Widerspruch der Datenweitergabe
Der von Ihnen angefragte Betrieb hat – leider – das Recht Ihren Namen und Anschrift auf Nachfrage zu erfahren. Sie können nun:
- den Antrag zurückziehen. Eine einfache Mitteilung genügt. Dadurch erhalten sie aber auch keine der beantragten Infos zum Thema Hygienekontrollen
- oder sich mit der Weitergabe Ihrer Daten einverstanden erklären
Für den zweiten Fall haben wir eine Formulierung vorbereitet, die Sie übernehmen können.
Sehr
geehrteAntragsteller/in
gestützt auf das Verbraucherinformationsgesetz (VIG) haben Sie am 22.02.2019 über die Online-Plattform „Topf Secret" in Bezug auf den Betrieb DB Gastronomie GmbH, Masurenallee 33, 47055 Duisburg die Herausgabe folgender Informationen beantragt:
1 „Wann haben die beiden letzten lebensmittelrechtlichen Betriebsüberprüfungen im folgenden Betrieb stattgefunden?"
2. „Kam es hierbei zu Beanstandungen? Falls ja, beantrage ich hiermit die Herausgabe des entsprechenden Kontrollberichts an mich."
Nach Durchführung der im Rahmen der Drittbeteiligung erfolgten Anhörung ergeht an Sie folgender Bescheid:
Ich werde die von Ihnen begehrten Informationen zu den Fragen 1 und 2 nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist für den betroffenen Betrieb erteilen, wobei ich Ihnen den Informationszugang eröffne durch Auskunftserteilung an Ihre Postanschrift sowie — soweit Ihr Zugangsbegehren auch den Kontrollbericht umfasst - durch Gewährung der Einsicht in das im Balvi hinterlegte Kontrollblatt in meinen Diensträumen.
Begründung:
Die von Ihnen mit o. g. Antrag angefragten Informationen liegen mir als informationspflichtige Stelle gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 VIG i. V. m. § 12 LFBRVG-NRW vor.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VIG hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu allen Daten über Überwachungsmaßnahmen oder andere behördliche Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern, einschließlich der Auswertung dieser Tätigkeiten und Maßnahmen, sowie Statistiken über Verstöße gegen in § 39 Abs. 1 Satz 1 des LFGB und § 26 Abs. 1 Satz 1 ProdSG genannte Rechtsvorschriften, soweit sich die Verstöße auf Erzeugnisse oder Verbraucherprodukte beziehen. Hierunter fallen auch die mit o. g. Antrag unter Nr. 1 und 2 abgefragten Informationen, da es sich bei durchgeführten Betriebskontrollen um Überwachungsmaßnahmen i. S. d. § 2 Abs. 1 Satz Nr. 7 VIG handelt (vgl. Urteil des OVG NRW vom 12.12.2016, Az. 13 A 940/15).
Der Anspruch auf Informationszugang besteht nur insoweit, als kein Ausschluss- oder Beschränkungsgrund nach § 3 VIG oder sonstiger Ablehnungsgrund gemäß § 4 VIG vorliegt.
Der von mir nach § 5 Abs. 1 VIG i. V. m. § 28 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen angehörte Betrieb hat keine Einwände erhoben, die einem Informationszugang entgegenstehen.
In Bezug auf die Frage Nr. 1 ist weder ein Ausschluss- oder Beschränkungsgrund noch ein sonstiger Ablehnungsgrund nach §§ 3, 4 VIG ersichtlich.
Hinsichtlich der Frage Nr. 2 ist insbesondere § 3 Satz 1 Nr. 2 lit. a VIG zu beachten. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang wegen entgegenstehender privater Belange nicht, soweit Zugang zu personenbezogenen Daten beantragt wird — es sei denn, die Betroffenen haben dem Informationszugang zugestimmt oder das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt (§ 3 Satz 2 VIG).
Mangels besonderer Regelungen im VIG ist für die Frage, ob personenbezogene Daten vorliegen, auf die Definition des Art. 4 Nr. 1 DSGVO zurückzugreifen. Danach sind personenbezogene Daten alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person (im Folgenden „betroffene Person") beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten, zu einer Online-Kennung oder zu einem oder mehreren besonderen Merkmalen, die Ausdruck der physischen, physiologischen, genetischen, psychischen, wirtschaftlichen, kulturellen oder sozialen Identität dieser natürlichen Person sind, identifiziert werden kann. Der Umstand, ob es bei den lebensmittelrechtlichen Betriebsüberprüfungen zu Beanstandungen kam, bzw. der angefragte Kontrollbericht ist danach ein personenbezogenes Datum, da sachliche Verhältnisse des Gastronomiebetriebes betroffen sind, zumal über Namen und Anschrift des Betriebs ohne Weiteres der betreffende Gastronomiebetreiber bestimmbar sein dürfte und sich insoweit möglicherweise Rückschlüsse auf die gewerbe- oder gaststättenrechtliche Zuverlässigkeit des Betreibers ziehen lassen (vgl. Urteil des OVG NRW vom 12.12.2016, a. a. 0.).
Im Rahmen des § 3 Satz 2 VIG habe ich daher die privaten Belange gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Bekanntgabe abzuwägen. Das öffentliche Interesse ist auf die Verfolgung der Ziele der Allgemeinheit gerichtet, wobei sich nach dem jeweiligen Fachrecht bestimmt, welche Interessen damit im Einzelnen gemeint sind. Vorliegend wird nach dem in § 1 VIG niedergelegten Gesetzeszweck im allgemeinen Interesse das Ziel verfolgt, Verbraucherinnen und Verbraucher im Sinne der Markttransparenz zu informieren und sie so vor u. a. gesundheitsschädlichen oder sonst unsicheren Erzeugnissen zu schützen. Demgegenüber steht das Geheimhaltungsinteresse des Betriebes mit Blick auf mögliche nachteilige Entscheidungen des informierten Verbrauchers sowie dadurch bedingte etwaige Einbußen und damit auch möglicherweise durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Rechtspositionen. Dies zugrunde gelegt führt meine Abwägung vorliegend zu dem Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an einer Bekanntgabe der unter Nr. 2 abgefragten Information als überwiegend einzustufen ist. Denn mit dieser Information wird der gesetzgeberischen Intention i. S. d. allgemeinen Interesses des Verbrauchers an einer möglichst umfassenden Markttransparenz Rechnung getragen; auch in der Rechtsprechung ist dieses gesetzgeberische Ziel als legitimer öffentlicher Belang anerkannt worden (vgl. Urteil des OVG NRW vom 01.04.2014, Az. 8 A 654/12). Demgegenüber hat das Interesse des Betriebes an einer Verweigerung der Informationserteilung zur Sicherung der Umsatzes zurückzutreten; dies auch mit Blick darauf, um das hohe Gut der mit dem VIG beabsichtigten Markttransparenz und Information der Verbraucher nicht leerlaufen zu lassen.
Ein Ausschluss- oder Beschränkungsgrund nach § 3 VIG oder ein sonstiger Ablehnungsgrund gemäß § 4 VIG liegt hier nach dem Vorstehenden also nicht vor; insbesondere ergeben sich aus dem Umstand, dass der Antrag über die Plattform „Topf Secret" gestellt wurde und der Antragsteller die Informationen ggf. über
www.fragdenstaat.de zugänglich macht, für sich genommen und unter Zugrundelegung der Intention des VIG auch keine Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Antragstellung. Daher werde ich die von Ihnen begehrten Informationen erteilen.
Die konkreten beantragten Daten darf ich Ihnen aus rechtlichen Gründen allerdings erst mitteilen, wenn meine Entscheidung über den o. a. Antrag, die Sie als Antragsteller begünstigt, zuvor auch dem betroffenen Dritten bekannt gegeben wurde und dieser nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist von einem Monat keine Klage erhoben hat.
Ich werde Ihnen den Zugang zu den beantragten Informationen dann durch Auskunftserteilung an Ihre Postanschrift sowie — soweit Ihr Zugangsbegehren nach Maßgabe der Frage 2 Satz 2 auch den Kontrollbericht umfasst — durch Gewährung der Einsicht in das im Balvi hinterlegte Kontrollblatt in meinen Diensträumen eröffnen. Eine Eröffnung des Informationszugangs in elektronischer Form an Ihre unter
www.fragdenstaat.de hinterlegte E-Mail-Adresse kommt dagegen — auch im Lichte der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21.03.2018 (Az. 1 BVF 1/1 3) — nicht in Betracht. Ungeachtet dessen, ob hier eine behördliche Informationsweitergabe an einen Antragsteller, der seinen Antrag über die Plattform „Topf Secret" i. V. m.
www.fragdenstaat.de stellt, aufgrund der zu erwartenden Veröffentlichung auf der Plattform in ihren Auswirkungen einer — vorliegend nicht gegebenen — unmittelbaren staatlichen Information nahekommen könnte, gebietet jedenfalls der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dass die Behörde im Rahmen ihrer Ermessensausübung in Bezug auf den Dritten das relativ mildeste Informationsmittel wählt (vgl. Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 15.03.2019, Az. RN 5 S 19.189; Beschluss des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 1 1.04.2019, Az. W 8 S 19.289). Dabei habe ich auch berücksichtigt, dass die Behörde — im Gegensatz zu einer eigenen Veröffentlichung der Informationen im Internet, vgl. § 6 Abs. 1 Satz 3 VIG — nach Herausgabe der Informationen an den Antragsteller auf den öffentlichen Kommunikationsprozess auf der von foodwatch / FragdenStaat betriebenen Plattform gerade nicht mehr einwirken könnte und durch die Veröffentlichung der behördlichen Schreiben beim Leser möglicherweise der Eindruck eines behördlichen Informationshandelns entstehen könnte. Vor diesem Hintergrund liegt ein wichtiger Grund gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 VIG vor, den Informationszugang auf andere Weise als beantragt zu gewähren. Dadurch wird einerseits Ihrem Informationsbedürfnis genügt und andererseits dem Schutzbedürfnis des Unternehmens auch mit Blick darauf hinreichend Rechnung getragen, dass die Intensität eines etwaigen Schadens zum Nachteil des Betriebes durch die Multiplikation über die Internetplattform ungleich höher sein könnte als bei einer Einzelauskunft.
Der Vollständigkeit halber teile ich Ihnen zudem mit, dass ich mit heutigem Schreiben Ihren Namen und Ihre Anschrift gegenüber dem o. g. Betrieb mitteile. Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 4 VIG legt die Behörde auf Nachfrage des Dritten diesem Namen und Anschrift des Antragstellers offen. Eine solche Nachfrage liegt vor; der Offenlegung haben Sie bereits mit der Antragstellung vom 22.02.2019 zugestimmt.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage erhoben werden.
Die Klage ist bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf, Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf schriftlich, in elektronischer Form nach Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung — ERW) oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Falls die Frist durch das Verschulden eines von Ihnen Bevollmächtigten versäumt werden sollte, so würde dessen Verschulden Ihnen zugerechnet.
Mit freundlichen Grüßen