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Aktenzeichen
12 B 22.12
Datum
26. Mai 2014
Gericht
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Beschluss: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg am 26. Mai 2014

12 B 22.12

Das Oberverwaltungsgericht erklärt das erstinstanzliche Urteil für wirkungslos; das Verfahren wird nach Erledigungserklärung der Beteiligten eingestellt. Die beklagte Behörde hatte den angefochtenen Kostenvorschussbescheid für einen Antrag auf Akteneinsicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz in der Berufungsverhandlung aufgehoben. Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht, dass im Bereich des Informationsfreiheitsgesetzes - ebenso wie im Bereich des IFG Berlin und des AIG - eine gebührenpflichtige Amtshandlung nur ausnahmsweise von der vorherigen Entrichtung der Verwaltungsgebühren abhängig gemacht werden darf. Dies setzt voraus, dass Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass ohne Vorauszahlung das Haushaltsinteresse gefährdet wäre. Die Gebühren sind individuell-konkret so zu bemessen, dass der Informationszugang wirksam in Anspruch genommen werden kann. Hier findet das Äquivalenzprinzip eine spezialgesetzliche Ausprägung, deren Beachtung die Behörden zu einer einzelfallbezogenen Prüfung zwingt, inwieweit die Bedeutung des Informationszugangs für die demokratische Meinungs- und Willensbildung und die Kontrolle des staatlichen Handelns den Aspekt der Kostendeckung zurückdrängt. (Quelle: LDA Brandenburg)

Durchführung des Antragsverfahrens Kosten Interessenabwägung Prozessuales

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Wappen Berlins und Brandenburgs OBERVERWALTUNGSGERICHT BERLIN-BRANDENBURG BESCHLUSS OVG 12 B 22.12 VG 2 K 2.12 Berlin In der Verwaltungsstreitsache Klägers und Berufungsbeklagten, bevollmächtigt: gegen die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben, vertreten durch den Abwickler, Schönhauser Allee 120, 10437 Berlin, Beklagte und Berufungsklägerin, bevollmächtigt: hat der 12. Senat durch die Vorsitzende Richterin am Oberverwaltungsgericht Plückelmann und die Richter am Oberverwaltungsgericht Bath und Böcker am 26. Mai 2014 beschlossen: Das Verfahren wird eingestellt. Das Urteil des Verwaltungsge- richts Berlin vom 8. November 2012 ist wirkungslos. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechts- zügen. Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 295 EUR fest- gesetzt. -2-
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-2- Gründe Das Verfahren ist durch die übereinstimmenden Erklärungen der Beteiligten in der Hauptsache erledigt und daher entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustel- len. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist wirkungslos (§ 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO analog). Über die Kosten des Verfahrens ist gemäß § 161 Abs. 2 VwGO nach billigem Er- messen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu ent- scheiden. Billigem Ermessen entspricht es, die Kosten des Verfahrens der Be- klagten aufzuerlegen. Die Beklagte hat den angefochtenen Kostenvorschussbe- scheid in der Berufungsverhandlung aufgehoben und ist damit einem Unterliegen auch in zweiter Instanz zuvorgekommen. Der Senat hat bei der Erörterung der Sach- und Rechtslage deutlich gemacht, dass im Bereich des Informationszu- gangs nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG) – für die entspre- chenden Landesgesetze im Zuständigkeitsbereich des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg gilt im Ergebnis nichts anderes – eine gebührenpflichtige Amtshandlung nur ausnahmsweise von der vorherigen Entrichtung der Verwal- tungsgebühren abhängig gemacht werden darf. Dies setzt voraus, dass Anhalts- punkte dafür vorhanden sind, dass ohne die Vorauszahlung das Haushaltsinteres- se gefährdet wäre. Solche Anhaltspunkte liegen nicht schon dann vor, wenn der Verwaltungsaufwand für die Gewährung des Informationszugangs hoch ist und möglicherweise die nach dem einschlägigen Gebührenrahmen vorgesehene Höchstgebühr übersteigt. In dem hier in Rede stehenden Bereich des Informati- onsfreiheitsrechts stellt der Verwaltungsaufwand für die gebührenpflichtige Amts- handlung nicht das alleinige Kriterium für die Bemessung der Gebühr innerhalb des Gebührenrahmens dar. Vielmehr ist bei der Gebührenfestsetzung auch die Bedeutung der Amtshandlung zu berücksichtigen, insbesondere sind die Gebüh- ren nicht nur abstrakt, sondern auch individuell-konkret – unter Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes – so zu bemessen, dass der Informationszugang nach § 1 IFG wirksam in Anspruch genommen werden kann (vgl. § 10 Abs. 2 IFG). In dieser Vorschrift findet das Äquivalenzprinzip eine spezialgesetzliche Ausprägung, deren Beachtung die Behörden zu einer einzelfallbezogenen Prüfung zwingt, inwieweit die Bedeutung des Informationszugangs für die demokratische Meinungs- und Willensbildung und die Kontrolle des staatlichen Handelns den -3-
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-3- Aspekt der Kostendeckung zurückdrängt (vgl. zum IFG Bln: Senatsbeschluss vom 22. Mai 2014 – OVG 12 N 24.13 – zur Veröffentlichung in juris vorgesehen). Ge- messen an diesen Grundsätzen war der gegenüber dem Kläger ergangene Kos- tenvorschussbescheid rechtswidrig, weil eine Gefährdung des Haushaltsinteres- ses objektiv nicht erkennbar und die Bemessung der Gebühr allein an dem mit der Informationsgewährung verbundenen Verwaltungsaufwand ausgerichtet war. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 GKG. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). Plückelmann                            Bath                             Böcker
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