Sehr geehrter Herr Blümm,
vielen Dank für Ihre Anfrage beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz zum Prüfvermerk vom 7. März 2022, der gemeinsam mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz zur „Prüfung des Weiterbetriebs von Atomkraftwerken aufgrund des Ukraine-Kriegs“ veröffentlicht wurde, auf die ich Ihnen gerne antworte.
Beide Ministerien haben geprüft, ob und inwiefern eine Verlängerung der Laufzeiten von Atomkraftwerken angesichts des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine und der aktuell hohen Importabhängigkeit von Russland zur Energiesicherheit beiträgt. Dabei geht es vor allem um die Frage, ob längere Atomlaufzeiten mögliche Versorgungsengpässe im nächsten Winter ausgleichen können. Aber auch eine mehrjährige Verlängerung wurde betrachtet.
Beide Ministerien kommen darin zu dem Ergebnis, dass eine Verlängerung der Laufzeiten deutscher Atomkraftwerke nur einen sehr begrenzten Beitrag zur Sicherung der Energieversorgung in Deutschland leisten könnte, und dies zu sehr hohen wirtschaftlichen Kosten sowie rechtlichen und technischen Unwägbarkeiten. Im Ergebnis einer Abwägung von Nutzen und Risiken ist eine Laufzeitverlängerung der drei noch bestehenden Atomkraftwerke daher nicht zu empfehlen.
Die Bemühungen der Bundesregierung konzentrieren sich vielmehr darauf, die Energieversorgung auf robustere Säulen zu stellen, die Importabhängigkeit von Russland konsequent zu reduzieren und den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben. Dazu trifft die Bundesregierung unter anderem bereits seit Wochen intensive Vorkehrungen, damit die Gasspeicher gefüllt und Reserven an Kohle angelegt werden. Auch die Energieversorgungsunternehmen sorgen vor und diversifizieren die Importe. Mit den schon ergriffenen Maßnahmen hat Deutschland Vorsorge getroffen. Zudem treibt das BMWK den Ausbau der Erneuerbaren intensiv voran. Dazu hat das Bundeskabinett am 6. April 2022 das sogenannte Osterpaket verabschiedet. Mit diesem werden verschiedene Energiegesetze umfassend novelliert, um so den Ausbau erneuerbarer Energien zu beschleunigen und konsequent voranzutreiben.
Der gemeinsame Prüfvermerk vom 7. März 2022 wurde unter anderem auch auf der Grundlage von Gesprächen mit den Betreibern der deutschen Atomkraftwerke (CEOs von E.ON, RWE und EnBW) erstellt. Diese haben gegenüber dem BMUV und dem BMWK darauf hingewiesen, dass eine Laufzeitverlängerung für sie nur sinnvoll sei, wenn entweder die Prüftiefe der grundlegenden Sicherheitsanalyse verringert würde oder auf weitreichende Nachrüstungsmaßnahmen, die sich im Zuge der Sicherheitsüberprüfung ergeben könnten, verzichtet würde. Für den Fall, dass der Staat in der aktuellen Lage einen Weitertrieb zur Absicherung der Versorgungssicherheit für nötig erachtet, haben die Betreiber weiterhin mitgeteilt, dass dann die Bundesregierung die volle Kontrolle und Verantwortung für Investitionen, Kosten, Erträge sowie Verfahrensumfang und ‑tiefe auf der sicherheitstechnischen und genehmigungsrechtlichen Seite übernehmen müsse. Ein solcher Betrieb der Anlagen in unmittelbarer Staatsverantwortung kommt nicht in Betracht.
Eine Absenkung des Sicherheitsniveaus ist für das BMUV, das die Aufsicht nach Atomrecht und den hohen grundrechtlichen Anforderungen zu gewährleisten hat, nicht zu vertreten.
Die Betriebsgenehmigung im Übrigen bleibt selbstverständlich erhalten, um einen illegalen Nichtleistungsbetrieb während der Phase bis zum Abbau der Anlagen zu verhindern. Das ändert jedoch nichts daran, dass für die drei derzeit noch laufenden Anlagen Ende des Jahres das Recht zum Leistungsbetrieb erlischt. Ein erhebliches rechtliches Risiko bliebe auch bestehen, falls notwendige Umweltverträglichkeitsprüfungen und nach § 19a AtG vorgeschriebene periodische Sicherheitsüberprüfungen unterblieben.
Im Ergebnis spiegelt der Prüfvermerk vom 7. März 2022 nach wie vor die Auffassung des BMUV wieder, eine Überarbeitung ist nicht vorgesehen.
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Mit freundlichen Grüßen