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Aktenzeichen
11 K 2149/10
Datum
15. Januar 2013
Gericht
Verwaltungsgericht Hamburg
Gesetz
Hamburgisches Transparenzgesetz (HmbTG)
Hamburgisches Transparenzgesetz (HmbTG)

Urteil: Verwaltungsgericht Hamburg am 15. Januar 2013

11 K 2149/10

Der Stadtplanungsausschuss des Bezirksamts hatte lediglich die Nichtöffentlichkeit des Tagesordnungspunktes beschlossen, unter dem über einen Bauantrag beraten werden sollte. Dies kann nach Feststellung des Verwaltungsgerichts nicht so ausgelegt werden, dass die Nichtöffentlichkeit zugleich die Vertraulichkeit des Inhalts jener Beratung und somit die Geheimhaltung aller mit der Beratung verbundenen Unterlagen umfasst. Allein der Umstand, dass es sich um eine Bauangelegenheit handelt, begründet zudem noch kein Vertraulichkeitsinteresse. Rechtmäßig ist hingegen die Verweigerung der Einsicht in die Niederschrift einer Sitzung des Bau- und Denkmalschutzausschusses, der ausdrücklich die Nichtöffentlichkeit der Sitzung und aller damit verbundenen Unterlagen beschlossen hatte. Grundlage für die Verweigerung des Informationszugangs ist eine Vorschrift des Hamburgischen Transparenzgesetzes zu Protokollen und Unterlagen von Beratungen, die durch spezialgesetzliche Vertraulichkeitsvorschriften geschützt sind. Der spezialgesetzliche Schutz ergibt sich aus dem Bezirksverwaltungsgesetz. (Quelle: LDA Brandenburg)

(Gesetzliche) Geheimhaltungspflichten Konkurrierende Rechtsvorschriften Beratungsgeheimnis (behördlicher Entscheidungsprozess)

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11 K 2149/10 Verwaltungsgericht Hamburg Urteil Im Namen des Volkes In der Verwaltungsrechtssache hat das Verwaltungsgericht Hamburg, Kammer 11, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2013 durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht XXX, den Richter am Verwaltungsgericht XXX, die Richterin XXX, die ehrenamtliche Richterin Frau XXX, den ehrenamtlichen Richter Herr XXX für Recht erkannt: Das Verfahren wird eingestellt, soweit der Kläger Zugang begehrt zu: -   den Beratungen des Bauausschusses am 30. September 2009, -   den Beratungen des Stadtplanungsausschusses am 7. Oktober 2009, -   dem Bauantrag „K.-Hauptdeich “ vom 20. Mai 2009, -   den dazu von der Bezirksverwaltung erarbeiteten Kommentaren, Bewertungen und Entscheidungsvorschlägen, -   der Baugenehmigung über das vorgenannte Vorhaben. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger nach Maßgabe des Hamburgischen Transparenzgesetzes vom 19. Juni 2012 Zugang zu der Niederschrift und etwaigen Beschlüssen über den Tagesordnungspunkt 6. der Sitzung des Stadtplanungsausschusses vom 7. Oktober 2009 zu gewähren; insoweit wird der Bescheid vom 5. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 2010 aufgehoben.
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-2- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet. Rechtsmittelbelehrung: Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung schriftlich die Zulassung der Berufung beantragt werden. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Hamburg, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Hamburgischen Oberverwaltungsgericht, Lübeckertordamm 4, 20099 Hamburg, einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, -    wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, -    wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, -    wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, -    wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder -    wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer der in § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Ferner sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ergänzend wird wegen der weiteren Einzelheiten auf § 67 Abs. 2 Satz 3, Abs. 4 und Abs. 5 VwGO verwiesen. Auf die Möglichkeit der Sprungrevision nach § 134 VwGO wird hingewiesen. -3-
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-3- Tatbestand Der Kläger begehrt von der Beklagten den Zugang zu Informationen im Zusammenhang mit einem Bauantrag. Am 20. Mai 2009 stellte Hamburg Wasser bei der Beklagten einen Bauantrag für das Gelände des ehemaligen Wasserwerks auf der Elbinsel K.. Geplant war die Umnutzung des Betriebsgeländes in ein Museum, wozu ein Ausstellungspavillon neugebaut und die historischen Filterbecken und Freiflächen wiederhergestellt werden sollten. Die Zufahrt zu dem Naturpark, Industriedenkmal und Museum „Wasserkunst Elbinsel K.“ sollte über die Deichstraße erfolgen. Gegen die dafür notwendige Öffnung des K. Haupt-deichs für den Fahrzeugverkehr wandte sich mit einer Petition vom 31. Juli 2009 die Stadtteilinitiative „Hamburgs Wilder Osten“ (HWO), deren Mitglied der Kläger ist. Mit einem „Antrag auf Informationszugang“ vom 24. September 2009 begehrte der Kläger den Zugang zu den Unterlagen und Beratungen im Zusammenhang mit dem o.g. Bauantrag. Der Antrag umfasste im speziellen den Bauantrag, die dazu von der Bezirksverwaltung erarbeiteten Kommentare, Bewertungen und Entscheidungsvorschläge, ferner die Baugenehmigung, sobald sie vorliege, sowie alle Informationen, die eine Grundlage der Entscheidung über den Bauantrag bilden würden. Unter dem 25. September 2009 stellte der Kläger wiederum einen „Antrag auf Informationszugang II“. Der Antrag umfasste einen Zugang zu den Beratungen des Bauausschusses über den Bauantrag, insbesondere zur Sitzung am 30. September 2009, zu den Niederschriften über die jenen Bauantrag betreffenden Tagesordnungspunkte und Beschlüsse der Bezirksversammlung und ihrer Ausschüsse und zu der Stellungnahme des Rechts-amts zu der in der Petition formulierten Bitte, die Beratung im Bauausschuss zu jenem Bauantrag in öffentlicher Sitzung durchführen zu lassen. In seiner Sitzung am 30. September 2009 wurde der Bau- und Denkmalausschuss der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte über den Antrag des Klägers auf Informationszugang informiert. Er beschloss daraufhin die Nicht-Öffentlichkeit der Sitzung und aller damit verbundenen Unterlagen. -4-
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-4- Mit einem „Antrag auf Informationszugang III“ vom 4. Oktober 2009 wandte sich der Kläger erneut an die Beklagte. Er begehrte Zugang zu den Beratungen des Stadtplanungsausschusses über den Bauantrag, insbesondere zu der Sitzung am 7. Oktober 2009, sowie zu den Niederschriften über die jenen Bauantrag betreffenden Tagesordnungspunkte und Beschlüsse. Unter dem 5. Oktober 2009 antwortete der Leiter des zuständigen Bezirksamtes der Beklagten dem Kläger. Auf die Anträge vom 25. September und 4. Oktober 2009 wäre das Informationsfreiheitsgesetz anzuwenden. Es bestehe die Möglichkeit zur Einsicht in die Niederschriften der öffentlichen Sitzungen der Bezirksversammlung und ihrer Ausschüsse. Der Bauausschuss tage allerdings von Gesetzes wegen nicht öffentlich, so dass die Beratungen vertraulich und deren Niederschriften daher nicht einsehbar seien. Das grundsätzlich gegebene Auskunftsrecht sei aufgrund der Vertraulichkeit der Beratungen ausgeschlossen. Zudem gingen die spezielleren Vorschriften des Bezirksverwaltungsgesetzes dem Informationsfreiheitsgesetz vor. In seiner Sitzung am 7. Oktober 2009 beschloss der Stadtplanungsausschuss die Nicht- Öffentlichkeit des Tagesordnungspunktes 6., unter dem über den vorgenannten Bauantrag „K.-Hauptdeich “ beraten wurde. Mit Schreiben vom 31. Oktober 2009, eingegangen am 3. November 2009, legte der Kläger Widerspruch gegen die Ablehnung der Anträge vom 25. September und 4. Oktober 2009 durch das Schreiben vom 5. Oktober 2009 ein. Die Niederschriften der Bezirksversammlung seien nicht schon deshalb vertraulich, weil sie sich auf eine nichtöffentliche Sitzung bezögen. Vielmehr bedürfe es eines dahingehenden, ausdrücklichen Beschlusses. Ohnehin seien die Sitzungen des Bauausschusses nicht von Gesetzes wegen nicht öffentlich. Die betreffende Formulierung im Bezirksverwaltungsgesetz beziehe sich auf einen Sonderfall und betreffe nicht die Fachausschüsse der Bezirksversammlung wie den Bau- und den Stadtplanungsausschuss. Für diese gelte der Öffentlichkeitsgrundsatz; dem stünden weder gesetzliche Vorschriften noch überwiegende Belange des öffentlichen Wohls oder berechtigte Interessen Einzelner entgegen. Zudem habe der Bauantragsteller seine Zustimmung zur Öffentlichkeit der Beratungen gegeben. Für derartige öffentliche -5-
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-5- Unternehmen sei grundsätzlich kein Interesse erkennbar, das der Öffentlichkeit der Beratungen entgegenstehen würde. Ein Ausschlussgrund nach dem Informationsfreiheitsgesetz liege daher nicht vor. Ferner bedürfe es für den Ausschluss der Öffentlichkeit von den Beratungen der Bezirksgremien einer durch Rechtsvorschrift gedeckten Begründung. Am 4. Dezember 2009 legte der Kläger Widerspruch gegen die Ablehnung des Antrags vom 24. September 2009 ein. Nachdem dieser Antrag nicht beschieden worden sei, gelte er von Gesetzes wegen als abgelehnt. Es sei davon auszugehen, dass der Bauantrag vom 20. Mai 2009 den Bau eines Parkplatzes vorsehe, der letztlich zu der umstrittenen Straßenöffnung führen werde. Für deren Gegner sei daher von Interesse, wie der Bauantrag aussehe, welche Position die Bezirksverwaltung hierzu einnehme und wie sie letztlich darüber entscheide. In dem Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2010, dem Kläger zugestellt am 16. Juli 2010, wies die Beklagte die Widersprüche zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass der Widerspruch des Klägers unbegründet sei, weil die Ablehnung der Anträge auf Informationszugang rechtmäßig gewesen sei. Nach dem Bezirksverwaltungsgesetz könnte bei den Sitzungen der Bezirksversammlung und ihrer Ausschüsse die Öffentlichkeit nach Ermessen bei einzelnen Tagesordnungspunkten ausgeschlossen werden. Hierüber sei in nichtöffentlicher Verhandlung zu beraten und zu beschließen. Dies sei nach dem Protokoll des Bau- und Denkmalschutzausschusses am 30. September 2009 in der Sache K. geschehen. Es komme daher nicht darauf an, ob hinreichende Gründe für einen zwingenden Ausschluss der Öffentlichkeit vorgelegen hätten. Die Zustimmung des Bauantragstellers zu einer öffentlichen Beratung könne Eingang in die Beschlussfassung finden, sei aber für den Ausschuss nicht bindend. Einer spezifischen inhaltlichen Begründung für den Ausschluss der Öffentlichkeit bedürfe es nicht. Ansonsten würde die gesetzliche Vorgabe umgangen werden, über den Öffentlichkeitsausschluss nicht öffentlich zu beraten. Die Stellungnahme des Rechtsamtes zu der in der Petition enthaltenen Bitte, die Beratungen zum Bauantrag in öffentlicher Sitzung durchzuführen, sei vertraulich. Sie sei eine Unterlage der Ausschussberatungen gewesen und werde deshalb von dem Beschluss zur Nichtöffentlichkeit der Sitzung am 30. September 2009 mit erfasst. Es liege daher kein Verstoß gegen den Anspruch auf Informationszugang vor. Gleiches gelte für die Niederschriften über die den Bauantrag -6-
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-6- betreffenden Tagesordnungspunkte und die Beschlüsse hierzu. Ferner stehe die Vertraulichkeitsvorschrift des Bezirksverwaltungsgesetzes dem Informationszugangsanspruch als die speziellere Regelung direkt entgegen. Jedenfalls handele es sich bei den Niederschriften der Ausschussberatungen um solche, deren Vertraulichkeit im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes durch Rechtsvorschrift vorgesehen sei. Mit der am 16. August 2010 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Auf Nachfrage des Gerichts erklärte er unter dem 12. Oktober 2012, dass alle drei Anträge auf Informationszugang vom 24. und 25. September 2009 sowie vom 4. Oktober 2009 Gegenstand der Klage sein sollten. Der Antrag vom 25. September 2009 sei schon deshalb Verfahrensgegenstand, weil die Beklagte ihn in ihrem Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2010 abgehandelt habe. Die Beklagte sei für den geltend gemachten Informationsanspruch uneingeschränkt passivlegitimiert, weil sie gesetzlich in der Lage sei, der Bezirksversammlung Weisungen zu erteilen. Der Kläger trug ursprünglich vor, dass das Bezirksverwaltungsgesetz keine geeignete Rechtsgrundlage sei, einen Anspruch auf Zugang zu Informationen zu beseitigen. Die eine Ablehnung rechtfertigenden Gründe seien im Informationsfreiheitsgesetz abschließend normiert worden. Auf die entsprechende Bestimmung könne höchstens die Geheimhaltung der Beratungsprotokolle, nicht aber des Bauantrags vom 20. Mai 2009 gestützt werden; zudem lägen die entsprechenden Voraussetzungen nicht vor. Darüber hinaus sei der Beschluss über die Nichtöffentlichkeit der Sitzung rechtswidrig. Eine Auslegung des Bezirksverwaltungsgesetzes dergestalt, dass der Ausschluss der Öffentlichkeit in der Entscheidungsbefugnis des Ausschusses liege, sei mit einem Anspruch auf Informationszugang nicht vereinbar. Nunmehr trägt der Kläger vor, dass er nach dem Hamburgischen Transparenzgesetz einen Anspruch auf Zugang zu allen Informationen der auskunftspflichtigen Stellen habe; die begehrten Informationen unterfielen dieser Auskunftspflicht. Ihre im Gesetz selbst vorgesehenen Einschränkungen seien nicht einschlägig. Hiernach seien zwar Protokolle und Unterlagen von Beratungen, die durch spezialgesetzliche Vertraulichkeitsvorschriften geschützt seien, von der Informationspflicht ausgenommen. Der Inhalt von Beratungen in nichtöffentlicher Sitzung sei nach dem Bezirksverwaltungsgesetz jedoch nicht stets vertraulich. Vielmehr fordere dieses Gesetz ausdrücklich einen gesonderten Beschluss zur Herstellung der -7-
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-7- Vertraulichkeit. Schließlich würde der Zweck des Transparenzgesetzes verfehlt werden, wenn die Einsicht in Unterlagen gegenüber der früheren Rechtslage erschwert werden würde. Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung der durch Zeitablauf ausgesprochenen Ablehnung des Antrags des Klägers vom 24. September 2009 und des Bescheids vom 5. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 2010 zu verpflichten, den Anträgen des Klägers vom 24. September 2009, 25. September 2009 und 4. Oktober 2009 zu entsprechen, soweit diese Anträge nicht durch übereinstimmende Erklärungen der Beteiligten erledigt sind. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, und bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid. Ergänzend führt sie aus, dass die Beklagte hinsichtlich der Zugänglichmachung der Sitzungsprotokolle, Niederschriften und Beschlüsse des Bau- und des Stadtplanungsausschusses nicht passivlegitimiert sei. Insoweit sei die Klage gegen den Vorsitzenden der Bezirksversammlung zu richten. Die Beklagte könne dem Begehren nicht abhelfen, da es ihr rechtlich verwehrt sei, die Bezirksversammlung zur Herausgabe der Unterlagen bzw. zur Einsichtnahme in diese anzuweisen. Zudem sei fraglich, ob der am 25. September 2009 geltend gemachte Informationsanspruch Gegenstand der Klage sei. Jenes Schreiben sei nicht in der Klageschrift erwähnt worden. Darüber hinaus sei die Klage unbegründet. Eines ausdrücklichen Beschlusses über die Vertraulichkeit der Beratungen, neben demjenigen über die Nicht-Öffentlichkeit einer Sitzung, bedürfe es entgegen der Auffassung des Klägers nicht. Es bestehe eine hinlänglich bekannte und unangefochtene gewohnheitsrechtliche Übung dahingehend, -8-
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-8- dass die Inhalte nichtöffentlicher Sitzungen stets vertraulich behandelt werden würden. Ein derartiger Beschluss sei aber auch konkludent in dem Beschluss über die Nicht- Öffentlichkeit der Sitzung enthalten. Auf die materielle Rechtmäßigkeit jenes Beschlusses komme es für die Entstehung der Verschwiegenheitspflicht nicht an. Am 18. September 2011 wurde die „Wasserkunst Elbinsel K.“ eröffnet. Die Sachakte der Beklagten ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen, in der die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache teilweise für erledigt erklärt haben. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll vom 15. Januar 2013 verwiesen. Entscheidungsgründe I. Gegenstand des Verfahrens sind alle drei Anträge des Klägers auf Informationszugang vom 24. und 25. September sowie 4. Oktober 2009 geworden. Der Kläger hat zwar den Antrag vom 25. September 2009 weder im Antrag noch in der Begründung seiner Klagschrift ausdrücklich erwähnt, er hat ihn aber mit dem Schriftsatz vom 12. Oktober 2012 in das Verfahren mit einbezogen. Die hierin liegende Erweiterung des Klageantrags ist nach § 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO zulässig. Zudem wäre eine etwaige Klageänderung zur vollständigen Beilegung des Rechtsstreits sachdienlich und daher zuzulassen, § 91 Abs. 1 VwGO (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.2.1980, DVBl 1980, 598, 599). Sie wäre zum einen geeignet der endgültigen Ausräumung des Streits zwischen den Parteien über den Umfang des Auskunftsrechts des Klägers im laufenden Verfahren zu dienen. Zum anderen bliebe der Streitstoff im Wesentlichen derselbe, da sich der Antrag vom 25. September 2009 auf dasselbe Bauvorhaben wie die beiden anderen Anträge bezieht. II. -9-
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-9- In entsprechender Anwendung von § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO ist das Verfahren einzustellen, soweit es die Parteien in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Derartige Erklärungen haben die Parteien in der mündlichen Verhandlung am 15. Januar 2013 zu Protokoll gegeben. Sie betreffen den vom Kläger begehrten Zugang zu den Beratungen des Bauausschusses und des Stadtplanungsausschusses, insbesondere zu den Sitzungen am 30. September 2009 und am 7. Oktober 2009, sowie die weiterhin von ihm begehrte Einsichtnahme in den Bauantrag und die Baugenehmigung für die Umnutzung des ehemaligen Wasserwerks auf der Elbinsel K. und die von der Bezirksverwaltung hierzu erarbeiteten Kommentare, Bewertungen und Entscheidungsvorschläge. III. Die verbleibende Klage ist nur teilweise erfolgreich. Sie ist unzulässig, soweit der Kläger eine erneute Entscheidung über seinen Antrag auf Informationszugang „II“ vom 25. September 2009 begehrt (1.). Hingegen ist sie begründet, soweit er den Zugang zu der Sitzungsniederschrift des Stadtplanungsausschusses und dessen etwaigen Beschlüssen vom 7. Oktober 2009 erstrebt (2.). Im Übrigen ist die Klage unbegründet (3.). 1.      Soweit der Kläger die Verpflichtung der Beklagten zur positiven Bescheidung seines Antrags vom 25. September 2009 begehrt, ist die Klage unzulässig. Mit dem Bescheid vom 5. Oktober 2009 wurde dieser Antrag bestandskräftig abgelehnt. Der Kläger hatte zwar die Ablehnung mit dem Widerspruch vom 31. Oktober 2009 angegriffen, doch wurde jenes Vorverfahren mit dem Widerspruchsbescheid vom 14. Juli 2010 endgültig abgeschlossen. Denn gegen den am 16. Juli 2010 zugestellten Widerspruchsbescheid hat der Kläger innerhalb der Monatsfrist des § 74 Abs. 2 VwGO nur insoweit Klage erhoben, als er die positive Bescheidung der Anträge vom 24. September 2009 und 4. Oktober 2009 begehrte. Der Antrag vom 25. September 2009 wurde dagegen erst mit dem Schriftsatz vom 12. Oktober 2012 und damit verspätet in das - 10 -
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- 10 - Verfahren eingeführt (siehe oben unter I.). Sowohl bei einer Klageänderung (§ 91 VwGO) als auch bei einer Klageerweiterung (§ 173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 2 ZPO) müssen die Sachurteilsvoraussetzungen ebenfalls hinsichtlich des erweiterten Teils der Klage vorliegen. Dies gilt insbesondere für die Einhaltung der Klagefrist des § 74 VwGO (vgl. BVerwG, Beschl. v. 30.7.2010, 8 B 125/09, juris, Rn. 19 m.w.N.). 2.      Die Klage ist begründet, soweit die Beklagte das Begehren des Klägers abgelehnt hat, ihm Informationszugang zu der Sitzungsniederschrift und etwaigen Beschlüssen des Stadtplanungsausschusses vom 7. Oktober 2009 zu gewähren. Der Bescheid vom 5. Oktober 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juli 2010 ist hierauf bezogen rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinem Anspruch auf Informationszugang nach dem Hamburgischen Transparenzgesetz (HmbTG) vom 19. Juni 2012 (HmbGVBl. S. 271), § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. a)      Grundlage des klägerischen Anspruchs ist § 1 Abs. 2 HmbTG, wonach jede Person nach Maßgabe des Gesetzes Anspruch auf unverzüglichen Zugang zu allen Informationen der auskunftspflichtigen Stellen hat. Den dort ebenfalls gewährten Anspruch auf Veröffentlichung bestimmter Informationen in einem Informationsregister macht der Kläger nicht geltend. Das am 6. Juli 2012 verkündete Gesetz trat am 6. Oktober 2012 in Kraft und löste damit gleichzeitig das Hamburgische Informationsfreiheitsgesetz (HmbIFG) vom 17. Februar 2009 (HmbGVBl. S. 29) ab, § 18 Abs. 3 HmbTG. In seiner Übergangsvorschrift begrenzt es nur die Rückwirkung der Veröffentlichungspflicht (§ 18 Abs. 1 HmbTG), so dass die hier maßgebliche Auskunftspflicht (vgl. § 2 Abs. 7 bis 9 HmbTG) für noch nicht abgeschlossene Vorgänge uneingeschränkt Geltung beansprucht. Es ist daher zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung auf die Anträge des Klägers auf Informationszugang anwendbar, weil diese beim Inkrafttreten des Transparenzgesetzes noch nicht rechtskräftig beschieden worden waren. b)      Die Beklagte ist als Rechtsträger des Bezirksamtes und seiner Bezirksversammlung der richtige Anspruchsgegner für das Begehren des Klägers (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Entgegen ihrer Auffassung hat das Landesrecht mit dem Bezirksverwaltungsgesetz (BezVG) vom 6. Juli 2006 (HmbGVBl. S. 404) nicht bestimmt, - 11 -
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