Klage gegen Auswärtiges AmtLage der Transparenz

Gemeinsam mit Pro Asyl verklagen wir das Auswärtige Amt auf uneingeschränkte Herausgabe der Lageberichte zu Nigeria und Iran.

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Die Auslandsvertretungen des Auswärtigen Amts erstellen in regelmäßigen Abständen für die wichtigsten Herkunftsländer von Schutzsuchenden „Berichte über die asyl- und abschieberelevante Lage“ (Lageberichte). Diese Lageberichte sind von großer Bedeutung in Asylverfahren: Sowohl das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) als auch Verwaltungsgerichte stützen sich in ihren Entscheidungen maßgeblich auf diese Berichte. Öffentlich zugänglich sind sie allerdings nicht vollständig. Das wollen wir mit zwei Klagen vor dem Verwaltungsgericht Berlin ändern.

Kritik an den Lageberichten

Im Juli 2021 – einen Monat vor der Machtübernahme der Taliban – legte das Auswärtige Amt einen Lagebericht für Afghanistan vor, in dem die Sicherheitslage für viele Regionen verharmlosend als vergleichsweise stabil beschrieben wurde. Auch unabhängig von dieser Fehleinschätzung stehen die Lageberichte in der Kritik. Welche Methodik der Informationsgewinnung und -auswertung den Berichten zu Grunde liegt und über welche Expertise die Verfasser*innen verfügen, ist häufig nicht klar.

Da nur eine begrenzte Anzahl von Personen den Inhalt der Lageberichte kennt, ist eine öffentliche Debatte über etwaige Defizite der Berichte bisher kaum möglich. Außerdem fehlen etwa Beratungsstellen, die Asylsuchende ehrenamtlich unterstützen, oft entscheidende Informationen für ihre Arbeit. Das BAMF weist Rechtsanwält*innen, die im Wege der Akteneinsicht in konkreten Verfahren an die Berichte gelangen können, sogar auf eine mögliche eigene Strafbarkeit hin, sollten sie die Berichte an Dritte weitergeben.

Afrikanische Staaten seien sensibel

Mit unserer Kampagne „Wie ist die Lage?“ wollen wir dies ändern und die wichtigsten Lageberichte mit Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) befreien und für alle zugänglich machen. Das Auswärtige Amt gibt die Berichte auf die Anträge der Kampagne nun zwar grundsätzlich heraus,  jedoch nur mit zum Teil seitenlangen Schwärzungen. Eine Veröffentlichung der geschwärzten Passagen könne angeblich nachteilige Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen und die innere Sicherheit haben. Außerdem seien die Passagen als Verschlusssachen eingestuft. Das ist nicht überzeugend. Deswegen haben wir gemeinsam mit Pro Asyl beim Verwaltungsgericht Berlin Klagen auf Zugang zu den vollständigen Lageberichten zu Nigeria und Iran eingereicht.

Das Auswärtige Amt verhält sich widersprüchlich, denn es begründet die Schwärzungen in den Lageberichten einerseits damit, sie enthielten wertende Aussagen zur Situation in den jeweiligen Ländern. In Bezug auf Nigeria ergänzt es, vor dem Hintergrund kolonialer Vergangenheit reagierten „afrikanische Staaten“ oft „besonders sensibel“ auf öffentliche Äußerungen europäischer Regierungen. Auf den Lageberichten selbst ist als Eingangsstatement (als Hinweis für das BAMF und die Gerichte) hingegen vermerkt, diese enthielten keine Wertungen oder rechtlichen Schlussfolgerungen aus der tatsächlichen Lage.

Außerdem stellt das Auswärtige Amt den Verwaltungsgerichten die Lageberichte als sogenannte Erkenntnismittel zur Verfügung. Die Richter*innen können den Inhalt der Berichte in öffentlichen mündlichen Verhandlungen nach ihrem Belieben erörtern und in (veröffentlichten) Urteilen so umfangreich aus den Berichten zitieren, wie sie möchten. Damit bleibt es aktuell dem Zufall beziehungsweise einzelnen Richter*innen überlassen, wie viel aus den Lageberichten der interessierten Öffentlichkeit bekannt wird.

Migrationsdiskurs wird verschärft

Da angesichts der scharfen Migrationsdiskurses abzusehen ist, dass auch Abschiebungen weiter verschärft werden, werden Lageberichte für viele Länder noch wichtiger. Sie sollten gerade jetzt an die Öffentlichkeit.

zur Anfrage und Klage Lagebericht Nigeria

zur Anfrage und Klage Lagebericht Iran

zur Kampagne „Wie ist die Lage?“

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