LobbyismusKanzleramt traf nur fossile Lobby zum Heizungsgesetz

Am Freitag verabschiedet der Bundestag mit dem Heizungsgesetz das umstrittenste Gesetz der Wahlperiode. Welche Lobbyisten trafen die Bundesministerien dazu? Um an die Infos zu kommen, mussten wir auch das Finanzministerium verklagen.

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Lehmann, Thomas –

Um kein Gesetz hat die Ampel-Koalition so hart gekämpft wie um das Heizungsgesetz. Morgen beschließt der Bundestag die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes, mit der in Deutschland doch noch länger Gasheizungen eingebaut werden dürfen als ursprünglich geplant.

Dem Gesetz vorausgegangen ist eine massive Lobbykampagne, hinter der vor allem die fossile Lobby steckt. Mit wem trafen sich die wichtigsten Bundesministerien zur Erarbeitung des Gesetzentwurfs? Welche offiziellen Treffen gab es denn zwischen der Bundesregierung und Interessenvertreter:innen zu diesem Gesetz? Wer hat sich bei der Bundesregierung für oder gegen das Gesetz stark gemacht, und bei wem genau?

53 Lobbytreffen

Wir haben auf Basis des Presserechts Anfragen an das Bundeskanzleramt und die Ministerien für Klimaschutz (BMWK), Finanzen (BMF) und Wohnen (BMWSB) gestellt, um sämtliche Lobbytreffen zum Heizungsgesetz sowie zur kommunalen Wärmeplanung zu sammeln. LobbyControl hat die Antworten ausgewertet.

Die Auswertung: Insgesamt gab es 53 Treffen zwischen Lobbyakteuren und den Spitzen der beteiligten Bundesministerien. Die Politik hat sich aber mit weit mehr als mit 53 Organisationen getroffen – viele Treffen fanden auch in größeren Runden mit mehreren Interessenvertreter:innen statt. Zählt man jeden Lobbyakteur einzeln, haben sich die genannten politischen Akteure insgesamt 116 Mal getroffen, mit einigen allerdings mehrfach.

Insgesamt gab es die allermeisten Treffen mit Vertreter*innen der kommunalen Spitzenverbände – zu diesen zählen der Deutsche Städtetag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DSTGB) – und mit der Interessenvertretung der Stadtwerke – dem Verband der Kommunalen Unternehmen (VKU): So lassen sich die Akteure von Platz 1-3 zusammenfassen, die insgesamt 40 Treffen hatten. Akteure 5, 6 und 7 – der Zentralverband der Deutschen Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer Haus & Grund, der Spitzenverband der deutschen Immobilienwirtschaft Zentraler Immobilienausschuss (ZIA) und der Bundesverband Deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW) lassen sich zur Immobilienlobby zusammenfassen. Diese hatte immerhin 13 Treffen. Haus & Grund fällt dabei mit besonders vielen Einzeltreffen auf: Vier von fünf Treffen fanden ohne weitere Verbände statt, ein fünftes mit ZIA und GdW gemeinsam. Der BDEW hat von vier Treffen insgesamt immerhin zweimal alleine Ministerin Geywitz und einmal den Chef des Bundeskanzleramts Wolfgang Schmidt getroffen. Zum Schluss folgen der Bundesverband der Erneuerbaren Energien und der Deutsche Naturschutzring mit jeweils drei Treffen, alle davon im Rahmen von Treffen mit einer größeren Anzahl von Verbänden. Alle weiteren Organisationen hatten nur zwei oder weniger Treffen, dazu zählen z.B. der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie, die Bauindustrie oder weitere Umweltverbände.

Gegen das Finanzministerium vor Gericht

Zwischen Anfang und Mitte Juni hatten gleich drei Lobbyverbände Termine im Kanzleramt, die sich mit aller Macht für das Heizen mit Wasserstoff einsetzen. Am 2.6. tauschte sich Staatssekretär Jörg Kukies mit dem Vorstandsvorsitzenden des Deutschen Verbands für das Gas- und Wasserfach (DVGW) zum GEG aus. Am 5.6. gab es einen Austausch mit dem gleichen Thema zwischen der Präsidentin und der Hauptgeschäftsführerin vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und Kanzleramtsminister Wolfgang Schmidt. Und am 9.6. tauschten sich der Präsident des VKU Ingbert Liebig und ein hochrangiger Mitarbeiter mit Staatssekretär Kukies über Gasverteilnetze und Wasserstoffinfrastruktur aus.

Um eine Antwort des Finanzministeriums von Christian Lindner (FDP) zu erhalten, mussten wir vor Gericht ziehen. Erst verweigerte das Ministerium uns eine Antwort, da wir angeblich keine Presse seien – eine schon lange von Gerichten widerlegte These – vor Gericht argumentierte das Ministerium dann auf einmal, Lobbykontakte nicht preisgeben zu müssen, obwohl andere Ministerien dies taten. Beiläufig erwähnte es dann in einem Schreiben ans Gericht, dass es zum Heizungsgesetz keine Lobbytreffen gegeben habe – angeblich im Gegensatz zu allen anderen am Gesetz beteiligten Ministerien.

zum Eilantrag gegen das Finanzministerium

zur Auswertung bei LobbyControl

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