Datenschutzbeauftragter Sachsen-AnhaltWir unterstützen Eilantrag von Malte Engeler

Datenschutzbeauftragte werden in Deutschland oft in Hinterzimmer-Deals auserkoren. Die intransparenten Verfahren widersprechen der Datenschutz-Grundverordnung. Deswegen unterstützen wir in einem Bundesland jetzt eine gerichtliche Klärung.

Update, 28.06.2023: VG und OVG haben den Eilantrag zurückgewiesen.

Die deutschen Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit haben ein enorm wichtiges Amt inne: Auf Bundes- und Länderebene sollen sie als unabhängige Behörde überwachen, ob wichtige Datenschutzregeln eingehalten werden. Diese herausgehobene Stellung spiegelt sich auch in der Datenschutz-Grundverordnung wider: Nach ihr müssen die Beauftragten in einem „transparenten Verfahren“ ernannt werden. In Deutschland ist das bisher aber nicht der Fall. In der Regel werden die Beauftragten von einer Landesregierung oder Fraktion vorgeschlagen. Offene Bewerbungsverfahren wie in anderen Staaten gibt es kaum.

Deswegen unterstützen wir jetzt einen Eilantrag von Malte Engeler in Sachsen-Anhalt. Der Richter und renommierte Datenschutzexperte hat sich in der vergangenen Woche für den seit langem unbesetzten Posten des Landesbeauftragten beworben. Berücksichtigt wurde seine Bewerbung in dem Verfahren aber bislang nicht – die Regierungskoalition aus CDU, SPD und FDP beabsichtigt, am Mittwoch ohne transparentes Verfahren ihren eigenen Kandidaten ins Amt zu heben. Deswegen zieht Engeler jetzt mit einem Eilantrag vor das Verwaltungsgericht Magdeburg. Vertreten wird er von Dr. Carlo Piltz (Partner bei Piltz Legal).

Gegen Deals im Hinterzimmer

Ziel des Eilantrags ist zunächst, den Präsidenten des Landtages zu verpflichten, die Wahl zunächst nicht durchzuführen. Grundsätzlich soll das Land Sachsen-Anhalt ein transparentes Verfahren etablieren – so wie im EU-Recht vorgeschrieben. Ein solches Verfahren müsste mindestens eine öffentliche Ausschreibung der Stelle, eine öffentliche Anhörung der Bewerber*innen, eine öffentliche Liste der Bewerber*innen, Transparenz bezüglich der Qualifikationen und die Dokumentation des Auswahlverfahrens beinhalten.

Das Verwaltungsgericht muss jetzt zunächst entscheiden, ob die anstehende Wahl am Mittwoch dafür ausgesetzt werden muss. Da sich die Rechtsprechung bisher noch nicht vertieft mit den europarechtlichen Vorgaben auseinandergesetzt hat, regen wir bei Gericht an, dass es die Fragen dem Europäischen Gerichtshof vorlegt.

Fragen an den Europäischen Gerichtshof?

Besonders prekär in diesem Fall: Die Regierungsparteien in Sachsen-Anhalt änderten im Vorfeld des Verfahrens extra das Landesdatenschutzgesetz und strichen das Erfordernis einer öffentlichen Ausschreibung aus dem Gesetz, damit es keine öffentliche Ausschreibung für die Neubesetzung des Landesbeauftragten für Datenschutz mehr geben soll. Diese Gesetzesänderung ist rechtswidrig, denn sie verstößt aus unserer Sicht gegen die Datenschutz-Grundverordnung.

Wer die Unabhängigkeit der Beauftragten ernst nimmt, muss transparente Verfahren sicherstellen. Wenn die Kandidat*innen nur über den Vorschlag einer Fraktion an den Posten kommen können, ist die Gefahr der politischen Einflussnahme – auch auf die spätere Entscheidungspraxis der Beauftragten – groß.

Dabei dürfte der Fall nicht nur für Sachsen-Anhalt, sondern auch weit darüber hinaus von Bedeutung sein: Auch etwa auf Bundesebene gibt es derzeit keine transparenten Besetzungsverfahren, obwohl bereits lange öffentliche Ausschreibungen gefordert werden.

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