Sehr geehrte
<< Anrede >>
vielen Dank für Ihre Nachricht mit dem Zeichen Ord C 40 VIG-Nr336. Auch wenn ich nicht dazu verpflichtet bin, dies ein zweites Mal zu bestätigen: Ich halte an meinem Antrag fest und bitte um weitere Bearbeitung.
Der von Ihnen in Bezug auf die Art der Informationsgewährung vertretenen Rechtsauffassung möchte ich hiermit deutlich widersprechen. Bei den über „Topf Secret“ gestellten Informationsanträgen wird um eine Antwort in elektronischer Form (E-Mail) gebeten.
Gemäß § 6 Abs. 1 S. 1, 2 VIG ist der Informationszugang vorrangig auf die Art zu gewähren, die der Antragsteller in seinem Antrag begehrt hat. Eine Informationserteilung auf andere Art darf nur aus wichtigem Grund erfolgen.
Ein von der Behörde darzulegender wichtiger Grund dafür, von der gewünschten Art der Informationserteilung abzuweichen, ist in Bezug auf die über „Topf Secret“ gestellten Anfragen nicht ersichtlich. Insbesondere ist es ermessensfehlerhaft, die Auskunft nur im Rahmen von Akteneinsicht zugänglich zu machen (offen gelassen durch VG Regensburg, B.v. 15.3.2019 – RN 5 S 19.189 juris; VG Würzburg, Beschluss vom 15. April 2019 – W 8 S 19.311, juris Rn. 34).
Wie das Bundesverwaltungsgericht zur vergleichbaren Vorschrift des § 4 Abs. 1 UIG a.F. festgestellt hat, sind an das Vorliegen eines gewichtigen Grundes strenge Anforderungen zu stellen: So müssen bei der Ermessensentscheidung über die Art der Informationsgewährung die Ziele des Informationsgesetzes berücksichtigt werden. Mit Blick auf den Zweck der Umweltinformationsrichtlinie – die, ebenso wie das hier in Frage stehende VIG, möglichst ungehinderten Informationszugang ermöglichen will – komme den Wünschen des Antragstellers besondere Bedeutung zu. Insbesondere dürften die Ermessenserwägungen zu Art der Informationsgewährung nicht zu dem Ergebnis führen, dass ein materiell bestehender Informationsanspruch, der nicht durch die gesetzlich geregelten Ausnahmetatbestände eingeschränkt ist, nicht oder nur unzulänglich erfüllt wird (BVerwG, Urteil vom 06. Dezember 1996 – 7 C 64/95, juris Rn. 14-16 zu § 4 Abs. 1 UIG a.F.).
Die Darlegungslast für das Vorliegen eines wichtigen Grundes trägt – schon wegen des Regel-Ausnahmeverhältnisses von Antragsbegehren und wichtigem Grund – die Behörde (BVerwG, Urteile vom 6. Dezember 1996 – BVerwG 7 C 64.95 – BVerwGE 102, 282 (288) und 25. März 1999 – BVerwG 7 C 21.98 – BVerwGE 108, 369 (378 f.), jeweils zu § 4 Abs. 1 Satz 2 UIG a. F; VG Berlin, Urteil vom 17. Dezember 2009 – 2 A 109.08, juris Rn. 37; VG Berlin, Urteil vom 01. Juni 2012 – 2 K 177.11, juris Rn. 37 jeweils zu § 1 Abs. 2 IFG).
Im Lichte dieser Rechtsprechung kann in Bezug auf die über „Topf Secret“ gestellten Informationsanfragen kein wichtiger Grund zur Abweichung von der beantragten Art der Informationsgewährung angenommen werden.
Bei den über „Topf Secret“ eingereichten Informationsanträgen besteht ein unbeschränkter Anspruch auf Erteilung der Informationen nach dem VIG. Die Auskunftsanträge können weder als rechtsmissbräuchlich eingestuft werden, noch werden hierdurch verfassungsrechtliche Anforderungen an die staatliche Informationstätigkeit umgangen. Insbesondere führt auch eine anschließende Veröffentlichung der herausgegebenen Informationen durch die privaten Antragsteller, selbst wenn eine entsprechende Veröffentlichungsabsicht sicher angenommen werden könnte (die bloße Inanspruchnahme des auf „Topf Secret“ zur Verfügung gestellten Formulars reicht hierfür nicht aus), nicht zur Beschränkung des Anspruchs. Dies hat auch das Bundesverwaltungsgericht in einem Grundsatzurteil vom 29.08.2019 bestätigt (BVerwG 7 C 29.17 - Urteil vom 29. August 2019; schriftliche Urteilsbegründung noch nicht veröffentlicht). Es hat ausdrücklich in Kenntnis des in der mündlichen Verhandlung mehrfach zur Sprache gekommenen Portals „Topf Secret“ erkennen lassen, dass es an mit Veröffentlichungsabsicht gestellten Verbraucheranfragen nichts Rechtsmissbräuchliches finden kann – im Gegenteil: Eine Veröffentlichung und damit eine Sachwalter-Funktion durch VIG-Antragssteller sei vom Gesetzgeber mitgedacht und sogar gewollt. Darüber hinaus hat es grundlegend entschieden, dass dass das Verbraucherinformationsgesetz und die hierin verankerten Informationsansprüche verfassungs- und unionsrechtskonform sind und die verfassungsrechtlichen Anforderungen, die für die aktive staatliche Verbraucherinformation gelten, nicht übertragbar sind.
Wenn der Informationsanspruch nach dem VIG somit unbeschränkt besteht, darf er auch nicht dadurch, dass Informationen nur auf eine bestimmte Art und Weise erteilt werden, faktisch eingeschränkt werden. Eine solche faktische Einschränkung des Informationsanspruchs ist aber mit einer Akteneinsicht vor Ort verbunden, zumal insbesondere weiter entfernt wohnende Antragsteller wegen des damit verbundenen Aufwands von einer Einsichtnahme absehen werden. Das Abweichen von der beantragten Zugangsart ist im Übrigen als Ablehnung zu qualifizieren, weil es sich bei der Festsetzung der Zugangsart nicht um eine Nebenbestimmung iSd. § 36 VwVfG, sondern um eine Inhaltsbestimmung des Verwaltungsakts handelt (BeckOK Informations- und Medienrecht, Gersdorf/Paal, § 6, 25. Edition Rn. 5).
Die verfassungsrechtlichen Anforderungen, die für die aktive staatliche Verbraucherinformation gelten, sind demnach nicht übertragbar. Das Bundesverwaltungsgericht weist somit das auch in der mündlichen Verhandlung vom 29. August 2019 von der Klägerseite vorgetragene Argument, in Zeiten von „Topf Secret“ seien die Anforderungen an die aktive staatliche Informationstätigkeit heranzuziehen, zurück. Es hält in Kenntnis des Verbraucherportals an seiner Auffassung fest, dass selbst mit Blick auf eine eventuelle Veröffentlichung von Informationen durch private Antragsteller zwischen aktiver und antragsgebundener staatlicher Informationstätigkeit grundlegende quantitative und qualitative Unterschiede bestehen, die eine Gleichbehandlung ausschließen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. Juni 2015 – 7 B 22/14, juris Rn. 12).
Mit freundlichen Grüßen
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