klage_fw_17-04-2020_scan-mit-unterschrift_geschwaerzt.pdf

Dieses Dokument ist Teil der Anfrage „Kontrollbericht zu Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, Berlin

Wenn Sie Fragen zur Bearbeitung Ihrer „Topf Secret“-Anfrage haben:

Hier finden Sie aktuelle Blog-Artikel zum Thema „Topf Secret“.

Die hier ggf. einsehbaren Hygiene-Kontrollergebnisse beschreiben die zum Zeitpunkt der Antragsstellung zuletzt festgestellten Befunde zum Zeitpunkt des jeweils genannten Datums. Über den Hygiene-Zustand des jeweiligen Betriebs zum jetzigen Zeitpunkt liegen keine Informationen vor. Bitte beachten Sie, dass „Topf Secret“ eine privat betriebene Kampagne und keine amtliche Plattform ist.

Diese Anfrage wurde im Rahmen unserer Kampagne „Topf Secret“ gestellt.

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11 Anforderungen an die Verfassungsmäßigkeit von § 40 Abs . 1a LFGB einen neuen § 40 Abs. 4a LFGB eingeführt. In Bezug auf das VIG hat er hingegen keinen Anpassungsbedarf gesehen (hierauf hinweisend auch VG Sigmaringen , Beschluss vom 8 Juli 2019 - 5 K 3162/19, juris Rn . 19). Hierbei ist auch ke ine nicht intendierte Regelungslücke anzunehmen , zumal in der Gesetzesbegründung zum neuen § 40 Abs . 4a LFGB expl izit festgestellt wird , dass etwa ige Ansprüche auf Zugang zu den betreffenden Informationen auf Antrag von der Regelung unberührt bleiben (BT-Drs . 19/4726, S 8). c. Keine Verletzung von Art. 12 Abs . 1 GG aa. Kein Eingriff in die Berufsfreiheit Nach hiesiger Auffassung liegt bereits kein Eingriff in die Berufsfreiheit vor. Aufgrund der oben beschriebenen Unterschi ede zwischen aktiver staatl icher Information der gesamten Öffentlichke it und antragsgebundener Information eines einze lnen Antragstellers kann bei letzterer nicht einmal ein Eingriff in Art. 12 Abs . 1 GG angenommen werden . Die Anforderungen , die das Bundesverfassungsgericht in se inem Hygienepranger-Beschlussan die Verhä ltn ismäßigkeit der Einsch rän kung der Berufsfreiheit durch Informationen nach § 40 Abs . 1a LFGB entwickelt hat, kommen schon aus diesem Grund nicht zum Tragen . In seinem Hygiene-Pranger-Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht seine im Glykolwein-Beschluss aufgestellten Maßstäbe zur Annahme eines Eingriffs durch eine amtl iche Informationstät igkeit bestätigt. Die amtli che Information der Öffentli ch keit komme in ihrer Zielsetzung und ihren mittelbar- faktischen Wirkungen einem Eingriff als funktionales Äquivalent dann gleich , "wenn sie dire kt auf die Marktbeding ungen kon kret individualisierter Unternehmen zielt, indem sie die Grundlagen der Entscheidungen am Markt zweckgerich tet beeinflusst und so die Ma rkt- und Wettbe werbssituation zum wirtschaftlichen Nachteil der betroffenen Unternehmen verändert. " (BVerfG . Bes chlu ss vom 21. März 201 8 - 1 BvF 1/1 3, BVerfGE 148, 40 , Rn. 28)
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12 Diese Voraussetzungen sah das Bundesverfa ssungsge richt be i Veröffentlichungen nach § 40 Abs . 1a LFGB als gegeben an , da diese in ihrer Zielgerichtetheit und W irku ng einem Eingriff in die Berufsfreiheit gle ichkommen . Hierzu führt das Bundesverfassungsgericht aus .. § 40 Abs. 1a lebensmittel- umfassend LFGB und und verpflichtet die futterm ittelre chtliche in Behörden, Verstöße unternehmensspezifisch der von Öffentlichkeit Unternehmen individualisierter Form mitzuteilen. Oie umfassende Information der Verbraucher erfolgt zu dem Zweck, diese in die Lage zu versetzen , ihre Konsumentscheidung in Kenntnis der veröffentlichten Missstände' zu treffen und gegebenenfalls vom Vertragsschluss mit den benannten Unternehmen abzusehen. Oie Information zielt also direkt auf eine Veränderung der Marktbedingungen konkret adressierter Unternehmen. Diese Veränderungen sind für die betroffenen Unternehmen nicht bloßer Reflex einer nicht auf sie ausgerichteten gesetzlichen Regelung. Oie informationellen Grundlagen von Konsum entscheidungen zu ve rändern , ist vielmehr der originäre Zweck der Regelung (vgl. BTDrucks 1717374, S. 2) ." (BVerfG , Beschluss vom 21 März 2018 - 1 BvF 1/13, BVerfGE 148, 40 , Rn 29) Entsche idend für die Annahme eines Grundrechtseingriffs war für das BVerfG also das "direkte Abzielen " der staatlichen Information auf eine "Änderung der Marktbed in gungen" konkret adressierter Unternehmen . Wenn eine informationspflichtige Ste lle einen Informationsantrag nach Maßgabe des VIG beantwortet und dem Antragste ller die begehrten Informat ionen erteilt , kommt es weder zu einer Änderung der Marktbed ingungen eines konkreten Unternehmens , noch zielt die Behörde darauf ab . Gezielt informiert wird anders als im Rahmen des § 40 Abs. 1a LFGB nicht der "Markt" , bestehend aus potentiell allen Marktteilnehmern , sondern alle in der jeweilige Antragsteller. Dieser allein kann jed och mit se in er individuellen Konsumentscheidung die Ma rktbed ingungen eines Unternehmens nicht ändern. Hins ichtlich der Wirkungen auf das Marktgeschehen ist entgegen der Auffassung des Beschwerdegegners gerade entscheidend , ob die gesamte Öffentl ichkeit über einen Missstand inform iert w ird und daher potentiell eine Vie lzahl von Personen ihre Konsumentscheidungen ändert, oder nur eine einzelne Person .
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13 Zumal die Information des VIG-Antragstellers keine Wirkungen auf das Marktgeschehen entfaltet , ist auch die zwe ite Voraussetzung für das Vorl iegen eines Eingriffs , wonach diese Wirkung gerade durch die staatliche Ste lle bez weckt sein muss , nicht gegeben . Der informationspflichtigen Stelle geht es gerade nicht darum , das Verhalten aller Marktteilnehmer zu steuern . Sie bean two rt et led iglich die ind ividuel le Informationsa nfrage . Auch in dem Fall , dass der private Antragste ller die an ihn he rausgegebene Information veröffentlicht, kann ke ine Verände rung der Marktbedingungen angenommen werden. Wie oben darge legt , entfaltet eine private Veröffentlichung wegen der geringeren Autorität und das Fehlen eines Informationen nach § 40 Abs 1a LFGB inhärenten warnenden Charakterskeine vergleichbaren Auswirkungen auf das Marktgeschehen . Und selbst wenn Kontroll berichten man die Auffassung durch private vertreten würde , dass VIG-Antragsteller zu die Publi kation von grundrechtsbeeinträchtigenden Veränderungen der Marktbedingungen führen , läge in der Beantwortung der VIG-Anfrage durch die informationspflichtige Stelle nur dann ein (mitte lbarer) Grundrechtseingriff, wenn ihr dieses Ve rha lten zuge rech net werd en könn te . Für die Frage der Zurechenbarkeit ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zunächst die Zielrichtung der staatl ichen Handlung entscheidend. In der Scientology -Entscheidung rechnete das Bundesverwaltungsgericht grundrechtsbee inträ chtige nde Ve rtragsablehnung durch ein staatlichen Behö rde zu , we il die . von ihr die privates Unternehmen der he rausgegebene Schutzerklärung "vorausse tzungsge mäß daz u bestimmt [war] , den Geschäftspartner des Verwenders zur Offenlegung seiner Zugehörigkeit zur Scientology zu zwingen ." (BVerwG , Urteil vom 15. Dezember 2005 - 7 C 20/04 , juris Rn . 25 ) Auch in der Osho-Entscheidung des Bundesverwaltungsge richts war ausschlaggebend , dass die Tätigke it des subvention ierte n Vere ins bewusst gefördert werden sollte und die finanzielle Förderung "nach Zielrichtung und Wirkungen " den eigenen warnenden Äußerungen des Staates ähnelte . Entscheidend war, dass es dem Staat zumindest auch und gerade auf die Warnungen des Ve reins vor der Tä tig keit von Jugendse kten an kam (BVerwG , Urteil vom 27. März 1992 - T C 21 /90 , BVerwGE 90 , 112- 127 , Rn . 29 ). Dass die informationspflichtige Ste lle bei der Beantwortung einer Informationsanfrage gerade , beabsichtigt , dass der private An tragsteller diese Inform at ionen veröffentl icht und hierdurch
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14 die Konsumentsche idungen der Marktteil nehmer zum Nachteil des betroffenen Unternehmens beeinfluss , ist jedoch nicht anzunehmen. Vielmehr ist zum Zeitpunkt der Beantwortung einer Informationsanfrage schon völl ig unklar, ob , wo und wie der Antragsteller die Informationen veröffentl icht . Weder der Umstand , dass die Informationsanfrage über "Topf Secret" gestellt wurde , noch der Umstand , dass der Antragsteller in der Vergangenhe it bereits Informationen veröffentlicht hat, lassen sicher auf eine Veröffentlichungsabs icht schl ießen Abgesehen davon besteht die Möglichkeit, dass Antragsteller nach Erlangu ng der beantragten Informationen im Internet veröffentlichen , stets - nicht nur im Falle einer Antragsteilung über "Topf Secret" (hierauf hinweisend auch VG Mainz, Beschluss vom 5. April 2019- 1 L 103/19.MZ, n.v.). Die Absicht zu Veröffentlichung behörd licher Informationen zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag kann nie sicher ausgeschlossen werden . So dürfte der Großte il der Antragste ller über einen Facebook- Account verfügen , in den sie die Kontrol lberichte einste llen könnten . Auch der VGH Baden-Württemberg sieht die Annahme eines Grundrechtseingriffs kritisch ,Das Grundrecht der Berufsfreihe it vermittelt ke in Re cht des Untern ehmens, nur so von anderen darge st ellt zu werden . wie es gesehen werden möchte oder wie es sich und seine Produkte selber sieht" (VGH Baden-Württemberg , a.a.O.). bb. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung Selbst wenn man - wie das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 29. August 2019 - von einem Eingriff in die Berufsfreihe it ausgeht , ist dieser jedenfalls verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Das Bundesverwaltungsgericht hat deutlich gemacht, dass die antragsgebundene Information der Öffentlichkeit über festgestellte nicht zu lässige Abweichungen u.a. von Anforderungen des lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches legitimen Zwecken des Verbraucherschutzes dient. Soweit die Veröffentlichung für die Betroffenen negative Folgen entfalte , sei der potentiell gewicht ige Grundrechtseingriff dadurch relativiert , dass die betroffenen Unternehmen negative Öffentli chke itsinformationen durch rechtswidriges Verhalten selbst veran lasst haben .
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15 "Oie beanstandeten Re chtsvorschriften (§ 2 I 1 Nr. 1 i. V.m § 3 S. 5 Nr. 1 VIG) sind auch nicht unverhältnismäßig im engeren Sinn . Der Gesetzgeber hat mit § 2 I 1 Nr. 1 VIG eine verfassungsrechtlich vertretbare Bewertung und Abwägung der gegenläufigen Interessen vorgenommen. Oie angegriffenen Regelungen verfolgen wichtige Ziele des Verbraucherschutzes. Im Grundsatz ist es angemessen. die Interessen der Unternehmen im Fall eines im Raum stehenden Rechtsverstoßes hinter die Schutz- und Informationsinteressen der Verbraucherinnen und Verbraucher zurücktreten zu lassen. Dass die Rechtsverstöße nicht notwendig mit einer Gesundheitsgefährdung verbunden sind. steht dem nicht entgegen, weil auch der Schutz vor Täuschung und der Nichteinhaltung hygienischer Anforderungen und die Ermöglichung eigenverantwortlicher Konsumentscheidungen legitime Zwecke des Verbraucherschutzes sind (so auch BVerfGE 148, 40 = NJW 2018, 2109 Rn. 49 zu § 40 la LFGB). Diese legitimen Zwecke rechtfertigen es auch. dass der Zugang zu Informationen im Sinne von § 2 I 1 Nr. 1 VIG gem § 3 S. 5 Nr. 1 VIG nicht unter Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse abgelehnt iNerden kann. " 111. Art der Informationsgewährung Hinweisen möchte ich auch darauf, dass vorliegend kein wichtiger Grund für eine Abweichung von der gewünschten Art der Informationserteilung vorliegt. Insbesondere wäre es ermessensfehlerhaft, die Auskunft nur im Rahmen von Akteneinsicht oder bloße mündliche Auskunftserteilung zugänglich zu machen (so auch VG Weimar, Beschluss vom 23 . Mai 2019 - 8 E 423/1 9, ju ris Rn. 25 f. : VG Augsburg . Urteile vom 30. April 2019 - Au 1 K 19.244 ; Au 1 K 19.242 , juri s). Gemäß § 6 Abs . 1 S. 1, 2 VIG ist der Informationszugang vorrangig auf die Art zu gewähren, die der Antragsteller in se inem Antrag begehrt hat. Eine Informationserteilung auf andere Art darf nur aus wichtig em Grund erfolgen Bei den über "Topf Secret" gestel lten Informationsanträgen wird um eine Antwort in elektronischer Form (E-Mail) gebeten Regelmäßig werden die Informationen jedoch per Post übersandt; teilweise aber auch im Wege der Aktene insicht oder sogar nur mündlich erteilt. Als Begründung wird meist die unterstellte Veröffentlichungsabsicht der Antragstellerin oder des Antragstellers angeführt.
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16 Vor dem Hintergrund der oben dargestellten Rechtsprechung , kann diese Argumentation nicht greifen. Ein wicht iger Grund im Sinne des § 6 Abs . 1 S 2 VIG liegt auch be i einer ansch ließende n Ve röffentlichung der erlangten Informationen nicht vor . IV. Ergebnis Nach all ede m ist der Klage vollumfängl ich stattzugebe n. Dre i Kopien anbei . Oliver Huizinga . cker, vertretungs berec htigter Vo rstand des foodwatch eV
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