangen. Das Informationsfreiheitsgesetz, das Transparenz schaffen und die Kontrolle der Regierung ermöglichen soll, wäre faktisch wirkungslos.
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, haben wir Klage gegen das Bundesjustizministerium eingereicht und verlangen weiterhin, dass die E-Mails und Textnachrichten von Marco Buschmann herausgegeben werden.
Katja Pink Rechtsanwältin Anwaltsbüro Hohenzollerndamm 7 Pink.• Rechtsanwältin • Hohenzollerndamm 7 • 10717 Berlin 10717 Berlin Verwaltungsgericht Berlin Telefon 030 – 88 62 48 59 Kirchstr. 7 Telefax 030 – 88 62 48 67 10557 Berlin E-Mail kanzlei@rechtsanwaeltin-pink.de www.rechtsanwaeltin-pink.de Berlin,8. Juni 2023 Mein Az: P35K230 pi D1/13456 Klage des Herrn Marco Mauer, - Kläger - Verfahrensbevollmächtigte: Rechtsanwältin Katja Pink, Hohenzollerndamm 7, 10717 Berlin, gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium der Justiz, Mohrenstraße 37, 10117 Berlin, - Beklagte - wegen Antrag auf Zugang zu amtlichen Informationen nach dem IFG, UIG und VIG Gegenstandswert (vorläufig) 5.000,- € Honorarkonto IBAN DE57 1001 0010 0728 5371 35 BIC PBNKDEFF Postbank Ndl der Deutsche Bank 1

Namens und in Vollmacht des Klägers erhebe ich Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin mit dem Antrag, I. den Bescheid des Bundesministeriums der Justiz vom 28. Februar 2023 in Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 4. Mai 2023 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger gemäß seinem Antrag vom 1. Februar 2023 Zugang zu folgenden Informationen durch Übersendung von Kopien, Ablichtungen oder Ausdrucken zu gewähren: - sämtliche E-Mails, die der Bundesminister der Justiz im Zeitraum zwischen dem 23.01.2023 und dem 27.01.2023 verschickt hat, - sämtliche Textnachrichten (SMS oder Messenger), die der Bundesminister der Justiz im vorgenannten Zeitraum verschickt hat II. der Beklagten die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Eine entsprechende Prozessvollmacht wird als Anlage K 0 eingereicht. Begründung Sachverhalt Der Kläger begehrt vom Bundesministerium der Justiz (im Folgenden: BMJ) Zugang zu sämtlichen E-Mails und Text-Nachrichten des Bundesministers der Justiz (im Folgenden: BMin) vom 23. bis zum 27. Januar 2023. Mit E-Mail vom 1. Februar 2023 (Anl. K 1, S. 1 f.) beantragte der Kläger beim BMJ gestützt auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG), das Umweltinformationsgesetz (UIG), und das 2

Gesetz zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Verbraucherinformation (VIG) die Übersendung von Folgendem: - sämtliche E-Mails, die der Bundesminister der Justiz im Zeitraum zwischen dem 23.01.2023 und dem 27.01.2023 verschickt hat, - sämtliche Textnachrichten (SMS oder Messenger), die der Minister im vorgenannten Zeitraum verschickt hat Es wird auf den Antrag vom 1. Februar 2023 auf Seite 1 der Anlage K 1 Bezug genommen. Mit Bescheid vom 28. Februar 2023 (Anl. K 2) lehnte das BMJ den Informationsantrag des Klägers unter Berufung auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu den Twitter- Direktnachrichten (Urteil vom 28. Oktober 2021 - BVerwG 10 C 3.20 -) mit der Begründung ab, dass danach „bspw. auch E-Mails und Textnachrichten, die aufgrund ihrer geringfügigen inhaltlichen Relevanz keinen Anlass geben, einen Verwaltungsvorgang anzulegen, keine amtlichen Informationen“ seien. Ergänzend wurde darauf verwiesen, dass Aufzeichnungen über Korrespondenz, die in Zusammenhang mit parteipolitischer Betätigung oder Abgeordnetentätigkeit stehe, ebenfalls keine amtlichen Aufzeichnungen im Sinne des IFG darstellten, da der spezifische Bereich der Wahrnehmung parlamentarischer Angelegenheiten vom Anwendungsbereich des IFG ausgenommen sei (BT-Drucks. 15/4493, S. 8). - Ablehnungsbescheid vom 28. Februar 2023 (Anl. K 2) - Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 4. März 2023 beim BMJ Widerspruch (vgl. Anl. K 1, S. 6. f). Er wies darauf hin, dass der angegriffene Bescheid nicht nachvollziehbar darlege, dass keine amtlichen Informationen unter seinen Antrag fielen. Hierzu wurde im Einzelnen ausgeführt: Eine subjektive Bestimmung der Aufzeichnung zu amtlichen Zwecken sei, jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Speicherung der Information von der Behörde selbst veranlasst wird (vgl. BVerwG, a. a. O., juris Rn. 16). Dies sei zumindest für E-Mails, die mittels der IT- Infrastruktur des Bundes empfangen und versendet werden, anzunehmen. Der Bund habe bei technischer Infrastruktur die Möglichkeit selbstständig zu entscheiden, ob die Kommunikation aufgezeichnet werde oder nicht, anders als die Aufzeichnung der Twitter-Direktnachrichten, die von einem privaten Unternehmen in eigenem Interesse vorgenommen wird. Das 3

Bundesverwaltungsgericht habe hierzu ausgeführt: „[D]ie Kommunikation per Twitter [ersetzt] diejenige Kommunikation, die ansonsten fernmündlich abgewickelt würde.“ E-Mails hingegen ersetzten diejenige Kommunikation, die früher in Briefform oder Aktenvermerken erfolgt wären; letztere stellten zweifelsfrei amtliche Aufzeichnungen dar. Hinsichtlich der sonstigen Nachrichten des BMin fehle es an nachvollziehbaren Darlegungen zur subjektiven Zwecksetzung bei der Nutzung der entsprechenden Messenger-Dienste. Es sei nicht ersichtlich, dass das Ministerium die Textnachrichten eingesehen habe, um festzustellen, ob sie zu amtlichen Zwecken aufgezeichnet worden sind. Bei der Nutzung von Textnachrichten sei regelmäßig davon auszugehen, dass auf eine fernmündliche Kommunikation verzichtet wurde, weil Informationen ausgetauscht würden, auf die man zu einem späteren Zeitpunkt nochmals zurückgreifen möchte. Zur abschließenden Bearbeitung seines Antrages wäre es notwendig gewesen für jede Textnachricht festzustellen, ob der BMin eine Aufzeichnung zu amtlichen Zwecken bezwecken wollte oder ausnahmsweise davon auszugehen ist, dass eine solche subjektive Zielsetzung nicht vorgelegen habe. Dies sei nicht geschehen. Darüber hinaus sei auch davon auszugehen, dass die von einem BMin verfassten E-Mails und Textnachrichten in der Regel „nicht nur aus Banalitäten“ bestünden, so dass ihnen grundsätzlich eine hinreichende Relevanz für eine Veraktung gemäß der Registraturrichtlinie des Bundes objektiv zukomme. Die vorliegenden E-Mails und Textnachrichten hätten dahingehend überprüft werden müssen, was offensichtlich nicht erfolgt sei. Schließlich seien die begehrten Aufzeichnungen gerade nicht mit den informellen Abstimmungen und dem Dank für Bürgereingaben durch das Social-Media-Team des Innenministeriums vergleichbar, die der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Twitter-Direktnachrichten zugrunde gelegen haben. Mit Bescheid vom 4. Mai 2023 (Anl. K 3) wies das BMJ den Widerspruch mit der weiterführenden Begründung zurück, eine subjektive Bestimmung zur Aufzeichnung von streitgegenständlichen E-Mails oder Textnachrichten des BMin im Zeitraum zwischen 23. bis 27. Januar 2023 habe nicht stattgefunden. „Auch bei objektiver Betrachtung nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Aktenführung waren E-Mails oder Textnachrichten nicht zu amtlichen Zwecken aufzuzeichnen“. Maßgeblich sei insoweit, ob sie Teil eines Verwaltungsvorgangs werden sollen, mit anderen Worten ob 4

sie aktenrelevant sind (vgl. Schoch, IFG, 2. Aufl . 2016, § 2 Rn. 45, 50, 57; BVerwG, a.a.0. Rn. 18). Im Zusammenhang mit dem erforderlichen amtlichen Zweck der Aufzeichnung würden demnach solche Informationen nicht zu den amtlichen Informationen gehören, die - etwa wegen ihres bagatellartigen Charakters - nicht aufzuzeichnen sind (BVerwG, a.a.0. Rn 18). Hierbei handele es sich um Informationen, die nicht den Gegenstand eines Verwaltungsvorgangs bilden sollen. Dafür, dass jede einzelne E-Mail/Textnachricht im Bescheid aufzuführen und daraufhin zu bewerten sei, ob es sich um eine amtliche Information handelt oder nicht, bestehe kein Anhalt. Nur für das Vorliegen von Ausnahmetatbeständen bestünde im Hinblick auf das Ziel einer möglichst weitgehenden Transparenz des Verwaltungshandelns im konkreten Einzelfall eine detaillierte behördliche Darlegungslast. Bei der Beurteilung, ob eine amtliche Information vorliege, gebe es hingegen keine vergleichbare Darlegungspflicht der Behörde. Es sei sicherzustellen, dass Tätigkeiten, die bereits nicht dem IFG unterfallen (z.B. Rechtsprechung sowie der spezifische Bereich der Wahrnehmung parlamentarischer Angelegenheiten) vor rechtsgrundlosem Informationszugang umfassend und wirksam geschützt werden. Das Bundesverwaltungsgericht habe entschieden, dass keine amtlichen Informationen mangels Finalität der Aufzeichnung zu amtlichen Zwecken solche Nachrichten sind, die aufgrund ihrer geringfügigen inhaltlichen Relevanz keinen Anlass geben, einen Verwaltungsvorgang anzulegen. Ausdrücklich genannt habe das Gericht in dieser Entscheidung Schriftgut, das sofort oder alsbald zu vernichten ist. „Letzteres ist nicht zu dienstlichen Zwecken aufzuzeichnen. Es wird nicht Gegenstand eines Verwaltungsvorgangs. § 10 Abs. 1 Satz 1 RegR sieht vor, dass jedem aktenrelevanten Dokument einem Geschäftszeichen zugeordnet wird. Satz 2 regelt, dass Dokumente ohne Informationswert zu vernichten sind; bei nur geringem Informationswert sind sie als Weglegesachen nach Anlage 1 zu behandeln. Weglegesachen sind danach nicht zu den Akten zu nehmen, sondern kurzfristig, in der Regel bis zum Ablauf des Kalenderjahres aufzubewahren. Auch ihnen kommt keine Aktenrelevanz zu." (a.a.0. Rn. 19). Vor diesem Hintergrund lägen keine amtlichen Informationen zu dem IFG-Antrag vor. Es wird insoweit auf den als Anlage K 3 beigefügten Widerspruchsbescheid des BMJ vom 4. Mai 2023 Bezug genommen, der dem Kläger ausweislich der Postzustellungsurkunde am 9. Mai 2023 zugegangen ist (Anl. K 4). 5

Mit Bescheid des BMJ vom 15. Mai 2023 (Anlage K 5) wurde dem Antrag des Klägers mit Schreiben vom 4. Mai 2023 auf Aussetzung der Vollziehung von Ziffer. 3 des Widerspruchsbescheids wegen der festgesetzten Gebühren stattgegeben. Mit der hier erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Informationsbegehren weiter Rechtliche Begründung Die zulässige Klage ist begründet. Der ablehnende Bescheid des BMJ vom 28. Februar 2023 in Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 4. Mai 2023 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger daher in seinen Rechten. Er hat einen Anspruch auf Zugang zu den von ihm begehrten Informationen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). 1. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 1 Abs. 1 Satz 1 des Informationsfreiheitsgesetzes des Bundes – IFG. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Die Voraussetzungen liegen hier vor. Der Kläger ist als natürliche Person „jeder“ im Sinne des Gesetzes und damit anspruchsberechtigt. Beim BMJ handelt es sich um eine Behörde im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG. Der Kläger erstrebt auch Zugang zu amtlichen Informationen. 2. Vorhandensein von E-Mails/Textnachrichten als amtliche Aufzeichnungen i.S.d. IFG Zu Unrecht meint die Beklagte allein unter Berufung auf die Rechtsausführungen des Bundesverwaltungsgerichts zu den Twitter-Direktnachrichten das Informationsbegehren ohne weitere Einlassung in der Sache mit der Begründung ablehnen zu können, es lägen danach keine amtlichen Informationen im Sinne des § 2 Nr. 1 Satz 1 IFG vor (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2021 - 10 C 3.20 -). Entsprechendes gilt für den rechtlichen Hinweis, dass Aufzeichnungen über Korrespondenz, die in Zusammenhang mit parteipolitischer Betätigung oder Abgeordnetentätigkeit stehe, ebenfalls keine amtlichen Aufzeichnungen im Sinne des IFG darstellten, da der spezifische Bereich der Wahrnehmung parlamentarischer Angelegenheiten vom Anwendungsbereich des IFG ausgenommen sei (BT-Drucks. 15/4493, S. 8). 6

Keine Kommunikation in Ausübung einer Mandats- oder parteipolitischen Tätigkeit Die Beklagte behauptet in der Sache hier gerade nicht, dass die beim BMJ unstreitig vorhandenen E-Mails und Textnachrichten in Ausübung einer Abgeordnetentätigkeit des Herrn Dr. Marco Buschmann versandt wurden. Die rechtlichen Ausführungen der Beklagten zu ihrer Darlegungslast ergeben zudem eindeutig, dass keine Ausnahmetatbestände geltend gemacht werden und damit auch der Ausschlussgrund des § 5 Abs. 2 IFG außer Betracht bleiben muss. Demzufolge kann von vornherein ausgeschlossen werden, dass die begehrten Informationen mit einer Mandatsausübung des Herrn Dr. Marco Buschmann als Abgeordneter in Zusammenhang stehen können. Ebenso wird von der Beklagten nicht eingewandt, dass die E-Mails und Textnachrichten im Rahmen parteipolitischer Tätigkeiten des Herrn Dr. Marco Buschmann und nicht in Wahrnehmung einer Verwaltungsaufgabe des BMin versandt worden seien. Kommunikation des BMin nicht nur von bagatellartigem Charakter Der Begründung des Ablehnungsbescheides und Widerspruchsbescheides ist nicht der Vortrag zu entnehmen, dass für die streitgegenständlichen E-Mails und Textnachrichten tatsächlich wegen ihrer etwaigen geringfügigen inhaltlichen Relevanz kein Anlass bestanden habe, diese zu verakten und ggf. einen Verwaltungsvorgang anzulegen. Vorsorglich wird mit Nichtwissen bestritten, dass sämtliche vom BMin in dem streitgegenständlichen Zeitraum versandten Textnachrichten und E-Mails lediglich bagatellartigen Charakter haben. Es sei lediglich angemerkt, dass der streitgegenständliche Zeitraum eine ganze Arbeitswoche des BMin erfasst. Dass sämtliche E-Mails und Textnachrichten des BMin in der betreffenden Woche keine Aktenrelevanz aufweisen sollten, hat die Beklagte nicht im Ansatz plausibel gemacht. Subjektive Bestimmung der Aufzeichnung zu amtlichen Zwecken durch das BMJ Die Beklagte trägt ohne nähere Begründung lediglich vor, „eine subjektive Bestimmung zur Aufzeichnung von streitgegenständlichen E-Mails oder Textnachrichten des BMin im Zeitraum zwischen 23. bis 27. Januar 2023“ habe „durch das BMJ nicht stattgefunden“. Dies überzeugt hier nicht. 7

Die Behauptung einer fehlenden subjektiven Zwecksetzung der Aufzeichnung der Nachrichten durch das BMJ wird bereits dadurch widerlegt, dass anders als bei Messenger- Nachrichten wie Twitter-Direktnachrichten die E-Mails, SMS und sonstige Textnachrichten des BMin auf Veranlassung der Behörde in Wahrnehmung ihrer Verwaltungsaufgaben aufgezeichnet werden, indem geeignete IT-Infrastruktur mit entsprechende Aufzeichnungs- und Speichermedien (Servern, PCs, Mobiltelefone etc.) eingerichtet und unterhalten wird, die den generellen Zugriff auf die Kommunikationsdaten für die weitere Behördentätigkeit ermöglichen soll, solange die Daten nicht gelöscht werden. Auf eine entsprechende Aktenrelevanz des Inhalts der Aufzeichnung nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Aktenführung kommt es daher nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gerade nicht mehr an. Denn der amtliche Zweck einer Aufzeichnung kann seinen Ausdruck entweder in dem subjektiven Willen derjenigen Behörde finden, die die Aufzeichnung veranlasst, oder in objektiven Regelungen über eine ordnungsgemäße Aktenführung (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2021 - BVerwG 10 C 3.20 – juris Rn. 15 f.). Demnach sind sämtliche bei der Behörde und damit auch die auf den Speichermedien mobiler Diensttelefone des BMin vorhandene Kommunikationsdaten zu amtlichen Zwecken aufgezeichnet, selbst wenn diese nach den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Aktenordnung nicht zu verakten wären (vgl. BVerwG, a.a.O., juris Rn. 16 und 17). Nach dem Bundesverwaltungsgericht wird für die Feststellung der subjektiven Bestimmung einer Aufzeichnung zu amtlichen Zwecken durch die Behörde gerade nicht verlangt, dass auch ein subjektiver Wille der Behörde zur Veraktung der Aufzeichnung gegeben sein muss (vgl. zur Feststellung der subjektiven Bestimmung einer Aufzeichnung zu amtlichen Zwecken: BVerwG, a.a.O., juris Rn. 16 - 18). Es wird insoweit auch auf die rechtlichen Ausführungen der Widerspruchsbegründung des Klägers Bezug genommen (S. 3 f.). Twitter-Direktnachrichten als amtliche Aufzeichnungen Dessen ungeachtet ist es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich möglich, dass auch eine bei der Twitter Inc. gespeicherte Direktnachricht eine amtliche Information ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2021 - BVerwG 10 C 3.20 – Ls.1, juris Rn. 14). Entsprechendes muss für vergleichbare Messenger-Nachrichten gelten. Es darf indes ausgeschlossen werden, dass der BMin Twitter-Direktnachrichten oder vergleichbare Messenger-Nachrichten versandt hat ohne eine Aufzeichnung zu amtlichen Zwecken zu wollen. Dies hätte nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nämlich vorausgesetzt, dass sich der amtliche Zweck der Kommunikation bereits mit deren Abwicklung jeweils erledigt hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2021 - 10 C 3.20 - juris Rn.17), was von der Beklagten in keiner Weise behauptet wird. Die betreffende 8

Kommunikation sollte nach dem Vortrag der Beklagten auch nicht diejenige Kommunikation ersetzen, die ansonsten fernmündlich abgewickelt würde (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2021 - 10 C 3.20 - juris Rn.17). Dahingehendes wird jedenfalls nicht vorgetragen. Gemessen am Maßstab der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu den Twitter- Direktnachrichten (Urteil vom 28. Oktober 2021 - BVerwG 10 C 3.20 -) vermag die Beklagte für den vorliegenden Sachverhalt jedenfalls nicht darzulegen, dass und weshalb nur der Inhalt der streitgegenständlichen E-Mails, Textnachrichten und Twitter-Direktnachrichten des BMin und nicht ihre Aufzeichnung amtlichen Zwecken dienen soll. Nach all dem sind die begehrten E-Mails und sonstigen Textnachrichten des BMin amtliche Aufzeichnungen gemäß § 2 Nr. 1 Satz 1 IFG, da sie in Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben versandt wurden und deren Aufzeichnung amtlichen Zwecken dient. 3. Keine Ausschlussgründe nach dem IFG Dem Informationsanspruch stehen auch keine Ausschlussgründe nach dem IFG entgegen und wurden von der Beklagten auch nicht geltend gemacht. Die Beklagte ist damit dem Kläger zur Eröffnung des begehrten Informationszugang verpflichtet. Dieser Zugang ist ihm gemäß seiner Wahl nach § 1 Abs. 2 IFG i.V.m. § 7 IFG durch Übersendung von Kopien, Ablichtungen oder Ausdrucken der angefragten Informationen zu gewähren. Die Klage ist damit begründet. Katja Pink Rechtsanwältin 9
