Interne SchulungsunterlagenSo lernt die Berliner Polizei Schmerzgriffe

Wir veröffentlichen Dokumente, die die Polizei lieber geheim gehalten hätte. Sie zeigen, wie Polizist*innen beigebracht wird, gezielt möglichst starke Schmerzen zu erzeugen. 

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Nahezu täglich wenden Polizist*innen sie an: Schmerzgriffe. Diese Techniken stammen oft aus dem Kampfsport und sollen Betroffenen teils extreme Schmerzen zufügen – und sie sind hochumstritten. Wir veröffentlichen heute interne Schulungsunterlagen der Berliner Polizei, die uns zugespielt wurden. Die Dokumente zeigen, wie Berliner Polizist*innen beigebracht wurde, gezielt möglichst sensible Körperregionen zu attackieren.

Polizei wehrt sich gegen Transparenz

Dass diese Unterlagen jetzt öffentlich zugänglich sind, ist ein wichtiger Schritt hin zu mehr Transparenz über die umstrittenen Techniken. Bereits im vergangenen Herbst haben wir mittels des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) bei der Polizei Berlin die Vorgaben und Empfehlungen zum Einsatz von Schmerzgriffen angefordert. Doch die Polizei hat unsere IFG-Anfrage abgelehnt. Ihre Begründung: Es gebe gar keine offiziellen Vorgaben dazu, ob, wann und wie Berliner Polizist*innen Schmerzgriffe einsetzen dürfen. Es gebe lediglich Schulungsunterlagen, die allerdings geheim gehalten werden müssten und daher nicht an uns herausgegeben werden könnten.

Deshalb haben wir Klage gegen die Berliner Polizei eingereicht. Zwar läuft der Rechtsstreit gegen die Berliner Polizei noch, dennoch können wir heute schon erste Dokumente veröffentlichen: Teile der „Geschäftsanweisung über das Einsatztraining der Polizei Berlin“ sowie des „Handbuch Einsatztraining“. Auf Nachfrage hat die Polizei Berlin bestätigt, dass die Dokumente echt sind und aus dem Jahr 2005 stammen. Mittlerweile seien diese Dokumente durch neue Versionen ersetzt worden. Wir haben zwischenzeitlich auch die restlichen Teile des alten Handbuchs angefragt.

Leerstelle Risikobewertung

Das uns vorliegende Handbuch Einsatztraining zeigt die sogenannten „Schmerzpunkte“, die zumindest von 2005 bis 2020 gelehrt wurden und die laut der Polizei Berlin weiterhin in ähnlicher Form gelehrt werden: Polizist*innen sollen gezielt Ohren, Nase, Kiefer oder den Genitalbereich angreifen. Mit ein bis zwei kurzen Sätzen und je zwei Bildern werden mögliche Techniken skizziert. Beispielsweise soll mit den Fingern in den Genitalbereich gegriffen und mit der Faust, dem Handballen, der flachen Hand oder dem Knie auf den Genitalbereich geschlagen bzw. gestoßen werden.

Anweisungen dazu, wann diese Schmerzgriffe überhaupt zum Einsatz kommen dürfen und welche Folgen sie für das Gegenüber haben, finden sich nicht in den geleakten Seiten der Trainingsmaterialien. Dabei können die Folgen für die Betroffenen zum Teil erheblich sein: Expert*innen warnen vor nicht abschätzbaren extremen Schmerzen oder auch langfristig anhaltenden Nervenschäden.

Da der Gewalteinsatz und die Zufügung erheblicher Schmerzen vor allem dazu dienen sollen, den Willen der Betroffenen zu brechen, die sich im konkreten Moment kaum bewegen und daher den Anweisungen der Polizei eh nicht Folge leisten können, sehen viele Rechtswissenschaftler*innen in dieser Praxis einen Verstoß gegen die Menschenwürde und das Folterverbot der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Experte warnt vor Normalisierung von Polizeigewalt

„Von Polizeibeamt*innen wird der Einsatz von Schmerzgriffen hingegen oft als eher mildes Mittel angesehen, weil die Schmerzgriffe selten sichtbare physische Verletzungen hinterlassen“, erklärt Tobias Singelnstein auf Anfrage. Der Professor für Kriminologie und Strafrecht an der Goethe-Universität Frankfurt warnt davor, dass Gewalt und Schmerzen als Bestandteil von Polizeiarbeit normalisiert werden.

Eine öffentliche Diskussion über den Einsatz von Schmerzgriffen ist also dringend notwendig. Für diese Debatte gilt es eine Grundlage zu schaffen. Daher kämpfen wir weiter vor Gericht, um auch die aktuellen Schulungsunterlagen veröffentlichen zu können.

Unsere Klagen sind spendenfinanziert. Unterstützen Sie uns hier.

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VS - Nur für den Dienstgebrauch

Inhaltsverzeichnis

4 Allgemeines .......ueessössnssessönsaensnnstsonsessunhlunnssönssndsenenshnsandunnnnsnnsuunssennsasdesncosnnensnen 3
1,1: Getungabersitht. u... ll An a aaa 3
DDR... ea liisähle ehe 3
2 DE. 3
3 Rolls des Vorgesetzien .. nina ieenereee 3
4 Zieigrüpßpen.i.usaesssnmernninsenneninhäisssnsnnesässsännesnnkekaneen ne hie nenn aehrässnenensenenee 4
4.1 Teilnehmerkreis ..............----.....----.--.---4-44444444044ssnnnnnnnnnnennennnnnnnnn nn nnnnnnnnnnnnnnnnnnnnn 4
4.2 Teilnahme.........................02..-.-0444nennnnnnnnnnennnnnnnnnnnennnnnnnnnnnnennnnnnnnnnnnnnnnn ION.
5 Allgemeiner Aus- und Fortbildungsumfang.........u.urssss0seennssnnennnennsneenennnneen 6
5.1 Konditionsfördernde Trainingseinheiten. .............................-....--- une 6
5.2 Trainingseinheilen mit der Dienisiwäalle.......unmaunesnouenenunnennersnneann mann 7
5:3 Fahrsicherheilstraining ..:...:...-::s0.u.00u EEE 7
5,4. Durchführung der Trainingseiihellen.......eseiesuuunsnennunennuennnnnunnnnneananeauneneu 8
6:5 Nachweisführung...u4.:...1..2..:10s0u00eciinsnannnereununseenee neuen 10
6 . Organlsetlonilsldissiheasisesstungidhiessstuisieeensenussumssereeenseessinssnssernre 10
6.1 Durchführung!des Einsaltranings... a... 10
6.2 Zuständigkeit und|Fachaufsicht unse een 11

6.3 Kooperation mit externen Behörden und Institutionen......................................... 11

7 'Personelle und materielle AuSStaltung......sssseeseesnonneneunee nennen nennen 11

8 Qualifizierung der Einsatztrainer und der Einsatztrainerinnen .................... 12
9  Lageauswertung Eigensicherung ............2...sssss20000n000nr2uusanennunnnnnnnsnneneusnnennanner 13
10: | /Uönkanllsscchnagga: Li. 111 HILL LILLLE TEL LI I EL LEI EL nal annnnsgn unseren nnsssunnenennannn 14
11  Arbeitsschutzii\\.. 1. LE ee ddioneunununpurknnennnsossunpnnsausunneeeseeee 14
12! Schlussbestimmungen! LA. UL EL nnnsnsenndendensugunguiae ash 14
12.1 Geltungsaawer|iLiiiiitliillh ANAL DELLLLLLLLLL ILL La a asian en 14
12.2 Auftnebbungg „LU LLIALETLLLLSNLLLRLILNL UL LE LEE U ee 15

Seite 2 von 15
1

1.1 Geltungeborelch

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(1) Dietie Genchäftnanweinung (GA) gilt für die gesamte Polizeibehörde,
} | AINIEIUUTAIIN I VEISILANENNN| I
2) Sie gb den Rahmen für die Aun- und Fortbildung In der Berliner Polizei für den
reich aINBRLEI UNI EL) vor. Die detaillierten Bestimmungen zu den Inhalten sowie
der Art und Weine Aungentaltung don Einsatztrainings warden im Handbuch

Einsatztraining beschrieben.

IR LONEU NE NT
N Juhu! |

1.2 Definition

Das Einnatztraining umflansıt die Gesamthoit aller Malinahmen, die zur
Profeanionallsierung den polizeilichen Einnchroitenn und zur Verbesserung des
Eigensicherungsverhaltens beitragen. Dies sind innbosondere die 1 silbereiche:

Kommunikations» und Konflikthandhabungstraining
Einsatzvor- und «nachboreitung
Zwangsmitteleinnatz

Konditionnlördemder Sport

Abwehr- und Zugriffsteaining (Solbstvorteidigung)
Schieß- und Schießvermeidungstraining
Erste-Hilfe- Traming

Fahrsicherheitstraining

Rechtssicherheit

2 Ziele

(1) Vorrangiges Ziel aller Bestrebungen im Bereich dos Einsatztrainings ist es, die
Gefährdung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aber auch des Bürgers bei der
Bewältigung von Einsatzlagen soweit als möglich zu vermeiden bzw. zu minimieren
und dadurch auch die Akzeptanz polizeilicher Maßnahmen in der Öffentlichkeit durch
eine größere Handlungssicherheit und verbesserte Handlungsstrategien zu erhöhen
Das Training soll helfen, Konfliktsituationen rechtzeitig zu erkennen, zu entspannen
und zu überwinden.

(2) Durch die Vorgabe von Standards in dieser Geschäflsanweisung soll unter dem
Aspekt der Qualitätssicherung und Rechtssicherheit (Gleichmäßigkeit des
Verwaltungshandelns) ein behördenweit einheitliches  einsatzbezogenes
Einsatztraining verbindlich gewährleistet werden.

3 Rolle des Vorgesetzten
(1) Der Polizeiberuf ist zunehmend mit erheblichen Gefahren für Leib und Leben der

Beschäftigten verbunden, die sich aus ganz alltäglichen Einsatzsituationen ergeben
können. Vorgesetze haben im Rahmen ihrer Führungsaufgaben auch in Zeiten

Seite 3 von 15
2

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III I)
Dur N hlleniardeklent in Berlin
Poltzeitiches EinsarT raning I

Teil 3 - Katalog erweltertor Techniken der ESV - Schmerzpunkte

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3.3.9 Schmerzpunkte

PET - Handbuch Einsatztraining

3.3.9.1 Ohren

 

Mit den Fingern wird unterhalb des
Ohres in den Nervenpunkt gedrückt.

   

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Zentrales Einsatztraining, Stand:17.08.05
ZSE IV B 11, 4664 - 994211 I
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Der Polizeipräsident in Berlin
Polizeiliches Einsatz Training

Teil 3 - Katalog erweiterter Techniken der ESV - Schmerzpunkte

  
 
 
  
 
  
  

3.3.9.2 Nase

Mit den Fingern/der
Handkante wırd von unten
gegen dıe
Nasenscheidewand
gedrückt

 

PET - Handbuch Einsatztraining

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Polizeiliches Einsatz Training

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PET —- Handbuch Einsa

3.3.9.3 Kiefer

Mit den Fingern wird unterhalb des
Kiefers auf die Lymphknoten
gedrückt.

 

  

 

 

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PET - Handbuch Einsatztra

    
      
   
   
   
     
   

3.3.9.4 Genitalbereich

Mit den Fingen wird ın den
Genitalbereich gegriffen.

Mit der Faust, dem Handballen, der
flachen Hand oder dem Knie wird auf
den Genitalbereich
geschlagen/gestoßen.
6

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linksunten.indymedia Der fehlende Link

Ein Journalist von Radio Dreyeckland steht vor Gericht, weil er über das verbotene Internetportal linksunten.indymedia berichtet hat. Eigentlich hatte das Landgericht die Anklage nicht zugelassen. Hier ist der Beschluss dazu.