Amtliche Verordnungen endlich frei zugänglich
Seit über 70 Jahren verkündet die Bundesrepublik ihre verbindlichen Vorschriften in einem eigenen Amtsblatt. Wer darauf zugreifen will, muss aber Geld an einen privaten Verlag zahlen. Das ändern wir – und befreien mehr als 2.700 Dokumente!
Ob Verordnungen zum Arbeitsschutz, Tarife der Krankenkassen, Weisungen zum Einsatz von Polizei-Tasern oder Vorgaben für Pestizideinsätze:
Die Bundesbehörden machen jedes Jahr in allen gesellschaftlichen Bereichen zahlreiche rechtlich verbindliche Vorgaben. Doch für den Zugang muss man bezahlen. Das ändern wir heute und veröffentlichen das gesamte Gemeinsame Ministerialblatt (GMBl) seit 1950 – insgesamt 2.713 Ausgaben.
Das GMBl ist das amtliche Publikationsorgan der Bundesregierung und wird vom Bundesinnenministerium herausgegeben. Hier veröffentlichen nahezu alle Ministerien untergesetzliche Regelungen – also ihre Verwaltungsvorschriften, Verordnungen, Richtlinien, Erlasse, Anordnungen, Rundschreiben und Bekanntmachungen. Das Ministerialblatt erscheint allerdings in einem privaten Verlag des milliardenschweren Konzerns Wolters Kluwer. Der verlangt für die Dokumente im Einzelbezug 1,70 € pro angefangenen 8 Seiten. Würde man alle offiziellen Ausgaben des GMBl mit zusammen 63.983 Seiten über den Verlag einzeln kaufen, würde es 13.596,60 € kosten.
Steuerzahler*innen müssen bezahlen
Eine Veröffentlichung der Dokumente verbietet der Verlag. Dabei bezieht er sich nicht auf das Urheberrecht an den Dokumenten selbst – das hat er nämlich nicht – sondern auf sein angebliches Leistungsschutzrecht an der Datenbank der Dokumente.
Das führt zu einer absurden Konstruktion: Der Staat macht verbindliche Vorschriften in eigentlich gemeinfreien Dokumenten, ein privater Milliarden-Verlag verdient mit einem angeblichen Investitionsschutz für die Datenbank auf seiner Webseite daran Geld und der Zugang daran soll eingeschränkt sein.
Das Innenministerium stört sich daran bisher nicht. Es hat dem Verlag das „ausschließliche Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung“ des Ministerialblatts eingeräumt. Für das Ministerium ist der Deal mit Wolters Kluwer bequem: Es hat keine Kosten und kaum Aufwand für die Herausgabe des Ministerialblatts, dafür zahlen dann Steuerzahler*innen beim Bezug der Dokumente.
Dokumente gehören der Öffentlichkeit
Wir glauben: Amtliche Dokumente von allgemeinem Interesse gehören an die Öffentlichkeit – nicht in die Hände privater Verlage. Der freie Zugang zu den Dokumenten ist aus unserer Sicht nicht nur rechtmäßig, sondern auch notwendig.
In ähnlicher Weise haben wir vor vier Jahren bereits das bis dato nicht frei zugängliche Bundesgesetzblatt auf der Plattform „Offene Gesetze“ veröffentlicht. Als Reaktion darauf entschied das Bundesjustizministerium, das Gesetzblatt auf einer eigenen Plattform zu veröffentlichen. Genau das gleiche sollte auch beim GMBl passieren. Es sollte auf dem Rechtsinformationsportal des Bundes frei zugänglich werden. Bis dahin gibt es die Dokumente erstmal bei uns.
→ Zu allen Gemeinsamen Ministerialblättern
Das Projekt ist Teil der „FragDenStaat-Bibliothek“, in der wir auch weitere amtliche Werke veröffentlichen. Sie wird von Arcadia, dem Wohltätigkeitsfonds von Lisbet Rausing und Peter Baldwin, gefördert.
GMBl Nr. 11 1991
Gemeinsames Ministerialblatt Nr. 11 vom 28. March 1991
GMBl Nr. 29 1996
Gemeinsames Ministerialblatt Nr. 29 vom 29. July 1996
GMBl Nr. 25 1955
Gemeinsames Ministerialblatt Nr. 25 vom 20. August 1955
GMBl Nr. 19 1969
Gemeinsames Ministerialblatt Nr. 19 vom 5. July 1969
GMBl Nr. 27 1981
Gemeinsames Ministerialblatt Nr. 27 vom 5. October 1981
GMBl Nr. 36 2002
Gemeinsames Ministerialblatt Nr. 36 vom 7. October 2002
GMBl Nr. 43-44 2020
Gemeinsames Ministerialblatt Nr. 43-44 vom 4. November 2020
GMBl Nr. 20 1969
Gemeinsames Ministerialblatt Nr. 20 vom 21. Juli 1969
GMBl Nr. 2 1975
Gemeinsames Ministerialblatt Nr. 2 vom 16. January 1975
GMBl Nr. 16 1991
Gemeinsames Ministerialblatt Nr. 16 vom 23. May 1991
GMBl Nr. 6 2014
Gemeinsames Ministerialblatt Nr. 6 vom 7. March 2014
GMBl Nr. 30 1965
Gemeinsames Ministerialblatt Nr. 30 vom 4. October 1965